Pariser Berichte Pariser StraDenhalender Vor einigen Tagen fand dem Vernehmen nach die erste Prüfung deutscher   Juristen an der Sorbonne statt. Von den etwa fünfzig Zugelassenen bestanden die meisten. Die Aus­übung der Anwaltspraxis ist jedoch von dem Besitze der französischen   Staatsangehörigkeit abhängig. * Der Sensationsprozeß gegen Germaine Huot, die den Prä- fekten Causeret erschoß, beginnt am 26. März vor den Ge­schworenen der Seine. * FoyerChez moi" veranstaltete den Bai de Montmartre, ein sozialistisches Hilfswerk für arme Künstler, unter Teil­nahme des Orchesters des Moulin de la Galette und zahl­reicher Attraktionen. * Gleichzeitig mit der Daumier-Ausstellung in der Orangerie *eigl die Bibliotheque Nationale 400 Litographien des Meisters, darunter Arbeiten des Fünfzehnjährigen, ferner denGargantuamit dem er den Bürgerkönig verhöhnte, und denTraum des Bismarck  " vom Schichsalsjahre 1870. * Laut Beschluß der Societe des gens des lettres, der Schrift­stellerorganisation, die in Frankreich   fast staatliche Bedeu­tung hat, wird in diesem Jahre der große Preis nicht ver­teilt, sondern das Geld für die Erhaltung der beiden Balzac  - Häuser in der rue Raynouard und in der rue du Faubourg- Saint-Jacques verwendet. Balzac   war der Gründer der Societe. * Von Lucienne Boyer  , der berühmten populären Sängerin, die sich zur Zeit auf einem Provinzgastspiel in Tours be­findet, wird erklärt, daß sie nach Paris   kommen wolle, um der Lüge entgegenzutreten, daß sie die Brillanten des Sta- visky in die Schweiz   verschoben habe. Lucienne Boyer   war früher eine Zeitlang die Freundin des Romagnino, des ele­ganten Privatsekretärs desescroc". Auf der Fahrt nach Paris   hatte sie einen Autounfall, bei dem ihre Mitfahrenden leicht verletzt wurden; sie selbst blieb unversehrt. * Zwei neue Außen-Linien der Pariser Metro  , nach Chateau de Vincennes(Verlängerung Linie 1) und Mairie d' Issy-les- Moulineaux(Linie 12) werden am Samstag, dem 24. März, eröffnet. Die drei Bahnhöfe auf der Strecke nach Vincennes  sind nach dem großen 105-Meter-Modell von Boulogne- Billancourt   gebaut. Beide Linien gehen nach Arbeiter­vororten. * Der Zusatz von 1 Prozent Bohnenmehl zum Brot ist vom Senat abgelehnt worden und schließlich nur in der Kom­promißform zustandegekommen, daß die Beimischung nur bis 30. Juni dieses Jahres vorübergehend gestattet wird. * Violette Nozieres hatte sich, wie berichtet, an den Anwalt Legrand gewendet, um an Stelle ihres bisherigen Anwalts Geraud ihre Vertretung zu übernehmen. Legrand hat aber abgelehnt. Die emigrierten Juristen tagen Association des Juristes allemands emigres en Fun e Der erste Vortrag über französisches und deutsches Recht findet am Donnerstag, dem 22. März, abends 8.45 Uhr, im Maison de la Mutualite, 5, Square de la Mutualite, 2. Etage, Saal 11, statt.(Metro: Maubert-Mutualite.) Maitre Edgar See, Docteur en Droit de TUnivtersite Paris et Heidelberg  , Avocat ä la Cour, spricht überGrund­züge des französischen   Privatrechts im Vergleich mit dem deutschen Recht". Der Zutritt ist nur den Angehörigen der Vereinigung, also deutschen Juristen mit abgelegtem Referendar-, Doktor- oder Assessorexamen sowie Rechtsstudenten einer deutschen Uni­versität, die mindestens vier Semester juristisches Studium vollendet haben, gestattet. Nach dem Vortrag findet ein zwangloses Zusammensein mit französischen   Juristen statt. Entgleister Industriellensohn als Mörder Pierre Nathan, Bar-Type aus Brüssel  Der Mord, der die nackte Frau in der Badewanne hinweg­gerafft hat, ist aufgeklärt. Die Polizei fand in dem geheimen Liebeshotel, in dem die Frau des reichen Getreidekaufmanns Herel getötet und um Pelz und Schmuck bcstohlen wurde, Fingerabdrücke. Diese Fingerabdrücke paßten auf einen Sohn aus einer reichen Brüsseler Familie, der einer in Paris   lebenden Verwandten vor Jahren einen Schmuck für 200 000 Franken gestohlen hatte. So wurde der Täter gefaßt. Der Täter heißt Pierre Nathan. Er ist eine bekannte Bar-Type aus Brüssel  , ein unnützer Sohn aus reicher Familie, vordem schon und nach Südamerika   geschickt, ein Ent­gleister, der von seinem Vater, einem Schuhfabrikanten, hinausgeworfen war, und seit zwei Jahren mit seiner Ge­liebten, einer einstigen Tänzerin namens Marie-Louise(ge­nannt: M a 1 o u) Guerin lebt. Diese Malou soll ihn ange­stiftet haben. Nathan, der mit Chloroform in der Tasche, angeblich von Malou besorgt, von Brüssel zu der liebeshungrigen Dame nach Paris   gefahren war, brach nach seiner Ver­haftung in einer Brüsseler Bar völlig zusammen. Er ge­stand, daß er die Madame Herel bei einem Tanztee im Carlton in Paris   kennen gelernt habe. Malou habe in der Nähe gesessen und gesagt, er solle mit der Dame tanzen, die einen so teuren Pelz trage. Er habe sie dann zwei- bis drei­mal wieder gesehen. Das Liebeshotel habe ihm Madame Herel bezeichnet. In der Handtasche der Toten hat der Mörder angeblich nur 40 Franken vorgefunden, dazu die Schlüssel. Auf diese ließ er sich den teuren Pelz in der Wohnung von dem Mädchen geben. Angeblich hat sich Malou den Pelzkragen der Toten auf einen Mantel nähen lassen.'-Einige Sachen scheint der Mörder verkauft zu haben, im ganzen für 7800 Franken. Davon bezahlte er 800 Franken alte Pensions­schuld für Malou. Der Pelz und diverse Schmucksachen wur­den bei Freunden vorgefunden, bei denen sie hinterlegt waren. Der Mörder war bei seiner Verhaftung in der Brüsseler Bar last mittellos, Er hatte sich noch einmal an seinen rei. rnnite 43-13 M6iro Pigalle Deutsche Poliklinik Paria, OZ, Rue de la Rochefoucauld a) Allgemeine Konsultationen mit 9 Sp-zUlunm. b) Chirurgie c) Geburtshilfliche Klinik d) Zahnärztliches Kabinett innere Medizin, Augen«, Ohren«, Nasen« and Kehlkopfkrank» ZweistöckigesJSanatoriomsgeMude. Vierstöckiges Gebäude. Zimmer Zahn  » und Mundchirurgie. Gold» oeiten. Röntgen. Diathermie. 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BERIIUIG lOSfEMLOS reichen Großvater M. Stern gewendet, der ihm aber nur 50 Franken in die Hand drückte und ihn abwies. Diesem hatte er gesagt, daß eretwas sehr Schweres begangen habe" und Mittel zur Flucht brauche. Als er von der Polizei mit­genommen wurde, saß er verzweiflungsvoll in der Bar und wollte seinem Großvater einen letzten Bettelbrief schreiben, den er ein paar Mal zerknitterte und zerriß. Malou, die aus der Welt der Vergnügungslokale stam­mende Mittäterin in diesem Gesellschaftsdrama, ist sehr blond und hat große blaue Augen. Sie ist noch sehr jung. Mit Puder verdeckt, trägt sie an der Stirn eine Narbe von einem Autounfall, für den sie vor einigen Jahren von einer Versicherungsgesellschaft 200 000 Franken Schadenersatz er­hielt. Malou, die gleich ihrem Freunde verhaftet und mit ihm bereits unter gegenseitigen Beschuldigungen konfron­tiert wurde, sucht sich zu entlasten. Die Verhandlung wegen Mordes findet voraussichtlich in Brüssel   statt, da Nathan.und Malou Belgier sind. Angeb­lich soll, Nathan früher schon einen Pelzdiebstahl bei einer belgischen Näherin begangen haben. Der ewige Skandal Dem Großmogul Stavisky wurde bekanntlich infolge einer kleinen Finte die Erlaubnis zum Betreten des Spielsaals in Cannes   entzogen. Das war im März/Juni 1932. Aber am 29. Juli wurde derschöne Alexandre" in seine Rechte wie­der eingesetzt. Der ehemalige Leiter der Surete M. Julien sagte jetzt vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuß aus, der damalige Innenminister M a h i e u habe ihm gesagt:Für Stavisky ist vor drei Monaten Verbot ergangen, zu spielen, das ist vielleicht lange genug." Julien erwiderte, er sei nicht dieser Ansicht. Von der Verwaltung des S p i e 1 s a a 1 s ging dann ein Ge­such ein, in dem stand, daß an einem Baccara-Tisch des Ka­sinos gemogelt worden sei. Zwei Angestellte des Kasinos und mehrere Gäste seien ausgeschlossen worden. Aber die Angestellten hätten später andere Posten im Kasino er­halten. Vielleicht sei daher auch milde Behandlung der Gäste angebracht. Er bitte um Instruktionen. Minister Mahieu bemerkte am Rand:D'accord". Aber M. Julien, der die üble Vergangenheit Staviskys kannte, führte die ministerielle Anweisung nicht aus. Nach den Linkswahlen 1932 trat Chautemps an Stelle des Mahieu. Bei der Uebergabe der Geschäfte sagte Mahieu: Hier sind Akten über einen Mann, der nicht viel Interesse hat. Tun Sie, was Sie wollen." Julien setzte ein Disziplinarverfahren gegen den Kom­missar Montabre durch, der aber erschien n i e vor der Disziplinarkammer, sondern wurde nach Le Bourget ver­setzt. Der frühere Innenminister Mahieu erklärte dazu, der Bruder des Kommissars, der Journalist sei, habe ihn auf­gesucht und gesagt, daß der Bruder doch nur leicht gefehlt habe. Man solle ihn doch nicht seines Brotes berauben.Aus Menschlichkeit," sagte Mahieu,habe ich ihn dann an einen kleinen Posten versetzen lassen, wo er mit dem Spiel nichts mehr zu tun hatte." Die zweite Frage, die der Abgeordnete Guernut als Vorsitzender an Mahieu richtete, betraf die Wieder- zulassung Staviskys im Spielsaal, die er angeordnet habe. Mahieu erwiderte mit der Darstellung des Falls der er­wähnten zwei Kasino-Angestellten. M. Julien habe ihm den Besuch des Dubarry angekündigt, den er wahrscheinlich empfangen habe. Er habe die Affäre Stavisky für erledigt gehalten und geglaubt, daß alle ausgeschlossenen Spieler wieder zugelassen seien. Julien habe gesagt:Wollen Sie eine Entscheidung abzeichnen, die in diesem Sinne vorbe­reitet ist?" Er habe sie abgezeichnet, und er habe der Sache wenig Bedeutung beigemessen. Das Papier sei im Schuh­fach verblieben. Also könne die Erlaubnis an Stavisky nicht mit Rücksicht auf seine Unterzeichnung erfolgt sein. Man hätte mir wenigstens telefonieren können," meinte der frühere Minister,um festzustellen, warum die Ent­scheidung nicht ausgeführt wurde. Man hat die Sache wie eine Bombe platzen lassen. Nachdem, wiederhole ich, Julien die Sache im Schreibtisch liegen ließ, sagte ich mir:Das interessiert also nicht mehr, lassen wir das!" Guernut:Sie haben das Ministerium verlassen, ohne auf Ausführung der allgemeinen Maßnahme zu bestehen, die getroffen wurde. Haben Sie bei Ihrem Nachfolger den Eindruck erweckt, als ob diese Maßnahme gewissermaßen einetestamentarische" sei?" Mahieu:Nein, keineswegs, ich habe über drei viel wichtigere Dinge mit ihm gesprochen.. Das war das Verhör in Sachen Spielsaai-Erlaubnis des schönen Alexandre'. Pariser  (Theater Mercredi, 21. Mars Opera. La Juive  (20). Opera-Comique. Manon(20.15). Odeon. Tristan et Iseut(20.30). Atelier.   Richard III.  (21). Gymnase: Le Messager von Henry Bernstein   mit Gaby Morlay  (21 h). Madeleine: Le Passage des Princes(Offenbach  )(20.45 h). Michodici e. Les Temps difficiles(20.30 h). Michel: Parole d'honneur(21 h). Oeuvre. Les Races(21). Palais-Royal: La Familie Vauberlain(21 h). Theatre de Paris  . Tavaritch(20.45 h). Sarah-Berhardt: Alibi 14 von Jean Guitton  (20.15 h). Chatelet: Rose de France(20 h). Gaite-Lyrique: Le pays du sourire(Das Land des Lächelns  ) von Lehar  (14.45 et 20.45 h).( Magodar: L'Auberge du Cheval Blanc(Im Weißen Röß'l). Pigalle: La Chauve-Souris(Die Fledermaus  ). Regie: Max Reinhardt  (20.30 h). Porte Sait-Martin. Wiener Walzer  (Operette von Johann Strauß  , Vater und Sohn), mit Andre Bange(20.30 h). Casino de Paris  : Revue: Vive Paris mit Cecile Sorel  (20.30) Folies-Bergere. Folies en Folie, Revue mit Mistinguett  . (20.30). PniCPiCASTgM Marge G. Brünn. Sie schreiben an..die geliebteDeutsche Free Heit", die uns nun Ersatz und Erhebung für die verlorene wunder* bare Wiener  Arbeiter-Zeitung  " bietet". Diese Anerkennung>st sehr stark übertrieben. TieArbeiter-Zeitung  " war von scher unvergleiche lich besser al» alle anderen sozialistischen   Tageszeitungen. Wik empfinden ihren Verlust schwer. Eine der letzten Nummern Eure» Kampsblattes hängt nun in der Redaktion derDeutschen Freiheit" als Mahnung, als Ansporn, als Hoffnung. Prosessor Geldmacher. Sie sind also Rektor der Kölner   Universität geworden, approbiert von den nationalsozialistischen spitzen. In Ihrem Parteiblatt wird Ihnen folgendes Attest ausgestellt:Und so hat er gekämpft gegen politische Versklavung an das Ausland, gegen Inflation, wie überhaupt gegen die Weltsremdheit der Wirt- schafisphilosophie, die das ungeheuerliche Volksverbrechcn mit dem Nebel ihrer Theorien tarnte. Daneben wandte sich Geldmacher Jahr um Jahr gegen den Marxismus als den Träger und Ur- Heber des ewigen Unfriedens zwischen Wirischaftsführern und Ar» beiterschaft, gegen die Lohn- und Preiszersetzung und den Steuer- Wahnsinn der Systemrcgierungen, kurzum gegen jede Entsremdung der Wirtschaft mit dem organischen Gesamileben des Volkes." Dies dürste ein kleiner Irrtum sein. In den Jahren 1910/20 und auch noch eine Weile nachher waren Sie Dozent am Frei» gewerkschaftlichen Seminar für Wirischasts- und Tozialwiisenschaft in Köln  , einem Institut, das Marxisten gegründet hatten und das nur von Marxisten besucht wurde. Ihre Referate und Ihre Nicht, linien gefielen denjenigen, die Sic heute parteiamtlich zu den Untermenschen rechnen müssen, außerordentlich gut, zumal sie durch- aus linientreu waren. Zwölf Jahre sind eine lange Zeit. Wir sind auf Ihre Rekiorsrede gespannt. Vor allem, wie Sie darin be- gründen werden, daß IhreForschertätigkeit ein Leben in national, sozialistischen Gedankengängen" gewesen sei. Siegsried Arno. Das war einmal eine Freude für uns! Ein Brief eines Freundes hatte uns vor einiger Zeit von Ihrem Selbst- mord berichtet und wir glaubten ihm, weil seine Angaben sehr detailliert waren und begründet erschienen. Sie hätten, so teilt« er »ns mit, den Ausschluß von deutschen Bühnen und vom deutschen Film nicht ertragen können, die ihr jüdisches Geblüt, legitimiert durch eine ebenso lange wie charaktervolle Nase, nicht länger bei sich dulden wollten. Da hätten Sie denn... Aber nun sehen wir Ihr Bild in einer Schweizer   Zeitung mit dem Hinweis, daß Tie im Baseler   Küchlin-Theater gastierten. Was werden Tic, Siegfried Arno  , aus Grund unseres kummervollen Nachrufs für ein langes Leben haben! Wir klopfen dreimal auf Holz. Für den Gesamtinhalt verantwortlich: Johann P t tz in Dud» weiter: für Inserate: Cito Kuhn in Saarbrücken  . 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