DNB. Madrid, 25. April.
Das Kabineff Lerrour hat soeben dem Staatspräsidenten seinen Gesamt rück frifferklärt, der von diesem auch angenommen worden ist. Die Gründe hierfür sind in den Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Kabinett und dem Präsidenten über das Amneffiegesetz zu suchen.
Alarmzustand verhängt
DNB. Paris, 26. April. In Spanien ist nach Meldungen aus Madrid der Alarmzustand verhängt worden. In Madrid soll das Gerücht verbreitet sein, daß der Konflikt zwischen der Regierung und dem Staatsoberhaupt dieses veranlassen fönnte, sein Amt niederzulegen. Die spanische Regierungsfrise wird in Paris aufmerksam verfolgt, doch glaubt man anscheinend nicht, daß sie sich zu einer Regimetrise erweitern könnte.„ W auch," so schreibt das Organ Herriots, die Ere Nouvelle"," zwischen den republikanischen Staatsmännern Spaniens Meinungsverschiedenheiten über die beste Art. der Demokratie zu dienen, bestehen, sind doch alle vorbehaltlos der publik ergeben, die die geschaffen haben und die zu organisieren sie sich bemühen, und das ist das wesentliche." on
Bombenanschlag
gegen den Innenminister
DNB. Paris, 26. April. Aus Madrid wird von einem Bombenanschlag gegen den Innenminister berichtet. In dem Augenblick, als der Minister das Ministerium verließ, um feinen Wagen zu besteigen, wurde eine Bombe geschleudert, die unter dem Fahrgestell des Wagens explodierte, ohne größeren Schaden anzurichten. Die Täter fonnten bisher noch nicht festgenommen werden.
Die Gründe
Madrid , 26. April. Der durch das Amnestiegesetz herauf beschworene staatspolitische Konflikt hat eine unerhoffte Wendung von großer Tragweite genommen. Die Regierungskrise ist nun doch ausgebrochen, und zwar in einer Form, die die Person des Präsidenten der Republik in den Mittelpunkt stellt.
Alcala Zamora wollte, wie bereits gemeldet, das Amnestiegesetz zur nochmaligen Behandlung an die Cortes zurückverweisen. Der Ministerpräsident verweigerte aber, wie nachträglich bekannt wird, für diesen Aft die Gegenzeichnung. Alcala Zamora hat darauf das Amnestiegefeß und zwei Defrete, durch die dessen anfechtbaren Wirkungen aufgehoben werden sollen, nach langem Widerstreben unterzeichnet. Er hat aber, diese Dokumente zugleich mit einer persönlichen Berwahrung begleitet, in der er seine Bedenken gegen In: halt und Fassung des Gesetzes noch einmal ausführlich dars legt und ausdrücklich betont, daß er seine Unterschrift nur unter dem 3wang der Umstände hergegeben habe, weil eine andere Regierung als die gegenwärtige zur Zeit nicht möglich sei, und daß er das Amnestiegesetz gegenüber weiteren Konsequenzen als das geringere Uebel erachte.
Diese Erklärung ist zwar im Wortlaut der Oeffentlichkeit und selbst dem Parlament noch nicht bekanntgegeben, sondern nur zunächst dem Kammerpräsidenten und dem Justizminister zugeleitet worden. Die Tatsache einer solchen Kritik des Staatsoberhauptes an den Beschlüssen der Parlamentsmehrheit und der Haltung der Regierung hat jedoch genügt, das Kabinett Lerroug zum Rücktritt zu ver= anlassen.
Damit ist die Krise eingetreten, die Alcala Zamora unter allen Umständen vermeiden wollte, und es hat sich eine Situ ation von einer Verworrenheit ergeben, aus der vorläufig fein Ausweg sichtbar wird.
Wie es kam
Letzte Eindrücke aus Spanien ( Von unserem Madrider Berichteater)
I. W. Madrid , 24. April 1934. Die spanische Republik macht sei dem Zurmachtkommen des Radikalen Lerrour' den entgegengesetzten Weg durch, den ihr das Revolutionskomitee des Jahres 1930/31, zu dem außer Azana , dem Sozialisten, dem Republikpräsi denten Alcala Zamora ebenfalls Lerroux gehörte, vorgeschrieben hatte.
Langsam aber sicher fällt sie wieder in den jahrhundertealten Trott der Rückschrittlichkeit, des Jesuitismus, der Korruption zurück. Alle Errungenschaften der Republik unter Azana - soweit sie eine Verbesserung für die Arbeiterklasse, den Vormarsch zur Laiisierung des Landes, Aufräumen mit den alten Feudalrechten und der tiefeingemurzelten Korruption des Beamtentums bedeuten, werden so schnell wie möglich vom Parlament unter Leitung des Kabinetts Lerroug zunichte gemacht. Dieses Parlament mit seiner Rechtsmehrheit zeichnet sich vor allen anderen Parlamenten der Welt durch seine absurde Unsensiblität in allen humanitären und sozialen Fragen aus, Unsensiblität, die sich in Kundgebungen äußern, die den Außenstehenden erschreckt stutzen lassen, die Frage auferlegend: Ist das, was hier geschieht, nur Ahnungs- oder wirklich eine solche Kultur- und Niveaulosigkeit?!
Seit Lerrour Ministerpräsident ist, löst eine Uebertretung der Arbeitsgesetze durch die Unternehmer, eine Streikbewegung die andere ab. Lebensmittel und Roh stoffe sind im Breise gestiegen, die Besete ist gefallen. Und statt der von Lerrour angekündigte„ Pazifizierung der Geister" war es niemals unruhiger in Spanien denn heute. Alle paar Wochen findet eine Kabinettskrise statt, weil der eine oder andere Minister sich mit der Haltung des Pabinetts nicht einverstanden erklärt, oder weil seine Unfähigkeit mit der offiziellen republikanischen Haltung der Republik einverstanden zu bleiben, allzu offenkundig wird.
Und warum das alles? Weil Lerroug so sehr in den Banden der extremen Rechten verstrickt ist, daß er, wollte er es auch wirklich, nicht mehr zu seinem eigentlichen Standpunkt zurückfindet. Er hat zugelassen, daß die Kammer den Klerusmitgliedern, denen von Azana die Staatsmittel entzogen worden waren, wieder staatliche Gelder in Höhe von zwei Drittel ihrer einstigen Bezüge zugebilligt hat.
Er hat mit seinem Kabinett ein Amnestieprojekt ausge arbeitet, das grundsätzlich nur die monarchistischen und militärischen Elemente, die sich am 10. August 1932 gegen die Republik wandten, begnadigt.
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auch
Alle jenen monarchistischen Putschisten dürften nach diesem Projekt sofort die Kerker verlassen; alle von Azana diesem Projekt sofort die Kerker verlassen; alle von Azana ihres Amtes entsegten Funktionäre und Offiziere wenn sie sich Vergehen administrativer Art zuschulden kommen ließen, werden wieder in ihre Posten eingesetzt. Alle vom Verantwortungsausschuß des verfassunggeben: den Parlaments zur Rechenschaft gezogenen Elemente der Diktatur dürfen wieder mit Ausnahme einzig des Königs in Spanien tun und lassen, was sie wollen. Sie erhalten sogar Staatspensionen ausgesetzt. Den auf ausdrücklichen Wunsch Alcala Zamoras entschädigungslos enteigneten Feudalherren, die sich am Augustputsch beteiligt hatten, werden ihre Güter wieder zurückgegeben. Für Kapitalflucht Verurteilte werden amnestiert
Dagegen: Soziale Aufrührer, die für ein kommunistis sches oder anarchistisches Jdeal kämpfend mit der Waffe in der Hand angetroffen worden waren oder die sich Feldfrüchte oder Lebensmittel zur Stillung ihres Hungers an geeignet haben, dürfen auch weiterhin in den Gefängnissen bleiben. Vor allem aber auch die Sindikalisten- Aufrührer aus dem Dezember letzten Jahres. Die Kleinen hängt man die Großen läßt man laufen!...
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Ein solches Amnestiegesetz, mit 269 zu 1 Stimme( bei Enthaltung der Sozialisten und der Linken) angenommen, hat nicht gerade die Geister pazifiziert". Selbst Alcala 3amora hat sich noch nicht entschließen können, es gegen zuzeichnen. Trotzdem die Regierung zu vertuschen ver sucht, daß hier Schwierigkeiten bestehen, ist dies doch durchgesichert. Alcala Zamora hat erklärt, daß einzelne Punkte des Projektes antikonstitutional und für ihre Durchführung die Entlassung einzelner Gesetze, die die alten Geseze Azanas zunichte machen, notwendig seien. Der Ministerrat begann am Montagfrüh um 10 Uhr im Präsidentenpalais zu tagen und vertagte, ohne ein Reful tat gefunden zu haben, seine Sigung auf Dienstagvor mittag. Das sieht nicht günstig aus für das Kabinett Lerroux . Denn: verweigert der Republikspräsident seine Unterschrift dem ihm vorgelegten Amnestieprojekt, so be deutet das ein Mißtrauensvotum gegen Lerroux und die sofortige Niederlegung des Kabinetts.
Schon am Sonntag hat die Regierung Zerroug eine reichlich schwere Erschütterung erhalten. Für diesen Tag war von den katholischen Jugendverbänden unter Leitung Gil Robles ein Massenaufmarsch im„ El Escorial"( Wohnfizz Philipps II. und Begräbnisstätte der spanischen Könige) in Aussicht genommen worden. Die Jungsozia listen, die eine Gegenorganisation organisieren wollten, erhielten keine Erlaubnis dazu, während man Gil Robles höchsten polizeilichen Schutz und Sicherheit zusagte. Sehr böses Blut machte ein Verbot der Regierung gegen eine Demonstration des Ateneo de Madrid ( des Klubs, in dem die Republik ausgebrütet worden war), das gegen die neuerdings für ein Jahr als Gegenmaßnahme für die Unruhen in Aussicht genommene Todesstrafe manifestieren wollte. Bürgertum und Arbeiterschaft war also gleichmäßig perbittert gegen die Erlaubnis zu dem faschistisch katholischen Massenaufmarsch.
Der Jnnenminister Salazar Alonso , ein Zwillingsbruder von Dollfuß ( vor einigen Tagen erklärte er, Hitler und Mussolini könnten sich an ihm ein Beispiel nehmen, wie man ohne Diktatur reibungslos die öffentliche Ordnung wahre...), hatte jedoch bei seinem Versprechen der RuheGarantierung an die Katholiken und die übrige Bevölke
rung einen Faktor außer acht gelassen: Die Madrider Arbeiterschaft.
Am Samstag, dem 21., um 11 Uhr nachts also in der Nacht vor dem Faschisten- Meeting gab die sozialistische Arbeiterjugend Geheimorder an alle Madrider Gewerkschaften aus, daß um 12 Uhr nachts ein 24stündiger Protest- Generalstreik beginnen müsse. Und um 12 Uhr nachts gehorchte die Arbeiterschaft mit einem Enthusias mus, einer Disziplin, daß es für den objektiven Beobachter fast unheimlich schien. Um 12.10 Uhr waren sämtliche Autos, Tagis und Straßenbahnen von den Straßen verschwunden. Um 1 Uhr fuhr die letzte Untergrundbahn, kein Autobus, kein Gaslicht mehr. Die Stadt lag wie ausgestorben. Die Kino- und Theaterbesucher, die um 1.15 Uhr diese Vergnügungsstätten verließen, erlebten keine geringe Ueberraschung. Geschlossene Cafes, geschlossene Bars, keine Verkehrsmittel und überall in den Straßen Arbeitergruppen und Polizei, letztere mit schußbereitem Revolver und aufgepflanzten Bajonetten. Am Sonntagfrüh gab es weder Wasser noch Brot.
Schienen waren gesprengt worden. Die Spezialzüge mit Eine Brücke auf dem Wege zum Escorial und ein Stück den Manifestanten konnten nur unter schärfster Polizeiaufsicht fahren. Die Landstraßen waren mit Nägeln und Glasscherben bestreut worden, die Autobuschauffeure weigerten sich, die Manifestanten zu fahren.
Statt 50 000 Personen, wie angekündigt, sah die Ver sammlung im Escorial kaum 10 000. Außerdem schneite es, so daß weder der angekündigte faschistische Parademarsch noch andere sportliche" Veranstaltungen stattfinden konnten. Der Plan der Jesuitenpartei, durch einen gewaltigen Aufmarsch ihrer Leute das neutrale Bürgertum für sich zu gewinnen, ist vorläufig einmal- dank der Haltung der Madrider Arbeiter und Jungsozialisten gescheitert. Die Regierung sah dem Streik machtlos zu. 3war spickte sie die Straßen mit Polizei, was aber weder die restlose Arbeitsniederlegung, noch die Explosion zahlreicher Bomben vor geöffneten streikbrecherischen Cases hinderte.
Der Streik ging so weit, daß der eineinhalben Zentner schwere Bürgermeister von Madrid seine Leibesfülle auf feinem eigenen Baar Beine spazierenführen mußte, da die ebenfalls nicht Munizipalarbeiter und Chauffeure arbeiteten. Ein weiteres humoristischen Detail ist ein Ueberfall der Menschenmenge auf das Zivil- Gouvernement pon Madrid , wo sie sich der dort zum Verkauf augestapelten Brote bemächtigte und ungehindert damit abzog. Während kommission für den Streik Rechenschaft ablegen sollten. oben beim Gouverneur die Vorsitzenden der VolkshausJm allgemeinen verlief der Streik ruhig. Am Sonntagabend kam es an der Puerta del Sol( Hauptplatz und Mittelpunkt Madrids ) vor dem Innenministerium zu einer nalist, berichten, daß die Polizei plöglich vollkommen finnlosen Schießerei. Augenzeugen, darunter ein Jourgrundlos in die wartende Menge schoß. Frauen und Kinder Schwerverletzte, darunter ein Engländer, und mehrere warfen sich zu Boden, trotzdem gab es einen Toten, fünf Leichtverletzte. Der Journalist, der den Ereignissen beigewohnt hatte, hatte mit dem Innenminister eine sehr energische Aussprache, indem er dieſem erklärte, die Polizei habe einen völlig sinnlosen Mordanschlag begangen. Der Minister erklärte darauf, daß die Polizeitruppen sich nur Ansicht stimmt aber mit keinem Augenzeugenbericht übergegen einen Angriff verteidigt hätten. Diese offizielle" ein. Die„ Oja del Lunes" brachte daher auch einige vorsichtige Linien, in denen es hieß, daß, falls Uebergriffe von der Polizei geschehen seien, man die Verantwort lichen zur Rechenschaft heranziehen werde.
Unleugbar ist nach all diesen Ereignissen das Kabinett Lerroux wieder einmal in seinen Grundfesten erschüttert. Aber wenn auch eine neue Krise stattfindet, ist noch längst nicht gesagt, naß Lerroux endgültig fällt. Wie in keinem anderen Lande der Welt haben sich in Spanien zwei klare Gruppen gebildet: die proletarische und die kapitalistische, zu der man auch das Kleinbürgertum rechnen muß. Diese letzte Gruppe hat Angst vor einer Links-, d. h. heute Arbeiterregierung. Sie wird alles tun, um sie zu verhindern. Heute noch ist die Kapitalistengruppe an der Macht. Freiwillig wird sie nicht darauf verzichten. Lerrour bedeutet Schutz- kleines Uebel.
Aber der Streit spigt sich zu. Für die Arbeiterschaft ist Lerrour in seinem offenkundigen Widerspruch zu seinem Vorleben das rote Tuch. Fast zieht sie Sil Robles vor.
Mit dem Generalstreik und seiner ausgezeichnet disziplinären Durchführung hat die Madrider Arbeiterschaft aber nicht nur wirksam gegen den Klerikal- Faschismus und seine radikalen Beschützer protestiert, sondern sie hat für die gesamte übrige Arbeiterschaft Spaniens einen symbolischen Akt der Anfeuerung durchgeführt.
Dieser Generalstreik war die erste revolutionäre Aktion der spanischen Arbeiter. Dabei wird es nicht bleiben. Es wird weitergehen.
Die Nazimark rollt
Hunger im Lande- Propagandamillionen draußen
( 3TA.) Die Zeitung Social- Demokraten", die jetzt Regierungsorgan ist, veröffentlicht konfrete Zahlen über die Aufwendungen der Nazi- Propaganda im Ausland. Danach hat das Reichspropagandaministerium für seine Zwecke ausgegeben:
In Oesterreich fünfzehn Millionen Mark, in der Tschecho slowakei fünf Millionen, in der Schweiz 750 000, in Schweden 500 000, in Dänemark und in Finnland 200 000, in Rumänien
500 000, in Holland 1,5 Millionen, 2 Millionen in Süd
amerifa und 4 Millionen in den Vereinigten Staaten von Amerika . Außerordentlich große Summen, die jedoch nicht genau beziffert werden, wurden auch in Frankreich und England ausgegeben. Es gäbe heute fein einziges Band mehr, in dem nicht Nazizellen beständen.
Die Zeitung teilt ferner mit, daß die Agenturen der großen deutschen Schiffahrtslinien wahre Filialen des Propagandaministers Göbbels darstellen. Obgleich das Geschäft der deutschen Linien um die Hälfte gesunken sei, habe man das Personal ihrer amerikanischen Filialen verdoppelt. Auch die deutschen Konsulate seien von Agenten bevölfert. Nicht meniger als dreihundert Emisfäre feien allein in den Ver einigten Staaten tätig.
Ein sehr großer Teil der oben erwähnten Riesensummen wird direkt für antisemitische Propaganda ausgegeben, weil die Leiter des Reichspropagandaministeriums aus Erfahrung wissen, daß man durch die Aufweckung des„ Schweinehundes im Menschen" am besten den Boden für den Nationalsozialismus auflockert.
Gute Zeiten Gute Zeiten für Füis en ,, Winterhilfe" für Wilhelms Schwiegersohn
( Inpreß.) Die illustrierte Beilage des„ Hamburger Fremdenblattes" bringt das Foto eines riesigen Schlosses: des Schlosses Herrenhaus bei Hannover , das im Jahre 1869, zusammen mit der Domäne Calemberg, dem braunschweigischen Herzoghaus unter der Regierung Bismards
enteignet worden war. Dieses Schloß ist jetzt, nebst der Domäne Calemberg dem Herzog Ernst August zu Braun schweig und Lüneburg , der mit einer Tochter des Er- Kaisers verheiratet ist, vom„ nationalsozialistischen Volksstaat" zurüdgegeben worden.