Am 19. August: Nein!

Illegale Flugzettel aus dem Reichbaretied Herr Reichspräsident!

Ihr Vorgänger hat mir kurz vor seinem Tode die Ver­fündung Christi in Deutschland   ans Herz gelegt. Was haben Sie als Kanzler des Reichs bisher getan?

Sie haben geduldet, daß Menschen gequält, gemartert, ge­mordet wurden.

Sie haben gewußt, daß sich unter Ihrer Führerschaft Men­schen befanden, die andern gegenüber widerchristlich ihre Macht mißbrauchten.

Sie haben nicht protestiert, als die Ueberlieferung Christi verspottet und verhöhnt wurde von Männern, die sich in Ihrer Umgebung befanden und von Ihnen in besonderer Weise ausgezeichnet wurden.

Sie predigen unaufhörlich den Geist des wilden Hasses unter den Menschen, und rufen zur Vernichtung derjenigen auf, die nicht Ihrer politischen Meinung sind.

Sie haben, Christi Geist zuwider, Menschen anderen Glau= bens und anderer Rasse ausgestoßen aus der Gemeinschaft, erniedrigt, ihrer Eristenz beraubt, aus dem Lande getrieben. Jch, als Wahrer der Deutschen Evangelischen Kirche  , flage Sie an! Ich setze Ihren Worten und Ihren Taten das mir übertragene Vermächtnis des großen Toten entgegen. Sein Andenken gebietet mir, Sie zu bekämpfen und die Gläubigen hinter meinem Flammenschwert zu sammeln, damit ich vor dem Toten, vor der Kirche und vor Gott   meines Amtes wür­dig mich erweise. gez. Müller, Reichsbischof der Deutschen Evangelischen Kirche  .

Wo ist die Bauernhoffnung nun geblieben? Das Feld, das Vieh, der Hof ist nicht mehr dein. Was Hitler dir versprach, ist in den Wind geschrieben Der Bettelstab wird deine Zukunft sein!

Rechnet ab mit der Untrèue!

Dem Wortbrüchigen am 19. August ein Nein!

SA! Denk an den 30. Juni! Denk an die gemoedeten Kameraden! Hitler   ist nicht mehr unser Führer. Er hat die Treue gebrochen. Am 19. August: Nein!

..frele und geheime Abstimmung" Ein Erlaẞ des preußischen Innenministers

Der preußische Innenminister hat in einem Erlaß die Oberpräsidenten, die Abstimmungsleiter, die Land­räte und die Stadt- und Landgemeinden ersucht, jede mögliche Vorsorge zu treffen, daß die Stimmberechtigten entsprechend den Wahlbestimmungen am 19. August ihren Willen in freier und geheimer Abstimmung durch den Stimm­zettel befunden können. Für den Schutz der Abstim= mungsräume und der Abstimmenden ist un­bedingt zu sorgen. Niemand darf in der Ausübung seines Stimmrechts behindert werden. Jede Belästigung von Stimmberechtigten, namentlich auch vor den Stimmlofalen, ist mit allen Mitteln zu verhindern. Das Ergebnis der Abstimmung, so betont der Minister, darf nicht dadurch ver­fleinert werden, daß Fälle von Wahlterror vorkommen, die der deutschfeindlichen Propaganda Nahrung zu liefern ge­eigent sind.

Dieser Erlaß ist elende Heuchelei, denn der preußische Innenminister und der Reichsinnenminister lassen zu, daß täglich die gesamte nationalsozialistische Presse jeden, der mit Nein" stimmen will, zum Volksverräter und zum Staatsfeind erklärt.

Es bestreitet niemand, daß jeder Wähler und jede Wählerin ungehindert abstimmen darf. Die Frage ist, was mit denen geschieht, die mit Nein" gestimmt haben, und deren Abstimmung durch irgendwelche Mani­pulationen bekannt sind. Wenn der Erlaß des preußischen Innenministers Bedeutung haben sollte, müßte er erklären, daß keinem, der gegen Adolf Hitler   stimmt, daraus ein Schaden erwachsen darf.

Vor einer solchen Erklärung wird man sich hüten, da dann wahrscheinlich jetzt schon die Mehrheit des Volkes mit Nein" stimmen würde. Derselbe Innenminister, der einen ver­logenen Erlaß für freie und geheime Abstimmung herausgibt, wird nichts unternehmen, wenn Leute, die mit Nein" ge= stimmt haben, als Volfs- und Staatsfeinde durch die Straßen geprügelt werden, wie es nach der Wahl vom 12. November in zahllosen deutschen   Städte geschehen ist.

..Sagen Sie dem Saarvolk..." Der Schwindel am 19. August

Ein ehemaliger SA.- Mann schreibt uns aus Potsdam  : Also sprach Zarathustra: Die Welt wird immer duftra; Man lebt im Dritten Reiche Gleichwie auf einer Leiche.

Sagen Sie dem Saarvolk, daß es keinem Zweifel unter­liegen kann, daß das pietätvollerweise schon vor Beginn der Agonie Hindenburgs beschlossene Gesetz über seinen Nach­folger von der Mehrheit des deutschen Volkes bestätigt wer­den wird. Dafür sorgt die ganz einseitige Propaganda, die

Ein System, das auf solchen Methoden auf­

gebaut ist, erweckt überall Abscheu und Ekel.

( ,, Times")

Hitler   ist ohne Zweifel der Einzige, der vom Reichs­tagsbrand, von den Sitten Röhms nichts gewußt hat. Sicher wird der Kanzler Hitler   auch noch die Entdeckung machen, daß sein Minister Göring   mehrere Jahre im Irrenhaus verbracht hat. ( ,, Popolo di Roma")

Deshalb am 19. August: Nein!

Es hamstern die Reichen, Sie wissen warum.

Die kleinen Leute aber? Bleiben sie dumm?

Die zweite Arbeitsschlacht ist pleite.

Der Hunger plagt die kleinen Leute.

Freiheit!

Es praßt und schwelgt die braune Mente.

Sreiheit!

Henker und Blutrichter

an die Laterne,

Der Tag der Rache

ist nicht mehr ferne.

Freiheit!

FREIHEIT

einzigartige Fragestellung, der wirtschaftliche Terror Nicht­wählern und Neinsagern gegenüber( letzteren wird weis­gemacht, man könne feststellen, wer nein" wählt) und eine ganz großzügig durchgeführte Korrektur der Wahl( schon bei der letzten Wahl find 50 Prozent der Neinstimmen und Blankozettel, forrigiert" worden; tausende Wahllokale wur­den vor der Auszählung von der SA. und Pgs. unter Hin­auswurf aller anderen besetzt und hermetisch abgeschlossen; leere Zettel wurden dann angefreust, Neinzettel ausge­wechselt).

BRIEFAKSTEN

Vepi. Sie haben wieder einmal versucht, seine Fotografie 81 deuten und sind schließlich zu dem Ergebnis gekommen, er sei eine Mischung zwischen Wiener Strizzi und Münchener   Schankfellner. Wenn Sie diesen Leuten nur nicht unrecht tun!

Schweiz  ". Wir danken Ihnen für Ihren gutgemeinten Aufruf. Ais er einlief, stand aber schon seit Tagen ein Aufsatz Staats­

männer Europas  !" in Sazz.

Von der Grenze. Ihrem Briefe entnehmen wir: Heute pfeifen in ganz Deutschland   die Spazen von den Dächern, daß das Wahl­ergebnis schon fertig ist. Alle Wahlleiter werden die ungültigen Stimmen als Ja- Stimmen zählen. Irgend eine unparteiische Kon trolle gibt es nicht. Auf der Straße pajen jetzt schon SA.- Patrouil len auf, daß keine Gegenpropaganda getrieben wird, Euch und allen Freunden in der Emigration rufen wir zu: Haltet aus unter der Freiheitsfahne! Unter diesem Banner wollen und werden wir uns in unserem Deutschland   wieder die Hände reichen. Wir werden kämpfen und siegen."

Alter Prager. Durch Sie müssen wir also den Wortlaut einer der jüngsten Kanzelpredigten des Münchener   kardinals Dr. Faulhaber erfahren. Die Presse", das Zentralorgan der deut­schen Katholiken in Böhmen  , gibt ihren Inhalt gekürzt wieder, mit dem Bemerken, daß die Rede in Deutschland   konfisziert" wurde: Als ich vor einigen Monaten gegen den unmenschlichen Ranenhaß auftrat, den ein Teil unserer deutschen Brüder betätigt, wollte man mich steinigen. Mein Leben war in größter Gefahr. Aber ich fürchtete nicht für mich, denn was ich tue, geschieht aus reinster Ueberzeugung. In aller Welt werden die Juden verfolgt. Aber die Verfolgungsmethoden in unserem Heimatlande sind eine Schmach und Schande für uns. Die Geschichte lehrt uns, daß Gott die Peiniger seines auss erwählten Volfes, der Juden, immer bestraft hat. Kein Katholik mar einverstanden mit den Judenverfolgungen in Deutschland  . A13 Gott den 30. Juni als Strafgericht für einen Teil der Juden­peiniger fandte, war die Strafe eine wohlverdiente. Katholiken, Brüder, seht Ihr denn nicht ein, daß dies eine Strafe Gottes war? Nicht mit Haß und Verfolgungen wird man die Juden ausrotten. Das alte und älteste Bolk der Welt hat schon viel gelitten, es leis det und wird immer leiden, weil es seinem großen Glauben treu geblieben ist. Wir wollen uns ein Beispiel an den Juden nehmen. Wir wollen sie ehren und schätzen, denn sie haben der Welt das herrlichste und kostbarste Geschenk, die Bibel, gegeben. Klärt Eure Brüder auf, daß der Rassenhaß ein wildes giftiges Gewächs in unserem Leben ist. Rottet aus das schreckliche unmenschliche Vorurteil gegen das ewig leidende Volk!!"- Wir begreifen mit Ihnen, warum die Münchener   SS.  - Bravi nach ihren vielseitigen Morden am Morgen des 1. Juli zähneknirschend ges rufen haben: Und Faulhaber?"

T. F. Sie schreiben uns: Die billigen japanischen Fahrräder fieht man jetzt wirklich überall. Neuerdings machen die japanischen Fabrikanten die Marke der Adlerwerke in Frankfurt   a. M. nach, verwenden dasselbe Bild und stellen lediglich im Worte Adler die Buchstaben um, so daß gerade in überseeischen Ländern die Marke leicht verwechselt werden kann." Wir können nicht ganz einsehen, was die Japaner damit bezwecken. Wir stellen die Qualität der Adlerfabrikate nicht in Abrede, aber mit ihrer Schuhmarke ist bei der weitreichenden Ablehnung deutscher   Waren nicht viel Staat zu machen. Schon darum, weil es mit dem Hoheitszeichen der Nazis leicht und gern verwechselt wird.

Theaterfreund, Zürich  . Sie bitten um Aufnahme dieser Zeilen: Sie haben jüngst etwas lakonisch berichtet, daß einer der tüchtig­sten und erfolgreichsten Theaterpraktiker Deutschlands  , Erich 3iegel in Hamburg  , nach achtzehnjähriger Tätigkeit in Hamburg  ein für ihn sehr günstiges Engagement in Wien   angenommen hat. Wissen Sie, warum er ging? Biegel ist seit fast dreißig Jahren mit der Jüdin Mirjan Horwit verheiratet einer Frau, die seine Kameradin im Leben wie auf der Bühne ist, und der er auch als Regisseur vielseitige Anregungen verdankt. Aehnlich wie im Falle Bassermann stellte man ihn vor die Entscheidung: er müsse sich von seiner Frau trennen, wenn er Wert darauf lege, im dritten Reiche" noch beschäftigt zu werden. Nach gleicher, eigentlich selbst verständlicher Anständigkeit wie Bassermann, fehrte Ziegel der braunen Nobelgarde den Rüden. Wien   hat den Vorteil davon. In Hitlerien wird die geistige Dede immer beklemmender."

P. V.  , Amsterdam  . Sie schreiben uns: Wiederholt haben Sie sich darüber beklagt, daß manche holländische Behörden für die wirts schaftliche und seelische Lage deutscher   Emigranten kein ausreichen des Verständnis zeigen. Das verpflichtet Sie aber auch, Ihre Leser von einem Fall zu unterrichten, der die andere Seite", nämlich die holländischen deutschen   Nazis, recht hart getroffen hat. Auf Befehl des holländischen Justizministers wurde der deutsche antisemitische Führer und Nazispion Schneekloth, der in Amsterdam   lebt, aus Holland   ausgewiesen. Herr Schneekloth, der der Heraus­geber der holländischen antisemitischen Zeitung De Störmer", ciner holländischen Uebersetzung von Julius Streichers Wochen­blatt Der Stürmer  " war, fehrte jedoch nach Amsterdam   zurüd; nunmehr wurde er verhaftet."

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Heute, Samstag, um 21 Uhr, ist im Deutschen   Klub ( Adresse: Le Péri tyle, 31 bis, Rue Vivienne Métro: Bourse) geselliges Beisammensein mit Tanz. Schachspiele. Zeitungslektüre. Gäste sind heute abend sehr gerne will­kommen. Eintritt für Mitglieder frei. Gastbeitrag 5 Fr., Stel­lungslose 3 Fr,

20 and timed

Europäische Hefte Nr. 18 erschienen. Aus dem Inhalt: Umschan. Willi Schlamm  : Adolf Stresemann; Marcel Deat  : Präventive Re­volution; Karl Schwerdt: Ein ganz kleiner starker Mann; Ein Kriminalist: Der Prozeß gegen Fey; Peter Rodin: Die Ohnmacht vor der Niederlage; Justin Steinfeld  : Siam, ein unglückliches Land; Ludwig Marcuse  : Vater Marr. Notizen.

Das Neue Tage- Buch

Herausgeber: Leopold Schwarzschild  

Nr. 32 soeben erschienen

PREIS 3 FRANCS

AUS DEM INHALT: Von Hindenburg zu Hitler  

Die Woche

Meisterleistung des Abstrakt- Pazi­

fismus

Die Arbeitsbeschaffung Dollar- Schwankungen

MILES: Hindenburg

JOACHIM HANIEL: Wirtschaftsdik­taior Schacht

,, Berlin  , 22. Juli 1984" *** Paki- Henne und Rüstungs- El GEORGE SOLOVEYTCHIK: Ein Eng'ader über Frankreich  

Miniaturen

Für den Gesamtinhalt verantwortlich: Johann Pis in Dud weiler; für Inserate: Otto Kuhn in Saarbrüden. Rotationsdrud und Verlag: Verlag der Volksstimme GmbH., Saarbrüden& Schüßenstraße 5. Schließfach 776 Saarbrücken