Nummer 6
13. Februar 1921
Die Wählerin
→ Blätter Blätter zum Wahlkampf in Preußen
Weißt Du schon?
and Weißt Du schon, daß Deutschland über 3 Millionen KriegsWeißt Du schon, daß fich noch 45 000 Kriegsbefchädigte in
waijen hat?
Lazaretten befinden?
[ scheu der Besigenden fam so recht zum Ausdrud in der Verlegung ihres Wohnortes in solche Gemeinden, die nur geringe Steuern erhoben. Der Steuerflucht der Besitzenden ist nun Einhalt geboten durch die Uebertragung der Steuerhoheit auf das Reich, deffen Steuerbedarf infolge der Kriegsfasten und der Erfüllung der Friedensbedingungen außer Weißt Du schon, daß wir 1917 einen guten Frieden haben ordentlich groß ist. Daher konnte auch die verfassunggebende fonnten, die Ludendorffs aber nicht wolten? Nationalversammlung die früher erhobenen indirekten Steuern Weißt Du schon, daß die Generale Ludendorff und Hoffmann nicht entbehren. Sie hat aber neben vielen anderen Steuern heute die Entente anbeftein, um gegen zum ersten Male eine Befizsteuer geschaffen, die vom Rußland zu kämpfen? Tage ihrer Geburt an von den Vertretern des Besizes starf bekämpft wird, trotzdem die Einziehung sehr schleppend vor sich geht. Das Streben der bürgerlichen Parteien geht nun dahin, Weißt Du schon, daß noch nichts fozialisiert ist, froß den Ber - einen Abbau der Befizsteuern herbeizu. Diese Steuerdrückebergerei muß den stärksten fprechungen der bürgerlichen Reichsregierung? führen.
Weißt Du schon, daß alle kapp- Pufsch- Führer straffrei aus
gegangen find?
Weißt Du schon, daß der Deutsch Bolksparteller Sfinnes viele Widerspruch der Wählerinnen breiter Volksschichten Zeitungen auftauft, um Dich zu befämpfen? auslösen. Weikt Du schon, daß das Brot noch teurer werden toll durch die bürgerliche Regierung? Weißt Du schon, daß der Achtstundentag durch die Sozialdemokratie eingeführt wurde? Weißt Du schon, daß die Gefinde ordnung durch die Sozialdemokratie aufgehoben wurde? Weißt Du schon, daß das Frauenwahlrecht und vieles andere nur der Sozialdemokratie zu danten ist? Wenn Dir dies alles befannt ist, so darfst Du am 20. Februar
nur fozialdemokratisch wählen!
Erst wägen, dann wählen!
werden.
Von Johanna Reize, M.d.R.
Was ist die Folge einer Loderung der Besiz. steuern? Es bedeutet einen Ausfall notwendiger Einnahmen, die in den Reichsfäckel fließen sollten. Um aber den Hunger des Reiches nach Geld zu stillen, müssen andere Mittel gesucht werden, denen die Wunderkraft der Sättigung inne wohnt. Dieses Suchen nach neuen Steuerquellen macht den rechtsstehenden Parteien keine Kopfschmerzen. Ihrer Meinung nach sind die indiretten Steuern weniger schmerzhaft für die große Masse der Steuerzahler, und so hat man schon ein ganzes Bündel indirekter Steuern in Bereitschaft, das erst nach den Wahlen dem Wolfe präsentiert werden soll.
Frauen und Mütter! Nach den bekannt gewordenen Steuerplänen steht den Haushaltungen eine aber. malige große Belastung bevor. So soll ein Doppels zentner 3 ud er mit 100 m. indirekter Steuer belegt wer den. Während jekt auf 1 Bfund Zucker eine indirekte Steuer von 7 Pf. ruht, soll sie auf 50 Bf. heraufgesetzt werden. Schon Durch die Verleihung des Wahlrechts an die Frauen ist einmal lag der gesetzgebenden Körperschaft in Weimar ein ihr Kurswert beträchtlich gestiegen. Alle Barteien bemühen Regierungsentwurf vor, der eine Steigerung der Zuckersteuer fich heute um die Stimmen der Wählerinnen, insbesondere die von 7 Bf. auf 11 Bf. für das Pfund vorsah. Die fozialdemo Parteien, die bisher das weibliche Geschlecht in der Gesetz fratische Frattion lehnte rundweg ab und fo fiel der Entwurf gebung sowohl wie auch im öffentlichen Leben stark benach ohne Berating unter den Tisch. Außer der Verteuerung des teiligt und unterdrückt haben. Jetzt verkörpern auch die Zuders will man die ohnehin fchon hohe Kohlensteuer Frauenstimmen eine Macht, der jede politische Partei zur beträchtlich erhöhen und ebenfalls die Umfahftener vers Durchsetzung ihrer Forderungen und Ziele bedarf. Darum fchärfen. Es liegt auf der Hand, daß bei Verwirklichung dieser das heiße Berben um die Stimme der Wählerin, das uns Steuerpläne die Lebenshaltung der breiten Maffe erheblich Frauen zur Vorsicht und zum Nachdenken veranlaffen follte. verteuert wird, da es fich ja um Gegenstände des täglichen Die Steuerfrage muß besonders genau geprüft Bedarfs handelt. Ob eine Brotverteuerung verhindert werden kann, ist nach den vorliegenden Meldungen zum Bor der Revolution hat das deutsche Reich seine Einnahmindesten sehr zweifelhaft. Die Reichswoh men vornehmlich aus 3 öllen und indiretten Steuern bezogen. Aber während des Krieges machte sich ein Rückgang der Einnahmen bemerkbar. Durch den verschärften U- Boot Krieg wurde die Blockade über Deutschland verhängt, die eine verringerte Einfuhr von Waren, die mit Zöllen belegt waren, mit sich brachte. Die Rolleinnahmen mußten fich fomit auto matisch verringern. Mit der Umstellung des Konfums folgte ein weiterer Ausfall der Reichseinnahmen. Die Rohstoffe, die sonst der Herstellung von Bier und Branntwein dienten, mußten als Nahrungsmittel verwandt werden. Der Zucker Wählerinnen! Am 20. Februar follt Ihr durch die Ab' wurde rationiert. Also veränderten sich schon während des gabe eines Stimmzettels mit über die wichtigsten Fragen Krieges die Einnahmen, und demgegenüber entwickelten sich Eurer eigenen Zukunft entscheiden. Die Reattion erhofft ungeheure vermehrte Ausgaben. Die Schuldenwirtschaft von dem Ausfall der Wahlen eine weitere Verstärkung ihres mußte immer größer und umfangreicher werden, weil der da ohnehin schon starten Einflusses in der Gesetzgebung und Ber malige Reichsfinanzminister Helffe rich, der jetzige Führer waltung, was gleichbedeutend wäre mit der Verwirklichung der Deutschnationalen Boltspartei, die Besteuerung des Beher oben angedeuteten Steuerpläne. Von der jeweiligen figes nicht wollte und auch die Kriegsgewinne nur macht der Sozialdemokratie wird auch die Regelung her kommenden verschärften Steuergesetzgebung abhängig sein. ganz zaghaft steuerlich belastete. Darum: Wählt sozialdemokratisch!
Die Erhebung diretter Steuern war bis zum April 1920 Sache der Länder und der Gemeinden. Die Steuer.
nungssteuer, die im Laufe des Jahres fommen wird, bringt uns eine nicht unwesentliche Steigerung der Wohnungsmieten.
Die Sozialdemokratie will die Steuerfrage nach Gerechtigkeitsgründen, d. h. nach sozialen Gefichtspunkten regeln. Danach müssen die tragfähigen Schultern am meisten zu den Steuerlasten herangezogen werden. Vor affen Dingen der Beft.