Der nie enttäuscht wie die Menschen. Bei dem immer Ausruhen, Vertrauen, Rettung ist.

Je mehr Menschen ich sehe, um so mehr liebe ich meinen Hund". Man hätte ihn fir ein menschliches Wesen halten können, aber- er war treu".

Entwürdigung? Nein, Einsamkeit, Ber­bitterung, Enttäuschung, Liebessehnsucht schreibt solche Inschriften.

Der Mensch ist die Krone der Schöpfung. Jawohl, der herrliche Mensch, der unsterbliche Mensch. Der Ehrgeizige und Habsüchtige, der Heuchler und Selbstgerechte, der Mörder und Henker, der Stolze und Erbarmungslose. Aber

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weicher weint, wenn ich fortuche? Welcher zeigt Trauer und Jubel, ohne sich zu schämen? Welcher ist ohne Berrat treu, ossen und grenzen

Tos?

reant. Sie drückt sich an die Tonwände und sucht möglichst wenig Aufmerksamkeit zu erregen, fauft schnell im Laden die notwendige Ware und läuft weiter, schneller, schneller. Der Mantel weht, die Einsame und Enttäuschte nehmen Zuflucht grauen Bänder flattern. Man sieht die Stiefel in zu den Hunden. Sie finden Trost in ihren dicen, tiefen Galoschen fliten. Die Männer geheimnis der Liebe. Das Märchen der Dank- Straße geraten, sie muß schneller fortgehen. Und schuldlosen Augen. Sie finden in ihnen das Ur- schen der Frau Plaz. Sie ist zufällig auf die barkeit. Das Wunder der Trese. Und manchmal wenn eine Bettlerin auf der Straße bleiben vielleicht die Kraft, die Menschen dennoch zu muß, um Almosen zu sammeln, so drückt sie sich lieben. wie eine angeschossene Krähe in eine Ecke und bedeckt die ausgestreckte Hand mit einem Lap­pen. Der ganze Körper der Frau muß vor dem Wick des Mannes bedeckt sein, auf der Straße hat die Frau nichts zu suchen. Ihr ist die innere Hälfte des Hauses eingeräumt.

Schweigend stehen wir neben unserem Be­gleiter, der auf eine kleine Tafel hinabsieht: Notre Cigale",

Iffi- Taschkent  .

Von Dimitri Sionew.

Das nene Taschkent   ist vulgär. Häuser ganz mie bei uns, breite Straßen, alte Kutschen mit Beipferd, Bäume mit Umzäunungen und Tafeln darauf, plumpe Ladenschilder, Budiken mit Sel terwasser, Marktplätze. Selten, daß ein Ufbet, noch seltener ein Usbekin hier vorübergehen. Selbst die Teestuben sind hier irgendwie unecht,

unwirklich.

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Dr. Anne Bernfeld.

Hand das Wasser, trinken, beneßen sich die Brust

und gehen weiter.

Tondas ist das Material hier. Er liegt überall. Man nimmt ihn überall, man gräbt und fnetet ihn gleich hier neben dem aufzurichtenden Bau. Aus dem teuren Holz macht man nur die Türen, das ist Kostbarkeit, das ist Luxus, der Stolz der Usbeken. Wenn das Haus zusammen­fällt, nimmt der Usbek vorsichtig die Tür her­aus und hängt sie in den neuen Bau hinein.

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Jichlar

In dieser bizarren Tonstadt leben Legen den, Ueberlieferungen. Die von der unglaubli­chen Sonne beschienenen Köpfe sind phantastisch.

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I jeder Teestube trinkt man den grünen Bu charatee, raucht Tschilin charatee, raucht Tschilin eine Pfeife von un hört. Hier wird geschickt und schön erzählt. Die geheurer Dimension, aus der alle rauchen und üppige Phantasie hat besondere Leute- Mad­dachs geschaffen, deren Beruf es ist, zu ex­zählen. Der Maddach wiegt sich in den Hüften, zählen. Der Maddach wiegt sich in den Hüften, Der Rauch aus dent Tichilint schwebt über allem di Siyenden trinken bitteren Tee ohne Zucker. Ganz anders- Jsti- Taschkent  , die alte und allen und man erfährt, daß Alexander der Stadt. Sie ist immer dieselbe, wie sie vor hun Große bei der Rückkehr aus dem indischen Reich dert, zweihundert, ja tausend Jahren war. Noch bevor der Fuß die gelbe Erde betre- auf den Scheichantur- Friedhof aus der Erde Europa   konnte nicht, durfte sie nicht verschlucken. ten hat, hört man über der Stadt einen singsstiegen ist, und daß er da einige Tropfen des Selbst die Straßenbahnen machen, wie int Gegenden Lärm schweben. Die frummen Straßen ewigen Lebenswassers vergossen hatte, welches fühl, daß sie dort in der alten Stadt nichts zu find voll von Lärm und Brausen der bunten er aus einer unterirdischen Quelle schöpfte. Auf suchen haben, an der Schwelle Isti- Taschkent, Menge. Hier spricht man nicht, schreit man nicht, den Stellen, wohin die Tropfen gefallen sind, Halt. Europa  " ist zu Ende. Man ist in Sen hier singt man. Der Käseverkäufer singt und sind die Saurbäume gewachsen, und man kann tralajien. spielt mit bunten Kugeln, wirst schnell ein Stüd- jetzt noch ihre vertrockneten Baumstämme sehen, Der Osten ist nicht reich an Farben. In chen Käse in den Mund, blöckt, wiegt sich in den denn sie stehen auf dem Friedhofe und sind hei­alten Taschkent   wiegen zwei Farben vor- gelb Hüften, die Seligkeit erblüht auf seinem Ge- lig. Man erzählt, wie vor dem Moscheeturn und blau. Blau ist der Himmel. Einen solchen ficht Jafschi, Jakschi!( schön, schön). Der Kukoldasch in Säde eingenähute Frauen her­Himmel gibt es bei uns nicht. Nur wenn man Busahändler singt, er steht an einer Riesen- untergeworfen wurden, weil sie dem Manne die den tiefen, mittelasiatischen, blauen Abgrund geschüssel, schöpft mit einem großen Löffel die Treue gebrochen hatten. Man irinft Tee und sehen hat, beginnt man zu verstehen, was der weiße Flüssigkeit und gießt sie zurück in das hört. Die Legenden und Ueberlieferungen um­Begriff bodenloser Himmel bedeutet. Kein Wölf Gefäß. Da schaut, wie schön, wie herrlich fließt spannen Jahrtausende und nähern sich unseren chen, fein Fleckchen. Nur blaue Weite, mächtige, die Busa". Seine Lippen öffnen und schließen Tagen. Sie sprechen von berühmten Revolutio­blane Weite. Und Sonne. Nicht wie die unfrige, sich, sie werfen ein rundes, singendes Wort her- nären, von aufständischen Kämpfen gegen die die manchmal hervorgudt, manchmal sich ver­Emire von Buchara  , Altertum und Gegenwart birgt. Der ganze Himmel, die ganze Erde sind haben sich hier wie joust nirgends miteinander von Sonne durchtränkt. Sie ist überall, fie fennt verflochten. Sie gehen nebeneinander und stören ihren Platz nicht. Aus dem ganzen blauen Kelch vorläufig nicht. Es existiert ein Volksgericht und strömen Strahlen, strömt heißes, trodenes Feuer ein ordentliches. Man findet in den Moscheen Vor dieser Sonne fann man sich nicht verstecken. Boltsarbeitsschulen, in denen in usbekischer und Um 1 Uhr nachts ist sie schon am Blaze und brennt bis 5 Uhr abends.­

Wie lebendig winden sich schmale Straßen zwischen den tönernen, fensterlosen Wänden. Hier gibt es feine Fußsteige, feine Fahrstraßen. Hier ist das Reich des Tons. Wenn er in Ziegel ver­wandelt ist, sind es Häuser, Mauern, einfach gut eingestampft- Straßen, Erde Schuhe und Klei­der bedecken sich sofort mit gelbem Anflug. Jffi­Taschkent duldet keine anderen Farben. Nur die bunten Mäntel der Usbeken versuchen vergeblich gegen dieses Gesetz zu kämpfen. Was der Staub nicht bedeckt, bleicht die schonungslose Sonne aus. Wo ist der Beginn der Straßen, wo das Ende? Das kann niemand jagen. Die Straße kennt keine Gerade. Wie eine lebendige Schlange windet sie sich. Hier, scheinbar bei diesem Hause, an dem man Ton fnetet, scheint sie zu Ende zu jein. Nein. Als eine schmale, zwei Meter breite Fuge zieht sie sich weiter, wendet sich nach rechts, nach links, noch, noch. Sie hat kein Ende, wie sie feinen Anfang hat. Irgendwo unten murmelt Wasser- das Blut Jsti- Taschfen: s. Es ist trübe, gelb, strömt schnell, rauscht gleichmäßig. Mit Liebe, im vollen Bewußtsein der ganzen Kost barkeit des Wassers in diesem Lande, steigen die Usbeken zu den Bächen hinab, schöpfen mit hohler

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aus, er schlägt wie eine Nachtigall, und nur wenn man hinhorcht, unterscheidet man das Wort: Musdet, Musdek!"( Wie Eis). Bleibt man stehen, so gibt er gutmütig, wie alle usbefen, seine Buja zu fosten: ist seine Ware nicht herrlich? Die Wanderderwische in ihren hohen Ledermühen singen- Mohammed selber hat ihnen befohlen zu singen. Die Bettler singen, fingend schreien die Kinder und laufen von Händler zu Händler, von Haus zu Haus. An der Moschee sitzt mit gekreuzten Beinen der Ajantschi, eine Art Psalmodist. Er ruft zum Gebet, fingt, verneigt sich, und jedesmal, bei jeder Verneigung streichelt er sich den Bart: Allah il Allah, Mohammed  , rajus Allah!" Singend quietschen die Arbas, drehen sich ihre Räder von anderthalb Menschengrößen, Ein usbek reitet durch die Straße. Er hat nichts zu verkaufen, aber singen, singen muß er. Ein Kirgise reitet auf einem Esel. Seine Knie sind hochgezogen, er schwingt die Peitsche und singi. Alle diese Töne fließen zu einer mächtigen Musik zusammen. Sie klingt aus den Teestuben, aus den Laden, zittert über der Stadt.

Wo ist denn die Frau? Und kaum denkt man an sie, als einem unwillkürlich ein Zittern über den Körper läuft. In schnellem Gang igen sonderbare, geheimnisvolle und schauer liche Wesen vorüber. Sie sind in graue Mäntel eingehüllt. Der Mantel bedeckt die ganze Ge­stat, den Kopf, die Hände. Ueber dem Gesicht hängt ein dichtes, schwarzes Netz aus Pferde haar- Tschatschwam. Die Frau geht nicht, sie

.ssischer Sprache unterrichtet wird. Und seit drei Jahren befindet sich bei Jsti- Taschkent das erste( jeit Bestehen von Turkistan  ) Fraueninfti­tut, das der jungen Usbekenrepublik eröffnet ist, und in dem über zweihundert Frauen unterrich tet werden. Die fünftigen Lehrerinnen für die Siedlungen und Dörfer.

Die Stunden schwimmen vorüber, der Tag foilzt, das hohe Gras auf den flachen Ton­dächern blinkt golden, die Dämmerung jenkt sich. Es wird dunkel, daß man schwarz von weiß nicht unterscheiden kann. Die Teestube füllt sich noch ntehr, Musikanten kommen, die Töne des Du ters, Tambours, Siwisas erschailen... Im Kamen des gnädigen und barmherzigen Gottes." Die Trommel schlagen an, die braunen Ge sichter beginnen zu glänzen, die schwarzen Augen zu leuchten. Allah  , Allah! Plötzlich stehen die Batschi( tanzende Lustknaben) in der Mitte der Sütte, ihre geschminkten Augen glänzen frauen­haft. Sie stellen sich in die Bose, heben die Hände und beginnen zu tanzen. Die schlanken in Seide gespannten Figuren winden sich. Jeder Körper­teil scheint unter dent dünnen Mantel sich be­onders zu bewegen und jeurig glänzen die Augen der Sitzenden. Sie versuchen wie früher, würdevol die Bärte zu streichen, aber ihre

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