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Der stille Teilhaber.

Bon Karl Ettlinger  ( München  ).

Don=

,, Wollen Sie doch nicht lieber einen Be-| gelenke, dann um den Baum herum gleiter mitnehmen?" hatte der Kassierer den nerwetter, wie bring ich jetzt einen Knoten Bankboten gefragt. Sie müssen durch den Eich fertig? wald, und dreißigtausend Mark sind immerhin ein Sümmchen!"

Aber, Herr Bischberger  !"" hatte der Bank­bote" gelacht. Da habe ich schon ganz andere Beträge nach auswärts gebracht! Und außer­dem steht mir's auch nicht auf der Nasenspize angeschrieben, daß ich dreißigtausend Mart bei mir habe. Und für alle Fälle habe ich meinen Revolver dabei!"

,, Also gut, dann gehen Sie! Und vergessen Sie nicht, sich doppelte Quittung geben zu laffen!"

Als der Bankbote in der Mitte des Waldes angelangt war, fagte er sich: Jetzt oder nie! Ich bin lange genug der Laufbursche dieser Bank gewesen, jetzt werde ich mal ihr stiller Teilhaber sein!... Dreißigtausend... der Kaf­fierer hat recht: ein nettes Sümmchen!... Man kann ja nicht davon privatisieren, aber immerhin, man hat etwas für seine alten Tage. Er setzte sich auf einen Baumstumpf, 30g die Jacke aus und begann mit seinem Taschen­messer das Rodjutter aufzutrennen.

Hat man sich je schon so was gehört? Bin ich eine Mißgeburt? Sind meine Arme zu kurz oder meine Beine zu lang? Alſo noch einmal von vorne! Offenbar muß man mit der linken Hand anfangen! Dann über die Brust, dann man ſcheint doch mit der rechten anfangen zu müssen!

Er nahm die unmöglichsten Stellungen ein, führte einen Bauchtanz auf, um den ihn jede Filmstation hätte beneiden können es ging

nicht!

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Himmeldonnerwetter!" fluchte Gibbler, dieses Knotenende wischt mir aus wie ein Eidechsenschwanz! Es iſt zum Verzweifeln! Also erst das eine Ende zwischen die Zähne nehmen, dann um den Baum herum, dann-"

Ein helles Lachen ließ Gibbler zusammen­fahren. Erschrocken sah er sich- um. Aus dem Gebüsch kam ein junger, eleganter Herr, dem die Lachtränen über die Wangen liefen. Was machen Sie denn da?" fragte er belustigt. Privatschule für Schlangenmenscherei?"

Gibbler war totenblaß geworden. Ich bin verloren, war sein erster Gedanke. Und sein zweiter; jest hilft nur Unverfrorenheit.

" Ich fessele mich!" sagte er so ruhig, als ihm möglich war.

Dreißigtausend... Nun ja, fünfzigtausend wären mehr, aber man muß nicht gleich zu hoch hinaus... Noch drei, vier Jahre werde ich ihnen den Kuli machen, dann... ein fleines es Häuschen irgendwo, weit weg... und kein Diesen Eindruck hatte ich auch. Erst dachte Mensch wird mehr daran denken, daß der Bank- ich, Sie wollen sich aufhängen, und wollte mich bote Gibbler eines Tages während einer Be­beſchon diskret entfernen. Aber als ich Sie dann sorgung von dem großen Räuber Unbekannt" Strick um den Bauch, statt um den Hals überfallen, ausgeplündert und geknebelt wurde. winden sah, sagte ich mir: Entweder hat er Er schmunzelte vor sich hin. Dummes eine falsche Auffaſſung von Harakiri oder er Zeng, was die Leute immer von dem bösen hat ganz was anderes vor. Darf man fragen, Gewissen reden, es gibt gar nichts Einfacheres warum Sie sich fessein wollen?" als Klauen. Gar nichts beißt einen dabei. Shlau und gerissen, das beste Ruhekissen." Bergnügt entnahm er seiner Brusttasche die dreißig Tausendmarkscheine, bettete sie in sein Rodjutter, holte Nähzeug hervor, das Fuiter wieder kunstgerecht zu verschließen. O, er hatte alles gut vorbereitet!

Sodas Futter wäre geheilt! Auf den Gedanken, daß das vermißte Geld in dem Rod­futter des Ueberfallenen" eingenäht sein könne, würde selbst Sherlock Holmes   in eige ner Person nicht kommen! Und überhaupt, wer würde ihn, das alte Bankfaktotum, ver­* dächtigen? Er hörte schon den Herrn Bischberger deklamieren: Unser alter treuer Gibbler? Ausgeschlossen! Für den lege ich die Hand ins Feuer!" Ein Henochse ersten Ranges, der Bischberger! Na ja, sonst hätte er es auch nicht soweit gebracht!

Jetzt galt es noch, den Ueberfall vorzu­täuschen.

Gibbler holte aus seiner Hosentasche einen Strid und versuchte sich zu fesseln. Erst ein­mal den Strick um die rechte Hand, dann um den Leib, dann einen Knoten nein, so geht es nicht!

Also dann zuerſt um den unter den Achseln durch, dann Teufel, so geht es auch nicht!

Bauch, dann hol es der

Gibbler betrachtete den Strick, kraste sich hinter den Ohren, wischte den Schweiß von der Stirn, versuchte es von neuem: zuerst um die linke Hand, dann zwischen den Beinen durch, dann über den Rüden so geht es erst recht nicht!

Bestie von einem Strid! Bin ich verwach sen, daß ich mich nicht einmal fesseln kann? Aber nicht nervös werden! Ruhig Blut! Alles will gelernt sein! Also erst um beide Hand

Der junge Herr nahm widerstrebend den Stvid, band Gibbler an einen Baum. Autsch!" stöhnte Gibbler. Sie tun mir ja weh!"

"

Entschuldigen Sie!" errötete der junge Mann, aber ich habe in solchen Sachen keine Uebung. Wünschen Sie auch einen Knebel?" Wenn ich bitten dürfte!" nickte Gibbler. Und hatte im Nu einen Knebel im Mund. Der junge Mann zündete sich eine Ziga­rette an, freuzte gemütlich die Arme und sagte: Jezt können Sie mich wenigstens nicht unter­brechen, ich habe Ihnen nämlich noch etwas zu sagen; Sie gestatt doch, daß ich Ihnen ein bißchen das Rockfatter auftrenne? Danke ver­bindlichst! Dreißigtausend... Sobiel hatte ich auch beim Zusehen ungefähr geschäht. Habe ich mich Ihnen eigentlich schon vorgestellt?"

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Der junge Herr zog mit vollendeter Gran­dezza den Hut, verbeugte sich: Ihr stiller Teilhaber! Wollten Sie etwas bemerken? Ach vollem Munde spricht man nicht! Hielten Sie jo? Sie können ja nicht! Und überhaupt, mit es für ratsam, Ihnen zum Abschied mit dem Kolben Ihres Revolvers eines über den Kopf 3 geben? Nein, ich halte es nicht für nötig, ich bin immer für gute Formen! Ich fürchte, es wird ein bißchen fühl werden heute nacht, hoffentlich haben Sie warmes Unterzeug an. Aber ich will nicht länger stören, Sie haben sicher das Bedürfnis, ein wenig allein zu sein! Auf Wiedersehen! Grüßen Sie mir unbekann terweise Ihren Herrn Chef!

Der junge Herr zündete sich eine zweite Zigarette an, nidte Gibbler freundlich zu. In der Ferne drehte er sich nochmals um und winfte.

Es war wirklich ein gut erzogener, vor­nehmer Mensch.

Am nächsten Tage fand man den Bank­boten. Herr Bischberger legte seine Hand für ihn ins Feuer, aser es nüßte nichts, die Kri minalpolizei interessierte sich zu lebhaft für das aufgetrennte Rockfutter, und Gibbler legte ein Geständnis ab. Bloß, wo er das Geld vergra sehr strafverschärfend. ben hatte, wollte er nicht sagen. Das wirkte

Für die dreißigtausend Mark wurde tat­sächlich ein Häuschen gekauft, weit weg, aber nicht Gibbler wohnt darin, sondern ein vor­nehmer junger Herr. Er ist wegen seiner Ge­Manchmal verreift er. Gibbler hingegen wohnt fälligkeit in der ganzen Nachbarschaft beliebt. nietfrei. Noch zwei Jahre. Falls inzwischen

teine Amnestie kommt.

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Gott sei Dank, er weiß von nichts! atmete Gibbler auf. Er nahm eine Leichenbittermiene an, sah treuherzig zu dem fremden Jüngling auf und flüsterte: Kann ich zu Ihnen Ver­trauen haben? Gut, Sie sollen alles wissen! mir ist etwas Schreckliches passiert: Ich habe einen Scheck über hunderttausend Mark ver­loren ich bin der unglücklichste Mensch von der Welt die Bank wird mich vor die Türe sehen ich bin Familienvater was foll ich tun?" Er vergoß einige Krokodilstränen, dämpfte seine Stimme noch mehr und raunte geheimnisvoll: Ich muß einen Ueberfall vor­täuschen. Sollte sich der verlorene Sched wirk­lich finden, so kann ihn ja der Räuber weg­Ein Forschungsreisender kam in das inner­geworfen haben. Und so versuchte ich, mich zuſte Afrika  , wo Weiße noch faſt unbekannt fesseln. Aber es geht nicht. Es ist, um aus der waren. Er hielt sich eine Weile bei einem fried­Haut zu fahren, ich glaube, ich habe mir schon fertigen Negerstamm auf, deſſen Häuptling ihm eine Darmverschlingung dabei zugezogen mit Feuereifer zu Diensten war. geht einfach nicht!" Eines Tages rasierte sich der Reisende in seinem Zelt, und der Neger fragte, auf den Rafierspiegel deutend: Was ist das, Herr?"

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es

Er schwieg lauernd. Fein, fein, der junge Mann ging auf den Leim, glaubte jedes Wort, der Idiot, schien so gerührt, daß er beinahe mitschluchzte.

Gibbler beschloß seiner Frechheit die Krone aufzusehen. Demütig trat er näher und flehte: Ich weiß nicht, ob Sie sich in die Lage eines Familienvaters versetzen können aber wenn Sie's können, dann laffen Sie mich jetzt nicht im Stich haben Sie Mitleid- feffeln Sie mich!"

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Ich... Sie..." stotterte der Herr ver­blüfft. Was geht denn mich..."

Was macht es Ihnen aus?" drängte Gibbler. Kein Mensch erfährt es..., mein Ehrenwort. Retten Sie meine Existenz..., hier, nehmen Sie den Strick..., hier sind meine Hände, vielleicht haben auch Sie unmündige Kinder..."

Der Spiegel  .

Der Reisende hielt ihm schweigend den Spiegel vor die Nase. Erstaunt sah der Häupt­ling in das Glas und rief: D, Herr, das Bild meines Vaters! Bie hast du das Antlik mei­

nes Vaters in das Glas getan?"

Der Weiße erklärte ihm nichts und machte sich den Spaß, dem Neger das wunderbare Glas zu schenken, als er weiterzog. Der Häuptling versteckte das kostbare Geschenk im finstersten Winkel seiner Hütte. Hin und wieder, wenn niemand ihn beobachtete, holte er es heraus und besah das Antlig seines Vaters".

Aber die Lieblingsfrau des Häuptlings hatte es doch gemerkt, daß er etwas vor ihr verbarg, und als er eines Tages auf die Jagd gegangen war, durchsuchte sie die Hütte von