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" Heute fahren Sie durch einen Teil der sich an jenem Tag zutrugen und es verhinder-| zu laufen, dem Reichtum entgegen. Der Dia­Hölle!" ten, daß das Zeichen zum Starten gegeben wer- mantenrausch hatte sie ergriffen. den konnte, beweisen uns, wie grausam diese Art

gedrängt.

Militär mußte eingreifen und die Menge Der Zug rast weiter, über Hügel, durch der Verteilung der Diamantenfelder iſt, wie un- wurde verfolgt und mit Mühe und Not zurüd­Felder, an sonnenbeschienenen Städten und moralisch und nur dazu angetan, die niedrig­Fleden vorbei. Ueber den Köpfen der schwit- ten Instinkte im Menschen zu erweden. zenden Männer, die graben und graben und graben...

Epigramme.

Von Heinrich Lenthold.

Ein guter Ruf ist wie ein stattlich Haus; das baut ſich Stein um Stein allmählich aus, doch mit gewiffenloser Hand

im Nu steckt es ein Lump in Brand.

Du hast einen viel zu geschmeidigen Rüden, mein Freund, um die Menschheit zu beglüden: Die Zeit will Männer, die sich erheben, nicht solche, die sich mit Anstand bücken.

Diamantenrausch.

Von Karl Reber(   Paris).

Es war einmal ein steinreicher alter Mann, der nicht mehr wußte, was er mit seinem vie­len Geld anfangen sollte; alle Freuden der Welt hatte er schon genossen und es gab nichts Neues mehr für ihn. Er langweilte sich. Da kam ihm plötzlich eine herrliche Idee, die er sofort im

ganzen Lande verkünden ließ. Und alle Men

schen, welche die Nachricht vernahmen, eilten  bor das prächtige Schloß des Alten.

Dieser hatte in seinem Keller ungeheure Mengen von Goldstücken aufstapeln lassen und jeder, der im Laufe von drei Minuten in den Keller hinabsteigen und wieder heraufkommen fonnte, durfte alles Gold, das er in den drei Minuten erraffte, für sich behalten. Doch jene, die nach drei Minuten nicht wieder oben waren, mußten das eroberte Geld wieder hergeben.

Die Menge strömte herbei und mit Freu dengeheul unterzog sie sich der Probe. Einer nach dem andern stürzte sich in den Keller und zitternd vor Gier und halb gelähmt vor Angst, bie fostbaren Minuten zu versäumen, wühlten fie im Gold, stopften sich die Taschen voll, schlepp­ten und schwitzten, und sogar den Mund füllten fie ſich mit Münzen. Und währenddeſſen ver­ging die Zeit und oben angekommen, mußten ſie das ſchwer erkämpfte Gold wieder hergeben,

denn die brei Minuten waren vorüber. Viele

wurden wahnsinnig oder starben vor Aufregung Und der Alte stand vor der Kellertür, mit der Uhr in der Hand und bog sich vor Lachen über den gut gelungenen Wit...

Die Geschichte geht nicht weiter und man weiß nicht, ob die enttäuschte Menge nicht ſchließ lich das Schloß stürmte und den Alten erschlug.

Ein Ereignis, das sich vor einigen Wochen in   Transvaal zutrug, erinnert sehr an jene Ge­schichte vom reichen Alten, sowohl durch die Tatsachen ſelbſt, als durch die Grausamkeit und Unmoral des ganzen Vorganges.

Tage und wochenlang lebte Grasfontein Farm im Distrikt Lichtenburg in   Transvaal in Angst und Aufregung und Hunderte und Tau­sende von Menschen strömten herbei. Die draht lose Telegraphie hatte die Neuigkeit über die ganze Erde verbreitet, daß man neue Diaman­tenfelder entdedt habe, und die Sitte im Trans­  vaal will es, daß diese Diamantenfelder auf ganz besondere Art aufgeteilt werden. Man ver­anstaltet ein großes Wet: lausen, und die zuerst ankommen, denen gehört die Parzelle, die sie als erste betreten.

25.000 Konkurrenten sollten am 25. Feber thr Glück versuchen. Doch die Zwischenfälle, die

25.000 waren es, aus aller Herren Länder Der nächste Start sollte am 4. März statt­finden. Militär und Wache wurden aufgeboten. gekommen! Man hatte ja die Neuigkeit schon drei Monate vorher über die ganze Erde ver­Diesmal fonnte man die Menge bis zum Sig­fündet. Und so kamen sie, die Tausende, von den nal zum Starten bändigen. Aber einmal los. Küſten   Afrikas, von   Südamerika, von   Europa, Aelaſſen, gab es kein Halten mehr. Die cutjet und von   Asien. Man sah sogar Chinesen; ja lichsten Szenen spielten sich ab. Die Schwäche bereinzelte Frauen wagten auch den Lauf. Ent- ren unter den Läufern konnten bald nicht mehr erbie, die ein letztes Mal ihr Glück versuchen weiter, fielen hin und die andern stürmten über wollten, waren über Meere gezogen und hatten sie hinweg; zertreten und verstümmelt las man ihr Reptes ausgegeben, um dem verlockenden sie nach dem Wettlauf zusammen. Viele wurden Aufruf zu folgen, Eltern, Frau und Kind hat wahnsinnig und begannen zu toben; manche ten viele verlassen; andre verkauften Haus und starben an Herzschwäche; es gab welche, die sic Hof in der Hoffnung auf einen sicheren töteten, als sie jahen, daß sie niemals das Ziel Reichtum. erreichen würden. Auf den Diamantfeldern selbst begann aber erst das wahre Schlachten. Jeder wollte den andern von seinem Platz verdrängen, wüstes Handgemenge entspann sich, Messerstiche, Revolverschüsse, manche erwürgien ihren Beg ner einfach mit den Händen. Es gab Verwun­dete, Tote und Verrückte...

Doch zwischen den 25.000 gab es auch pro­fessionelle Läufer, welche von den Gesellschaften und Trusts, die die Diamantfelder im Trans. vaal ausbeuten, angeworben worden waren. Natürlich mußten diese Läufer allen andern zu­vorkommen und nahmen im Namen der Gesell schaft, die sie vertraten, von den ergiebigsten Teilen der Diamantfelder Besitz.

Am 25. Feber früh morgens drängten sich die 25.000 Konkurrenten auf dem Startplay. Zwanzigmal glaubte die halb wahnsinnige das noch gar nicht gegeben worden war. Mit Menge das Signal zum Start gehört zu haben, in den verzerrten Zügen, so standen diese Men aus den Höhlen tretenden Augen, Haß und Gier schen da. Zwanzigmal mußten die Polizisten diese Masse von Tollgewordenen zurüddrängen. Und endlich geschah, was zu erwarten war. Die Menge ließ sich nicht mehr zügeln, durchbrach; die Reihe der Polizisten und begann zu laufen..

Während dieser Zeit bewegte sich ein lang­jamer Zug von allen möglichen Händlern, haupt­sächlich solchen, die Getränke feilboten, den Dia­mantfeldern zu, Langsam errichteten sie ihre Verkaufsbuden und begannen bedächtig Cß­paden. Zweifellos machten diese Händler das waren, Alkohol und andre Gegenstände auszus ler und die großen Diamanttruſts, für welche beste Geschäft bei der Sache, diese kleinen Händ­die Berussläufer die schon im voraus beſtimm ten Diamantfelder in Besitz genommen hatten. Die andern Läufer waren die Opfer, nur sie sind die Nutznießer der kapitalistischen Zivili­fation".

Die Scheidung.

Von A. Soritsch.

Dieses grelle Kulturbild aus dem| wenn sie die Hühner und Ferkel herbeiholte; er heutigen   Rußland ist in der kommuni- musterte verächtlich ihren ausgeblichenen Lei­stischen Zeitung Prawda" erschienen. nenrod und ihre dicen, hausgewebten Strümpfe, Als der Zechenangestellte Jakob Batzaew, verglich ihre Kleidung mit der der Frauen, die der Sohn eines Bauern, der im Dorfe unter er in der Stadt sah und kennenlernte. Er war bem häßlichen Namen Knochenfresser" bekannt wie ausgetauscht. Mit fremden, kalten und feind­war, in die Partei eintrat und in eine höhere feligen Bliden betrachtete er ſie, die Kinder Schule abfommandiert wurde, zog er sich städ und das Haus, in dem sie über ach: Jahre ein­und sprach von sich nur noch in der Mehrzahl,  tisch an, befestigte eine Uhrfette am Knopfloch trächtig zusammengelebt hatten. wobei er hochtrabende, schnörkelhafte Ausdrüde gebrauchte, die seiner Umgebung unverständlich waren. Seine Gattin, eine einfache und unge­bildete Frau, freute sich über das Glüd ihres Mannes, doch der plötzliche Umschwung in sei. nem Auftreten betrübte und beunruhigte sie; sie dachte befümmert daran, daß die Stadt, die neue Umgebung und die neuen Interessen den Mann der Familie entreißen könnten, deren Armut und Unwissenheit ihm in seiner jetzigen ihrer Meinung nach- hohen Stellung läftig fallen würden.

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Ihre Unruhe verstärkte sich immer mehr, und sie fühlte sich sehr gekränkt, als ihr Mann, nach seiner Rüdfehr aus der Stadt, ihr mit einer ihr unerklärlichen Gereiztheit über Klei nigkeiten Vorwürfe zu machen begann, die in ihren ärmlichen Verhältnissen selbstverständlich und unvermeidlich waren, und die er früher nie beachtet hatte. Sein Gesicht drückte Efel und Widerwillen aus, wenn sie bei Tisch mit einer Brotrinde das Fleisch aus dem Topf holte und dabei mit den Fingern nachhalf; er ärgerte sich über den säuerlichen Geruch von Schafwolle in der Hütte und über ihre laute Stimme im Hof,

Sie konnte nicht begreifen, woher das alles gekommen war. Sie weinte und beschuldigte in allem zuerst die Partei, die ihrer Meinung nach ihrem Manne die Verachtung des armseligen Bauernlebens eingeflößt hatte. Sie änderte ihre Meinung nach einem Besuch bei dem Sekretär der Betriebszelle, Mochowoi, der bei den Berg werksarbeitern als ein seelensguter und teil nahmsvoller Mann galt. Mochowoi hörte gedul dig ihre verwirrten und aufgeregten Worte an, die voller Bitterkeit und Schmerz waren, und als sie weinte, strich er schweigend mit seiner rauhen, schwieligen und von der Kohle ge­schwärzten Hand über ihr Haar. Und dann er­flärte ihr, daß die Partei niemand Berachtung der Arbeiternot einflößen könne, da sie selber aus Menschen bestehe, deren Leben rauh und frendlos gewesen sei. Und er sagte ihr auch, daß sie ihren Mann in die Partei aufgenommen und in die Hochschule geschickt hätten, damit er etwas lerne, um nachher mit seinem Wissen dem Volfe dienen zu können, dem Volke, zu dem auch er selber gehöre. Und wenn er das nicht verstehe, sondern seine Frau verachte, weil sie feine städtischen Strümpfe trage und beim Schweinefüttern ihre Röcke schürze, dann werde

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