fajse oder einen Bericht gebe, ob es Nacht oder Tag ist, Abend oder Morgen. Sommer oder Winter, Arktis   oder Tropen, ob ich Ruhe habe oder vom Lärm umgeben bin. Wichtig ist, daß ich die Materie durchaus kenne und daß ich eine bestimmte Absicht ohne Hemmungen verfolgen fann. Ich glaube, daß für die journalistische Wirkung die Form nichts, die Intensität des Wollens alles ist. Ich arbeite am besten, wenn ich feine Zeit habe.

Rudolf Olden  , Berliner Tageblatt". Die politische Situation bestimmt Stimmung und Tempo.

Wo der politische Impuls fehlt, bin ich auch heute noch im Schreiben schwerfällig. Wo es um politische Entscheidungen geht, arbeite ich leicht und mit einer gewissen Befriedigung, die freilich ſtets mit dem Vorjay gepaart ist, es das nächstemal besser zu machen. Viele Jahre hindurch bestand meine ganze Tagesarbeit in einem einzigen furzen Aufsaß. Heute muß in einer Fülle ablenkender Beschäftigungen die Zeit zum Schreiben gefunden werden. Troßdem bin ich meiner alten Gewohnheit, alles, was mir einigermaßen wichtig scheint, mit Tinte und Feder zu Papier zu bringen, treu geblieben. Stimmung und Tempo der Arbeit hängen ab von dem Atmosphärendrud der politischen

Situation.

Friedrich Stampfer  , Vorwärts".

Reklame.

Von Multatuli  .

Hajjan verkaufte in den Straßen von Da­mastus Datteln, oder besser gesagt: er verkaufte leine, denn seine Datteln waren so flein, deß kein Mensch sie kaufen wollte. Voller Summer und Neid mußte er zusehen, wie alle Welt bei seinem Konkurrenten, dem reichen Abuleth, taufte, der nebenan feinen Stand hatte. Seine Datteln waren gut und gern dreimal fo groß als gewöhnliche Datteln.

Eines Tages aber kam ein Derwisch nach Damaskus  , der ungeheuer weise aber sehr hung­rig war.

Gib mir etwas zu essen, sagte er zu Haj­san, und ich werde zum Dank mehr für dich tun, als je selbst der Kalif für dich zu tun ver­möchte. Ich werde die Leute zingen, bei dir Datteln zu kaufen. Wie groß sind denn die Dat­tein Ahuleths?"

Ach", Hagte Hassan, jeine Datteln find dreimal so groß als gewöhnliche Datteln." Es fiel ihm nicht ein, darüber nachzudenken, wie

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Kämpfe Hinter Olas.

Bon Polypen und andern Geetieren. Von S. Radecki.

Im Aquarium der Zoologischen   Station in  Neapel sieht man hinter der Glaswand im grü­len. Zwei davon sind mir vor allem in der nen Meerwasser erbitterte Kämpfe sich abspie­Erinnerung geblieben.

Der Polyp.

Ein roja Kahlkopf hängt unbeweglich im Wasser nahe der Scheibe. Er besitzt weder Naße noch Mund, aber dafür zwei schwarze, gold­geränderte Augen. Ein Polyp. Sein Körper ver­läuft nach unten in eine Anzahl rosa Schnüre, die sich mit fleischroten Tellerchen an die Glas­wand angejogen haben. Er rührt sich nicht, iſt ganz würde und Gelassenheit. Was wohl in dem roja Kahlkopf vorgehen mag? Tritt man zur Seite, so starrt er einen von der Seite an.

Der Wärter wirft jetzt in den entferntesten Teil des Baſſins eine Krevette hinein. Sie sinkt mit einent Kometenschweif von silbernen Bläs­then durchs grüne Waffer. Nun ist es mit der Saltung des Polypen zu Ende: blißschnell hat er alle seine rosa Schnüre in ein spizes Tor­pedo zusammengefaßt und schießt nun brausend auf die Krevette zu. Doch kurz bevor er sie erreicht hat, breitet er sein schmales Fangarm bündel zu einem flatternden rosa Käfig aus schon hat er sie. Ein momentanes Gewirr von Silberfäden und Fangarmen, und dann ist nichts mehr, die Krevette ist verschwunden.

Langsam treibt der würdige Ballon wieder in seine gewohnte Ede und saugt sich mit den fleischroten Tellerchen an die Glasscheibe an. Ernst und gütig blicken seine goldschwarzen Augen. Aber halt in dem roja Stahlkopf geht etwas vor: wälzt er darin ein Problem? Nein, ein Problem, sondern die Krevette, die ja doch noch nicht ganz tot ist. Aber bald hört diese Kopfarbeit auf, die Krevette ist endgültig zer­malmit und zersäuert, und der Polyp scheint nun friedlich zu schlafen, obwohl seine Augen immer noch unverwandt durch die Glasplatte ſtarren.

Der Taschenkrebs und der Pilz.

In einem andern Bassin spielen sich Kämpfe zwischen Seepilzen und Taschenkrebsen ab. Der Taschenkrebs ist, nach menschlichem Er­messen, wirklich ein sehr dummes Tier. Dieses übertriebene hastige Seitwärtslaufen( wie nach  Gott weiß welcher Elektrischen), diese ahnungs­lose Plumpheit, mit der seine Panzerglieder in alles trägt das jedes Idyll hineintölpeln Gepräge einer extremen Unbegabung. Ganz anders die Seepilze: Halb Tier und

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bewegung, wofür sie aber mit einer genialen Passivität begabt sind, mit einem unheimlich gerade mit einer Eigenschaft, die dem Tajchen­zähen und feinem Reaktionsvermögen also trebs fehlt. Grau und unscheinbar, liegen sie mit weitgeöffneten Dolden da und warten auf das, was fommi, nämlich auf den Taschenkrebs. Und nun beginnt ein Spiel, das unweigerlich mit dem Tode dieses Ahnungslosen ende:

Der Taschenkrebs frabbelt vergnügt über Berg und Tal, über Lebendes und Totes und denkt an gar nichts. Da, plötzlich ist er mit zwei Beinen in einen Seepil; hineingepascht. die beiden Panzerglieder.

und wie ein Maul schließt sich die Dold: unt

Der Taschenkrebs weiß vorläufig noch nichts und will seelenruhig weiterwandern. Doch allmählich merkt er, daß er da was Fredes mit sich zieht. Nun versucht er das lästige Pflanzenzeug abzuschütteln. Doch die Dolde hält so fest und mit so viel Widerhaken, daß jede Bewegung die Krebsglieder nur noch tiefer hin­einbringt. Nun wird er wütend und beginnt zu kämpfen. Er wird doch wohl mit der kish­rigen Masse fertig werden! Aber kaum hat seine Schere in die Dolde hineingekniffen, als die Schere auch schon gefangen ist. Jedes Rucken und Zucken vermehrt das Unheil.

Festhalten, nicht loslassen!

Jetzt friegi es der Taschenkrebs mit der Angst. Fort will er, nur fort!- er rast mié den übriggebliebenen Beinen über Stock und Stein, er hat keine Zeit zu verlieren. Toch das hilft ihm nichts, denn er schleift ja das Untier immer mit sich. Der Taschenkrebs versucht tan­send Methoden, der Scepit; hat nur eine: Fest­halten, nicht loslassen! Der Taschenkrebs weiß nicht, daß nur eines ihn retten könnte: auf die Schere und die paar Beine verzichten und vöi­lig stillhalten- denn jede Bewegung wird ihm zum Unheil, jede bringt ihn unweigerlich immer tiefer in die fürchterliche Umarmung hinein.

Letzter Aft des Dramas: man jieht einen aufgeschwollenen Seepilz, aus dem noch eine einzige, verzweifelt rudernde Krebsschere her­ausragt. Sie arbeitet, sie klammert sich an jedes Steinchen- und langjam bewegt sich diese grausige Kombination vorwärts. Die passive Energie hat gesiegt. Endlich ist auch die Schere verschwunden, und nun sibt der Seepilz ebenso unbeweglich wie vorhin da. Mit fortschreitender Verdauung öffnen sich seine Dolden wieder und

es käme, daß ein so weiser Derwisch nichts zu halb Pflanze, fehlt ihnen die Fähigkeit der Fort-| warten auf das nächste Opfer.

essen hätte; Hassan gab sich nie mit Nebensäch lichkeiten ab. Tritt ein", rief er, sebe dich nieder, mach' es dir bequem." Dann tischte er seinem Gast ein Stück gefochten Leders auf; das war der letzte Rest einer Ziege, die er gestohlen hatte.

Der Derwisch verspeiste das Leder, und als er satt war, fragte er: Also wie groß sollen deine Datteln werden?"

  Allah segne dich, sagte Hassan. Ich wünschte, meine Datteln wären dreimal so groß als du sie machen kannst!"

,, Gut, gut", sagte der Derwisch. Siehst du diesen Vogel, den ich aus   Indien mitgebracht habe? Sag' ihm, daß deine Datteln dreimal so groß find als gewöhnliche Datteln."

,, Groß ist dein Wohlgeruch, Derwisch", fagte Haffan zweifelnd,., aber was soll es nüßen, daß ich es dem Vogel sage? Es ist ja nicht wahr!"

Tu, wie ich dir sage", beharrte der Der­wisch. Davon verstehst du nichts."

Der Vogel sah einem Raben sehr ähnlich und schien sehr geschwäßig zu sein. Der Der­wisch hatte ihn aus   Sumatra mitgebracht.

Ich bin dein ergebenster Diener", sagte Hassan unterwürfig zu dem Vogel. Meine Datteln sind so groß wie drei Datteln."

Sehr gut, meinte der Derwisch, fahre nur fort."

Und Hassan versicherte dem Vogel immer wieder, daß seine Datteln so groß seien wie drei gewöhnliche Datteln zusammen.

Der Erfolg blieb nicht aus.

Plötzlich schrie der Vogel: Bei   Allah! Haj­sans Datteln sind dreimal so groß als gewöhn

liche Datteln!"

Er hatte eine ungemein durchdringende Stimme, und außerdem verstand er es, so über­zeugend zu reden, daß man die Datteln förm fans Datteln sind dreimal so groß als gewöhn lich wachsen sah. Er schrie in einem fort: Ha liche Datteln!" Rasch sammelte sich eine Menge Volts an. Die Datteln schienen den Lenten so groß, daß sie sich das Maul verrenkten, wenn sie hineinbissen.

Ahuleth wurde von Tag zu Tag magerer. Hassan aber kaufte sich immer mehr Ziegen und Schafe. Er baute sich einen hübschen Laden. Haſſans Datteln waren weit und breit berühas wegen ihrer ungewöhnlichen Größe, und alle Welt kaufte bei ihm.

Jedermann war fest davon überzeugt. Daß Hassans Datteln die größten seien. Nur Hafan nicht. Er kaufte die Datteln für seinen Haus­gebrauch bei Ahuleth.