Aber zu diesem Einzug solte es nicht kom-| men. Am britten Tage des merkwürdigen Zuges, der so viel Unheil in den Gemütern des gläu­bigen Landvolkes anrichtete, war der Messias verschwunden, und niemand fand ihn mehr auf. Seine Anhänger suchten ihn, erst voller Furcht vor einem Wunder, doch dann mit rafender Wut, als sie sahen, daß er sich mitgenommen hatte, was an Geld und Schmuck tragbar war. Gendarmerie und Militär juchte die ganze In­fel ab, und es blieb nur die Möglichkeit, daß er sie mit einem Boote verlassen hatte oder,

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durch Abnahme des Bartes und Anlegung mo­derner Kleidung völlig unfenntlich geworden, mit einem Dampfer fortgekommen sei.

Gerüchte wollen wissen, daß es sich um einen belgischen Hochstapler handelt, der auch an einem Einbruch im Athener Afropolismuseum der vor zwei Jahren ganz Griechenland   in Auf­regung setzte, beteiligt war. Auch wird vermuiet, daß ihn Diebstähle aus Kapellen auf verschie-, denen griechischen Inseln und auf Kreta   zur Last fallen.

Masken.

Bilderreihe aus dem Karneval des Lebens von Anton Tichechow. Es ist Abend. Durch die Straßen zieht eine die Zuhörer zu. Aber er hat sich nur als Dich bunte Menge, die sich aus betrunkenen Muschifter masfieri. pelzen und Frauenjaden zusammensetzt. Es wird gelacht, geredet und getanzt. An der Spitze des Hansens hüpft ein kleiner Soldat, in altem Kommismantel und schräg sigender Müße.

Der Menge fommi ein Unteroffizier ent­gegen.

Warum machst du denn vor mir keine Ehrenbezeigung?" schnauzt der Unteroffizier den fleinen Soldaten an. He? Warum nicht? Halt! Was bist du denn für einer? Warum nicht?

,, Liebster, wir sind ja doch maskiert!" sagt der kleine Soldat mit Weiberstimme, und der Saufe bricht, zufammen mit dem Unteroffizier, in ein schallendes Gelächter aus.

In einer Loge jist eine schöne üppige Dame, ihr Alter läßt sich schwer bestimmen, aber fie ist noch jung und wird noch lange jung blei­ben... Sie ist prächtig gekleidet. An ihren bei­den Armen trägt sie je ein massives Armband, auf der Brust eine Brillantbrosche. Neben ihr liegt ein Belzmantel, tausend Rubel wert. Im Gang wartet auf sie ein betreßter Diener, und auf der Straßen harren ihrer zwei Kappen und

Gäbe mir der Kläger   einen Hunderter mehr, ich liege fie verknallen!" denki er. In der Rolle des Anklägers wäre ich effektvoller!"

... Durchs Dorf geht ein betrunkenes Bäuerlein, singt und spielt schrill auf einer Bichharmonika. Sein Gesichtsausdruck ist trun fene Rührung. Er fichert und macht Hüpf­Schritte. Er hat ein lustiges Leben, nicht wahr? Nein, er ist nur eine Maske.

"

Fressen will ich!" denti er.

... Sechs Vortale, tausend Lichter, Men ſchenmenge, Polizisten, Zwischenverläufer von Eintrittskarten. Es ist ein Theater. Ueber seinen Türen steht: Satire und Moral". Hier wird großes Geld gezahlt, hier werden lange Kritiken geschrieben, hier wird viel applaudiert und sel­ten aezischt... Ein Tempel.

Aber dieser Tempel ist mastiert. Enifernen Sie die Aufschrift: Satire und Moral", und Sie werden leicht die Worte Reinfall und Sohn" lesen können.

teilte, mit denen ich zusammen lebe, hat mein Bekannter, der stille Freund der Menschheit, fteinreich geheiratet, ein ungeheures Vermögen zusammengerafft, er ist an Bettlern vorbei gegangen, die er ja nicht kannte, hat fette Ge­schäfte gemacht, ein Gut gekauft, und lebi jett bequem in seiner an Teppichen reichen Woh­nung. Da er feine Kinder hat und seine armen Verwandten, die ihn beim Denken stören könnten, von sich strenge und konsequent sern­hält, hat er an Kindesstatt die Menschheit adoptiert, die liebe kleine Menschheit. Es heizi, fie sei ein intelligentes Kind. Spreche mehrere Sprachen.

Dieser Verwandte hat angenehme Gigen­schaften. Er ist keineswegs überaus zudring­lich. Er flopft nicht an seiner Tür, verlangt kein Brot, braucht keinen Winterrod, strahlt ihm, mit glorienscheinumwobener Stirn, aus ehrbarer Ferne entgegen. Niemand kann mit den Worten fein Zimmer betreten: Ich, bitte, bin die Menschheit. Das kann jeder einzelne tun, ob er Peter heißt oder Paul, nur die Menschheit kann es nicht.

Unlängst schickte ich troydem die Wiensch­heit zu ihm, in der Verson eines hungeraden Studenten. Mein Bekannter, der Freund der Menschheit, ließ ihn in den Salon führen. Er las eben die Zeitung, aus der er voll Empö rung erfuhr, daß die Menschheit wieder ein­mal geschändet worden ist: in Südamerika   be­fant ein schwarzer Friseurgehilfe eine Maul­schelle, und in Australien   wurden zweihundert Bergarbeiter ausgesperrt. Seine Hand ballte sich zur Faust, da er dies dem Studenten er­sählte, doch verheimlichte er nicht, daß der Fortschritt trotzdem greifbar sei, und er hob als besonders ermutigende Erscheinungen das Kino, das Radio und das Flugzeug hervor, die man sich im vorigen Jahrhundert noch nicht hätte vorstellen fönnen.

Als dann der ungelegene Gast von dem Freunde der Menschheit Abschied nahm und im Vorzimmer endlich rasch, wie ein Geber

ein Schlitten mit einer Dede aus Bärenfell... Ein Freund der Menschheit flüsterte, daß er seit gestern nichts gegessen

Ihr zufriedenes, schönes Gesicht und ihre Um­gebung befagen: Ich bin glüdlich und reich." Doch alauben Sie ihr nicht, Leier!

,, Es ist alles nur Maskendant," denkt sie. Morgen oder übermorgen wird der Baron fich mit Nadine Heren und mir dies alles neh­men...."

... An einem Spieltisch fist ein dider Herr im Frad, er hat ein dreifaches Kinn und weiße Hände. Neben seinen Händen liegt ein Haufen Geld. Er verliert zwar, läßt aber ben Mut nicht jinfen. Im Gegenteil, er lächelt. Macht es ihm doch gar nichts aus, ein oder zwei Tausender zu verſpielen. Im Sveiſezimmer ſtellen ein paar Diener für ihn Austern, Seft und Fasanen­

braten zurechi. Erikt gern gut zu abend. Nach dent Abendessen wird er in einer Equipage zu ihr fahren. Sie erwartet ihn. Nicht wahr, er hat ein schönes Leben? Er ist alücklich! Aber fehen Sie doch einmal zu, was für abgeſchmadte Dinge fein Gehirn bewegen:

Ich bin nur eine Maske. Kommt eine Revision so werden alle erfahren, daß ich nur eine Maste bin!..."

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Ich habe einen Bekannten, der liebt die Menschheit.

Ich liebe meinen Soha, die Meinen, einige Freunde, liebe auch die grüne Tinte, mit der ich seit meiner Jugend schreibe, bisweilen eine Kalbshare mit Meerrettich und Effig, sodann helle Zigarren; mein Bekannter jedoch liebt ausschließlich die Menschheit.

habe, da füllten sich die gütigen Augen meines Bekannten mit Tränen. Er fonnte sich nicht

beherrschen. Schob erschüttert den Studenten hinaus, eilte dann ins Speisezimmer.

Hier wurde gerade zu Mittag gedeckt. Er befahl im Tone der Empörung dem Stuben­mädchen, sein Geded fortzunehmen. und auch er an diesem Tag nicht zu Mittag.

Ein so wunderlicher Kauz ist mein Be­fannier, der Freund der Menschheit.

durch Afrika  .

Mich verachtet er ein wenig. Er stauni darüber, daß es im zwanzigsten Jahrhundert Sch pflege ihm zu antworten, daß ich ihr noch mit Kamera, Kind und Kegel jemanden gibt, der die Menschheit nicht liebt. nicht begegnet fei, fie noch nirgends gesehen habe, daß sie mich noch niemals aufgesucht babe. Alle Antwort lächelt er geheimnisvoll, verzeihend. Er will mich nicht beleidigen, hütet sich auszusprechen, daß er mich im Grunde ge­nommen für einen herzlosen, selbstsüchtigen

Menschen hält.

Morgens, wenn er aufwacht, denkt mein Bekannter an die Menschheit. Wie hat wohl des Nachts die Menschheit geschlafen? Sat viel­leicht das Kissen ihren Kopf gedrückt? Sat sie feit gestern irgendwelche Fortschritte gemacht? Ich geftebe, daß mich da ganz andere Ge­danken beschäftigen. Vor allem: Wovon werde ich meine Gasrechnung bezahlen, und wovon werde ich meinem Sohn einen Winterrod fau­fen? Der Freund der Menschheit bat mich schon wiederholt wegen meiner Kleinlichkeit

Ein wirklich außergewöhnlicher Fall. Ein Forscher geht nach Afrika  , nicht etwa nur in die Randgebiete, sondern tief hinein_ins_In­nerste bis zu den nadien Kaarinodos und er nimmt auf diese beschwerliche und gefährliche Reise Kind und Kegel, das ist die Frau, ein dreizehnjähriges Mädchen und ein dreijähriger astube, mit. Das kann natürlich nur ein so erfahrener Reisender wagen, wie es Colin Roß   ist, dem bereits eine ganze Anzahl schöner svannender Reisebücher zu danken ist. Unier dem obigen Titel ist soeben ein Buch dieses Ein Anwalt verteidgt vor Gericht eine hervorragenden Reiseschriftstellers erschienen. Beklagte... Sie ist eine sehr hübsche Frau mit Diefes hat einen besonderen Reiz dadurch, unfagbar traurigem Geficht; sie ist unschuldig! daß es nicht Ergebnisse der fachlichen und poli­Lei Gott  , fie ist unschuldig! Die Augen des tischen Beobachtungen des Forschers wiedergibt, Anwalts glühen, seine Wangen lodern, ausgerügt. sondern nur Erlebnisse und Eindrücke und da jeiner Stimme hört man Tränen heraus... Er Lange dachte ich, er sei ein dummer, ein- Colin Roß   meisterhaft zu erzählen versteht, so leidet für die Angeklagte, und wenn man fie gebildeter Sterl. Im Laufe der Jahre jedoch dankt man dem Buche genußreiche Stunden. b rurteilt, wird er vor Kummer sterben!.. enidedte ich meinen verhängnisvollen Irrtum. Unter den Diamantgräbern in Südafrika   be­Das Publikum hört ihm zu, es erſtirbt vor Er ist einer der größten Weisen, die ich jemals ginnt es und schon hier geht es nicht ohne Genuß und fürchtet, er fönnte plößlich seine gefehen habe. Während ich meine Liebe unter- Abenteuer ab, denn unter andern iſt ein ſchau­Rede beenden. Er ist ein Dichter!" raunen sich wegs verschwendete, meine Kräfte an jene verrig- schöner Steppenbrand, den Kind und Ke­