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und versucht, ihm Anweisungen zu geben, die aber nicht befolgt werden können, denn die Flügel sind noch zu schwach und Klein, als daß sie den Körper wegtragen fönnten.

Da... die Katstrophe naht. Und zwar in der monströsen Gestalt eines Autos. Gigan tische Pneus gleiten lautlos über den Aippait, schieben sich vor wie Riesenwalzen, um alles unter sich zu zerpressen, zu zerquetschen. Und der kleine Spay  ...

entdeckung der Wissenschaft durch die mittelalter­liche Gelehrsamkeit hatte eigentlich nur ein Motiv: Man wollte den Stein der Weisen fin­den, durch den man alles in Gold verwandeln könnte. Das Gold stand also auch an der Wiege der Naturwissenschaften. Was trieb Kolumbus  über das Weltmeer? Man sagte: Die immer deutlicher werdende Erzählung von der Insel Zipangu", wo man in goldgedeckten Häusern wohne. Und als die Spanier in Amerika   lan­deten, was lockte sie in tausend Gefahren unter Er schreit mörderisch, der Kleine, schlägt das mörderische Klima, in die verderbenbrin- mit den Flügeln den Asphalt und versucht, genden Wildnisse? Eine Sage und eine Wirtemporzukommen. Da dieser Versuch mißlingt, lichkeit. Das Märken vom Dorado, zu deutsch  : so schiebt er sich eben am Boden vorwärts. Und vom vergoldeten Manne, und die Wirklichkeit, gerade nach der falschen Richtung hin: auf die daß gefangene südamerikanische Indianer in Riefenpneus zu, die immer näher gleiten. aller Unschuld mit goldenen Angelhafen fischten, weil das Material so leicht zu beschaffen und am besten zu bearbeiten war. Sie mußten diese Unschuld bitter bezahlen; ihr ganzes Volt wurde von den goldgierigen Bleichgesichtern ausgerot­tet, die aber zur Strafe selbst zu Tausenden umkamen auf ihren abenteuerlichen Zügen nach dem Dorado, das sich zu guter Letzt ebenfalls als eine Art Wirklichkeit herausstellte, denn der vergoldete Mann war ein Hoherpriester, der unter symbolischen Zeremonien jeden Morgen mit Goldstaub eingerieben wurde und dann in den Fluten des heiligen Sees badete, in dem noch heute der Goldschatz der Jukas versenkt ist.

Weil er genug Gold hatte, konnte der fran­ zösische   Sonnenkönig ,, Europa   mit seinem Glanze überstrahlen. Dieser Glanz ging nur vom Golde aus, denn die Memoiren des Gra­fen von Lauzun sagen es mit nüchterner Deut­lichkeit: Als die Bankrotte an der Tagesord­nung waren, als uns das Gold ausging, ver­loren wir die Macht, und dann kam die Revo­

lution. Wer noch daran zweifelt, den sagt die Geschichte des neuen Gestirns, das nach dem Sonnenuntergang des ancien régime   am Him­mel Europas   aufging, wieder das gleiche. Na poleons Glück waren die Erobererzüge, die 600 Millionen Franken in seine Hände gaben. Sein

Unglüd war, baß er sie ausgeben mußte, um seine Soldaten zu begeistern. Als er mit den Geldern am Ende war, konnte er nach Leipzig  und Waterloo   keine neuen Heere mehr organi fieren. In dem Augenblid, da ihn das Geld verließ, verließen ihn das Glück, die Trene, die

Liebe und das Schidjal.

Menschen von heute.

Die Kleine Erzählung von Lilian Tot tenham charakterisiert trefflich den Men­schen von heute, den von fapitalistischer Haft getriebenen, von der Jagd nach Er­werb und Profit rubellos gewordenen zibilisierten Europäer", dessen guter Kern vom Kapitalismus   trotz alledem nicht völlig verdorben werden konnte, welchen guten Kern wir Sozialisten wieder zur Entfaltung bringen müssen. Menschenreihen Haften, knapp aneinander gepreßt, aneinander vorbei. Verschlossen sind ihre Gesichter; sie zeichnen die Last des Tages, Nichts könnte sie aufheitern, nichts sie aus der Tretmühle des dumpfen Vorwärtsdrängens bringen.

Plötzlich stehen die Kolonnen. Sie starren auf die Straßenmitte. Angst in den Blicken der einen, Mitleid oder Entsezen in denen der an beren. Was ist geschehen?

Ein junger Spatz ist aus dem Nest gefal­Tent. Jeht fit er hilflos in der Straßenmitte am Asphalt und schreit. Er schreit mörderisch baut und scheint sich gar nicht gemütlich zu fühlen. Eine Späßin umflattert den kleinen

vollkommen. Wird der Lenker ausweichen tönnen? Wird dieses arme Tierchen von dieser Katastrophe verschont werden? Die Späßin fliegt mit einem Verzweiflungsschrei davon. Der Kleine flattert wild unher und schon ver­schwindet er unter dem Autobus. Haben ihn die großen Räder erfaßt? Ist er zermalmı? Die Frauen legen die Hände vor die Augen, die Männer warten mit besorgten Mienen: wird der kleine Spatz als blutiger Brei auf dem Asphalt zurückbleiben?

Der Autobus gleitet weiter, und mörderisch schreiend flattert der kleine Spazz hervor, hüpft und flügelt über die Straße hin und verkriecht sich unter einem Obststand. Ein Aujatmen schleicht über die Menschenkolonnen hin. Glüd­liches Lächeln, Zufriedenheit mit dem Schicksal spiegeln sich in aller Augen. Die Kolonnem feßen sich wieder in Bewegung. Knapp anein­ander gepreßt, hasten sie aneinander vorbei, Der Autobus schiebt sich näher. Leise Inir- mürrische Gesichter zeigend. Sie sind wieder schend wippt er über den glatten Asphalt. Das Kämpfer geworden um den Alltag, um die Sorge Bangen der Menschen wird größer, erfaßt sie von heute auf morgen.

Die Menschenkolonnen stehen und starren auf diesen Neinen Spaß. Ein Schrei liegt auf den Lippen aller. Entsetzen, Angst lagert in aller Augen.

Jagd nach dem Gummi. 3ago

Ein tragisches Kapitel aus dem Epos der Wirtschaft.

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Nach Meldungen des englischen Sagenhafte Schäße haben sie den Direktoren ver­Generalkonsulats in Sao Paolo   sollsprochen: Gold und Diamanten und uralten der englische   Forscher Oberst P. H.   wunderbaren Zierat. Alles das soll heute Fawcett, der vor sieben Jahren im noch auf dem Grund eines riesigen Sees brasilianischen Urwald verschwunden ruhen im Mato Grosso  ; und sie wollen es heben! ist, noch am Leben sein. Die Mel- Sie wollen nicht einen Pfennig haben von die­dungen sagen, daß der Gelehrte im jen Schäßen, alles wollen sie den Sammlungen Sumpfgebiet des Mato Grosso   von kostenlos überlassen. Nur: man soll ihnen das Indianern gefangengehalten wird. Geld geben zur Ausrüstung ihrer Expedition! des begabten Reporters, steht der Say: Das In einem Reisebrief Arnold Höllriegels fünftige Epos vom Kautschut wird Gesänge daß Fawcett ein feriöser Forscher" ist, ein des begabten Reporters, steht der Sazz: Das Die Direktoren der Museen wußten wohl, enthalten müssen, die an Dantes Inferno er- Mann, der weiß, was er will. Sie möchten ihm schon Geld geben, ein paar tausend Pfund, um dagegen eventuell die Schätze der weißen Indianer einzutauschen. Aber die Zeiten sind schlecht auch für staatliche Museen und Samm­lungen.

innern!"

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Als ich diesen Sah las, wurde ich unwill­fürlich an einen Mann erinnert, der um den " Rubber", um den Kautschuk, Unerhörtes hat leiden müssen: an den englischen   Forscher P. H. Fawcett! Gewiß: außer ihm, dem stillen, be­Fawcett gab den Kampf nicht auf. Er ver­scheidenen Mann mit dem schmalen Gelehrten öffentlichte Aufsätze, in denen er seine Ziele und gesicht, sind Tansende, Zehntausende schon ver- Pläne erläuterte. Er sprach von der Schmiede­dorben, gestorben am Gummi; Nigger, Mestizen, funst der alten Cujebastämme, von ihrem Soldaten, Farmer, Tramps, Arbeiter. Schmuck, ihren handgeschmiedeten Waffen, ihrem Sein Schicksal aber ist das eigenartigste von herrlichen Zierat. Er sang das Hohelied einer allen. Und vielleicht auch das schwerste großen, längst vergangenen Schönheit...

In dem kommenden Epos vom Kautschuk wird daher auch sein Name nicht fehlen dürfen!

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Fawcett, sein Sohn und Raleigh Rimmel des Mato Grosso   zu erforschen­die gemeinsam auszogen, um das Innere find weder Gummifaufleute noch Angestellte der American Rubber Company, sondern sie sind Gelehrte, die vont Gummi bis dahin wahrscheinlich nur den lateinischen Namen des Gummibaumes und seine Eigenarten tannten. Vielleicht haben sie auch gewußt, daß man aus dem Seringa( wie der Portugiese sagt) Autoreifen und Bälle machen kann; vielleicht aber auch nicht.

Sie tamen, alle drei, mit dem Gummi zum erstenmal in Berührung, als sie ihre große Expedition nach Südamerika   vorbereiteten. In Fawcetts Kopf hatte sich der Plan eingefres­sen, die Trümmerstätten jener weißen In dianer" zu suchen, die irgendwo im Innern Brasiliens   liegen sollen, mitten im Urwald, im Sumpf, in der Wildnis. Diese Suche aber tostete Geld, Tausende von Pfund die weder Fawcett noch sein Sohn noch Rimmel hatten.

Die drei Männer sind von Pontius ju Bi­latus gelaufen, von Museum zu Museum.

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Aber auf den begeisterten Sammler und Forscher will niemand hören. Und niemand will die notwendigen Darlehen bereitstellen. Bis plötzlich im August 1924 zwei Männer zu ihm in seine Wohnung in New York   tommen: breite und feste Schuhe an den Füßen, eine furze Pfeife zwischen den gefunden Zähnen, offene, nüchterne Gefichter. Wieviel Geld er wohl haben müsse für seine Expedition, fragen sie ihn. Fawcett

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er glaubt an ein Wunder oder an einen Traum nennt Summen, die phan­tastisch in seinen eigenen Ohren flingen. Aber die beiden Yankees ziehen wortlos die Scheck­bücher, die Füllfedern kragen: Bitte sehr!"

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Oberst P. H. Fawcett, sein Sohn und Na­leigh Rimmel starten am 10. Jänner 1925. Sie haben selbst ein Segelschiff gechartert, das mit Kurs auf Buenos Aires   ausläuft. Die große Fahrt in vergangene Jahrhunderte kann begin nen...

Zwar sind da einige Bedingungen zu erfül­len, die die beiden Yankees gestellt haben: die auf einer großen Karte eingezeichnete Marsch­route durch den Mato Grosso   ist möglichst genau einzuhalten, fie haben allerlei merkwürdige In