Otr.». UnierOaltuaaOeilage. 1933.Die Kannivattn.Die kleine Indianerin schlich nun schonseit Jahre« jenseits des Ozeans, an-erKüste von Cornwall, in Sir George Hobarts Park herum. Bon seiner letzten brasilianischen Expedition hatte-er Forscher sieheimgebracht, als Kuriosum, als monströseSehenswürdigkeit. Kun wurde er abermalsaus seinen Jagdgründen in den Urwälderndes Amazonen-Stroms zurückerwartet.Das halbwüchsig« Kind mit dem derben, gedrungenen Schädel, der lcüersarbenenHaut, den Wulstlippen und den verhängten,schwarzen Schlitzaugen erschien den Britenals ein Ausbund von Häßlichkeit, stieß aberjedermann vor allem dadurch ab, daß eseinem Kannibalen-Stamm angehört«, alsomit Menschenfleisch aufgezogen und demnachein verabscheuenSivürdiges Ungeheuer war.Man starrte sie voll Grausen aus der Fernean und wollte nichts mit ihr zu schaffenhaben.Di« Laute und Bilder ihrer Heimatwaren in Janets Gedächtnis fast schon verwischt. Die ihrer neuen Umgebung wolltennur schwer darin haften. Ihr Quartierwar ein Holzschuppen. Der Gärtnerburschestellte ihr täglich einen Topf voll Brot undMilch vor di« Tür. Sie hatte die Parkwegein Ordnung zu halten, im übrigen blieb siesich selbst überlassen.Ihr Lieblingsaufenthalt war das riesige Tropenhaus auf der Waldwiese. Dortzüchtete der Globetrotter seine exotischeFlor«. Die gleichmäßige feuchte Wärme,die darin herrschte, tat Janets ständig fröstelndem Körper wohl.^Hinter den Schlinggewächsen, unter den mächtigen Palmenwedeln konnte sie sich verstecken wie ein gehetztes Will».„Hallo, du Biest!" rief ihr der Burschedurch di« Luke des Schuppens zu.„DerHerr ist wieder da, diesmal mit einem anderen Scheusal! Schau ins Glashaus, eswartet schon auf dich!"Janet erschrak. Was hatten sie vor mitihr? Etwas. Gutes sicher nicht. Ach, wennman ihr nur nicht auch noch den stillen Zufluchtsort verleidet«?Sie eilt« hin, lauschte ängstlich, krochbehutsam und geschmeidig durch die mannshohen Rispen, unter den Aesten der gewaltigen Bäume hin, von denen grellfarbig«.Von Knet 9Rortenl.schwül duftende Orchidecrrblüten niederhin gen. Alles blieb lautlos, sie konnte nichtsAuffälliges entdecken.Kaum aber war sie auf ihrer Streifean den Teich gekommen, auf dem die breiten, fetten Blatter der Seerosen schivam-men, da sah sie am jenseitigen User aufeinem Para-Nußbaum ein echsenartigrS, geschupptes Tier hocken, dessen grüne Farbesich kaum abhob von dem Laubgewirr. Aufdem Hinterkopf trug es«inen hohen häutigen Zipfel, auf dem Rücken und auf demlangen, wurmartig sich verdünnendenSchwanz einen Haurkamm, mit den dünnenZehen krallte es sich in die Rinde. Seinegoldgelben, durchdringenden Augen musterten mißtrauisch daS Menschenangesicht.Langsam hob es den schmalen Kops, bliesdie Kehle sackartig auf und bewegte lebhaftden Kamm. Dann stürzt« eS sich, wie voneinem Bogen geschnellt, ins Wasser. Kopfund Brust erhoben, schwamm es im Kreisumher, indem es die Welle» mit den Vorder-fußen wie mit Ruderschlägen teilte und denSchwanz nach Art eines Steuers geschmeidig hinterdrein zog.„Zumbichi!" rief Janet erfreut. Ja,dieses Tierchen kannte sie doch! In ihrerErinnerung hellt« sich etwas auf: als sie mitihrer Horde in der Regenzeit den Stromentlang nach Norden zog, da war man ihnenoft begegnet. Zumbichi hatte der Häuptlingsie genannt und jedesmal einen frohenSegensspruch gemurmelt, w«il die Zum-bichis von den Geistern gesandt sind, wandernden Nomaden den rechten Weg zuWelsen.Sie kauerte sich zwischen den Bambusrohren nieder und wartet« geduldig, wie sichder Zumbichi weiter zu ihr verhalten werde.An diesem Tage wagt« er sich noch nichtan sie heran, flüchtete bald wieder und lugtedurch das Gesträuch unverwandt nach ihr?aus. Allmählich aber ward er zutraulich,kroch zögernd auf sie zu, ließ sich von ihrmit Salatblättern und Bananenschalenfüttern.Eines Bonnittags, als sich das Tierchengerade auf einem der höchsten Aeste dich»unter dem Glasdach sonnt«, betraten die beiden Kinder deS Gutsherrn, geführt von ihrerGouvernante, das Tropenhaus. Sie wür digten die„Merifchenfrefferin" keines Blik«.kes, wünschten nur das neu«ingefangeneUngeheuer einer Besichtigung zu unter«ziehen.„Dort oben! Seht ihr es?" zeigte dieGouverneß und bediente sich des Lorgnons|„Das ist also der berüchtigte Basilisk. Sei«!Blick gilt von altersher für giftig, mit teuflischen Kräften ausgestattet. Mag auchAberglaube im Spiel sein, immerhin...selbst die Heilige Schrift warnt vor ihm«Schon der Prophet Jeremia hat gedroht,„denn sieh«, ich will Basilisken unter euchsenden, die sollen auch stechen, spricht derHerr." Und der Prophet Jesaias lehrt:„Jsset man von ihren Eiern, so muß mansterbeu; zertritt man sie, so führet ein« Otter;heraus." Sir George hat ihn als abschrek-kendes Beispiel für alle scheußlichen Untugenden hier eingesperrt. Also hütet euchvor ihm!" Die Kinder machten mit offenen*Mündern„Ooch!" und drängten bald insFreie.—Der Gärtner, dem das TropeichauSanvertraut war, hatte nichts dagegen, daßdie kleine Wilde nun auch ihr Lager dortaufschlug und sich darin aufhielt, so ost ihreArbeit es erlaubt«. Er fand, daß der widerliche, tief verdächtige Basilisk so etwas wieihresgleichen sei und deshalb ruhig ihrerFürsorge übergeben werden könne. Beideerhielten künftig das gleiche Futter, eine fürdas Urwald-Exemplar sorgfältig ausge-wät)lte Pflanzenkost, mit der auch Janetsich gern zufrieden gab.—•Es waren Worben eines unoto'besten,verschwiegenen Glückes, in denen sich ihreFreundschaft mit dem Zumbichi immer engerknüpfte. Rief sie nach ihm, so kam er ihrmit flinken, anmutigen Bewegungen entgegen, ringelte sich u>n ihre Füße, tastete sichmit seinen Krallen iachte an ihr hoch.Am liebsten lag er in ihrem Schoß.Dann wand er sich wohlig wie ein Kätzchenunter ihren streichelnden Händen unwärmte seinen kühlen Schuppenleib an ihrerBrust.„M«in Liebling! Mein schöner Bruder!" flüsterte sie in der Sprache ihres Stammes.„Segenspendcr, weise mir den Weg!"Alte Lieder und Zaubersprüche, wie di«Ihrigen sie auf dem Marsch« sangen, sielen