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Der Balteriologe.

Kriminalnovelle von W. Doerich en

der in die Strippe gebunden war Er war ganz anders als die Knoten, wie sie gewöhnlich in Ladengeschäften gebunden werden. In dem Geschäft, in dem Sie den Man türkasten ge­fauft hatten, fonnte ich durch Sichproben auch bald feststellen, daß dort anders verpackt wird, als es bei dem Paket der Fall war, in dem Frau Handet das Paket von unbekannter Hand erhiel

Ich lasse den Herrn Kommissar bitten." schwer und hoffnungslos infiziert haben sollte. Das Mädchen schloß die Tür hinter sich, Bei den Verhören mit hren Dienstboten und Franz Ewaldt, der berühmte Bakteriologe, über- der Zofe stieß ich dann schließlich auf den Mani­legte noch, was der Lesuch eines Kriminal- fürkasten, der am Abend vorher zuletzt und kommissars an diesem schönen, sonn'gen Nach- zum ersten Mal benutzt worden war Nun. Herr mittag zu bedeuten habe. al der Ange- Gvaldt, ich erzähle Ihnen wohl nichts Neucs: Frau Handet war es wohl gewöhnt, Ge­melde: e, Kriminalkommissar Hennig, groß. Die Instrumente und Scheren waren mit Te- schenke von Unbekannten zu erhalten Sie, Herr schlank und von unergründlichem Gesichtsaus tanusbazillen behaftet, die genügt hätten, eine Dr. Ewaldt, haben aber früher Ihrer Freun druck schon vor ihm stand. ganze Dvision aus der Welt zu schaffen Sie din öfters fleine Bakete geschenkt, meist Bra­fragen aber weiter, wie ich gerade Sie als linen und ähnliches Diesen Packungen legten Täter ausfindig machte. Das ist eigentlich Sie zu Hause wahrscheinlich fleine Briefchen bei, ganz einfach. Turch einen glück! chen Zufall war wie man das zu tun pflegt. Zu diesem Behufe noch die Verschnürung vorhanden, in de die mußten Sie die Strippe neu knüpfen und dieser Kassette gebunden war. Eine der weiblichen fle ne, ganz nebensächliche Umstand, Herr Bak­Ang stell en hat nämlich die löbliche Eigenschaft. teriologe, wird Ihnen den Hals kosten. All diese alle Strippen, d'e sie zu Gesicht bekommt, nicht Strippen weisen nämlich ein und denselben felt­fortzuwerfen, sondern aufzuheben. Was mich samen Knoten auf. Und nun, Herr Dr. Gwaldt, nun an der Verpackung besonders interessiert, warum mußten Sie'en? Eifersucht?" war ein gewiffer feltsamer, tomplizierter Knoten, Das Ja" Dr. Ewaldts flang kaum hörbar.

Men Befuch steht im Zusammenhang mit einem traurigen Ere gnis in Ihrem Freund s- freis Herr Ewaldt Frau Handek, mit der Sie. wie ich annehme, sehr befreundet gewesen sind, ist vor wenigen Sunden gestorben."

,, Sie sehen mich erschüttert". erschüttert". erwiderte Evaldt. Tatsächlich weiß ch noch nichts davon. Weshalb überbringen gerade Sie mir diese traurige Kunde?"

,, Weil ich annahm, daß es gerade Sie ganz b: sonders interessieren wird"

Ich verstehe S'e nch."

,, Sie werden mich wohl sehr bald verstehen. Zubor aber möchte ich gerne Sie verstehen..."

,, Weshalb wollen Sie mich verstehen? Was sollen denn all diese komischen Andeutungen?" Ich möche als Kriminalist brennend gern verstehen, weshalb Sie Ihre Freund'n töten wollten, Herr Ewaldt."

Der Gelehrte veriuchte ein Gelächter, aber es gelang ihm daneben.

Nähe des Winters.

Von Ernst Ludwig Anger.

Da er sie das erste Mal jah, war es noch eine Freundin, die gleichfalls hier zustieg, her­Sommer, hoher Sommer. Er hatte sich ver- beizuwinken. spätet, sprang im lepten Augenblick in den schon anfahrenden Zug und fiel etwas erschöpft, auf den einen noch freien etwas fenchend Fensterplatz.

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Ja und dann sah er sie. Sie saß ihm Ich hasse das Kaze- und Mausespiel, wenn es nicht mehr nötig ist", fuhr Hennig nach einer gegenüber und er hatte Muße genug, sie ein Weile fort. Ich will Ihnen deshalb gleich cingangs sagen, daß ich ganz genau we'ß, daß Sie Ihre Freund n getötet haben. Sie haben fich im allgemeinen ziemlich tölpelhaf: benom men, denn die Aufklärung dauerte menig mehr als drei Stunden, Ihre Freundin ist an einer scheveren Tetanusinfektion gestorben."

Ich wüße nicht", was ch damit zu tun haben foll'e. Ich halte meine Tatanuskulturen unter sicherem Verschluß."

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Davon bin ich überzeugt. Aber eine fleine Nebenfrage: Regen Sie Ihre Bazillenkulturen zu maniküren?"

gehend zu betrachten. Ein duftiges, hellblaues Sommerfähnchen mit ganz zarten. modefarbenen Diagonalstreifen umschmeichelte ihren Körper. die lonnengebräunten und wohlgeformten Arme rugen keinerlei Schmuck. Sie treibt sicher viel Sport- sie sicht so erfreulich gefund und träf ig aus" dachte der Herr nicht ganz ohne Neid. Denn er war feiner der Jüngsten, er stand schon in der Mitte der Vierzig und das Leben hatte bn unveilen arg gefchüttelt und mitgenommen

Dann ließ er seine Augen weiter wandern aufwärts. Schlank wuchs der Hals aus dem runden Ausschnitt hervor. fastanienfarbenes Saar, dem die einfallende Morgenfonne einen Dr. Gwaldt wurde mit einem Male leichen wunderbaren Glanz verlieh. umrahmte ein blaß. Er ließ sich, heftig nach Atem ringend. chmales aber noch jugendliches Gesicht, deffen auf einen Seffel fallen und starrte den Kom- ruhiger Ernst durch die Weichheit der Züge ge­missar aus blutun: erlaufenen Augen an, als mildert wurde. wollte er ihm an die Kehle springen.

Längere Zeit zerbrach sich der Herr den Kopf darüber. was dieses Mädchen im Leben wohl vorstellen möge. Sie hatte in Gebärde und Mienenspiel eine Herbheit, die sie aus der großen Menge heraushob, wenigstens in den Augen dieses Betrachters. Aber dann entnahm er doch den keineswegs im Flüsterton abgehal enen Gesprächen der beiden Freundinnen, daß fie voraussichtlich eine fleine Stenotypistin, Stor respondentin oder Privatsekretärin sei. Und daß ihr tackledernes Stadtköfferchen wohl ebenso wie feine Aftenmappe nur eine Thermosflasche, Frühstücksbrot und ein wenig Obst enthielt. Darüber hinaus höchstens noch die üblichen Requifiten weiblicher Eitelkeit: Spiegel, Kamm, Buderdose usw.

Er war viel zu schüchtern, viel zu unbehol fen wohl auch in Dingen des Herzens, des Ge­fühls, um ein Gespräch mit dem Mädchen an zufangen. Um fie einfach anzureden und eine Unterhaltung vom Zaun zu brechen. Ja- er bätte es nicht einmal fertig gebracht, sein schönes Gegenüber geradenwegs anzublicken. Nur über den Rand der breit entfalteten Zeitung hinweg betrachtete er sie immer wieder, schen und ver­stohlen. Und senkte sofort erschreckt und bea Schämt, als hätte man ihn bei einer Ungehörig­feit ertappt, die Augen, sobald sich ihre Blicke Seine Haushälterin daheim hatte auch Seit feine

Als sie in der Stadt anfamen, fam das Mädchen ihm bald aus den Augen. Sicher ging ie einen andern Weg. Das tat ihm leid, machte ihn fast ein wenig traurig. Gern hätte er sich noch einige wenige Minuten an ihren festen, zufällig freuzten. benden, trosdem grasiöfen Schritten erfreut

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Hennig fuhr aber ganz unberührt fort: S'e schickten Ihrer Freundin vor einiger Zeit als anonymes Geschenk e nen großen. Schaver ver­filberten Manikürkasten. Sie müssen sei her Tage voll' chu rl cher Erwartung verl b haben denn das vermeintliche Unglück: die Infekt on. Aber immerhin diese kleine Begegnung geinigen Grund sich zu wundern trat nicht sobald ein, wie Sie wohl glaubten. nügte, ihm den ganzen Tag zu erbellen und mit Frau, vor vielen Jahren nun schon sehr jung Das rührt aber daher, daß sich Ihre Freundin einem besonderen Licht zu übergießen. Seit die- nestorben war, hatte der alleingebliebene, finder. in der Regel man füren ließ. Erst gestern abend fer ersten Begegnung fuhr der Herr nun immer die Witmer sein verschlossenes zurückgezogenes benutzte sie den Kasten, weil sie Eile ha'te, auf mit diefem Zug. Obgleich es eigentlich nicht Jungnefellenleben wieder aufgenommen. Jetzt wurde das anders obgleich er nun immer sehr anders eine Gesellschaft zu kommen und untertags feine der richtige Zug war Es fing damit an, daß er jeden Zeit a habt hatte, sich maniküren zu lassen." zu spät tam. Aber er befand sich in einer wurde es. Wie wollen Sie mir beweisen". fragte baltung der Dienſtſtunden ntco: mehr so genau roudem er doch einen späteren Zug benutte nis Stellung. me er es mit der peinlichen Inne Morgen eine halbe Stunde früher aufstand, Ewald mit erkünftelter Ruhe, daß ausgerechnetu nehmen brauchte. Und daß seine Kollegen vordem. Daß er sich sorgfältig und gründlich ich einen solchen man kürkasten geschickt, d. h. Senen er bislang ein Vorbild an Bünktlichkeit rasierte bislang hatte er diese unerquickliche geschenkt haben soll?" wesen war, begannen, über diese seltiam Wandlung zu tuscheln und munkeln, daraus machte er sich nicht allzu viel.

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Arbeit schon immer am Abend vorgenommen Sie stellen diese Frage mit Recht und ich und deshalb eigentlich dauernd etwas ungepflegt will sie auch flar beantworten. Die Tetanus­usgesehen. Daß er seine Kleidung sorgfältig infektion war so außerordentlich schwer, daß fo­Immer wußte er es einzurichten. daß er auf usammenstellte, nachdrücklichst dafür sorgte, daß for ein gewisser Verdacht vorhanden war. Eine der fleinen Zwischenstation in ihr Abteil famie Beinkleider immer wohl gebügelt waren. halbe Stunde vor dem letalen Ausgang leß Diefer Zug war nicht mehr übermäßig voll und mit Bedacht und Geschmack die passende mich Dr. Neu, der Arzt, der Frau Sander be- o fard er schon ein Plätzchen Und im übrigen Krawatte zu dem Oberhemd auswählte. handelte, rufen und bat mich um eine Unter- erleichterte das Mädchen ihm seine Absicht. weil suchung der Begleitumstände. Wichtig war natür- es beim Einlaufen des Ruges in den Vorort lich die Frage, woran sich die arme Frau so   bahnhof schon aus dem offenen Fenster sah, um

Die Haushälterin bemerkte die Wandlung mit einem Befremden das ihn lächeln machte. 06 auch das Mädchen sie bemerkte? Er hoffte