Otr. 15. tlnteröaltungtfbeilage.*933. Eitler rrnd die Krauen. Don©flen Wtttrnfon(£onöon). Sie bekaunir soz alislijch« Publi­zistin und frühere Abgeordnete der englischen Arbeiterpartei hat kürzlich Deutschland   bereist. Zeder deutschen Frau einen guten deutschen Gatten!" Adolf Hiller fuhr sich mit der ihm eigenen nervösen Geste mit dem Handrücken über das Kinn und stand Habt- acht, während die Masse ihren Jubel über diese Ankündigung des Führers hinaus­brüllte und die Musikkapellen die ersten Töne des Horst-Wessel  -Liedes schmetterten. Das war im Juli des vergangenen Jahres im Berliner Sportpalast. Die so­zialdemokratischen Mädel, die damals mit mir in der Versammlung waren, kicherte» vor unterdrücktem Gelächter. Nur die Aelteste, eine Chemiestudentin an der Ber­ liner   Universität, erschauderte. Gott   helfe uns berufstätigen Frauen, wenn diese Bande jemals zur Macht kommt", sagte sie düster. Oh, sie werden dir den Auftrag geben, Menschen im Laboratoriun« zu erzeugen", scherzte ihre Freundin.Wo soll denn Hitler   sonst genug Leute hernehmen für die versprochenen Ehemänner en gros?" Als wir in die warme Sommernacht hinaustratcn, lachten wir noch immer über die absonderlichen Einfälle dieses Mannes. Heute ist seine Absonderlichkeit in Deutsch­ land   oberste(Gewalt und seine Anhänger er­warten die Erfüllung seiner Versprechen. Hitlers   überwältigender Erfolg ist zum guten Teil der Tatsache zu danken, daß er offen sagt, was der Durchschnittsmann gern sagen möchte und nicht zu sagen gewagt hat. Für den Arbeitslosen, für die Frau, deren Mann nichts verdient, gibt es etwas, das sie noch mehr hassen als den Namen mit gesichertem Einkommen: das ist die Frau, die einenmännlichen" Arbeitsplatz Hal. Im Vorkrirgsdeutschland war die Stel­lung der Frauen ungünstiger als selbst im Enaland der viktorianischen Zeit. Wo eine Militärkaste herrscht, ist das unvermeidlich. Die Grenzen, die der deutsche   Kaiser selbst für die Tätigkeit der Frauen anfstcllte, hie­ßen:Kirche, Küche nnd Kinder". Erst der Krieg gab den deutschen   Frauen Gelegenheit zu zeigen, daß sie auch andres konnten. Die Revolution von 1918 und die Verfassung von Weimar gaben ihnen Wahlrecht und Gleichberechtigung. In den vierzehn Jahren seither ist das Ansehen und der Einfluß der Frauen in Deutschland   ungeheuer rasch gestiegen. Meine Freundin.Hedwig Wochenheim, die sozialdemokratische Abgeordnete; Toni Sen­ der  , di« sozialistische Journalistin, geschickte Organisatorin, lebendige Rednerin; Marie Juchaez, die Sozialdemokratin, und Elisabeth Lüders  , die Demokratin, ernste, fachliche, staatsmännische" Verwalterinnen da­waren die typischen Frauen de- republikani­schen Deutschland  . * Hinter ihnen standen Bataillon« von jun­gen Frauen: Aerztinnen  , Beamtinnen, Für­sorgerinnen, Lehrerinnen. Biele von ihnen verstanden. Ehe und Kinder mit ihrem Be­ruf zu vereinen. Andre zogen es vor, ganz frei zu bleiben, um ihrer Arbeit zu leben. Diese neuen Frauen in Deutschland   er­schienen mir im vergangenen Sommer als die Hoffnung dieses geschlagenen Landes. Die Demütigungen des Krieges und des Friedens waren über ihre jungen kurzhaari­gen Köpfe hinwegaegangen. Sie batten kei­nen Minderwertigkeitskomplex über di« Nie­derlage in einem Krieg, den sie weder ge­macht, noch mitgekänlpft halten. Ihre Freude über die neue Freiheit half mit, di« verharschte Bitterkeit der Kriegswunden im Bolkskörper zu lindern und zu desinfizieren. Es ist selbstverständlich, daß viele der führende» Frauen Sozialistinnen, einige auch Jüdinnen waren. Die Juden haben immer den Wert des Lernen- erkannt nnd als die Tore der Faknltäien geöffnet wur­den. strömten jüdische Frauen in die Hoch­schulen. Tie Zustände in diesen Hochschulen machten viele studierende Frauen zu Sozia­listinnen. Die jungen Nazistudenren, die gegen das Mensurverbot murrten, die furchtbar böse waren, weil man ihnen nicht mehr erlaubte, sich gegenseitig das Gesicht mit Schmisien zu tätowieren wie«in afrikanischer Negee- stamm: sie haßten die Unabhängigkeit und die Konkurrenz dieser klaräugigen Mädel, die nicht nächtelang ausfaßcn, um Bie>. zu trin- sen und schwer« Zigarren zu rauchen. Heul« sind di« Mensurstudenten wieder an der Macht. Die Rüpel regier«» in Deutschland  . Das ganze Land gleicht einer Universität, an der man die Lehrer verjagt und die Raöausludenten zu Herren einge­setzt hat. Und di« ersten, die eS trifft, sind die früher«» Objekt« des Neides, die sich am wenigsten wehren können: die Juden und die Frauen. Die Stadt Berlin   gibt, vom Oberbür­germeister gezeichnet, täglich Mitteilungen an di« Presse hinaus. Seit Tagen bestehe« dies« Mitteilungen auS Listen über Entlas­tungen. die unter dem elegqpten TrtelSäu- b«rungsaktion" einhergehen. Weibliche Aerzte, Fürsorgerinnen, Beamtinnen werden biu- ausgeworfen; bis jetzt lautet die Ausrede nicht, daß sie Frauen, sondern, daß sie Jü­dinnen oder Marxistinnen seien obwohl in den Fällen leitender Beamtinnen die Mit­teilungen bloß die beiläufige Beifügung ent­halten, daß sieals zur sozialdemokratischen Partei gehörig betrachtet werden können". Die wirtschaftliche Grundlage der Nazi­bewegung ist. daß sie als riesige Stellenver­mittlung erschein». In einem hungernden, arbeitslosen Lande ist Hitler   der große Gna- denspender, der Posten zu veraeben bat. Seine erste Tat, als er fest-im Sattel saß, war, seinen Unterführern zu sagen, sie soll­ten die Listen der Nazibewerber für die Be­amtenstellen in ihrem Gebiet einsenden. Auf dies«» Listen wird zweifellos kein einziger weiblicher Name stehen. Ader gibt es denn keine Frauen in den Reihen der Nazi? Natürlich hat Hitler   eine gewaltig« weibliche Gefolgschaft- aber das inö die Frauen, deren.Hauptinteresse der Mann und der Berus   des Mannes ist. Die unabhängige, die berufstätige Frau fand vor den Äugen der Nazisnhrer keine Gnade. Frauen", tagte Göbbels   in einer berühmt gewordenen Rede,gehören ins Haus. Dort ist ibr Platz, ihre Aufgabe ist, den ermüdeten Krieger zu pflegen." Nur mir Mühe ge­lingt eS selbst den aristokratischen Damen, die sich in die Nazibewegung drängen, dort zu anderm zugelassen zu werden als zu den Ob­liegenheiten der Gastgeberin, die durchBe­ziehungen" Einfluß ausübt. Wohl gibt es «inen Bund deutscher Mädel  , es gibt Frauen-