Ltnteryattungsveilage. 1933,Ist Auswanöem Rettung?Don William Darren.Wissen sie, lvas„A w a ja" ist? Oder„Bedifa"? Man hält einen Prospekt inder Hand, liest, daß die Arbeitslosigkeit wütetund daß einig« Millionen Menschen nie mehrArbeit bekommen werden. Wozu steht dashier? Maßt sich jemand an, aus diesem Unglück einen Ausweg zu weisen?Dann muß es«in wirklicher Aus-toeg sein! Man spaßt nicht mit dem Thema.„Nun, die„Alvaja" ist kein« Betrügerin. Ji« ist ein„Arbeitsausschuß zurWahrnehmung der Zicülerinteressen imAuslande". Die„Bedifa" heißt ausführlich„Bund der Interessen für Auswanderung".Und jetzt sind wir schon weiter im Bilde:das geistert schon seit einiger Zeit durch dieQeffentlichkeit. Der Menschenkopf nicht stetsnach einem Ausweg, rin Glück, daß er estut! Aber«r geht viele Irrwege.Aber vielleicht geht es anderswo?Man will gern ein bißchen Urwald in KaufnehmenMan braucht Reisegeld, und manbraucht Anfangskapital. Da- Fahrgeld in den fremden lockenden Erdteil kostet50V bis 600 Mark. Ehe man an Land gelassen wird, muß man jedoch weiter« 1000bis 2000 Mark vorzeigen können.Und mit Recht. Land gibt es nirgendsauf der Erde mehr umsonst. Sirülungslandbefindet sich meistens in den Händen privaterKolonisationsfirmen, di« es nun weiter verkaufen. Man kann für 700 Mark ein StückUrwald haben im Süden Amerikas, meilcn-tveit von jedem TicdlunaSor:. ohne jedeStraße, jeden Weg dahin. Ein richtigesStück Urwald!Man braucht für ein Stück Land, mitdem es anzufangen lohnt, 3000 bis 5000Mark.Urwald, Afrika und Südamerika aberbedeutet: Malaria. Ein w o h l m c i-wer von den Auswanderern aus Not kanndas?—:„Heute muß ich Ihnen viel Trauriges berichten. Seit einigen Wochen kommen hi«r ganze Schwärme zerlumpter undabgemagerter, vom Fieber ausgedörrterDie Entwicklung der Menschheit.Bon Erich Kästner.Einst haben die Kerls auf den Bäumen gehockt,behaart und mit böser Bifage.Dann hat man sie aus dem Urwald gelocktund die Welt asphaltiert und aufgestocktbis zur dreißigsten Etage.Da saßen sie nun, den Flöhen entflohn,in zentralgeheiztrn Räumen.Da sitzen sie nun am Telephon.Und eS herrscht noch genau derselbe Tonwie seinerzeit auf den Bäumen.Sie hören weit. Sie sehen fern.Sie sind mit dem Weltall in Fühlung.Sie putzen die Zähne. Sie atmen modern.Die Erde ist ein gebildeter Sternmit sehr viel Wasserspülung.Sie schießen die Briesschasten durch ein Rohr.Sie jagen und züchten Mikroben.Sie versehn die Natur mit allem Komfort.Sie fliegen steil in den Himmel emporund bleiben zwei Wochen oben.Was ihre Verdauung übrigläßt,das verarbeiten sie zu Watte.Sie spalte» Atome. Sie heilen Inzest.Und sie stellen durch Stilunirrsuchungen fest,daß Cäsar Plattfüße batte.So haben ne mit dem Kops und dem Mundden Fortschritt der Menschheit qeschanen.Doch davon mal abgesehen undbei Lichte betrachtet, sind sie im Grundnoch immer dir alten Äffen.Menschen an. Es sind auch viele Deutschedarunter. Es hat schon im Frühjahr furchtbar vieles Moskitos gegeben, so daß die Ansiedler durch die ewige Quälerei ganz ver-Mit den Moskitos ist aberauch die Malaria gekommen. Es ist jetztkein Mensch mehr in jenem latcknvirt-schaftlich doch so schönen lkrwaldswinkel."Zweckspartassen wollen oem Auswan»derungslustigen nun die Sorg« für das Anfangskapital abnehmen. Auch sie wissen, daßman ungefähr 5000 Mark jur das Siedel»im fremden Erdteil braucht. Sie verlangenzunächst nur Beträge, dann losen sie aus,schießen vor— und verlangen Rückzahlung.Wenn man an der Malaria zugrundegegangen ist, ist man diese letzte Sorge auf alleFälle los. Andernfalls ist sie groß. Dieganze Welt krankt an Ueberproduktion. Werlvartet auf die spärlichen Dinge, die der Siedler tageweit durch den Urwald zum nächstenStadtplatz geschleppt bringt? Wer im Heimatland kann es sich leisten, diese Produktezu kaufen, selbst wenn er es möchte? Di«großen Gesellschaften mit den großen Pflanzungen und Farmen liefern billiger, sie werden stets jede Konkurrenz weit unterbieten.E i n Projekt aber, das wahrscheinlichalle anderen erst wachgerufen hat, scheintvon einer geradezu gigantischen Phantasieins Leben gerufen: das Projekt des GeneralsK u n d t. Wir kennen den Namen aus denKriegen um den Gran Chaco. Der General kennt also Südamerika immerhin persönlich.General Kundt ist«in moderner„sozialer General". Er will Hilf« für Hundertrausende von Arbeitslosen schaffen.Er will das unerforschte Amazonen-quellgebiet besiedeln.Bis jetzt gibt cs seit einiger Zeit die„Inter- Continental« ArbeitsgemeinschaftAgro-Industri-". Ein Büro mit einemDutzend von Mitarbeitern, mir einemDutzend Stusiengesellschaften, von denen berichtet wird, daß sie dabei sind, das Gebietzu erforschen. Es sollen schon rund d r e i-viertel Millionen Mark für dieB o r a r b e i r ausgegeben worden sein.Wer hat so viel Geld für so ettvasübrig? fragt man sich. Dann muß dochetwas daran sein! sagen die Vorsichtigsten.ES gibt auch in schlechten Zeiten nochMenschen mit überflüssigem Geld, ja dienender Bericht aus Afrika sagt:„Da beste Mittel gegen die Tropeukrankheiten istdie Borbeugung, die darin besteht, daß derEuropäer alle zwei Jahr«.Heimaturlaubnimmt und seine Gesundheit in der ge mäßigten Zone wieder anffrischt." DerBrief eine- Auswanderers ans Südamerika schildert das Schicksal derer, di« sich denHeimaturlaub nicht leisten können— nndf rückt wurden.