Einzelpreis 15 Pfennig 2. Jahrgang Donnerstag, den 6. November 1919

Die Freiheit" erscheint morgens und nachmittags, an Sonn- und fefttagen nur morgens Der Bezugspreis beträgt bei freier Justellung ins Haus für Groß- Berlin 4.-M., bei Postbezug monatl. 4.65 m. bei außtellung unter Streifband für Deutschland  6.50 m., fürs Ausland 7.50 m, per Brief 12.50 m.

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Nr. 539/ B 246 Abend- Ausgabe

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greiheit

Der

Berliner   Organ

Unabhängigen Sozialdemokratie Deutschlands  

Die Bersch: vörer in der Wilhelmstraße.

Metallarbeiter!

Bei der heute früh gemeldeten Verhaftung des Grafen angeschlossen haben, in Pennsylvanien   allein 5000. Der b. d. Goltz, eines Bruders des bisherigen deutschen   Befehls- amerikanische Arbeiterbund schätzt die Zahl der ausständigen habers in Kurland  , find, wie berichtet wurde, Schriftstücke Arbeiter auf 400 000. gefunden worden, durch die einige Beamte des Auswär­tigen Amtes schwer belastet werden. In der Meldung wurde angedeutet, daß in Verbindung damit noch weitere Verhaftungen erfolgen dürften. Die Deffentlichkeit wird aber nach wie vor im Unklaren gehalten, ob gegen die Der Sympathiestreit in der Metallindustrie geht weiter. verbrecherischen Beamten des Auswärtigen Amtes, die sich Die Beschlüsse der morgen stattfindenden Generalversamm­an den landesverräterischen Unternehmungen der deutsch  - lung sind unter allen Umständen abzuivarten. russischen Schieber und Verschwörer beteiligten, mit der ge­botenen Rücksichtslosigkeit eingeschritten worden ist. Erfolgt eine solche Klarstellung nicht und wird die Oeffentlichkeit  

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Die militärischen Rebellen.

Die Fünfzehner- Kommission.

Die lehte Phase.

Die Berliner   Arbeiterschaft erlebt Tage stürmischer Erregung. Der Riesenkampf der Metallarbeiter steht auf jeinem Höhepunkt. Sein letztes Stadium wollen die Unter­nehmer benutzen, um die Rechte der Arbeiterräte und Ar­beiterausschüsse anzutasten. Das Zugeständnis, das die Unternehmer im letzten Augenblick dem stürmischen Auf­begehren der in ihren heiligsten Ansprüchen auf das empfind. lichste verlegten Metallarbeiter machten, genügte den Ar­beitern nicht. Sie sehen darin auch nur eine Hülle für die endgültigen Absichten des Unternehmertums, die auf eine restlose Ausmerzung der aus den ersten Monaten der Revo­lution erhaltenen Rechte der Arbeiter in den Betrieben ge­richtet sind.

Die Metallarbeiter richteten durch eine Aufforderung zum Generalstreit in allen Produktionszweigen den Blid der Arbeiterschaft auf diese Situation. Ihre Generalver­

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nicht über die Einzelheiten dieses Falles auf das genaueste Das Berfahren gegen den Mörder Marloh. fanmmlung entschied sich mit erdrückender Mehrheit für die unterrichtet, so ist aller Grund zu der Annahme vorhanden. daß auch dieser Fall- wie so viele andere vertuscht wird, Ueber das Verfahren gegen den Massenmörder Marloh   Fortsetzung des Kampfes und für einen Aufruf zur um nicht die Fäden der Verschwörertätigkeit in der Mil­Solidarität der Tat, gerichtet an die gesamte Ber­wird folgendes gemeldet: helmstraße aufdeden zu müssen. Marloh, der während der Berliner   Unruhen im März liner Arbeiterschaft. Die politischen Parteien forderten sie Wir fordern deshalb mit allem Nachdruck, daß die kom- 29( 2) Angehörige der Volksmarine- Division erschießen ließ, zur Unterstützung auf, die Gewerkschaftskommission trat so­promittierten Herren des Auswärtigen Amtes verhaftet wird sich vor dem Striegsgericht der Reichswehrbrigade 30 wegen fort zu Beratungen zusammen. und daß die Verfolgung der Angelegenheit einer beson Totschlags und Fahnenflucht zu verantworten haben. Der Appell versagte. Die Partei der Rechtssozia­deren Untersuchungskommission überwiesen Der Hauptverhandlungstermin wird voraussichtlich Itit en trat sofort zunächst unsicher, dann offender Nachdem eine werden soll. Wir haben zu den zuständigen Instanzen nicht im Dezember stattfinden. Da Marloh zur Zeit der Tat Sympathieaktion entgegen. das Vertrauen, daß sie die Wahrheit ermitteln und die einem mobilen Truppenteile angehörte, hat ein Feldkriegs- Versammlung der in dieser Partei organisierten Metall­Schuldigen zur gesetzlichen Verantwortung ziehen werden. gericht die Entscheidung zu treffen, die un anfechtbar ist und arbeiter vie pe des Streitobjekts und seine Bedeutung Wir fordern deshalb, daß ein parlamentarischer der Bestätigung der Reichsregierung bedarf. In der Hauptver- für das gesamte Proletariat voll gewürdigt hatte, war bald Untersuchungsausschuß mit der Verfolgung dieser handlung werden 59 8eugen und 8 Sachverständige danach zu fühlen, daß politische Drahtzieher" die Sabotage wie aller mit ihm zusammenhängenden Fälle betraut wird, vernommen werden. Ganz allmählich suchte Unter den Zeugen befindet sich ein der Aktion emfig vorbereiteten. damit keine Sabotage untergeordneter Stellen die Auf- Matrose, der durch einen Zufall die Erefution überstanden man das Kampfobjekt zu verkleinern, durch die Bertagung deckung der Verschwörertätigkeit der deutsch  - russischen Insur- hat. Die Antlage wird vom Kriegsgerichtsrat Meyer ver- bon Beschlüssen die ernste Stimmung der in jenem Lager genten und Abenteurer verhindern soll. treten, die Verteidigung liegt in den Händen der Rechtsanwälte stehenden Arbeiter zu verflüchtigen und den Elan zu ber Grünspach und Nikath. zetteln, um schließlich offen und brutal zur Gegenaktion Tas Militärgericht, das sonst im Schnellzugstempo aufzufordern. arbeitete, wenn es sich darum handelte, gegen des Auf- Diese Uneinigkeit in der Arbeiterfchaft Wie wir in unserer heutigen Morgenausgabe mitteilten, find ruhrs" angeschuldigte Arbeiter vorzugehen, hat ein volles stellte den Erfolg der beabsichtigten Aktion von vornherein am 31. Oktober 1000 beutsche Soldaten bei Tau- dreiviertel Jahr gebraucht, um die Voruntersuchung gegen in Frage. Die Massen wurden durch die einander wider­roggen über die Grenze gestoßen, um sich dem den Massenmörder Marloh  , der ein Oberleutnant sprechenden Barolen schwankend und unsicher, ihr Selbst­Räuberhauptmann Bermondt anzuschließen. Das Wolff- ist, zum Abschluß zu bringen. Diese Verschleppungsbewußtsein wurde tief unter jenes Maß herabgedrückt, das Bureau, das diese Nachricht brachte, hat vergessen, den Truppen- ta ftit erweckt den Anschein, als ob die Wahrheit über die erforderlich ist, um den Riesenkampf mit Aussicht auf Erfolg teil anzugeben, der diesen Grenzübergang vollzogen hat. entsetzliche Bluttat verdunkelt werden sollte. Zudem wird Wir wollen deshalb bas Versehen" nachholen und darauf gegen den Marloh die Anklage nicht auf Mord, sondern zu führen. Wir sagen das alles ohne Erregung. Wir halten jene hinweisen, daß es sich bei den Grenzdrechern um niemand anders nur auf Totschlag und Fahnenflucht erhoben. Ein als um das Detachement Roßbach handelt, welches bis zum Feldkriegsgericht, dessen Urteil unanfechtbar ist, Erbitterung, die angesichts dieser furchtbaren Folgen des Zwistes in der Arbeiterschaft aufkommt, mit Gewalt 21. Oktober in Gulmsee bei Thorn stationiert war und seine wird mit der Verhandlung beauftragt. Hände bei der Menterei des Infanterie- Regiments 21 mit im Wir stehen dem ganzen Berfahren mit dem allerschärfsten zurück. Wir wissen, daß das Berliner   Proletariat eine Seine Offiziere ftehen seit Monaten mit der Mißtrauen gegenüber. Von einem Militärgericht ist Wende seines Geschides, einen großen Augenblick in seiner russischen Westarmee in Verbindung, haben sich in umfassender teine restlose Aufklärung des Tatbestandes, feine schonungs- Geschichte erlebt hat. Und wir wissen, daß fühle, leiden­Weise mit Aawerbungen beschäftigt, ungeheure Matelose Bloßstellung der Motive, die den Mörder zu seiner schaftslose Gelassenheit allein fähig ist, die Bedeutung der rialschiebungen vorgenommen und sowohl die Angehörigen Untat, seine Hintermänner zur Anstiftung dazu ver- Stunde ju werten und die notwendigen Schlüsse zu ziehen. des Infanterie- Regiments 21 als auch die eigenen Angehörigen anlaßt haben, zu erwarten. Es werden bei der Berhand- Gefühle können hier nicht helfen. Die Beurteilung der des Detachements Roßbach zur Meuterei und zum Grenzübergang lung dieselben Tendenzen zutage treten wie im Prozeß moralischen Seite dieses Handelns überlassen wir der Ar­beranlaßt. gegen die Mörder Rosa Luxemburgs und Karl Bieb- beiterschaft selbst, in der Gewißheit, daß sie die richtige Ants wort findet. Die Hilflosigkeit der Regierung und ihre vollendete unfähig- nechts. teit, den Baltikumschiebern energisch zu Leibe zu rücken, wird durch Um etwaigen Bertuschungsabsichten vechtzeitig mit post- Die wichtigste Schlußfolgerung für den Augenblick ist die, biefen Borgang noch einmal mit aller Deutlichkeit Klargestellt. Die tivem Beweismaterial entgegentreten zu können und die daß die Maffen es sind zum Glück die Massen, die Militärkamarilla beherrscht ausschließlich das Feld. Die Fäden des Massenmordes rücksichtslos aufzudecken, ersuchen die Schmach dieser Zustände erkannt haben, um so fester Grenzschustruppen find nichts weiter als Mitverschworene der wir alle 3 eugen, die bei dem Mord zugegen waren oder 3 usammenhalten und um so energischer daran ar­baltischen Abenteurer. Die Regierung hat seit dem 21. Oktober, deren Angehörige erschossen und beraubt worden beiten, daß das gesamte Proletariat zurückgeführt wird zu wo der Plan des Detachements Noßbach, die Grenze zu über- find, ihre Adressen mit einer kurzen Darstellung des Sach- ungetrübter Erkenntnis feiner ureigenen Klassen. schreiten, von uns bekanntgegeben wurde, nichts unternommen verhalts auf unserer Redaktion abzugeben. Auch Angaben interessen und zu dem daraus fließenden geschlosse und nichts unternehmen können, um ihren eigenen Befehlen Gel- über den Mörder Marloh  , über seine Tätigkeit vor, wäh- nen Handeln. Werden diese Zustände nicht überwun­tung zu verschaffen. Das Detachement Roßbach ist über die Grenze rend und nach der Mordaktion sozie ärztliche Atteste über den, dann bleibt das Proletariat ge lähmt. Und die be­gegangen, weil die Regierung nicht genügend Macht hat, gegen den Befund der Reichen sind erwünscht. Wir werden dafür schämende Tatsache, daß der gewaltige Kampf der Metall­Meuterer der Reichswehr energische Schritte zu unternehmen. Gorge tragen, daß das, was ein Militärgericht nie- arbeiter ein Jahr nach dem Ausbruch der Revo­mals aufzuhellen vermag, vor das Licht der Deffentlichkeit Iution gehemmt wird durch den Kampf innerhalb des tommt. Proletariats, trägt erheblich bei zur Erklärung für die Rückwärtsentwicklung der Revolution, für die Erscheinung, daß die Errungenschaften des Proletariats Stüd für Stüd an die Bourgeoisie ausgeliefert werden und die Herrschaft der Kapitalistenklasse damit Schritt für Schritt neu befestigt wird. Damit ist die Situation flar.

Spiele hatte.

Der Bergarbeiterfireit in Amerika  .

Indianapolis  , 5. November.  ( Reuter.)

Hugo Haase  .

Die Bergarbeiter sind bereit, sofort mit den Unter- Genosse Haase befindet sich seit gestern vollständig im nehmern zu verhandeln, wenn das gefegliche Verbot aufgehoben Schlafzustand. Er antwortet nicht mehr, phantasiert leise wird. vor sich hin, ist aber im übrigen ruhig. Eine Verständigung Amsterdam  , 6. November. mit ihm ist nicht mehr möglich. Die Herstätigkeit ist un- Die Berliner   Gewerkschaftskommission Zimes" meldet aus Washington, daß die Streik- verändert, ebenjo der Puls. Die Aerzte halten an der Auf- bat ebenfalls nach rubiger fachlicher Prüfung der lage unverändert ist. Die streifenden Arbeiter be- fassung fest, daß Hoffnung auf Rettung seines Lebens nicht Lage und der Erfolgsmöglichkeiten des Kampfes haupten, da sich auch die nichtorganisierten Arbeiter ihnen mehr besteht, doch kann sich die Krise noch etwas hinziehen. ihren Entschluß gefaßt. In ihrer Hand lag die Veront­

Arbeiter, Angestellte! Der Kampf der Metallarbeiter bedarf dringend Enrer tatkräftigen finanziellen Uster­

flügung. Wir appellieren an Euer Solidaritätsgefühl. Fördert die eingeleiteten Sammlungen, sorgt dafür, daß alle Arbeiter und Angestellten den tämpfenden Metallarbeitern durch finanzielle Unter­fügung die Abwehr der Maßregelungsabsichten der Unternehmer ermöglichen.