entreten, so fiele die Verantwortung für das Nicht­zustandekommen des Friedens auf die polnischen Macht­haber und ihre ententistischen Gesinnungsgenossen. Das ge­samte europäische   Proletariat würde aus dieser Tatsache die nötigen Konsequenzen ziehen, und die Welle der proletari­schen Empörung, die schon bisher die friegerischen Absichten der Ententeregierungen nicht zur Ausführung gelangen ließ, würde so gewaltig anschwellen, daß nicht nur Polen  , sondern auch die schuldigen Regierungen letzten Endes die Leidtragenden sein würden. Wenn in Warschau  , Paris   und London   bei den Machthern noch ein Funte von Vernunft vorhanden ist, so müssen sie sich sagen, daß die realen Kräfteverhältnisse gegen sie sprechen. Weder würde das russische Bolt in seinem Widerstande gegen die imperialistischen Absichten Polens   und der Entente erlah­men, noch würde das europäische Proletariat in seiner Gesamtheit es den Regierungen verzeihen, daß sie den Abschluß des Friedens verhindert und neue triegerische Ver­widelungen heraufbeschworen haben.

Für das deutsche Proletariat fommt es in dieser ent­fcheidenden Stunde darauf an, nochmals mit aller Klarheit

und Bestimmtheit zu erklären, daß es sich jedem Versuch, deutsches Gebiet für die Durchführ von Truppen und Kriegsmaterial zu benuhen und Deutschland   in den Krieg hineinzuziehen, widersetzen würde. Käme der Friede im Osten durch die Schuld der polnischen und ententistischen Imperialisten nicht zustande, so würde sich das deutsche   Pro­letariat in einer Front mit dem Proletariat Rußlands  , Po­ lens  , Frankreichs   und Englands zusammenfinden. Nicht platonische Sympathiefundgebungen, sondern reale po­litische Handlungen des internationalen Proleta­riats, das sich seiner Macht und Bedeutung bewußt geworden ist, würden das Ergebnis einer Politif sein, die den ehr­lichen Friedenswillen Rußlands   durch diplomatische Wintel­züge und verräterische Spekulationen zu vereiteln trachtet.

Die Polen   fordern Wilna  .

T. 1.: Warschau  , 21. Auguft. Die polnischen Beitungen sprechen sich für eine& ortseyung des Krieges bis zur endgültigen Bertreibung der Ruffen aus Polen   aus und verlangen die Rückerstattung des littauischen Gebietes mit Wilna  , bevor Frieben geschlossen werden tönne.

Polnischer Frontbericht

TU. Warschau, 21. Auguft.

Amtlicher polnischer Heeresbericht vom 20. August 1920: Nord= front: Unsere Gegenattion in Westpreußen   hat zur Wieder­gewinnung von Strasburg   und Neumark   geführt. In den Kämpfen um Strasburg   verlor der Feind 400 Tote. Acht Deutsche  , benen tätige Unterstügung der Bolschewijten nachgewiesen wurde, wurden stanbrechtlich erschossen. Im Abschnitt Block drängte unsere Zn­fanterieabteilung den Feind aus der Peripherie der Stadt, machte hierbei Gefangene und erbeutete mehrere Maschinengewehre. Die Zivilbevölkerung nahm mit vollkommener Hingabe an den Straßen­fämpfen teil und erlitt schwere Verluste. Nach dem Rückzuge wur­den unmenschliche an der Bevölkerung und den Gefangenen vom Feinde verübte Grausamkeiten festgestellt. Unter den Opfern be finden sich 4 Samariterinnen(??) Im Abschnitt Ciechanow  trug unsere Abteilung einen größeren Erfolg davon und zerstreute die hier angesammelten feindlichen Kräfte. Die Stadt Ciechanow  , die zeitweise verloren war, wurde wieder erobert. Die Lage der bolschewistischen Armeen, die zwischen der Weichsel   und der deutschen   Grenze operieren, wird immer tritischer. Abteilungen unjerer ersten Armee verfolgen den Feind, der sich in Unordnung

auf Ostrowo   zurückzieht.

Mittlere Front: Die fiegreiche Offensive der Zentrums­armee entwickelt sich ausgezeichnet. Am 19. d. Mts. zwischen 5 bis 10 Uhr abends ridten Abteilungen der 3. Legionär- Division in Brest   Litowst ein. Die östlichen Forts wurden beseßt. In Drohiczyn wurde der Stab der 17. boljchemistischen Division und ein Teil des Stabes sowie Abteilungen der 2. und 27. bolschewisti­schen Divisionen gefangen genommen. Alle Armeekommandos be­tonen mit höchster Anerkennung ein überaus patriotijches Berhalten der 3ivilbevölterung in den neu befreiten Gebieten. Einzelne Dörfer führen ganze Gruppen Gefangene heran und fämpfen im Falle fie bewaffneten Widerstand leisten. Die Zahl der Gefangenen hat sich in letter Belt auf 18 000 erhöht. Im Abschnitt rubicscow leisten unsere Ab teilungen den zum Angriff vorgehenden Feinde erfolgreichen Wider­ftand.

Südfront: Bor Lemberg haben die die Stadt verteidigen­ben Abteilungen der Reiterarmee Bodienny wieder eine empfind liche Niederlage beigebracht. In einem glänzenden Reiterangriff bei Kulitowa haben die Kavallerieabteilungen des Obersten Rumel

Die Weisheit der Freude

Bon Profeffer Dr. Carl Ludwig Shield, bem bes tannten Arzt und Schriftsteller, ber letthin über Gebantenmacht und Syfterie" unb über das Problem bes Todes" farieb, ist dieser Tage im Berlag Ernst Row'o It, Berlin  , ein aphoriftismes Büchlein Welshelt ber Freude" erschienen, bem nachstehende Säge entnommen finb:

Die Sonne ist der Quell der Freude. Das ganze Nervensystem ist ein Geflecht der Sonne. Sie spannt sich selbst die Sarfensaiten, auf denen wir ihr Lied fingen. Die Farbe der Sonne ist Licht. Das Duntel ist ein Heimweh nach Licht. Ein Strahl der Sonne tann mehr erweden, als tausend Nächte zu erstiden vermögen.

An nichts mehr gern denken, heißt den Tob rufen.

Das Gefühl der Freude entsteht aus einer plöglichen Bejahung des Lebens. Indem wir lachen, jauchzen wir dem Weltall   tausend Ja!" entgegen. Unsere Freuden sind unsere erhaltungsgemäßesten Ereignisse. Unser Lebenslied tonfoniert zum Weltallord, jede Dissonanz zu ihm ist Unluft.

Ein Mensch ist so start, wie er luftig sein tann. Man ist in dem Maße jung als man empfänglich bleibt für die Freuden der Jugend. Ein vergnügter Greis ist eben nur ein alter Anabe

Die Kraft eines Boltes sollte man nach dem Maß seines Froh­finnes messen. Wo Ernst ist, ist auch Stlaverei. Vertraue den Heiteren mehr, als den Bedächtigen, fie find lebensfähiger.

Ein nicht fröhliches Kind ist unter allen Umständen ein trantes

Kind.

Es gehört Mut zu dem Bekenntnis glüdlich zu sein, die meisten find nur aus Furcht bescheiden. Der alte Aberglaube an den Reid ber Götter macht viele zu Heuchlern und Berleugnern ihres Froh finns.

Der Sinn des Lebens wäre ein Unfinn, wenn er nicht auf Freude gestellt wäre. Alle Unluft, alle Trauriglett ist ein schmerzliches Verlangen nach Lust. Diese ist der produttive Ges banke der Schöpfung, jene nut feine Negation. Der Pessimist ist ein anmaßender Krittler des höchsten Kunstwertes, des Lebens.

einige feindliche Schwadronen überritten und vernichtet. Bei Pt= fulomize gelang es, durch ein geschicktes nächtliches Manöver eine größere Abteilung Bodiennys zu umzingeln und zur Ueber­gabe zu zwingen.

Auf dem füdlichen Flügel Ruhe, ebenso beim Uebergang über den Dnjestr  . Bei Mituljamo find Kämpfe im Gange.

Die polnische Offensive ist nach dem neuesten Heeresbericht noch nicht zum Stillstand gekommen. Der Vormarsch auf den Bug zu hält an, er soll an einigen Orten sogar schon über­schritten sein. schritten sein. Warschau   ist damit von der Gefahr einer

Die Times" schließt hieraus, daß zwischen Moskau   und Berlin  bereits über ein Ablommen verhandelt wurde. Der Berliner  Sowjetvertreter, Vittor Kopp, soll in Mostau gewesen sein, um die Bedingungen für das Abkommen, über das er mit der Berliner  Regierung unterhandelt hatte, feiner Regierung vorzulegen.

Gegenüber den Aeußerungen der Times" sei darauf hin schließlich um wirtschaftliche Verhandlungen handelt, gewiesen, daß es sich bei den Verhandlungen mit Kopp aus die in aller Deffentlichkeit geführt werden und über die aus führliche Berichte in der Presse erschienen sind.

drohenden Umflammerung befreit. Die Sowjettruppen halten Ein Prozeß gegen die Verschwörer sich nur noch in nördlicher Richtung der Stadt. Ciechanow  wechselt dauernd den Besitzer. Dieser Ort ist für die russischen Truppen äußerst wichtig. Sie müssen den Gegner an dieser Stelle wenigstens solange aufzuhalten versuchen, bis die noch im Raume westlich der Bahn- Warschau- Soldau- Danzig operierenden Truppen zurüdgenommen worden sind.

Die Erfolge der Polen   sind in der Hauptsache dem Umstand zuschreiben, daß die russische Armee in ihrem unaufhalt­samen Vormarsch sich zu weit von ihrer Versorgungs­gemäß eintreten, das Heranschaffen der Haupt macht ver­basis entferin hatte. Mangel an Nachschub mußte natur zögerte sich. Die Bolen aber verstanden es, im Festungs­bereich der Stadt Warschau   Reservedivisionen zu­sammenzustellen, die sie zum Gegenstoß dort ansetzten, wo der Russe am schwächsten geworden war. Die Hand des, fran­zösischen Generalstabes ist deutlich zu spüren. Die schlacht im Herbst 1914. Die manöverierende Taftif ist ein Operationen der polnischen Armee erinnern an die Marne­Grundzug der französischen   Kriegsführung. Die Franzosen haben damit während des Weltkrieges auch die deutschen  Heere bemeistert, die in der Verteidigung sowohl als auch im Angriff am sogenannten starten Prinzip festhielten, auch dann noch, als sie vor allem im Stellungstrieg unge­heure Verlust e dadurch erlitten.

Der Vergleich mit der Marneschlacht gilt natürlich für die gegenwärtige Situation im russisch  - polnischen Krieg nur be bingungsweise. Die Konsequenzen der weiteren Krieg führung werden im Osten ganz andere sein, als sie es im Westen waren. An einen Stellungkrieg ist im Osten bei der beider­Jeitigen Stärke der Armeen nicht zu denken. Weder die Russen, noch die Polen   fönnten mit ihren Kräften die riesige Front linie, etwa vom Dnjestr   bis Dünaburg  , besehen, feftungs­artig ausbauen und mit einem Meer von Schüßengraben­wellen überziehen. Dazu fehlen vor allem auch die techni= schen Hilfsmittel. Der Krieg im Osten wird daher immer ein Bewegungsfrieg bleiben. Bom Ausgang der Ver­handlungen in Minst hängt die Frage ab, ob die Operatio­nen weitergehen oder abgebrochen werden. Die polnische Offensive muß über furz oder lang zum Stehen kommen, denn die Reserven werden bald erschöpft sein. Gelingt es den russischen Heerführern, neuen Nachschub zu erhalten, dann wird es sogar recht schnell zu einem großen Gegenstoß tommen.

Der polnische Vorstoß ist noch von einer Begleiterscheinung umgeben, die wir sonst bei modernen Kriegen nicht finden. Der Heeresbericht hebt lobend die Beteili gung der Zivilbevölkerung an den Kämpfen hervor. Völkerrechtlich ist das nicht zulässig und führt im allgemeinen zu den schärfsten Represalien. Die Kämpfe scheinen äußerst erbitterte Formen angenommen zu haben. Nach dem polnischen Bericht sind in Strasburg   fieben Deutsche erschossen worden, die die Bolschewisten begünstigt haben sollen. Weiter heißt es, daß ,, einzelne Dörfer ganze Gruppen Gefangene abführen und im Falle sie bewaffneten Widerstand leisten, niedertämpfen". Das heißt soviel: die Gefangenen werden ermordet, denn be waffneter Widerstand fann von ihnen nicht geleistet werden, weil Gefangene nicht mehr im Besitz von Waffen find.

Wirtschaftliche Verhandlungen

TU. London, 21. August.

Nach einem drahtlosen Bericht aus Mostau drängt Trotti weiter auf die Notwendigkeit eines russisch- deutschen Abkommens hin, um Europa   vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch und vom Chaos zu retten". Im Zusammenhang hiermit gibt Trogfi fol gende Erklärung ab: Es besteht die Möglichkeit, daß Deutschland  binnen turzem ein politisches und wirtschaftliches Abkommen schließen würde.

Das Schönste am Menschen ist sein Auge. Es empfängt den Quell des Lebens, das Licht, und gibt es wieder zurück als Strahl der Dankbarkeit. Die Sonne schuf das Menschenauge, um sich felbft und ihre Schönheit darin zu bewundern. Das Weltall  glüht in unseren Augen und es verglimmt in unseren Tränen.

*

Moskau  , 20. August.( Durch Funkspruch.) Gestern begann vor dem Moskauer   Revolution stribunal die Berhandlung in der Angelegenheit des taktischen Zentrums der gegenrevolutionären Organisation, deren Ziel der Sturz der Rätemacht, die Einführung einer Diktatur der Generale in Nußland und die Wiederherstellung des Kapitalismus   und der vorrevolutionären Zustände war. Auf der Anklagebant befanden fich Mitglieder des Verbandes der Großgrundbefizer, Kaufleute und Indufirielle, Professoren und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die früher zu den Blüten der russischen Intelligenz gehörten. Unter ihnen befinden sich bekannte Namen: Tschagin, Trubeztoj, Meltschumom, Botschtow, Rosanom, Kotljaremski, Protos popom, Bergiewski, Alerandra Lwowna, Tolstoj, Uruffum, Chruscht schow, Kajetrew, Morosow und andere. Am ersten Tage der Ver handlungen wurden die Anklageaften borgelesen.

Munitionsschiebungen in Lübeck  

Ein lehrreiches Beispiel

Im Lübecker Hafen sollen 1000 Tonnen Artilleriemunition ver laden werden, die angeblich für die Reichswehr in Ostpreußen  bestimmt sein soll. Die Betriebsrate beschlossen in einer großen Bersammlung die Verladung vorläufig zu verweigern Es wurde eine Abordnung nach Berlin   entsandt, um sich bei dem Ausschuß der drei sozialistischen   Parteien zu erfundigen, ob die Verladung trotzdem stattfinden soll. Man hegt Zweifel daß die Munition, die in einen finnischen   Dampfer ge laden werden soll, auch wirklich in Ostpreußen   antommi.

D.

Wir raten den Arbeitern dringend, die Munition unter teinen Umständen zu verladen. Wir wissen, daß seit Jahr und Tag riesige Mengen an Waffen, Munition und Ausrüstungsgegen ständen nach Finnland   verschoben werden. Und zwar auf Grund von Verträgen, die zwischen der deutschen   und der finnischen  Regierung abgeschlossen worden sind. Millionen aufträge sind schon erteilt und ausgeführt worden. Dabei ist folgendes festzustellen: Im Herbst vorigen Jahres, als das Baltikum abenteuer in voller Höhe war, wurden in Frantfurt a. drei große Kähne angehalten, die vollbeladen waren mit Waffen und Munition. Aus den Schiffspapieren ging der Bestimmungs ort nicht flar hervor, sie sollten aber über See gehen. Die Frank furter Rechtssozialisten schlugen Lärm, auch der Bor wärts  " brachte einen ausführlichen Bericht. Plöglich gaben die P. P. N." ein amtliches Dementi wieder. Es hieß von zustän biger Seite sei einwandfrei festgestellt worden", daß die Waffen- und Munitionssendung nach Lübed transportiert werden und dort demontiert werden solle. Der Frankfurter Rechtssozialist Schröder, der die Sendung zuerst festgehalten und Lärm geschlagen hatte, bestätigte die Richtigkeit dieser Mel dung, beruhigte die Arbeiter und gab den Transport fret.

Die Waffen waren aber in Wirklichkeit nicht für Lübeck  , fon dern für Finnland   bestimmt. Sie sind dort auch wohlbehalten angekommen. Schröder wurde nämlich durch die finnische Gesandt schaft nach Berlin   bestellt, bekam hier eine größere Bestechungs fumme( 15 000 Mart) und betrog die Arbeiter, die ihm die gründ liche Untersuchung der Angelegenheit anvertraut hatten. Für diese Behauptung fönnen wir jederzeit vor Gericht die doku mentarischen Beweise vorlegen.

Der Fall aber soll die Arbeiterschaft zur verschärften Aufmer famfeit ermuntern. Den behördlichen Behauptungen und Ab­fengnungsversuchen, wie sie bei Munitionsschiebungen üblich sind, muß das größte Mißtrauen entgegengebracht werden.

Gründung einer monarchistischen Zeitung in Wien  . Ja den ersten Tagen des September wird in Wien   ein monarchistisches Tageblatt erscheinen, dessen politische Leitung in den Händen von Bans, ehemaligem chriftlich sozialen Abgeordneten, Dr. Alwin zager, dem bekannten Vertrauensmann des Ertaisers Karl und des ehemaligen Gesandten Dr. Wiesner liegt. Dem neuen Breß- Unternehmen sollen bedeutende Geldmittel zur Ber fügung stehen.

gebrudten Gedichte aus Jugend und Wanderjahren des Fabri arbeiters, aus Krieg, Gefängnis und Revolution enthält, will er, wie er fagt, die Entwidlungsfurve nicht eines einzelnen, sondern einer ganzen Generation aufzeigen. Das ist etwas viel behauptet, zumal hier gang abseitige und beiläufige Gefühle mit wesent lichen und unwesentlichen Tendenzen sich gerade so mischen, wie poetisch Wertvolles und Gefonntes mit Belanglosem und Ge

Phantaste haben heißt Schöpferwonnen fühlen, die Welt nach Stümpertem. Die raditale sozialistisch- tommunistische Gesinnung

denken.

-

Neue Berse

Mit den deutschen   Generälen haben auch die deutschen   Kriegs­lyriter ihren Feldzug verloren. Jetzt dichten sie bis auf - weiteres friedlicher und blasen die Schalmei der Völkerversöh nung. Wir haben bereits mehrere Anthologien echter und nach­empfundener Revolutionslyrit. Manche Dichter glaubten die Seele des Proletariats zu entdeden, weil sie sie vorher nicht tannten und oft auch nachher nur so obenhin. Viele haben sich wieder der hold gereimten Verliebtheit zugewendet. Heinrich Lersch  , einst Kesselflicker und Kriegsdrommete, veröffentlicht im Salm- Verlag zu Köln   in sehr gewählter Sprache Liebesgedichte an Die ewige Frau". Karl Bröger  , im Kriegsbeginn ,, Deutschlands   getreuester Sohn", schuf den starten Bekenntnis­roman eines Arbeiters Der Held im Schatten" und läßt ihm nun( gleichfalls im Berlag Eugen Diederichs  - Jena  ) ein Vers­buch I am m e" folgen. Nun will er federnden Fußes in neues Menschenland" schreiten und Abkehr vom Krieg" verkünden, sieht die zerfetzte Menschheit, Grab für Grab, drüdende Lasten von Blet und Blut, Haß, Hunger, Seuche und Uebermut, das ganze Füllhorn irdischer Qualen". Nun heißt es, beteuernd: Seilig der Mensch und breimal heilig das Leben!" Wäre Euch diese Er tenntnis nur früher gekommen, als unsere Dichter noch mit Gott für Kaiser und Ludendorff   ihre Schlachtgesänge anstimmten. Nun heißt es wieder: Bolt, hab acht! Brüder wacht! Eher soll der lette Mann verderben, als die Freiheit wieder sterben." Man schwärmt also schon wieder für eine Freiheit, die noch gar nicht da ist, wie früher für ein Vaterland, das wir gar nicht hatten. Zwischen die Gedichte schieben sich, ein wenig in der Art Fritz von Unruhs, dramatisierte, oratorienhaft geftimmte Spiele um Gott  " und von Schuld und Sieg". Alles würdig und flangvoll, aber ohne ursprünglich zwingende Kraft und Schlichtheit.

Dem Proletariat dichterisch näher bleibt Mar Barthel, der gleich mit drei Bänden wieder hervortritt. In der Sammlung Arbeiterseele"( Berlag Diederichs 1920), die seine bisher un­

bes Dichters tommt am stärksten in dem Schlußgedicht Peters burg" mit rollenden Freiligrathschen Rythmen zum Ausdrud. In milderem Glanz, Doller Zärtlichkeit ruht sein Buch: Lasset uns die Welt gewinnen!"( Verlag Hoffmann und Campe  ). Kampf und Sehnsucht nach innen gewendet, schenkt es sich manch mal fast voltsliederhaft: Abendrot Morgentot Frühlings erbarmen Ich bringe Euch Brot, weint nicht ihr Armen!" Das gegen in einem schmalen Bändchen Balladen aus dem Gefängnis Das Herz in erhobener Faust" sprengt die Ent schlossenheit enge Wände. Hier ist sprachlicher und dichterischer Aufichwung.

1

3

Von dem nicht minder bekannten Arbeiterdichter Paul Bech erschien bei Hoffmann und Campe   der Gedichtband ,, Golgatha", eine Beschwörung zwischen zwei Feuern, noch vom Blutgeruch der Erde umwittert, ächzend und schwer, aber nach Golgatha auf ein Pfingsten hoffend und schon nach der Mufit der Sterne trachtend. Else Laster- Schüler sagt von ihm: Paul Zech   schreibt mit der Art seine Verse. Man tann fie in die Hand nehmen, so hart find die. Sein Vers wird zum Geschid und zum murrenden Bolt. Gr läßt Qualen durch sein Herz dringen; ein düsterer Beter. Aber seine Kristallaugen blicken unzählige Male den Morgen der Welt." Die ihn so lobte, umfaßte ihn und alle ihre Freunde mit dichtender Luft. Ihr Gesamtwert erscheint jetzt nacheinander in einer schönen Ausgabe bei Paul Cassirer  , zuletzt der eben zitierte Band Die Kuppel" und Hebräische Balladen". Jhr Dichten ift urzeitlich schimmernde Welle des Blutes und im Tiefsten dem Traume Peter Hilles verschwistert sang sie von sich thr Lted: Ueberall wo ich gehe/ Rauscht ein dunfler Wald./ Und bin doch bein spielender Herzschelm, Erde,/ Denn mein Herz murmelt das Lieb/ Moosalter Bäche der Wälder. E. B.

Theater

Jm Theater des Westens ist ein Singspiel von Gilbert, Des ersten Liebe goldene 3eit"( Tegt von Leo Kastner) bei fällig aufgenommen worden. Es ist das beliebte Thema von ,, Alt Seidelberg", Studentenliebe und allerhand farbenfröhliches Beis wert. Die Mufit von Gilbert trifft oft den volkstümlichen Ton hält sich von gar zu wehléidigen Sentimentalitäten fern, bring