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Nr. 382
Gewerkschaftliches
Konflikt in den Borsig- Werken
In den Borsig- Werken ist es zu einem Konflikt zwischen der Leitung und dem Arbeiterrat gekommen, der auch zu gerichtlichen Ausein= andersegungen geführt hat. Die Firma A. Borfig besitzt einen elektrischen Juduktionsofen, der seinerzeit zum Swede der Waffenanfertigung angeschafft wurde und den die Firma Borsig verlaufen wollte. Ein Käufer fand sich in einer ungarischen Firma. Die Arbeiter weigerten sich jedoch die Verladung vorzunehmen und der Arbeiterrat billigte dies. Verhandlungen mit dem Betriebsrat führten zu teiner Berständigung und in der Abstimmung sprachen fich 5 Angestelltenvertreter und 2 Arbeiterratsmitglieder der USP. gegen die Ausfuhr des Ofens aus. Daraufhin strengte die Firma Borfig eine Klage auf Ablehnung des gesamten Arbeiterrats sowie auf Erlöschen der Mitgliedschaft des Obmannes an. Vor dem Schlichtungsausschuß ergab sich bei der Fällung der Enscheidung nach vielstündiger Verhandlung Stimmengleichheit. Infolgedessen fand unmittelbar darauf eine zweite Verhandlung statt, in der bie Klage auf Auflösung des gesamten Arbeiterrats abgewiesen, bem Verlangen auf Erlöschen der Mitgliedschaft des Obmanns aber mit 4. gegen 3 Stimmen stattgegeben wurde. Alle Borschläge der Firma, die Ausfuhr doch zu ermöglichen, wurden abgelehnt. Die Arbeiterschaft weigert sich nach wie vor, die Verladung des Ofens vorzunehmen. Die sämtlichen Arbeiterratsmitglieder haben sich mit bem Obmann solidarisch erklärt und beabsichtigen ihre Aemter niederzulegen. Die Angelegenheit ist bisher noch nicht erledigt. Es schwebt gegenwärtig noch ein von der Firma Borsig bei der zuständigen Gewerbeinspektion anhängig gemachtes Verfahren.
Die obigen, einer Korrespondenz entnommenen Mitteilungen bes weisen, wie Unternehmer bemüht find, Ausverkauf nach dem Ausland machen und dabei erheblich zu profitieren. Hier müßte schon längst bie Regierung eingegriffen haben, das wäre ihre Pflicht gewesen.
Achtung! Stuck- und Gipsbanbranche!
Aus Anlaß der Vorkommnisse bei der Firma Damurich u. Co. muß die Baudeputierten Bersammlung, welche am Sonntag in der Freiheit bekanntgegeben wurde, ausfallen.
Die Vorkommnisse bei der Firma haben einen derartigen Charakter argenommen, daß diefelben der breiten Majje bekanntgegeben werden müffen. Kollegen! Wenn wir wollen, daß diese Misstände nicht weiter umfichgreifen sollen, fo hat ein geder mit Hand anzulegen und es ist notwendig, daß kein Kollege der Firma der Versammlung ferableitt. Alle die Kollegen, mit denen die Firma einen Bertrag abgeschlossen hat, dürfen in diefer Versammlung nicht fehlen. Bau arbeiter, macht die Kollegen der Stuck und Gipsbaubranche auf biese Bersammlung aufmerksam. Die Sektionsleitung.
Delegierte der Ortsgruppe Groß- Berlin des Zentralverbandes der Angestellten
Uns wird geschrieben:
In der heutigen Generalversammlung wird als erster Punkt der Ausschluß gegen sechs Mitglieder der Opposition behandelt. Obwohl schon heute ein nicht geringer Teil der an dem Ausschlußverfahren beteiligten Kollegen erfannt hat, damit einen Weg beschritten zu haben, der allen freigewerkschaftlichen Grundsägen widerspricht, glaubt man aus reinem Formalismus die Angelegenheit bis zum nächsten Verbandstag ruhen laffen zu müssen. Dagegen wird sich heute abend nicht nur die Opposition wenden, sondern auch ein Teil anderer Delegierter. Gin Mißtrauensantrag ber Opposition gegen die Urheber des Ausschlußantrages wird die Zustimmung der Ber jammlung finden. Danach dürfte auch der Hauptvorstand einsehen, baß die Angestellten nicht gewillt sind, fich weiterhin diesen Bureaufratismus in der Leitung ihrer Organisation gefallen zu laffen.
Achtung, Töpfer! Am 18. Eeptember b. Js. tritt in Meiken ber außerordentliche Verbandstag ber Töpfer und Berufsgenoffen Deutschlands zusammen. Die Kollegen der Oppofition treffen fich mittags 12 Uhr auf dem Bahnhofe; später eintreffende melden sich im Tagungslokal beim Kollegen Lemhöfer. Linksstehende Arbeiter zeitungen werden um Abdruck gebeten.
Groß- Berlin
Zum Bau von Wohnlauben
Der Magiftrat Berlin übermittelt der Stadtverordneten- Bersammlung eine Borlage, in der er diese ersucht, sich mit der Bes
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Die Geschichte meines Bruders
Eine Erzählung
Don
Hans Siemien
Etwas später denke ich noch:„ Wir essen ja alle Kaninchen. Ich selber. Wir essen Hasen und Hühner und Rehe. Und wenn man die essen will, muß man sie schlachten."
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Und ich denke noch: Was würden wir tun, wenn wir ein mal wirklichen Hunger hätten?" Und:" 3ft der Tiger des halb schlecht, weil er Schafe und Rehe zerreißt?"
Jch liege geborgen in meinem Bett und denke mit Furcht an das, was da draußen alles geschieht und geschehen muß. Was alles gehört dazu, um einen Menschen und selbst um Und was wird aus Kalla, einen Verbrecher zu machen? Und was wird aus Kalla, wenn er aus dem Gefängnis herauskommt?
Wieder sind viele Wochen vergangen. Willi ist nun schon lange entlassen. Und ich darf in dem dämmerigen Zimmer zuweilen meine Binde von den Augen nehmen. Ich sehe die acht Betten, den Tisch und die Tür. Jah sehe das Fenster. Aber es ist noch verhängt.
Willi tommt oft und erzählt mir, was draußen geschieht. Ralla fizt nicht mehr im Untersuchungsgefängnis. Man hat ihn in eine Anstalt geschickt.
Ich kannte solche Anstalten nicht und dachte, da hätte es Kalla nun besser, als im Untersuchungsgefängnis. Ich wollte mich freuen. Aber ich wußte nicht, was das war:„ Fürsorgeerziehungsanstalt". Willi hat es mir erzählt.
Ein Gefängnis, das ist nur ein Gefängnis. Aber eine Erziehungsanstalt, das ist ein Gefängnis, in dem die Jungens außerdem auch noch erzogen werden. Erzogen? Das heißt: fie werden geprügelt. Sie müssen schwere Landarbeit tun und müssen hungern und werden geprügelt. Sie bekommen so wenig zu effen wie die Gefangenen im Gefängnis, fie be tommen nicht einmal satt zu essen. Das bricht ihren eigenfinnigen Willen.
Sie kennen auch nicht die Kettenhose? Ich kannte sie auch nicht. Das ist eine Hose aus rauhem Segeltuch, das hart und steif ist. Sie wird mit einer eisernen Kette den Jungens um den Leib geschlossen. Und unter der Hofe läuft eine Rette bis zum Knie herab und um das Bein. Die Kette wird so
Beilage zur„ Freiheit"
willigung von 3 000 000 Mart zur Bezuschussung des Ausbaues von Wohnlauben einverstanden erklären zu wollen.
In der Vorlage heißt es:
Das Wohnreifmachen leerstehender Kleinwohnungen, die Beschlagnahme von Bureaus und Lagerräumen und ihre Herrichtung zu Woh nungen, die Aufteilung größerer Wohnungen und die Zwangs einquartierung von Flüchtlingen hat bisher nicht genügt, um die herrschende große Wohnungsnot zu beseitigen. Um nun, zumal angesichts der starten Schwierigkeiten, die die Finanzierung der Notwohnungsafiton augenblicklich durchmacht, die Wohngelegenheiten zu vermehren, hat der Magistrat beschlossen, den Ausbau geeigneter Sommerlauben zu Wohnlauben zu fördern. Den Laubenbesitzern sollen entsprechende Zuschüsse für den Fall, daß fie ihre Stadtwohnung nach Ausbau der Laube aufgeben, gewährt werden. Der Ausbau der schon bestehenden Lauben benötigt wenig Baustoffe, nud da die Besitzer die Arbeiten selbst ausführen, ist zu hoffen, daß bei billiger und guter Ausführung von der Herstellung in größerem Umfange Gebrauch gemacht werden wird. Die sachgemäße Ausführung und die Bewohnbarkeit während des Winters soll durch die Wohnungsinspektionen überwacht und geprüft werden. Es wird damit ge rechnet, daß sich in Berlin in furzer Zeit ungefähr 600 Laubenbesiger zum Ausbau ihrer Lauben und zur Aufgabe ihrer Stadtwohnungen bereitfinden werden.
Für die Bezuschussung des Ausbaues dieser Wohnlauben hält der Magistrat einen Fonds von 3 000 000 Mart, das heißt durchschnittlich 5000 Mark für jede Wohnlaube, für ausreichend."
Gastwirtsgehilfen und verkürzte Polizeistunde Durch die Stinnespresse und ähnliche Breffereptilien, bie bewußt oder, unbewußt die Interessen der wucherischen Schleichfohlenhändler wahrzunehmen scheinen, gehen schon seit längerer Zeit die beweglichsten Klagen über die geplante Verkürzung der Polizeisiunde in Berlin . Da aber diese Kreise die Erfolglosigkeit ihrer Anstrengungen fürchten, gebenten sie nun auch die Arbeiterschaft als Sturmbod bor ihren Wagen zu spannen. Der„ Lokalanzeiger"( Nr. 430) läßt sich von Vertretern des Gastgewerbes mitteilen, daß bei einer Verkürzung der Polizeistunde um eine Stunde die Hälfte aller Gasthausangestellten brotlos werden würde. Die Betriebe würden nur von 12-2 Uhr mittags und abends von 1, 5-10 Uhr bezw. 1, 11 Uhr offen gehalten werden. Der Lokalanzeiger" fügt hinzu, am Dienstag würden die Angestellten" ber Hotels und Gastwirts fchaften eine Proteftversammlung gegen die Verkürzung der Bolzeistunde abhalten.
Es mag ja nun für diejenigen, die nur die engen Berufsinteressent im Auge haben, bestechend genug sein, gegen die angedrohte Arbeitslosigkeit Arm in Arm mit den Arbeitgebert auf deren Anstiften zu protestieren. Das entspricht ganz dem Geifte der Arbeitsgemeinschaften, der schon einmal die Gasthausangestellten veranlaßt hat, für die Arbeitgeber gegen die Strafbedingungen des Wuchers gesetzes zu demonstrieren. Von allen Parteigenossen, Betriebsräten, Obleuten und Funktionären erwarten wir, daß sie die Intereffen der Allgemeinheit diesmal über die Berufsinteressen fehen. Die Ortsverwaltung des Gastwirtsgehilfenverbandes wird hoffentlich ihre Mitglieder anweisen, die Veranstaltungen der Arbeitgeber nicht zu besuchen, felbst wenn am Dienstag um 2 Uhr mittags die Be friebe wegen der geplanten Demonstrationen geschlossen werden sollten. Die Gasthausangestellten müssen im Gegenteil zeigen, daß fie auf feinen Fall wegen der eventuellen einstündigen Berkürzung auch nur eine einzige Entlassung dulden.
Elternbeiratswahl in Neukölln
Am 26. d. Mts. findet an der 2., 6., 7., 15., 24.; 29., und 37. Schule eine Neuwahl des Elternbeirats statt. Dabei hoffen die UnchristlichPolitischen ihre Nethen soweit zu stärken, daß sie im fünftigen Bezirk Neukölln- Briz- Rudow- Budow die Mehrheit haben. Das muß durch rege Mitarbeit unserer Genossen verhindert werden. Man glaube nicht etwa, daß durch die Einführung der weltlichen Schule ja doch wieder Neuwahlen erforderlich seien. Wegen Raummangels werden voraussichtlich an allen Schulen weltliche Klassenzüge eingerichtet. In diesem Falle verbleibt jeder in seiner alten Schule, wenn er in dem Schulbezirk wohnt. Bis zum Mittwoch müssen die Wahlvorschläge beim Wahlvorsteher eingereicht sein. Die Geistlichkeit ist an der Arbeit. Heute abend 8 Uhr findet in der Genezarethkirche eine Versammlung der 7. und 8. Schule stait. Die Kandidaten für die 6. Echule treffen sich um 8 1hr bei Fritsch, Nogatstraße 80. Eltern seid wachsam! Es geht um das Wohl eurer Kinder!
Vorträge über Pilzkenntnis
Angesichts des Anbranges zu den Lichtbildervorträgen des Herrn Roman Schulz über einheimische Pilze und ihre Verwertung, der so hart war, taß ein erheblicher Teil der Belehrung Enchenden nicht in den Saal gelassen werden konnte, hat die Verwaltung des Märkischen Museums bewirkt, daß Herr Noman Schulz noch zwei mal, am Donnerstag, den 28. und Sonnabend, den 25. September, abends 7 Uhr, über dasselbe Thema spricht. Um einer Ueberfüllung des Saales borzubeugen, werden vom 18. b. Mts. ab, in der Beit bon 10-3 Uhr, Eintritiskarten zu den Vorträgen unentgeltlich im
Dienstag, 14. September 1920
Märkischen Museum ausgegeben. Nur mit Karten versehene Per fonen baben Zutritt. Die Pilzausstellung findet vom Mittwoch, bea 15. b. Mts. bis Mittwoch, den 22. statt.
Arbeiter- Bildungsschule der USPD .
Stadtverordnete, Bezirksverordnete unb kommunale Kommissionen. Am Mittwoch abend 6, Uhr in der Aula des Köllnischen Gym nasiums, Inselstr., Vortrag des Genossen Dr. 25 wenstein über „ Schule und Gemeinde".
Die Bibliothek bleibt wegen Umzuges gefchloffen, ausgeliehene Bücher bitten wir zurückzugeben,
Jugendweihe Groß- Berlin. Anmeldungen zum September fönnen nicht mehr angenommen werden. Eintrittstarten zum 19. September sind nicht mehr zu haben.
Eintrittstarten zur Theatervorstellung am Sonntag, den 26. September, abends, im Neuen Voltstheater find in unserem Bureau, Schicklerstr. 5/6, zu haben. Preis 4 Mt.
Achtung, Arbeitslose!
Am Ende dieser Woche finden in Berlin mehrere große Arbeitslofenversammlungen statt. Tagesordnung: Arbeiterräte oder Altionsausschuß? Arbeitslose, besucht nur diese Bersammlungen! Die Lokale werden noch bekanntgemacht. Der Arbeitslosenrat.
Die außer Kurs gesetzten Briefmarken wieder gültig! Die Freimarken der Reichspost zu 2, 2, 3 und 7%, Pf. waren befannilich zum Ende des Monats August für ungültig erklärt worden, wurden aber später wieder zur Ergänzung von Postkarten usw. zu gelaffen, während sie für Briefe, Drucksachen usw. ungültig blieben. Jetzt sind sie wieder für gültig erklärt worden und werden zunächst noch bis Ende dieses Jahres allgemein zur Freimachung von Postsendungen zugelaffen. Auch der Umtausch dieser Wertzeichen sollte mit dem 15. September aufhören, ist aber jetzt ebenfalls bis zum Ende des Jahres verlängert worden. Es hat sich herausgestellt. daß noch große Bestände an diesen Marken sich in den Händen des Publikums befinden. Früher wurden ältere Wertzeichen von der Post überhaupt nicht für ungültig erklärt. Sie wurden von selbst aufgebraucht und verschwanden mit der Zeit aus dem Verkehr.
Der Leichenfund im Grunewald harrt noch seiner Aufklärung. Die Person, um die es sich handelt, ist noch nicht festgestellt; man hat auch noch teine Sicherheit, ob es sich um eine männliche oder weibliche Person handelt.
Wegen Ermordung eines Fräulein Steinberg in Potsdam ist der Kaufmann Anton Ludwig in Haft genommen worden. Es steht jest fest, daß QLudwig mit dem Fräulein häufiger aufammen gewesen ist, und daß er sie unschädlich gemacht hat, um sich in den Besit der wertvollen Schmudgegenstände zu sehen.
Herbstspreewaldfahrt der Naturfreunde". Lehte Herbsta Spreewaldfahrt des Arbeiterwanderbundes Naturfreunde" am 25. und 26. September. Der in den herrlichsten Herbstfarben prangende Laubwald bietet neue besondere Retze und hohen Naturgenuß, zumal die Fahrt durch die schönsten Gebiete des Oberspreewaldes führt. Besuch des Kirchganges der Wenden in Burg, Rahnfahrt durch die Burger Raupen über Forsthaus Eiche, Kannomühle, Forsthaus Schüßenhaus und Lehde nach Lübbenau . 1. Gruppe: Abfahrt Sonnabend nachm. 2.35 Uhr ab Görlizer Bahnhof nach Straupit. Sonntag vormittag Wanderung durch die Burger Kaupen nach Burg. Dann gemeinschaftliche Kahnfahrt. 2. Gruppe: Abfahrt 2.85 Uhr nachm. bezw. 8.00 Uhr abends nach Betschau. Sonntag vormittag Wanderung( Wagenfahrt für ältere Teilnehmer) über Sufchow und Mäschen nach Burg usw. 3. Gruppe: Abfahrt 2.35 Uhr nachm. bezw. 8.00 Uhr abends nach Raddusch . Sonntag vormittag Wanderung durch die Radduscher Kaupen über Stradom nach Burg usw. Teilnehmerkarten( 85 Mt. für Bahnfahrt, Kahnfahrt, Logis mit Kaffee, Strohlager, 45 Mr. mit Betten) sind zu haben bei Kruse, Mariannenstr. 11, Horsch, Engelufer 15, Maspfuhl, Brüffeler Straße 14 und Zintel, Neukölln, Bergstr. 112. Für die Teilnehmer findet am 23. September, abends 8 Uhr, bei Feyfara, Melchiorstr. 15, ein unentgeltlicher Lichtbildervortrag zur Einführung in die Geschichte, Geologie und landschaftliche Eigenart des OberSpreewaldes statt.
Die Patienten der Heimstätte Gütergog beklagen sich darüber, daß fie Geschüßdonner, der jedenfalls von Uebungen der Reichswehr herrührt, Tag und Nacht hören müssen. Da sich viel Nervenkrante
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zu der Welt, die so groß und so schön ist. Ich bin nicht mehr blind. Ich fann wieder sehen. Ich sehe wie groß und wie schön die Welt ist. Ich sehe also auch das Strafgefängnis.
Es ist ein großes, rotes Gebäude, von großen, roten Mauern umgeben. Ich gehe gradeaus darauf zu. In der Mauer ist eine eiserne Tür und neben der Tür ein Klingel. zug. Soll ich hineingehen? Was soll ich sagen? Ich wüßte nicht, was ich sagen sollte. Ich stehe davor und weiß feine Hilfe. Was ist es denn, was ich sagen möchte? Was ist es denn, was mich immer wieder hierher vor die Tür des Gefängnisses treibt?
eng angezogen, daß niemand sie über die Hüften streifen,| suchen. Aber es ist doch nicht ganz zu verstecken. Es gehört das niemand die Hose ausziehen kann. Mit dieser Hose am Leibe kann niemand entfliehen. Sie ist gewiß das Symbol der Erziehung. Mit ihr macht man aus Kindern Menschen. Und außerdem noch mit dem Worte Gottes. Am Sonntag werden die Jungens zur Kirche geführt. Dann tragen die, die zu fliehen versuchten, deren Eigensinn noch nicht ganz gebrochen ist, unter der Hose ans Bein geschlossen eine zehn Pfund schwere Fessel aus Eisen. Mit dieser Fessel kann niemand entfliehen. Sie ist unter der Hose ans Bein ge chlossen, damit sie den Kirchenbesuchern nicht auffällt. Mit dieser Fessel an ihren Füßen hören die Jungens Gottes Wort. Wir haben uns alle sehr gefreut, als Kalla dann endlich verurteilt wurde. Ein Jahr und drei Monate hat er betommen und sitt nun im richtigen Strafgefängnis und das ist nicht so schlimm wie Erziehungsanstalt. Er sitzt im Gefängnis. Und das ist alles.
Und das ist alles? Wer will das sagen?
Willi erzählt:„ Ich war im Zuschauerraum. Aber als er mich sah, da fing er an zu weinen. Da bin ich wieder hinaus
gegangen."
Nun habe ich doch nicht mehr erzählt, als das, was ich gleich zu Anfang sagte: Er ist sechzehn Jahre und fizt im Gefängnis.
Das ist nicht viel. Aber wenn man daran denit, so ist einem, als müßte man noch etwas sagen. Man fann nicht gut schweigen, wenn man das hört: Er ist sechzehn Jahre und sigt im Gefängnis.
Ich habe so lange Wochen gelegen und an ihn gedacht. Aber nun merke ich wohl, das ist nicht viel. An jemanden denken, das ist nicht piel. Ich habe gelegen und habe geschwiegen. Aber ich glaube, man soll nicht schweigen. Wenn es auch nur ganz wenig ist, was man weiß, oder was man zu sagen hat. Bielleicht genügt es, ganz einfach zu sagen: Er ist sechzehn Jahre und fizt im Gefängnis.
Was wird ein Blinder tun, der wieder geheilt wird, der wieder sehen kann und ausgehen darf?
Da ist die ganze Welt und die Welt ist so groß. Was tut ein Blinder, der wieder sehen kann?
3 Joh bin zum Strafgefängnis gegangen. Das liegt nicht vornean in der Welt. Es liegt etwas abseits. Man muß es
Ich kenne dies rote Gebäude nun gut. Ich kenne die eiserne Tür ganz genau. Wird sie sich einmal für mich öffnen? Wird sie sich einmal hinter mir schließen? Soll ich hineingehen? 3u wem soll ich gehen?
Man muß sich entscheiden! Wer hat diese Mauern hier aufgerichtet?
Wir sind es doch, die die Welt einrichten. Wir sind es, die die Gefängnisse bauen.
Jhr, die ihr hier vorübergeht, dies ist ein Teil von euch, ein Teil eures Lebens. Dies ist ein Gefängnis- ein Teil eurer Welt.
Ihr habt die Welt so eingerichtet, daß es Gefängnisse geben muß. Ihr habt euer Leben so eingerichtet, daß es Gefängnisse geben muß. Ihr könnt dieser Mauer hier nicht entfliehen.
3hr habt sie gebaut. Aber sie nügt auch nichts. Sie trennt euch nicht von euren Brüdern. Sie trennt die Schuldigen nicht von euch ab. Jhr gehört zusammen. Ihr könnt euch nicht trennen. Keine Mauer trennt euch in Gerechte und ungerechte. Keine Mauer trennt Recht und Unrecht. Keine Mauer trennt Schuld und Unschuld.
Hier hinter der Mauer das sind eure Brüder. Sie haben euch mitgeholfen, Gefängnisse bauen. Ihr oder sie, das ist dasselbe. Ihr oder sie? Ihr seid nicht zu trennen. Sie haben mit euch zusammen, wie ihr, gelebt. Sie haben mit euch zusammen die Welt gebaut. Sie haben sie fo gebaut und so gelebt, daß es Gefängnisse geben muß. Sie haben ihren Lohn.
Und ihr? Was habt ihr? Ihr geht vorüber? Ich ziehe den Klingelzug an der Mauer und langsam öffnet sich mir die Tür.