hatte, sieht sich genSlhint, das folgende ihm vom Oberpräsidentenv. Köller zugesandte Telegramm abzudrucken:„Schleswig, 27. August.Ihre Notiz in Nr. ISS über inich ist von Anfang bis zu Ende unwahr.Ich bin überhaupt nicht am 23. in Belgard gewesen, bitte auf grnnddes§ 11 des Prebgesetzes um Berichtigung, v. Köller. Staats-minister und Oberpräsident." Außerdem erhält das Blatt vondem Bahnhofswirlh, dessen Gattin als eine Lauptbetheiligte an demBorgang hingestellt worden war, folgende Zuschrift:„Meine Frauist mit dem Herrn, der sich später als Herr v. Köller legitimirte, ingar keinen Wortwechsel geralhen. Meine Frau hat dem Herrn inaller Ruhe bestätigt, daß der Zug nach Berlin ordnungsmäßig abgerufen sei. Die Worte:„Sie sind ja ein ganz impertinenterMensch" sind nicht gefallen."— Ferner wird in dem Schreiben nochbemerkt, daß weder der betreffende Bahnhossbeamte, noch der KellnerStrasantrag stellen würden.—— Der Landrath Jacobs, Mitglied de? preußischen Abgeordnetenhauses für Landsberg-Soldi», ist am Montag früh gestorben.—— Dresden. 28. August.(Eig. Ber.) Ans allen betroffenenTh!len Sachsens liegen jetzt zahlenmäßige Nachrichten der Behördenund Abschätzungs- und Untersuchungs-Kommissionen über den durchdas Hochwasser angerichteten Schaden vor. Danachbeläuft sich der Schaden von Privaten und Gemeinden an10 442 844 M. Unter Zurechnung des Schadens an Staatseigenthumergiebl sich als Gesammt-Schädigungssumme 16 29S 000 M.—— Gegen den ambulanten Gerichtsstand der Preffe,welcher diese bekanntlich außerordentlich beschwert, hat sich recht ver»nünfligerweife ein bayerisches Gericht ausgesprochen. Die„MünchNeuesten Nachrichten" berichten hierüber:„Der nmbnlante Gerichtsstand der Presse, d. h. jene durch eine Rechtsprechung äußerst anfechbbarer Art eingeführte Gepflogenheit, wonach die Redaktion einerZeitung nicht lediglich, wie es dem gesunden Menschenverstände undden aus den Verhältnissen sich ergebenden Folgerungen entspricht,am Orte deS Erscheinens der Zeitung verklagt werden, sondernvor das Gericht jedes beliebigen Orte?, wohin auch ein Exemplarder Zeitung gelangt, gezogen werden kann, hat eine ersteDurchbrechung erfahren durch das prinzipiell wichtige Urtheileines bayerischen Gerichts, weshalb wir dieses Zwischenfalls in einer sonst belanglose» Klagesache hier erwähnen müssenGegen den verantwortlichen Redakteur unseres Blattes war Klageerhoben beim Amtsgericht in V i l s e ck. Der Rechtsbeistand unseresBlattes erhob dagegen in ausführlicher Begründung de» Einwandder Inkompetenz, und das genannte Gericht eignete sich diese Begründung an und wies die Klage„wegen Unzuständigkeitdes k. Amtsgerichts Vilseck" zurück. Wir hoffen zuversichtlich, daßdiese Entscheidung, welche eine spitzfindig herausgetnftelte und ganzhaltlose Interpretation verwirft und gesunden Rechlsanschauungen,sowie den Verhältniffen des praktischen LebenS Rechnung trägt, nichtdie einzige bleiben wird."— Diese zuversichtliche Hoffnung desMünchener BlatteS theilen wir kaum, da die Presse sich im allgemeinen bei den Männern der Justiz leiner besonderen Liebe er-freut'-— Der bayrische Landtag ist auf den 28. Septembereinberufen worden. Er wird sich zuerst mit der Budgetberathnngbeschäftigen. Sodann werden ihm Gesctzesvorlagen über die Erleichterung und allmälige Beseitigung der Bodenzinslast, über dieReform der direkten Steuern und bezüglich der Einführung desBürgerlichen Gesetzbuches zugehe». In bezng auf letztere sind mehrereVorlage» zu erwarten, die successive eingebracht werde». In derSteuerfrage will die Regierung eine erhebliche Heranziehung derGroßgeschäfle, der Bazare, Waaren- und Versandthänser, Filialgeschäfte vorschlagen. Auf diesem Gebiete gehen die Meinungen beiden großen Parteien, insbesondere beim Zentrum sehr auseinander.ES wird auch von der Regierung keine glatte allgemeine Einkommensteiler vorschlagen, sondern eS werden die bestehenden direkte»Stenern beibehaNen und nur umgearbeitet. Daneben wird daranwohl noch eine besondere Ausgleichssteuer mit einigen Anklängen aneine allgemeine direkte Steuer vorgeschlagen werden. Auch die AbSnderung bei Vereinsgesetzes im Sinne der im Reichstag gemachte»Zusage wird den Landtag beschäftigen.—— DaS bayerische Zentrum, welches durch dieAgitationen der Bauernbündler und anderer Abtrünniger sich inkeineswegs angenehmer Lage befindet, wird auch durch die etwas mildereHaltung bei Bauernagitators Dr. Heim nicht besonders getröstetwerden. Dr. Heim befindet sich zur Zeit in seinem Wahlkreise undentwickelt in den verschiedenen Ortschaften sein Programm. Unlängstwar er sin Neustadt a. W.-N. und hielt dort eine längere Rede,wobei er sich nach dem„Reg. V." u. a. äußerte:„Ich werde zumZentrum treten, denn es ist besser, in der Partei die Wasser in dierechten Wege zu leiten, als außerhalb der Partei zu stehen und nichsauszurichten. Oben würde man es freilich gerne sehen, wennich das Zentrum sprengte und eine neue Fraktionbildete. Aber ich werde beim Zentrum bleiben. denndas Zentrum hat ein gutes Programm. Es hat auchschon viel gethan für daS Volk.... Ich werde darum dasProgramm der Zentrumspartei annehmen, mir aber in der T a k t i kfreie Hand vorbehalten." Befragt, waS die letztere Wendungbedeuten solle, erwiderte Dr. Heim:„Ich meinte damit: Oftgiebt es Meinungsverschiedenheit, da werde ich dann meiner Ueberzeugung folgen und mich nicht leithammeln lassen. Ichwerde in der Fraktionsfitznng meine Meinung offen aussprechen undbegründen. Geht man mit mir, so ist es recht, geht man nicht mitmir, dann gehe ich meine eigenen Wege. Uebrigens weiß ich, daßviele Herren im Landtage ans mich warten, denn sie möchten eine»haben, der lange Stiefel an hat und vorausgeht. Nun gut, denHannemann mit den langen Stiefeln will ich machen."—— Chronik der Majestätsbeleidigungs- Prozesse.Die Bromberger Strafkammer verurtheilte den Restaurateur Seiferin der Vorstadt Schleusenau wegen Majestätsbeleidigimg zu sechs«monatlichem Gesängniß. Der Verurtheilte wurde sofort verhaftet;seine eigene Ehefrau hatte ihn denunzirt.Schweiz.Basel, 80. August. Der hier tagende Zionisten-Kongreßhat»ach langer Debatte in sder heutigen Vormittags-Sitzung dasProgramm der Bewegung folgendermaßen formulirt: Der ZioiiismnLerstrebt für das jüdische Voll die Schaffung einer rechtlich ge-sicherten Heimstätte in Palästina. Zur Erreichung diesesZieles nimmt der Kongreß folgende Mittel in Aussicht: 1. zweckdienlicheFörderung der Besiedelung Palästina'S mit jüdischen Ackerbauern undGewerbetreibenden. 2. Gliederung und Zusammenfassung der gesammtenJudenschaft durch geeignete örtliche und allgemeine Veranstaltungenauf der Grundlage der Landesgesetze. 3. Stärkung des jüdischenNationalgefühls und Volksbewußtseins. 4. Vorbereitende Schritte zurErlangung der für die Erreichung des zionistischen Zieles noth-wendigen Zustimmnng der Behörden.Zur Schaffung dieses Judcustaates fehlen, wie unlängst eingeistreicher Schrifsteller sagte, blos der Staat und d i« Juden, dieihn bilden wollen.Niemandem kann die zionistische Bewegung erwünschter sein,als den Antisemiten, denn die zionistische Minderheit der Juden-schaft belhätigt da mir die Grundanffaffmig der Antisemiten, daß dieJuden ein fremdes, in den anderen Völkern, unter denen sie wohnen,nicht aufgegangenes Volkselement seien. Diese Voraussetzung deseiomSmuS erklärte es, daß die Vertreter derer, die sich noch als»den fühlen, die sich aber wohl fühlen in unseren Landen, so dieRabbiner, sich in den schroffsten Gegensatz zu den Zionisten ge-stellt haben.—Oesterreich.Prag, 30. August. Die Sozialdemokraten beschloffen als Vor-läuser zu einer Friedensdemonstration die Massenausgabe einesManifestes in beiden Sprachen, worin alle Schuld betreffs desSprachenstreites der Regierung und der Bourgeoisie beider Nation«-liläten zugeschrieben wird, und beider zur Schlichtung der Differenzenfür unfähig erklärt werden. Ferner wird in dem Manifest die Be-seitigung aller politischen Rechte der besitzenden Klasse und der Er-�lasse des Sprachengesetzes sowie die Einführung de! gleichen direkte»Wahlrechts gefordert.Paris, 29. August.(Eigener Bericht.) Die sozialistischeAgitation gegen die Brottheuerung wurde von Melineund seineu Preßkosaken mit der üblichen Wahrheitsliebe für einekünstliche Mache erklärt. Die gestrige Massenversammlungim größten Pariser Saale des Tivoli-Vauxhall wird den Herrenendlich vielleicht die Lust benehmen, die Evidenz zu leugnen. Das große,an die 8000 Personen fassende Lokal war beinahe bis auf den letztenPlatz gefüllt. Etwa 1000 Personen mußten umkehren, weil diePolizei in herausfordernder Willkür von S'/z Uhr an„EinladungSkarten" zu fordern begann, als ob in Frankreich österreichische ß 2-Versammlungen existirten. Sämmtliche Redner, Vertreter allersozialistischen Organisationen und Richtungen ohne Ausnahme,geißelten unter dem einmülhigen stürmischen Beifall der versammeltenProletarier und Kleinbürger die schutzzöllnerische AushungerungsPolitik Meline's, sowie dessen reaktionäre Politik im allgemeinen.Genosse Gsrault-Richard, der Vorsitzende der Versammlung, betonte,daß die Getreidezölle einzig den Großgrundbesitzern und den Getreide-Spekulanten zu gute kämen, während der Kleinbauer unter hohenGetreidepreisen ebenso sehr leide, wie der ländliche und städtischeProletarier, da er in einem Mißjahr an den hohen Brot!preisen mehr verliert, als er an den hohe» Getreide�preisen gewinne.— Nebenbei streiften mehrere Redner dasEreigniß de? Tages, die franko-russifche Allianz, in abfälligerWeise. Der sozialistische Abg. Chanviere denunzirte die Allianz,die von der opportunistischen Regierung mit dem Zaren geschlossenwurde,„um die Völker zu bedrücken". Das sozialistische Gemeinde.rathsmitglied Berthaut meinte, Faure's Reise wäre nur dann nütz!lich, wenn er aus Rußland einige Schiffsladungen zollfreien Ge.treides mitbrächte. Genosse Turot, Mitarbeiter der„Petite Republique", schloß seine Rede unter tosendem Beifall mitden Worten:„Nein, Herr Meline, wir sind einstweilenkeine Musckiks, und wenn man die Knute in Frankreicheinführt, dann werden es die Sozialisten fein, die sie am Griffepacken, um damit den Aushungerer zu peitschen."Zwei Resolutionen im Sinne der gehaltenen Reden wurden ein-stimmig angenommen unter den Rufen:„Nieder mit Meline! Niedermit dem Aushungerer!" In der ersten Resolution wird die Schädlichkeit der Brotverthenerung auch für die Kleinbauern und die Land-arbeiter betont, sowie die Nothwendigkeit der politischen undgewerkschaftlichen Klassenorganisation des Proletariats zumZwecke seiner endgiltigen Befreiung durch die Vcrgesell.schaftlichung der Produktionsmittel. In der zweiten Resolution werden als vorläufige AbHilfsmittel gegen die Brot-theuerung folgende Forderungen aufgestellt: Getreidehandels-Monopolder Gemeinden oder des Staates; Schaffung von kommunalenGetreidemühlen und Bäckereien zwecks Brotlieferung zum Selbst-kostenpreis; das Recht der Gemeinden, die Verpflegung der Ein.wohner zu sichern und die Getreidespeknlation zu verhindern.— Die Versammlung ging auseinander unter dem Absingen der CarmagnoleunddesKehrreims:„Bespucket Meline! Bespucket ihn!" Eine Straßenkundgebungwurde, wie üblich, durch das Massenaufgebot von Polizei undMilitär verhindert.Man sieht, die endlich erlangte Bezeichnung der frankorussischen Beziehungen mit dem Namen Allianz hat Herrn Melinebeim Pariser Volke nicht beliebter gemacht. Dagegen rechnet derherrschende Klüngel auf eine ernstliche Beeinflussung der nächstenKammerwahlen in der Provinz durch den Allianz- Trinkspruch.Die be- und verrufensten Organe der Großbourgeoisie, die„Temps"und die„Döbals", beuten offener denn je die Zarenfreundschaftim Partei-Jnteresse aus. Einzig die vom Kabinet Meline gelieferten„Beweise der Weisheit und der Reife" hätten nach dem„Temps"den Hochbedeutfamen Allianz-Trinkspruch möglich gemacht. Manmüsse daher auf diesen Punkt die Anfnierksamkeit der—„französischeu Wähler" lenke». Die„Döbats", die auf auswärtigemGebiete die Allianz recht nüchtern auffassen, indem siedarin für Rußland eine Periode der ruhigen Expansion inAsien und für Frankreich eine Periode der Vollendung seinerkolonialpolitischen Unternehmungen erblicken, legen das Hauptgewichtauf die innerpolitischen Folgen der Allianz. Die nächste Kammermüsse eine geschlossene kapitalistisch-reaktionäre Mehrheit enthalten,solle anders die Allianz nicht erschüttert werden. Diese bei derheruntergekommenen französischen Bourgeoisie nicht mehr ver-wundernden Aeußerungen vorrathen wohl einen der Beweggründe,der den Petersburger Chef der europäischen Reaktion endlich zurhuldvollen Proklamirnng der Allianz bewogen hat.—Brest, 30. August. Der christlich-soziale Abbö Gayraud, dessenMandat von der Kammer für ungiltig erklärt worden war, istwiederum mit starker Majorität zum Dcputirten gewählt worden.—Marseille, 30. August.(B. H.) Gegen die Verlheuerung derBrotpreise hat gestern hier eine große Manifestation von der Prä-fektur stattgefunden, und zwar unter Leitung des Maire und dessozialistischen Gemeinderaths. Die Versammlung forderte Herab-fetzung der Getreidepreise.-- In Toulouse wurde eine ähnlicheManifestation inszenirt.Belgien.— Gegen die Ausweisung de? englischenArbeiterführers Ben Tillet aus Antwerpen hatte dieenglische Regierung bei der belgischen Protest erhoben. Nunmehrist das Gesetz veröffentlicht worden, welches das belgische Ministeriumermächtigt, diesen Konflikt durch schieosrichtcrlichen Spruch auszugleichen. Beide Regierungen haben einen französischen Juristenals Schiedsrichter gewählt.—England.London, 30. August. Wie ans Simla gemeldet wird, sindmehrere Regimenter Infanterie und Kavallerie, sowie mehrere Kanonennach den bedrohten Festungen bei Kurruin abgegangen. DaSFort Lundicotal ist infolge Verraths vom Feinde eingenommenworden.London, 30. August. In der gestern hier abgehaltenengroßen Versammlung der Mechaniker wurde eine lliesolulion an-genommen, laut welcher den Streikende» Geldmittel bewilligt werdenollen.Türkei.Konstantiiiopel, 30. August. Eine von der Polizei vorgenommeneZählung, durch welche festgestellt werden sollte, wieviel ArmenierIch in jedem Hanse befänden, rief unter den Armeniern lebhasteBeunruhigung hervor. Die Polizei erklärte ihr Vorgehen damit,daß sie die zwei noch nicht zur Haft gebrachten Theilnehmer an denkürzlich verübten Altentaten suche. Die übrigen neun Attentätersind verhaftet, der Prozeß gegen dieselben beginnt in der nächstenWoche.—Afrika.Tanger, 28. August. Rußland beabsichtigt in Tanger eineGesandtschaft zu errichten und wird schon in nächster Zeit einenVertreter dahin entsenden. Auch dieser Schritt Rußlands zeigt, wie'ehr sich dieser Staat für afrikanische Angelegenheiten zu interefsirenbegonnen hat.—Ans der Parteikonferenz für den Wahlkreis Prenzlan-Aiigcrmiindc, die am 29. August in F r e i e n w a l d e a. O. ab-gehalten wurde, waren 16 Delegirle anwesend, ferner der Reichstags-Kandidat des Kreises, Genosse Thierbach, sowie je ein Vertreterder brandenburgischen Agilationskomniission und der Presse. Be-chlossen wurde, die„Brandenburger Zeitung" überall im Kreiseeinzuführen. Nach einem Referat Thierbach'S, der entschiedencde Betheiligung an den Landtagswahlen verwirft, fand einelängere Aussprache für und wider statt, woraus mit 2 StimmenMehrheit befchlossen wurde, für Aufhebung des Kölner Parteitags-beschlusses auf der Provinzialkouferenz einzutreten. Zu derselbenwurden die Genossen Brüsch, Strasburg und Lasse-renzlau delegirt. Der bisherige KreiS-Verlrauensmaun Robert»ünterberg in Schwedt a. O. wurde wiedergeivählt.Prenstische LandtagSwnhlen. Der Parteitag für den Reichs«:tags-Wahlkreis Calbe- Aschersleben, der am 22. August in �Quedlinburg tagte und von 12 Orten mit 18 Delegirten be-schickt war, nahm einstimmig folgenden Antrag des RedakteursAdler aus Halberstadt an: Der Hamburger Parteitag möge be-schließen: Der Kölner Beschluß wird aufgehoben, die Partei be-theiligt sich offiziell nicht an den Landtagswahlen, sondern überläßtdies den einzelnen Wahlkreisen. Bedingung hierzu ist jedoch, daßder etwa zu unterstützende gegnerische Kandidat sich auf gewisse, von einem Zentral-Wahlkomitee aufgestellte Forderungen ver-pflichtet.In demselben Sinne beschloß ei», Parteiversammlung inH a l b e r st a d t. Der Adler'sche Antrag wurde dort jedoch nur mitSO gegen 33 Stimmen angenommen._Die Parteikonferenz für den Regierungsbezirk Merse»bürg, die am letzteni Sonntag in Halle tagte und von Torgau,Liebenwerda, Delitzsch, Bitterfeld, Zeitz, WeißenfelS, Naumburg, Eis-leben, Nordhansen, Querfnrt, Wittenberg, Schweinitz, Merseburgund Halle-Saalkreis mit 26 Delegirten beschickt war, faßte nach demReferat des Reichstags-Abgeordneten Fritz K u n e r t einstimmigauf dessen Vorfchlag folgenden Beschluß:„In Beziehung�auf die preußischen Landtagswahlen dahin zu wirken, daßder durch die allgemeine sozialpolitische Lage unhaltbar gewordene,Parteitagsbeschlnß von Köln— wonach es„Pflicht der Partei-genossen sei, sich jeder Belheiligung an den Landtagsivahlen unterdem jetzt bestehenden Wahlsystem zu enthalten"— beseitigt werde.>Die Genossen in Preußen haben dadurch die Möglichkeit, die Be-theiligungsfrage nach eigenem Ermessen in jedem einzelnen Fallefür Stadt- oder Landkreise zu entscheiden. Es erscheint schließlichdringend nöthig, daß mindestens die allgemeine Direktive für dieArt der Wahlbetheiligung oder die stellenweise Nichtbetheiligung inganz Preußen von dem diesjährigen sozialdemokratischen Parteitagin Hamburg ausgeht."Die„Rheinische Zeitung" in Köln schreibt: Diepraktische Erledigung der Frage wird unseres Trachtens die seinmüssen: Der Parteilag beschließt, ob die Kölner Resolution über dieLandtagswahlbetheiligung aufgehoben werden soll. Fällt dieser Be-schluß, was zu erwarten ist, bejahend aus, dann ist es Sache derpreußischen Parteigenossen, sich über die Betheiligung, ob und wie,schlüssig zu werden. Das mag am besten in einer im Anschluß anden Parteitag abgehaltenen Konferenz der Delegirten der preußischenWahlkreise erledigt werden.Die„ V o l k s st i m m e" in Magdeburg beharrt auf ihremVorschlage, daß der Parteitag in Hamburg sich lediglich mit derAufhebung oder Belassung deS Kolner Beschlusses befassen soll.„DieS ist", sagt die„VolkSslinune",„nach einem einleitenden Referatesehr bald geschehen. Nicht so schnell lassen sich unserer Meinungnach die übrigen Fragen regeln. Und die kostbare Zeit aller De-legirten hier zu vergeuden, halten wir eben für zwecklos. Wirhaben zunächst die Einsetzung eine? Zentral-WahlkouiileeS im Auge.dem die Gesammtleitung der etwa zu beschließenden Wahlbetheiligungauferlegt werden muß. Diese Zentralstelle halten wir für unum-gänglich nolhwendig. Nicht etwa, daß sie in die Entschließung dereinzelnen Wahlkreise eingreift, insofern es sich um dieEntscheidung über die Wahlbetheiligung handelt, sondern daß dieseZentralstelle die Direktive übernimmt. Um dem heillosen Wirrwarrzu begegnen, der unbedingt entsteht, wenn den einzelnen Wahlkreisenbelassen bleibt zu entscheiden über die dem Gegner zu machende»Konzessionen, ist nothwendig die Festlegung jener Forderungen, ausdie wir die von uns zu unterstützenden bürgerlichen Kandidaten ver-pflichten. In verschiedenen Kreisen werden bereits Stimmenlaut, die bürgerlichen Kandidaten nur dann zu unter-stützen, wenn sie sich außer für Aufhebung deS Dreiklassenwahlrechts noch für die Aufhebung der Gefinde- Ordnung erklären;in gewissen Wahlkreisen wird das Bergrealrecht in den Bordergrundgestellt. So sehr wir die Regelung dieser beiden Fragen wünschen,glauben wir, sie in diesem Falle nicht befürworten zu können, dawir sonst nicht in die Lage kommen, auch nur einen einzigenbürgerlichen Kandidaten zu unterstützen. Unserer Meinung nachkönnen die bürgerlichen Kandidaten zunächst nur daraufhinvon uns verpflichtet werden, daß sie im preußischenAbgcordnetenhnnfe die Aufhebung des Dreiklassen- Wahlrechtsbeantragen und hierfür eintreten. Alles übrige findet sich dannspäter. Beschließt der Parteitag in diesem Sinne, dann ist der„Korruption" und„Stegmüllerei", die infolge der Wahlbetheiligungbefürchtet wird, ein Riegel vorgeschoben. Alle diese Fragen sindnicht kurzerhand zu erledigen; sie benöthigen einer sachlichen Aus-spräche. Und da hieran zumeist die preußischen Delegirten belheiligtfind, wird der allgemeine Parteitag entlastet, wenn die preußischenDelegirten in besonderer Konferenz zusammentreten."—Für den dritten Hamburger ReichStagS-WahlkreiS wurdeseitens der Vertrauensleute der bisherige Abgeordnete des Kreises,Genosse W. Metzger, für die kommende Reichstagswahl wiederumals Kandidat ausgefiellt.AlS Telcgirtcr zum Parteitag in Hamburg wurde für denReichstagS-Wahlkreis Ca lbe-Aschers leben der ParteigenosseG r e i n e r, als dessen Ersatzmann Trautewein gewählt.Für de» Regierungsbezirk Merseburg beschloß die bereitserwähnte Ko»ferenz zu Halle die Errichtung eines Zentral-W a h l k o m i t e e s, das seinen Sitz in Halle hat. Ferner wurdedas„Volksblntt für Halle" als Parteiorgan des Regierungsbezirksanerkannt, ausgenommen den Kreis Sangerhansen-Eckartsberga, derzum Bereiche der„Thüringer Tribüne" gehört.Von der Agitatiou. Gegen 130 Parteigenossen aus Düffeld o r s verbreiteie» am vorvergangenen Sonntag in ca. 25 Orten desWahlkreises Nenß-Grevenbroich annähernd 10 000 Flug-blätter und Broschüren.Polizeiliches, Gerichtliches«.— Die wegen angeblicher Majestätsbeleidigung erfolgte Beschlag»»ahme der Nr. 201 der M a g d e b u r g e r„ V o l k s st i m m e" istwieder aufgehoben. Die konfiszirt gewesenen Exemplare sindder Expedition bereits zurückgegeben worden. Wieso die Behördein der betreffenden Stelle überhaupt eine Majestätsbeleidigung er-blicken konnte, ist uns thatsächlich unbegreiflich. Die Notiz warlediglich eine Todsünde wider den g u t e n G e s ch m a ck,was wir im Interesse des publizistischen Ansehens unserer Parteileider feststellen müssen.— Reichstags-Äbgeordneter W i l h e l m S ch m i d t in F r a n k-furt a. M. sofite als Redakteur der„Volksstimme" durch Ver-öffentlichnng einer Notiz über den Tod eines Soldaten eineHauptniannsbeleidiguug begangen haben. DaS Landgericht erkanntejedoch ans Freisprechung, da die Notiz nichts Beleidigende? enthielt.— Auf eine polizeiliche Vorladung, die ihm ohne Angabe dar-über, ob er als Beschuldigter oder als Zeuge fnngiren solle, währendder Tagung des ßleichstages zugegangen war, richtete GenosseSchmidt seinerzeit eine Anfrage an daß Polizeipräsidium, die er. umdie schroffe Fassung der Vorladung zu krilisiren, mit dem Worte„ N a ch l a d u n g" überschrieben halte. Die„Nachladung" ist dannnebst einer sarkastischen Einleitung in der„Volksstimme" veröffent-licht worden. Dadurch fühlte sich der Polizeipräsident beleidigt.Das Landgericht erblickte in der„Nachladnng" eine Verhöhnungdieses Beamten und erkannte gegen Schmidt ans 100 M. Geldstrafesowie ans die üblichen Nebenslrafen.— Um ein gegebenes Versprechen zu erfüllen, hatte in Rock-winke! bei Bremen ein Arbeiter beim Leichenbegängniß einesParteigenossen einen Kranz mit rother Schleife mitgesührt, obwohldie Familie des Verstorbenen dies nicht wünschte. Dadurch sollteer sich des„groben Unfugs" schuldig gemacht haben. Er erhieltvom Landherrenamte eine Strafversügung über 5 M., aber bevordas Gericht, das er anrief, darüber entscheiden konnte, hob dasLandherrenamt die Strafverfügung wieder auf.— Der Parteigenosse Schöpflin, Redakteur der„Volks-stimme" in Burgstädt i. S.. hielt in Meerane in einer öffent-lichen Textilarbeiter-Versammlung einen Bortrag überdie Lage der Textilarbeiter. Als er dabei auf die dortige Kamm-gar n- Spinnerei zu sprechen kam, entzog ihm der über-wachende Beamte das Wort. Auf die erstaunte Frage nach d»