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Das ist aber nur die indirette Steuerleistung, von der die meisten Frauen gar keine Ahnung haben, für welchen Zweck und wieviel fie bezahlen müssen.

Hinzukommt noch die direkte Steuer, die jedem Lohn- und Gehaltsempfänger allwöchentlich gleich bei der Auszahlung abge­zogen wird.

Die Lohnsteuer

muß der Familienvater, wenn er Frau und 2 Kinder hat, bezahlen. Wenn sein Wochenlohn mindestens 40 Mart beträgt in Höhe von 60 Pf. wöchentlich.( 33,60 m. werden abgerechnet, so daß immer 10 Prozent steuerpflichtig bleiben, abgerundet auf 60 Pf. wöchentlich).

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Dein Mann muß nach heutigen Begriffen gut bezahlter Arbeiter fein, um 40 m. die Woche zu verdienen und ausgeben zu können. Und nun dent mal daran, daß mir zurzeit zwei Millionen Ar­beitslose haben, die als Familienväter im günftigsten Fall die Hälfte von dem bekommen, was hier angenommen ist. Und wie viele haben einen Wochenlohn unter 40 m. Und die Frauen, die nicht wissen, daß fie rund 10 Prozent dieses targen Gintommens an direkten und indiretten Steuern zahlen müssen, fie sollten sich endlich zusammenschließen mit den Männern und Frauen ihrer Klaffe, um start genug zu werden, die Zollmauern einzureißen, und die Steuern abzuwälzen auf die Besitzenden bis der Tag kommt, da eine neue Gesellschaftsform eine andere, eine ge­rechte Wirtschaftsform schafft.

Nach dem Volksbegehren.

Bon Marie Juchacz  , Mitglied des Reichstags.

Das Boltsbegehren hat gezeigt, daß ein großer Teil des deutschen Volkes die Fürstenenteignung will. Bier Millionen Stimmen waren nötig, mehr als zwölfeinhalb Millionen Wahl­berechtigte haben unterschrieben. Für den nun folgenden Volks. entscheid werden aber mindestens zwanzig Millionen Stimmen gebraucht; nämlich die Hälfte aller Wahl berechtigten. Da bei dieser Abstimmung( nicht mehr Lifteneinzeichnung) die Gegner der Enteignung wahrscheinlich ruhig 311 Hanse bleiben werden, ist ein ungeheurer Kraftaufwand deter nötig, die die Enteignung wollen. Die größere Hälfte der Wähler­schaft besteht aus Frauen. Sie tragen diesmal eine ganz be­sondere Verantwortung. Bersagt auch nur ein Teil von denen, die als Hausfrau und Mutter, in Werkstatt und Fabrif, hinter dem Ver= fausstisch oder im Bureau, als Hausangestellte, Stundenarbeiterin oder Landarbeiterin bei harter Arbeit und Entbehrung ihr Leben zubringen, dann ist der ganze Boltsentscheid gefährdet, dann müssen die Völker mit den ehemaligen Fürsten   welter prozessieren, streiten, feilschen; dann ist es wieder in das Befinden der sattsam bekannten Justiz gestellt, ob deutsches Volfseigentum der allgemeinen Wohl­fahrt entzogen und den Fürsten   gegeben werden soll.

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Die Gespenster der Vergangenheit stehen vor uns auf: Grafen  , Barone   und Fürsten  , wie sie in früheren Jahrhunderten das Bolt in barbarischer Form auspreßten. Sie fordern ihre." Gerechtsame", die sie in Form von Zöllen, Steuern, Tanzerlaubnisgeldern, Behnten, Judenabgabe, für den Verkauf von Untertanen" in fremden Kriegsdienst usw. einheimsten! Denken wir nicht noch alle an den Krieg und seine Schrecken? An die Angst, Entbehrungen, Gorgen und Hunger, an die Züge der Verwundeten, von denen viele, viele dauernd Krüppel geblieben sind? Sehen wir nicht die Massen­gräber, das Kinder- und Frauenelend der Nachkriegszeit in seiner furchtbaren Mannigfaltigkeit? Es kommt uns doch immer mehr zum Bewußtsein, daß wir Frieden und wirtschaftlichen Aufstieg ge­brauchen, um nur ungefähr wieder dort anfangen zu können, wo der Krieg uns im Aufstieg unterbrochen hat. Die furchtbare wirtschaft liche Not mit ihrer Arbeitsiofigkeit hämmert uns dieses Bewußtsein aufs neue ein. Nach der Ansicht der Hohenzollern   und der übrigen Botentaten a. D., nach der Meinung der deutschen Monarchisten follen wir uns selbst der Hilfsmittel berauben, die wir zur Gefundung bitter nötig haben.

Die Entscheidung darüber liegt bei den deutschen Frauen. Nußen wir die Zeit bis zum Bolfsentscheid. Es stehen so viele Frauen teilnahmslos und unwissend abseits. Den wissenden, vom politischen Willen befeelten Frauen ift eine ungeheure Werbekraft und eine große politische Verantwortung auferlegt. Macht es euren Schwestern Klar, daß man allein von den Zinsen der Summen, die beansprucht werden, Millionen Kinder einkleiden, Hunderttausenden täglich eine warme Mahlzeit gewähren, eine Million Kinder einmal im Jahre für 5 bis 6 Wochen ins Gebirge oder an die See schicken könnte und tah ein fürsorglicher Staat die Möglichkeit hat, aus den Schlöffern Kindererziehungs und erholungs heime zu schaffen, in den Häusern Wohnungen einzurichten, auf dem Grund und Boden Arbeit und Nahrung für viele zu Schaffen.

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Es gilt, durch Frauenwillen der Gerechtigkeit zum Siege zu helfen. Nüßen wir die Zelf!

Sommertraum.

fern fingen Vögel, daß es lockend klingt; Ein Wolkenlegel fich darüber fchwingt. Raum ohne Grenzen, Licht allüberall; Von bunten Kränzen ift umwallt der Erdenball. Beißglübend fluten, fruchterwartend Land; In Sommergluten fällt das letzte Band. Ich bin das Leben, bin verfloff'ne Zeit, Ein Gott im Geben, bin die Ewigkeit.

Hans Maria Ehringshausen.

Ostern im August- Bebel- Kinderheim.

Von Erna Maraun Gohrisch  , Sachsen  .

Das war eine Aufregung! Schon am Abend vorher drohte und die kleine Schar: ,, Gibst du mir kein Osterei,

Stüb' ich dir das Hemd entzweil"

fchloß seine Tür zu, da konnten sie nicht hinein. Aber Tante Lotte Am Morgen ging es dann los. Onkel Willi war schlau, der bekam ordentlich die Osterrute zu schmecken. Flinker noch als sonst sprang alles aus den Betten und bald faß die fröhliche Gesellschaft am Kaffeetisch und ließ sich den Kuchen schmecken. Inzwischen faß der Osterhase auf der Wiese am Wald und legte Marzipaneter und Rüfen in grüne Neftchen, versteckte sie geheimnisvoll unter den Tannen und ließ seltsame Papierblümchen mit füßem Inhalt auf den Bäumen erblühen. Wie schrecklich lange er dazu brauchte! Unsere 50 fleinen Geister tonnten vor Ungeduld nicht mehr still figen; vor lauter Berzweiflung marschierten sie singend um den Tisch herum. Endlich, endlich kommt Tante Erna:" Der Ofter­hase ist dagewesen! Run schnell in den Wald!" Da stürmt alles mit wildem Jubel hinaus und stürzt sich auf ein paar weithin am Wege feuchtende Neftchen. Aber der Osterhafe ift nedisch gewefen, da hinein hat er Steine gelegt, und nun heißt's weiter füchen; aber bald hat jedes fein Neftchen gefunden und sein Blümchen gepflückt. Nur ein paar stehen noch mit leeren Händen da. Aber die ganze Schar steht suchend mit, alles friecht zwischen den Tannen herum und schließlich verkündet heller Jubel, daß alles entdeckt ist. Mun müssen auch die Großen noch suchen, während die Kleinen schon schmausend im Grase figen.

Inzwischen ist es Zeit zum zweiten Frühstück geworden und da gibt es wieder eine Ueberraschung. Der gute Osterhase hat neben jedes Mitchtöpfchen und Butterbrot noch ein Ei gelegt, so herrlich bunt, leuchtend rot, grün und blau, das einem das Herz lacht, Müssen wir die auch noch effen?" fragt ein Kind.

Tag vergeht unter Spielen und Singen. Ach wie herrlich man Dann lockt der herrliche Sonnenschein alle ins Freie und der spielen fann im Garten, wo man sich aus Breitern und Klöken so prachtvolle Schaufeln baut. Und nun sind noch die Kinder. freunde gekommen, die immer so fein mit uns spielen. Einmal werden auch die Erwachsenen angeführt. Wachsfigurenkabinett wird gespielt. Aile ftellen Märchenfiguren dar, und wenn nun die Er. wachsenen das Kabinett bewundern, dann werden die Figuren plök­lich lebendig und verhauen die Zuschauer. D, das war ein Gefchreil So gegen Abend kommt eine sich steigernde Unruhe über die vorbereitet haben. wir wollen boch Theater fpielen. Die Mädel Kinderschar, denn der große Augenblic naht, den wir schon lanae kommen an: ,, Tante Erna, wir müssen den Tanz noch einmal üben." Einige Kostüme werden angeprobt und Heinz lernt noch eifrig felne Rolle.

Der große Moment ist da. Nach dem Abendbrot beginnen die Vorbereitungen. Jedes Kind weiß, was es zu tun hat. Die Kleinen verschwinden in einem 3immer, wo es gebeimnisvoll mit Krepp­papier zu rascheln beginnt. Die großen Mädel helfen ihnen beim und feine Damenkleider, während in der dritten mit Zeltbohnen und Anziehen. Eine zweite Theatergarderobe" fieht einen Zylinderbut Moos hantiert wird. Die anderen Kinder helfen inzwischen Onkel Willi, der bemüht ist, den Speisesaal in eine Bühne und das durch eine Schiebetür davon getrennte Spielzimmer in den Zuschauerraum zu verwandeln. Im Handumdrehen ist das geschehen. Nun dürfen unsere Gäste ins Theater". Zwei Jungens verteilen die Bro­gramme, die wir felbft tells gezeichnet, teils mit Buntpapier beklebt haben. Dreimaliges Klingeln, das Licht erlischt, die Tür rollt zur Seite. Ah.

Da ist ein Wald. Zwei Wegweiser( die wir in Marmeladen links zum Gohrisch  - und Bapststein geht. Und da fizen sie auch vor eimer gesteckt haben) zeigen an, daß es rechts zum Pfaffenstein und uns, die drei Berge, drei frische Jungen, moosbewachsene, tannen­gefchmückte felfige Berge. Ein feiner Herr und eine feine Dame fommen und mäfeln an der Landschaft herum. Hier ist's ihnen nicht fein und nicht großstädtisch genug. Sie gehen lieber in die nächite Tanzdiele, da werden die Berge wütend und schimpfen über die Stabtleute, die ihre Einsamkeit ftören. Der Gohrischstein weiß eine seiner Nähe entstanden und er fürchtet, daß die wilde, unaezonene neue Schreckensbotschaft zu verkünden: ein Kinderheim ist in Schar nun alles ringsherum zerstören wird. Die Berge finnen auf Abhilfe, rufen ihre Berggeistlein und befehlen ihnen, die Kinder so zu ärgern, daß ihnen der Aufenthalt verleidet wird. Bald rückt darauf die fröhliche Kinderschar an. Sie lagern fich und schmaufen.