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Die Frau im amerikanischen   Recht.

Frauenrechte in der Unabhängigkeitserklärung. In diesen Tagen, da in der ganzen Welt des 150. Jahrestages der amerikanischen   Unabhängigkeitserklärung gedacht wird, sei auch daran erinnert, daß die Frauen den Kampf um die Unabhängig Beit Ameritas mitgefämpft haben, daß sie aber dafür, ähnlich wie neun Jahre später in Frankreich  , eine Anerkennung in der Erklärung der Menschenrechte nicht erhielten. In dem Widerstand gegen England und für die Lostrennung von ihm taten sich ganz besonders zwei Frauen hervor, die eine hieß Mercy Otis Warren  und die zweite war ihre Freundin Abigail Smith Adams  , die Gattin des ersten Präsidenten der neugegründeten Vereinigten Staaten von Nordamerika  . Besonders von der ersteren wird gefagt, daß fie noch eher als Washington   selbst, die Kolonien vom Mutter­lande trennen und ihre Unabhängigkeit erklären wollte. Als die Verfassung des neuen Staates beraten wurde, schrieb Abigail Smith Adams   ihrem Gatten ,, wenn die künftige Verfassung den Frauen feine gründliche Aufmerksamkeit schenkt, so find wir zur Re­bellion entschloffen und halten uns nicht für verpflichtet, uns Gefeßen zu unterwerfen, die uns keine Stimme und feine Ber­tretung unferer Intereffen zusichern". Die Frauen Ameritas er­hoben jene Forderung, die felbft bis heute noch nicht in allen Ländern erfüllt ist: Sie verlangten, in der Berfaffung festzulegen: die Zulassung des weiblichen Geschlechts zu allen Schulen, die dem männlichen offenstanden mit der Begründung, ,, daß ein Staat, der Helden, Staatsmänner und Bhilofophen her vorbringen wolle, zuerst wahrhaft gebildete Mütter haben müffe". Tatsächlich hatten die Frauen den Erfolg, daß fie zu allen öffentlichen Schulen zugelassen wurden, fle also weit früher als in Europa   gleiche Ausbildungsmöglichkeiten und gleiches Recht auf Berufsbetätigung erlangten wie der Mann. Doch eine andere ihrer Forderungen blieb unerfüllt. Die Forderung der politischen Gleichberechtigung. Es hat felbst in dem unabhängigen frelheitlichen" Nordamerita länger als ein Jahre hundert gedauert, ehe in allen feinen Staaten die Frauen die volle bürgerliche Gleichberechtigung erhielten. 3wei Staaten, New Jersey   und Virginia   waren die ersten und für lange Zeit die ein zigen, die den Frauen das gleiche politische Wahlrecht gaben wie ben Männern, was zu jener Belt begreiflicherweise ungeheures Auf­fehen in der ganzen Welt eregte. Auch in Amerika   wurde, genau wie später in Frankreich  , das Frauenwahlrecht verlangt mit der Begründung wie es in der Erklärung der amerikanischen   Frauen im Jahre 1848 noch immer hieß daß alle Männer und Frauen gleich geschaffen und vom Schöpfer mit gewissen unver äußerlichen Rechten begabt sind, zu denen Leben, Freiheit und das Streben nach Glück gehören

Es bedurfte erst des Eintritts der Frauen in die Industrie um threr Forderung an Stelle der naturrechtlichen eine wirtschaft liche und soziale Begründung zu geben, die auch in vielen Ländern zum Erfolg führten. Den amerikanischen   Frauen aber foll es unvergeffen bleiben, daß fie bie ersten waren, die fich einlegten für das gleiche Bürgerrecht der Frau und von denen die Bewegung ausging, deren Wirkung wir auch in Deutschland   seit den Tagen der revolutionären Erhebung 1918 in Gefeßgebung und Berwaltung zu spüren beginnen.

Aufklärung der Erzieherinnen.

leber die geschlechtliche Aufklärung der Kinder hört und left man heute sehr viel. Sie seht aber voraus die geschlechtliche Aufklärung der Erzieherinnen( und Erzieher), und gerade hier liegt noch vieles im argen.

Die Kindergärtnerinnen, die zurzeit ihre Arbeit ausüben, flammen zum größeren Tell aus bürgerlichen Kreisen, in denen die Töchter aus Unwissenheit, Brüderle und Hilflosigkeit vom Ge­Schlechtsproblem ferngehalten wurden. Ich tenne Fälle, da noch Günfundzwanzigjährige nicht wußten, wie eine Geburt zustande kam, ja felbft liber ble Aufgabe der Geschlechtsorgane im Unflaren waren. Und das waren Menschen, dle schon eine Berufsausbildung durch gemacht hatten, entweder durch das Kindergärtnerinnen- oder Leh rerinnenfeminar gegangen waren. Auf diesen Anstalten hatten sie nie eine Aufklärung erhalten. Und im Elternhause sprach man über solche Dinge nicht. Ein siebzehnjähriges Mädel, das aus zwei­deutigen Bemerkungen der Eltern und Dienstboten wohl wußte, daß Frauen Kinder zur Welt bringen, aber fich diesen Borgang nicht erklären fonnte, fchwebte monatelang in furchtbarer Angst, ob fle nicht auch ein Kind befäme, denn sie war mit einem Gym­nafiaften Schlittschuh gelaufen!! In einer Seminarklasse mit zwanzig Schülerinnen fiel von seiten der Aerztin das Wort Geschlechts­frankheiten". Nach der Stunde fragten vier der Schülerinnen ihre Kameradinnen: Was sind Geschlechtsfrankheiten?" Ich bin nach meinen Erfahrungen überzeugt, daß aber mindestens 15 von ihnen in Untenntnis lebten, zum Teil nicht das nötige Bertrauen zu ihrer Lehrerin hatten, um fle zu fragen, zum Teil aus anerzogener fal­scher Scham nicht fragen wollten. Merkwürdig genug, daß diese Aerztin eine solche Untenntnis nicht bemerkte, sondern in ihrem Benfum" weiterging.

Heltere Kindergärtnerinnen stehen diesem Problem in völliger Hilflosigkeit gegenüber. In einer Zusammenkunft von Lehrerinnen, Kindergartenleiterinnen und Kindergärtnerinnen stellte ich den Antrag, die Schülerinnen des Kindergärtnerinnenseminars unter Führung eines weiblichen Arztes die Ausstellung für Ge­

schlechtsfrankheiten besuchen zu laffen. Das Charakteristische war, daß man überhaupt nicht wußte, wie man sich zu dieser Sache stellen sollte. Bis schließlich eine alte Kindergartenleiterin sehr wichtig er flärte: Ich habe gehört, daß in solchen Ausstellungen junge Mäd­chen ohnmächtig geworden sind, diese Verantwortung können wir nicht übernehmen!" Und der Antrag wurde glatt abgelehnt. So arbeitet man an falscher Stelle mit dem Begriff Berant wortung! Die Verantwortung, den jungen Menschen hilf und schutzlos ins Leben hinauszuschicken, die nimmt man also fehr leicht.

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Man hält eine Kindergärtnerin für reif genug, Kinder zu er ziehen, schickt sie in Familien und Anstalten, in denen sie für das junge Geschlecht Verantwortung tragen soll man hält sie aber nicht für reif genug, sie an das Kernproblem des Lebens heranzuführen. Diese Verantwortungslosigkeit ist um so größer, weil man nicht nur den jungen Menschen allen Gefahren preisgibt, sondern zugleich auch die Kinder durch unorientierte Erzieherinnen zu Schaden kommen läßt.

Die heutige Jugend, die der Jugendbewegung entstammt, oder etwa in großstädtischen Proletarierfreisen aufgewachsen ist, weiß um das Geschlechtsproblem. Aber, was sie weiß, ist unflar. Es beruht auf vagen, gefühlsmäßigen Erlebnissen, es beruht auf unwissenschaftlichen, nur halb richtigen Sachdarstellungen. Auch hier ist geschlechtliche Aufklärung auf wiffenfchaftlicher Ba is notwendig. Ich weiß, wieviel junge Erzieherinnen fich mit der Psychoanalyje beschäftigen, ein Beweis, daß diese Fragen fie innerlich bedrängen. Und es geht nicht an, daß man auf Kinder­gärtnerinnenfeminaren die Gedankenwelt Freuds   überhaupt über­geht, weil man sie innerlich ablehnt oder nichts von ihr weiß. Die psychoanalytische Behandlung hat jedenfalls schon so viele Erfolge aufzuweisen und ist für die Heilung von Neurofen so wichtig ge worden, daß man nicht an ihr vorübergehen darf. Ganz abgesehen davon, daß sie als Wissenschaft überhaupt ernst zu nehmen ist. Ob man die Psychoanalyse ablehnt, ist dann eine zweite Frage. Auch die Behandlung des Eheproblems gehört in diesen Fragenkomplex. Ich habe Leiterinnen und Lehrerinnen kennen. gelernt, die eine Vogel- Strauß- Erziehung betrieben. Sie meinten, wenn fie Familie und Ehe als die idealste Lebensgemeinschaft hin­stellten, dann würden sie es auch in den Augen der jungen Mädchen. Stießen sie mit dieser Anschauung auf sentimental- romantische Schwärmerinnen, so glaubten diese ihnen unbedingt bis dann später im Leben eine grenzenlose Ernüchterung und Enttäuschung, manchmal verbunden mit dem Berlust der Gesundheit, eintrat. Dann war es zu spät. Die geweckteren Schülerinnen, die schon kritisch eingestellt waren, verglichen das eigene Familienleben mit dem hin geftellten Idealbild und wendeten sich von ihm als lebensunwahr, faft unwirsch lächelnd, ab. Auch die Eltern wiffen nicht, wie schon ihre jungen Kinder in ihr Eheleben schauen, die Zerwürfnisse sehen und bitter mit leiden, insbesondere wenn der eine Elternteil fie auf seine Seite ziehen will.

Alle diese Fragen bedürfen einer zeitgeschichtlichen Be leuchtung. Sie gehören in die großen Zusammenhänge von Wirt fchaft, Soziologie und Politit. Eine Erzieherin muß missen, daß Ehe und Familie zeitgeschichtliche Formen des Gemeinschaftslebens darstellen und daß heute Kräfte am Wert sind, sie zu untergraben, Es ist die Frage: bedeuten diese Kräfte eine notwendige Weiter entwicklung, und wenn, welche neuen Gemeinschaftsformen find möglich? Nach der feelischen Struktur der heutigen weiblichen Jugend wird es zu lebhaften und intereffanten Distuffionen über die Themen Mutterschaft und Ehe, Freie Liebe  , Prostitution und Ab­treibung tommen. Der Lehrende hat nicht das Recht, der Jugend seine Meinung aufzuzwingen. Aber er hat die Pflicht, ihr freie Not einzuführen und ihr Wege zur Abhilfe zu zeigen. Aussprache zu geben, fie in die Tiefen der heutigen ie sich dann die Jugend entscheiden wird, das ist ihre Berant.

wortung.

Da ich einiges Bertrauen bei der Jugend befize, weiß ich von ihren Leiden. Trotz eines Rouffeau, troß einer Ellen Key   und Maria Monteffori, trop des Siegeszuges der Individualpsychologie Alfred Adlers   erkennen die heutigen Erzieher der Jugend noch immer nicht recht, daß sie ,, vom Throne herabzusteigen" haben. Sie fußen weiter. bin auf ihrer Macht und der wirtschaftlichen Abhän gigfeit der Jugend. Ueberlegen lächelnd stellen fie formale Berfehlungen bei Diskussionen fest, mit dialektischer Gewandtheit vertuschen fie eigene Unzulänglichkeit, und fie halten Prüfungen, Zeugniffe und Berechtigungen aufrecht, um die Jugend mit einem Berufsethos" zu erfüllen, der vergangenen Zeiten, aber nicht der Gegenwart gerecht wird.

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Hier liegt der schwierigste Bunft für eine geschlechtliche Aufflä­rung der Erzieherinnen. Ist das Leben einer Erziehungs- und Lehr­gemeinschaft nicht auf Ehrlichkeit und innerer Wahr haftigteit aufgebaut, schleichen fich Unehrlichkeit und doppelte Moral( wenn auch mit anderer Färbung) erneut ins Geschlechtsleben ein und ruinieren es, ehe es fich in Freiheit und Selbstver. antwortung entfalten fonnte.

Henny Schumacher.

Der Kinderschuh in Prenßen. In Erwiderung der Ausführun gen der Genoffin Wachenheim in Nr. 12 der Frauenstimmie" weist Genoffin Fabian darauf hin, daß nach dem Wortlaut der reichsgeleg lichen Abänderung des sog. Kinderschutzgesetzes die preußische Re­gierung zu dem Erlaß von Ausführungsbestimmungen nicht ver pflichtet, sondern nur dazu berechtigt war.- Mit dieser formaljuristl­fchen Bemerkung schließen wir die Aussprache über die An­gelegenheit.