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Ein Kennzeichen der neuen Iran  . Die Jndioidualpsychologie Alfred Adlers   lehrt, daß sich aus Vrganminderwertigkciten, die dem Menschen dauernd anhaften oder Ihm zum mindesten in der Kindheit zu eigen stnd, ein Gefühl der Minderwertigkeit entwickelt, das den Charakter ent- Icheidend beeinflußt und so unser ganzes Leben bestimmt. Das von dem Gefühl der Minderwertigkeit Überfallene Wefm nimmt sofort den Kampf gegen dieses ihm peinliche Empfinden auf und strebt nach einein Ausgleich. Da es stch ohne Bedeutung glaubt, strebt es nach Geltung: da es im Hintergrund steht, will es in den Vordergrund, da es stch klein, niedrig, unten fühlt, bemüht es stch, nach oben zu gelangen. Nun bietet sich dem Kind in unserer maskulinen Kultur immer wieder das Bild, daß der Mann im Bordergrund steht, daß er oben ist und die Frau unterdrückt, daß er Bedeutung hat und sie bedeutungslos bleibt. So verknüpft sich schon dem Kind der Begriff oben unten mit dem Begriff Mann Frau und die Wünsche des nach Geltung Strebenden richten sich natürlich darauf, ein Mann zu sein. Adler nennt das den männlichen Pro- teft(der natürlich bei Männern ebenso wie bei Frauen auftritt). Dieser Wunsch wird noch durch Aeußerungen, die nur in einer männlich orientierten Kultur möglich sind, verstärkt. Das b e- wunderndeWie ein halber Junge ist sie!" und das be- dauerndeWäre es doch ein Junge geworden!" gehören ebenso hierher t�ie das verächtlicheBloß ein Mädel!" Die ganz andere Einstellung der meisten Eltern dem Sohn gegenüber, insbef mdere in der Schul- und Berussfrage, beweisen dem Kinde immer wieder, daß der Mann höher gewertet wird und fördern den männlichen Protest. Wir wollen von den oerstärkten Formen des männlichen Pro- testes, die fast als Krankheit empfunden werden und Arzt und Er- zieher beschäftigen, absehen und einen Blick auf die gesunden Aeußerungen des männlichen Protestes unserer Frauenwelt werfen. Da sehen wir in Kleidung und Haartracht das auffallende Bestreben, dem Manne ähnlich zu sein. Der einfache Schnitt des Kleides kommt dem Herrenanzug immer näher, die Hofe ist keine Seltenheit mehr für die sporttreibende und wandernde Frau, und sogar vor den poesieumsluteten Haarmoden hat die nüchterne, prak- tische Einstellung nicht Halt gemacht und sie erbarmungslos be- seitigt. Sind das nun erschreckende Zeichen einer Entweiblichung oder Vermännlichung unserer Kultur? Nein! Unsere Kultur ist in einem Grade vermännlicht, daß«ine weitere Steigerung nicht zu befürchten ist: im Gegenteil sind Anzeichen einer Umkehr zur ge- funden Teilung der Aufgaben in Fülle vorhairden. Und das, was dem oberflächlichen Betrachter als Bermännlichung erscheint, ist in Wirklichkeit ein Schritt zur Berweiblichung. Denn die Befreiung der Frau von überflüssigen Belastungen, die eine mas- kuline Kultur ihr aufdrängte, ist die Voraussetzung zur weiblichen Einflußnahme auf die Kultur. Dazu gehört, daß alle die Dinge, die den Schänheitsbegriffen einer früheren die Frau vielfach nur als Schmuckstück wertenden Zeit entsprechen wie wallende Gewänder und wehende Haare, den Erfordernissen unserer nächternen Zeit weichen. Die Frau, die heute mitten im Arbeitsleben steht, muß ihren Kopf leicht und frei tragen und darf ihre Glieder nicht durch unzweckmäßige Kleidung einengen. Das kurzgeschnittene Haar bekundet nur ihren Willen, auf gleicher Basis mit dem Manne den Wettlauf zu beginnen. So wie beim wirklichen Wettlauf das Mädel Immer durch Röcke und Zöpfe behindert ist, so ist es auch beim sym- bolifchen Wettlauf durch viel überflüssiges Beiwerk beschwert und der oft nur infolge dieser Aeußerlichkeiten ausbleibende Erfolg verstärkt wiederum das Gefühl der Minderwertigkeit. Da» abge­schnittene Haar der Frau zeigt wie der abgeschnittene Zopf der Chinesen den Willen, mit einer als überholt erkannten Tradi­tion zu brechen und neue Wege zu gehen. Schon die Eni- scheidung, die bewußt gezogene Grenze zwischen Altem und Neuem, macht sie freier und das bewußte Trotzbieten einer immer noch spießerhaft diese Handlung mißverstehenden Menge stärken ihren Mut zur eigenen Linie. So haben wir allen Grund, uns des Bubikopfes, da, wo er mehr als bloß nachäffende Modeangelegenheit ist, zu freuen als eines gesunden Zeichens von männlichem Protest. Und denjenigen, denen die Trennung vom Altgewohnten schwer fällt, sei gesagt: e» schwindet kein« weibliche Anmut damit au» der Welt, sie nimmt nur neue, kräftigere Formen an. Erna Maraun.
praktische Gleichberechtigung. Ein kleines Erlebnis in der Partei: Wir ersuchen eine Ge- nossin, das Amt eine» Bezirksführer» zu übernehmen. Be- vor die Genossin noch recht überlegen kann, ob ihre häuslichen Pfiichten Ihr die gewissenhaste Erledigung der ehrenvollen Aufgabe, die sie sichllich gern übernehmen mächte, gestatten, mischt sich ihr Mann In da» Gespräch und erklärt:Meine Frau soll ein Amt übernehmen? Das geht nicht. Sie muß Strümpfe stopfen!" Dann
wendet er sich an seine noch unschlüssige Frau mit den Worten: Nun, kannst du dich denn nicht entscheiden? Du klagst doch sonst immer, daß dir alles zuviel ist." Die Genossin erklärt nun mit ganz zaghafter, les,er Stimme, der man anmerkt, wie schwer ihr die Ab- sage wird und wie fehr sie sich der Worte Ihres Mannes schämt. daß sie die Wahl nicht annehmen könne. Dieses kleine Erlebnis mag unbedeutend, vielleicht sogar leider alltäglich erscheinen. Der Genosie empfand wahrscheinlich gar nicht einmal sein häßliches Verhätten gegenüber seiner Frau, geschweige denn, daß er sich seines Verstoßes gegen den Geist und die Forde- rungen des Sozialismus bewußt war. Eine der grundsätzlichen Forderungen unseres Programms bildet die Gleichberechtigung der Frau und die Partei hat sich um die Verwirklichung dieser Forde. rung im Staats- und Wirtschaftsleben bemüht. Es ist ihr auch ge- lungen, der politischen Gleichberechtigung der Frau in der Wei- marer Verfassung zur Anerkennung zu verhelfen. Aber Anerken- nung der Gleichberechtigung und ihre praktische Verwi klichung besonders im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben sind zweierlei. Die Geschichte lehrt uns, daß Ungerechtigkeiten und Bedrückung der herrschenden Klasse bei der beherrschten Klasse in verstärktem Maße wiederkehren. Daher kommt es, daß wir auch im Proletariat noch die gesellschaftliche Geringschätzung, und wirtschaftliche Ausbeutung der Frauen finden, die wir gerade im Bürgertum bekämpfen. Die proletarischen Frauen haben in besserer Erkenntnis der Ursachen ihrer Lage als die bürgerlichen Frauen zur Wahrnehmung ihrer Interessen keine besondere Frauenbewegung ins Leben gerufen, sondern sich den Reihen des klassenbewußten Proletariats angeschlossen: denn sie wissen, daß die Verbesserung ihrer Stellung als Frau in unmittelbarem Zusammen- Siang mit dem Schicksal und dem Ausstieg der Arbeiterklasse selbst. teht. Aber weder diese Erkenntnis noch die Forderung des Partei» Programms kann uns Frauen darüber hinwegtäuschen, daß wir in den Reihen unserer eigenen Parteigenossenschast von einer prak- tischen Gleichberechtigung von Mann und Frau noch sehr weit entfernt sind. Auch unsere eigenen Genossen haben zum nicht geringen Teil noch nicht einsehen gelernt, daß die Tättgkeit der Hausfrau der Arbeit des Mannes durchaus gleichwertig ist und daß daher die Frau ebenso wie der Mann das Recht hat, eine möglichst günstige Begrenzung ihrer Arbeitszeit zu erstreben, um noch Zeit und Kraft für andere Aufgaben etwa die politische und geistige Schulung im Dienste der Partei zu behalten. Dann macht man obendrein den Frauen ihre geringe politische Bildung zum Vor- wurf: macht sie etwa für den schlechten Ausfall von Wahlen ver- antwortlich und glaubt stch durchaus berechtigt, über die Frauen in der Bewegung abfällig zu urteilen und sie In den Hintergrund zu schieben. Gegen diese unverständige Haltung vieler unserer männlichen Genossen vermögen wir Frauen uns nur dadurch zu wehren, daß wir innerhalb der Partei unsere Kräfte vereinen. Da gilt es zu- nächst, uns in den Frauenabenden möglichst gründlich« Kennt- niste auf politischem Gebiete anzueignen, um an der Diskussion über tagespolitische Fragen teilnehmen zu können; denn wir haben den Beweis zu erbringen, daß die Frau nicht nur. wie es so oft heißt, für Klatsch und Roman Interesse besitzt, sondern gewillt und fähig Ist, sachlich in der Bewegung mitzuarbeiten. Dann aber sollen die Frauenabende unserer Genossinnen auch das Gefühl inniger Ver- bundenheit geben, besten sie nicht nur im Kampfe für die Durch- fetzung ihrer Gleichberechtigung als Frau, sondern auch überhaupt als sozialistische Kämpferinnen unbedingt bedürfen. Das Soli- daritätsgefühl der Frauen wird der ganzen Bewegung zum Segen gereichen und die Reihen des Proletariats immer fester zusammen- schließen.____ Ellen A. Beidler. Der Erfolg von drei Minuten. Genf  , Ende Sevtember 192C. Es hat hier einen guten Eindruck gemacht, dag sich unter der deutschen Bölkervundsdelegation auch eine Frau befand, nämlich Frau Ministerialrat Dr. Bäumer von der Deutschen Demokratischen Partei. Genf   ist seit langem ein Schlacht- feld der Vorkämpfer der Frauenbewegung. Jedesmal gibt es hser mächtige Frauenoerfammlungen zur Zeit der Völkerbundstagung, um die Gelegenheit der gleichzeitigen Anwefenheit so vieler Staats- männer im Sinne der Bewegung auszunutzen. Zum erstenmal kamen die Frauen mit dem Völkerbund in Versailles   in Berührung. Damals, als in Versailles   der Völkerbundspakt geschaffen wurde, erfuhr der Internattonale Frauen» rat, der beute 40 Millionen Mitglieder in allen Ländern umfaßt, daß die Frauen im Pakt mit keinem Wort erwähnt waren. Es war also ihr Beiseiteschieben für alle Völkerbundstättgkeit zu be- fürchten. Da schickten sie eine Delegation in das Vorzimmer des Präsidenten Wilson mit der Bitte um Empfang. Die Aussichten dafür standen äußerst schlecht. Wilson lag in dauerndem Kampf mit Elemenccau und wollte nicht noch durch besondere Abordnungen gestört sein. Schließlich ließ er ansagen, er werde ein Gespräch von höchstens drei Minuten gestatten. Kein Protest half. DasJournal de Geneve", das vor einigen Tagen an dies« denkwürdigen drei Minuten erinnerte, erwähnt, daß auf den Protest lediglich geant- wartet wurde:Was man in drei Minuten nicht anständig vor- bringen kann, braucht überhaupt nicht gesagt zu werden." Diese schroffe Antwort tat ihre Wirkung. Man sprach mit Wilson und hielt die drei Minuten auf die Sekunde ein. Als Erfolg dieser drei Minuten heißt es heute im Artikel 7 des Völkerbunds- partes:Alle Aemter des Bundes und der damit zusammen- hängenden Dienststellen mit Einschluß des Sekretariates find in