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Sich- selbst- Wiederfinden" der Frau sei Ziel der katholischen Frauen­bewegung. Aber um dieses Ziel zu erreichen müssen unseres Er­achtens Borbedingungen erfüllt sein, die von der Sozialdemokratie feit langem angestrebt werden, wobei sie jedoch leider durchaus nicht immer die Mitwirkung der dem Katholischen Frauenbund nahe­stehenden Zentrumspartei finden. Wie oft haben wir nicht erfahren, baß schließlich die Intereffen der Arbeitenden doch hinter denen der fapitalistischen Unternehmer zurückstehen mußten, so erst vor kurzem bei der Arbeitszeitfrage.

Uns liegt nur der Bericht der Chriftlichen Frau" über die Effener Generalversammlung vor. Danach scheint der Hauptton auf der Behandlung der gehobeneren Frauenberufe gelegen zu haben. Wir vermissen unter anderem ein Eingehen auf die Ar­beitsbedingungen der Landarbeiterinnen, der Hausangestellten, der Heimarbeiterinnen, und es hätte uns sehr interessiert, auch hier die fonkreten Forderungen des Katholischen Frauenbundes kennenzu­lernen. Selbstverständlich kam der religiöse Gedanke in allen Re­feraten start zum Ausdruck. Immerhin muß als Fortschritt aner­fannt werden, daß man nicht mehr demütig die Schlechterstellung der Frauen als das Gottgegebene hinnimmt und sie auf das Jen­feits vertröstet.

Ebenso wie die übrige bürgerliche Frauenbewegung glaubt der Katholische Frauenbund, gleichzeitig die Intereffen der Arbeitnehme­rinnen und die der Arbeitgeberinnen vertreten zu können. Den Gegensatz zwischen beiden sieht er nicht, oder er will ihn nicht fehen. Der Ausgleich der einander entgegenstehenden Forderungen der Arbeiterinnen morunter wir selbstverständilch alle gegen Lohn und Gehalt arbeitenden Frauen verstehen und der Arbeit­geberinnen in der heutigen Wirtschaft wird aber dem Katholischen Frauenbund ebensowenig gelingen, wie dem Zentrum die Ueber­brückung der Klassengegensäge. Eine Schicht wird dabei immer benachteiligt, und es ist nicht schwer zu erraten, wer der schwächere, unterliegende Teil sein wird. Tony Breitscheid  .

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Die Frau in China  .

Die ganze Welt verfolgt mit gespanntester Aufmerksamkeit die politischen Vorgänge in China  . Weit geringer ist das Inter esse für die unwürdige Stellung, die die Frau im Reich der Mitte" einnimmt. Und gerade in der Frauenfrage steht die chinesische   Re­volution vor einem außerordentlich schwierigen Problem, weil jahr: tausendealte Tradition der Befreiung der Frau im Wege steht. Wohl hat die Kuomintang( Boffspartei) das Frauenftimmrecht, wie über­haupt gleiche Bürgerrechte für die Frauen auf ihr Programm gefeßt, und es zeigen sich auch fleine Anfäge zur Besserung. Aber an der Gesamtlage der Masse der chinesischen   Frauen hat sich nicht viel geändert.

Es ist auch heute noch in China   mit der Denkweise über die Frauen so, wie der Chinese Tscheng- fi- Tong berichtet: Bei uns wird das Männliche durch die Sonne, das Weibliche durch den Mond dargestellt. Die eine leuchtet, der andere wird erleuchtet. Die eine strahlt in blendender Klarheit, der andere verdankt ihr seinen bleichen Widerschein." Noch deutlicher bringt ein chinesisches Sprichwort die Unterdrückung der Frau zum Aus­drud: Die Männer sind der Himmel der Frauen, die Frauen aber die Sklaven ihrer Männer." Kein Wunder, daß sich die chinesischen   Mädchen nicht immer nach der Ehe sehnen. Aber der Buddhismus   weiß die Frauen zu trösten. Er hat die Lehre auf gestellt, daß die Frau nach dem Tode als Mann wiederge boren wird, wenn sie dem Willen ihres Mannes stets gehorsam gewesen ist.

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Die Ehe ist in China   teine persönliche Angelegenheit der beiden Menschen, die einander angehören wollen. Sie dient in erster Linie der Erhaltung und Fortpflanzung der Familie und vor allem der Erzeugung eines Sohnes, weil nur ein männlicher Nach fomme die Familie erhalten, repräsentieren und worauf es be­sonders ankommt die Ahnenopfer darbringen fann. Des­haib auch der stetige Wunsch des Chinesen, mindestens ein en Sohn zu haben. Töchter find weniger erwünscht. Englische Missionare haben das Märchen verbreitet, daß oft Mädchen furz nach der Geburt ausgesetzt oder gar getötet würden. Solche Fälle mögen in Elends gegenden vorkommen, sind aber nicht häufiger als bei uns in Europa  . Im Gegenteil, die Liebe der Chinesen zu ihren Kindern ist eine ihrer Tugenden und die kindliche Pietät die eigentliche Grund­tugend der chinesischen   Ethit.

Vor der Ehe find Jünglinge und Mädchen streng voneinander gefchieden. Es gibt taum etwas, was den Chinesen an der euro­päischen Kultur so anstößig erscheint, wie das freie Berhältnis der Geschlechter zueinander. Dr. Eduard Ertes teilt mit, daß ihm gegenüber ein chinesischer Freund, der jahrelang in Deutschland   ge­lebt und scharf beobachtet hat, über unsere gesellschaftlichen Zustände in seinem gebrochenen Deutsch dies Urteil gefällt habe: Die deutsch' Dam' all' sehr schlecht aber nur, weil die Herr' das so gern hab'." Das ist nicht etwa die Auffassung eines besonders prüden Chinesen, sondern diese Betrachtungsweise entspricht den Vorstellungen der Chinesen von Schicklichkeit und Sittlichkeit, die zur Herausbildung einer überaus strengen Geschlechtsmoral geführt haben.

Die Eheschließung geschieht im Interesse der Familie, die möglichst zahlreich und einflußreich werden soll, und ist deshalb auch eine Familienangelegenhelt. Die Eltern des Bräutigams wählen durch Inanspruchnahme eines Heiratsvermittlers eine Braut aus. Die Mädchen werden meist schon mit 14 Jahren, die jungen Männer mit 16 und. 17 Jahren verheiratet. Alle Ehevereinbarungen werden

von den beiderseitigen Eltern getroffen. Das Mädchen, das vor der Ehe steht, wird nicht gefragt, den Bräutigam sieht es meist erst nach geschlossener Ehe. Später darf die junge Frau weder mit ihrem Gatten noch mit ihrem Sohne effen. Sie muß beibe be= dienen und ihre Mahlzeiten in irgendeiner Ecke einnehmen. Echon am Hochzeitstag muß die Braut eine entwürdigende Zeremonie über sich ergehen laffen. Sie wird im Zimmer hinter einem Tisch mit brennenden Kerzen aufgestellt und muß sich von jedermann bes wundern lassen.

an.

Recht merkwürdig muten uns die Gebräuche der Brautnacht Ferdinand v. Reigenstein berichtet darüber in seinem Buche Liebe und Ehe in Ostasien  " u. a. folgendes: Die Braut wird ins Brautgemach geführt und ausgekleidet bis auf Strümpfe, Bein­kleid und Lendengurt, in dessen Tasche sie ein weißes Tuch hat. Sie besteigt nun das Ehebett, und der Bräutigam wird gerufen. Dieser muß fich zunächst pfiichtschuldigst weigern, fommt aber doch, nachdem ihm sein Onkel mütterlicherseits die ehelichen Verpflichtungen ent­wickelt hat. Der Bräutigam nimmt der Braut nun die Blumen aus dem Haar, darf ihr aber Beinkleid und Strümpfe nicht ab­ziehen. Die Blumen gelten als Symbol der Jungfräulichkeit, die die Braut jetzt ablegt, nachdem der Bräutigam das weiße Tuch aus ihrer Gürteltasche gezogen und unter die Braut ausgebreitet hat. Dies Tuch muß an andern Morgen Blutspuren( Glüdbringendes Rot) zeigen. Fehlen diese Blutspuren und kann die Mutter der jungen Frau feine Gründe dafür beibringen, so hat der Mann das Recht, die Frau zurückzuschicken oder eine zweite Hauptfrau zu nehmen. Hat das Tuch aber Blutspuren, so wird es noch in der Nacht von den Eltern der jungen Frau durch Boten abgeholt und dem Familienarchiv einverleibt.

Die Bielweiberei ist in China   gang und gäbe. Ist die Hauptfrau finderlos oder auch ohne männliche Nachkommen, dann nimmt sich der Mann eine oder mehrere Nebenfrauen. Die Hauptfrau führt aber die Borherrschaft und die Kinder der Neben­frauen gelten als die der Hauptfrau. Die Frauen haben. sehr viele Pflichten aber fast teine Rechte. Bezeichnend find in dieser Hinsicht die sieben Gründe, die dem Manne das Recht zur Ehescheidung geben: Das Fehlen eines männlichen Nachkommen, Ehebruch seitens der Frau( dem Manne wird er nachgesehen), mangelhafte Bedienung der Schwiegereitern, Klatschsucht, Diebstahl im eigenen Hause, Eifersucht, ansteckende Krankheit. 3war tann sich die Frau unter besonderen Umständen auch scheiden lassen, aber das Baters oder eines anderen Verwandten zu bewerkstelligen. Wehr­ist sehr schwierig, ja fast unmöglich, und nur unter Beistand des los ist die Frau gegen Mißhandlungen durch ihren Gatten. zur Rechenschaft gezogen werden kann. Er fann sie schlagen, sogar blutig schlagen, ohne daß er dafür

Eine besondere Stellung nimmt in der chinesischen   Familie die Schwiegermutter( Mutter des Mannes) ein. Ihr hat die Schwiegertochter in jedem Falle zu gehorchen und oft genug miß­braucht die Schwiegermutter ihr Recht so tytannisch, daß die junge Frau die Hölle im Hause hat.

Bei weitem nicht mehr so verbreitet wie früher ist die alte Un­fitte, die Füße zu verkrüppeln. Es geht die Gage, daß eine Kaiferin einen verkrüppelten Fuß gehabt habe, weshalb sich die Hofdamen ebenfalls ihre Füße verkrüppeln ließen. Seitdem gelte der Krüppelfuß als schön. Viel richtiger scheint eine andere Erklärung, die bejagt, daß durch den Krüppelfuß der Frau sym­bolisch das Bestrben zum Ausdruck komme, die Frau zu einem un­selbständigen, der Bewegungsfreiheit beraubten Geschöpf des Mannes zu machen. Die Verkrüppelung wird durch stetigen Druck und Zug einer straffen, aber nicht direkt schnürenden Binde im Berlaufe eines Jahrzehnts erzeugt. Im Alter von 4-8 Jahren wird damit begonnen, oft auch noch früher. Je fleiner durch dieses Einschnüren ein Fuß wird, um so schöner erachtet ihn der Chinese. Ein fleiner Fuß fann in vornehmen Familien eine große Mitgift auf­wiegen. Das Entblößen eines Frauenfußes gilt als unschicklich, ja geradezu als unsittlich. Unzählige Dichter haben die goldenen Lilien", wie die verkrüppelten Füße genannt werden, besungen. Bei arbeitenden Frauen findet man sie nur sehr selten, weil sie das Gehen sehr erschweren. Aus rein wirtschaftlicher Notwendigkeit wurde hier also das Symbol der Frauenknechtschaft beseitigt.

In Südchina macht sich bereits eine Frauenbewegung bemerk bar, die sich gegen die Knechtung und Rechtlosigkeit der Frau wendet und die völlige Gleichstellung fordert. Auch wenn die chinesische  Revolution endgültig gesiegt haben wird, hat die chinesische   Frau noch harte Kämpfe gegen jahrtausendealte Vorurteile für ihr gleiches Felix Fechenbach  . Recht in der Gesellschaft zu führen.

Warum heiraten die Männer?

Der eine freit um Dukaten, Der andere nur um das Geficht;- Der Dritte, weil es andere taten, Der Bierte, weil's die Mutter spricht; Der Fünfte tut's, um sich zu sehen, Der Sechste denkt: Es muß so sein; Der Siebente tut's um's Ergößen, Der Achte, weil die Schulden schrei'n; Der Neunte tut's nur um die Ahnen, Der Behnte, sich sein Glück zu bahnen; Den Elften, Zwölften fragt: Warum? Sie wissen's nicht; fie sind zu dumm!

Bremischer Kalender von 1671.