Die Akademikerin in Deutschland .
Die Zahl der weiblichen Studierenden ist im Vergleich mit den männlichen Studenten gering zu nennen. Sie beträgt( nach Dr. Charlotte Lorenz in der Frau") rund 7500 zu 80 500, das sind 8,6 Proz. der gesamten Studentenschaft.
Welche Schicht ist am eifrigsten in der Entsendung der Töchter auf die Hochschule? Reineswegs die der oberen Zehntausend, der die finanziellen Möglichkeiten unbegrenzt zu Gebote stehen, sondern die Beamtenschicht, die in vielen Fällen für die akademische Ausbildung der Tochter empfindliche finanzielle Opfer bringt. Rund 3400 weibliche Studentinnen, also fast die Hälfte, find Beamtentöchter. 2600 weibliche Studenten stammen aus der Schicht der Handel- und Gewerbetreibenden, rund 1000 aus den Kreisen der freien Berufe, rund 200 aus Kreisen der Landwirtschaft und 25 find Arbeitertöchter.
Während bei den männlichen Studierenden etwa zwei Drittel auf das eigentliche Hochschulstudium entfallen, treten bei den weiblichen die übrigen wissenschaftlichen Institute viel stärker in den Hintergrund. An den technischen und Handelshochschulen studieren nur etwa 700 Mädchen. Interessant ist die Frage nach der
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Art des Frauenftudiums.
meinen feine aus Borurteilen erwachsende Schwierigkeiten zu überwinden und wird in ihrer Arbeit auch nicht einseitig auf das Familienrecht und weibliche Klienten begrenzt. Außerdem sind Juristinnen noch in Betrieben und Wirtschaftsverbänden tätig, wo allerdings die Stellungen oft weder petunär noch arbeitsinhaltlich befriedigend find.
Sehr unbefriedigend gestaltet sich heute noch die Berufslage der die zu einem großen Teil Nationalötonominnen, Stellungen innehaben, die nur in einem losen Zusammenhang mit dem Studium stehen. Ueberwiegend landen die Nationalökonominnen in der staatlichen oder privaten Wohlfahrtspflege. Es kommen Gehälter von 200 Mart monatlich vor, bei mehrfach unbegrenzter Arbeitszeit. Die wenigen, die in die Lehroder Verwaltungstätigkeit hineingeraten, sind die wirtschaftlich noch am besten gestellten. Außerdem sind Nationalökonominnen in wirtschaftlichen Organisationen und Betrieben tätig, zum Teil als Bankbuchhalterinnen, oder an Statistiken und Archiven. Das Studium ist zwar nützlich aber feine unbedingte Voraussetzung zur Ausfüllung des Postens; praktische Kenntnisse müssen oft noch nachträglich hinzuerworben werden. Der Konkurrenzkampf mit dem Manne ist sehr scharf. In einem Falle erhielt der Mann nach dem Ausscheiden der schlechtbezahlten Frauenkraft für dieselbe Arbeit das Mehrfache an Gehalt! In wenigen Fällen find Nationalökonominnen wissenschaftlich, politisch, schriftstellerisch oder redaktionell tätig.
Architektinnen sind nur in wenigen Exemplaren in Deutschland tätig, obgleich unfere Neubaufiedlungen geradezu nach Mitwirkung von praktisch erfahrenen Frauen schreien. Aber die Vorurteile sind noch zu groß, und da städtische oder staatliche An
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friedigend find, wird doch in einem Falle eine hochschulmäßig ausgebildete Kraft als Schriftzeichnerin verwandt, siedeln diese Frauen bald in andere, verwandte Berufe über.
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Die philosophisch mathematisch- naturwissenschaftlichen Fakultäten marschieren mit rund 4200 Hörerinnen an der Spige, es folgt die Medizin mit rund 1500 Studentinnen, die Rechts- und Staatswissenschaft mit rund 1000, die reine Rechtswissenschaft mif zirka 250, die Theologie mit zirfa 50 weiblichen Studierenden. An erster Stelle steht entsprechend der Art des Studiums natürlichstellungen überhaupt nicht erhältlich und private durchaus unbe als Studienziel der Lehrberuf mit zirta 2500 Anwärterinnen als der älteste und unbestrittenste der akademischen Frauenberufe, dann folgt der Aerztinnenberuf mit zirka 1000, dann der Apotheker-, der zahnärztliche Beruf mit zirka 250 und 170, dann der Beruf der Industriebeamtin, der Jugendpflegerin, der Bibliothekarin, der Chemiterin, des weiblichen Kaufmannes, der Berwaltungsbeamtin mit zirka 50, der Rechtsanwältin mit zirka 40, der Richterin und Jugendrichterin mit 32, der Volkswirtin mit 26, der Landwirtin und Forstbeamtin mit 10, des weiblichen Geistlichen mit 6, des weiblichen Syndikus mit 4 usw. Man sieht, daß die Frauen, wenn auch zunächst nur in verschwindend kleiner Anzahl, heute in Berufe einzubringen gewillt sind, die noch vor kurzem als unbestritten rein männliche Sphäre galten.
Wie steht es nun gegenwärtig mit den Akademikerinnen, die ihr Studium erfolgreich abgeschlossen haben? Finden sie, wie die meisten Männer, eine ihrer wissenschaftlichen Qualifikation angemessene Stellung? Am günstigsten sind natürlich die Lehrerinnen gestellt, die ihren männlichen Kollegen in Rang und Gehalt gleichgestellt sind. Eine Ungerechtigkeit liegt allerdings darin, daß das Berhältnis der männlichen und weiblichen Lehrkräfte an den preußischen höheren Mädchenschulen zwar auf 1: 1 festgelegt ist, daß aber an den höheren Knabenschulen so gut wie ausschließlich männliche Lehrer wirken. Diese Frage ist aber eine grundsätzliche und geht weit über den Rahmen einer Standesangelegenheit der Oberlehrer hinaus. Ferner ist bemerkenswert, daß nur zehn MädchenSchulen unter weiblicher Oberleitung stehen. Als Hochschuldozentinnen find heute 25 Frauen tätig. An Aerztinnen gab es 1924/25 rund 1400, d. h. eine Aerztin auf 45 000 Einwohner. Nach einzelnen Bezirken schwankt aber die Berteilung zwischen 36 000 und 611 000 Einwohnern. 68 Proz. der Aerztinnen leben in Großstädten mit über 100 000 Einwohnern, was mit ihrer starken Spezialisierung auf die Gynäkologie zusammenhängt. Wenn sich auch die freien Aerztinnen sogar auf dem Lande ziemlich durchgefeht haben, sind sie
Eine Neuheit ist die Theologie, in deren unbeschränkter Zulassung heute der Kampf der bürgerlichen Frauenbewegung zu gipfeln scheint. Trotzdem bei diesem Frauenberuf der zähe Wider stand der rückständigsten Kreise zu überwinden ist, fann man ihm eine gewiffe Zukunft prophezeien auf Grund der Tatsache, daß die Bahl der Theologiestudierenden seit der Borkriegszeit auf weniger als die Hälfte zurückgegangen ist. Je mehr akademisch gebildete Frauen allerdings den Ausfall männlicher Theologen ausgleichen, desto eher wird bei stark gesunkener Nachfrage auf dem geistlichen Markt der Bedarf wiederum gedeckt sein.
Die kurze Uebersicht ergibt, daß heute zwar den Frauen das Studium in allen Fakultäten erschlossen ist, und ihnen auch jeder akademische Beruf theoretisch offensteht.
Praktisch haben fie fich bisher aber nur im Lehr- und ärztlichen Beruf einigermaßen durchgesetzt.
Die meiſten akademischen Frauenberufe sind heute noch exponierte Vorpostenstellungen, teils infolge schwer ausrottbarer
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Vorurteile und männlichen Konkurrenzneides, teils infolge des Verfagens des Staates und der Gemeinden, die trotz aller verfassungsveranferten grundsätzlichen Gleichberechtigung feineswegs der Allgemeinheit mit leuchtendem Beispiel vorangehen.
Die genossenschaftliche Frauengilde.
Die Internationale Genossenschaftliche Frauengilde, die vor drei Jahren in Gent gegründet wurde, hielt am 12. und 13. August in Stockholm unter dem Vorsitz von Emmy Freundlich, Mitglied des österreichischen Parlaments, ihren ersten Kongreß ab. Der gedruckt vorliegende Bericht für den Kongreß zeigt, daß die drei Jahre seit der Gründung der Internationalen Gilde Jahre des ununterbrochenen Fortschritts gewesen sind. Gilden aus zehn Län dern sind der Internationale angeschlossen, die alle fiber Fortschritte in der Mitgliederzahl berichten, und Neuorganisationen in Gründung von den Vereinigten Staaten im Westen bis Japan im Osten. Die Bewegung ist gegenwärtig am stärksten in Desterreich, Groß
noch nicht in Beamtenstellungen eingedrungen. Preußen u. a. lehnen die Einstellung von weiblichen Kreisärzten ab, und andere Länder haben das Bedenken, daß der Beruf zu anstrengend für die Frau sei"! Troß Ueberfüllung des Berufes behält der weitaus größte Teil der Aerztinnen die Praxis auch in der Ehe bei. Auch bezüglich des Apothekerinnenberufes machen fich zarte Sorgen um die gesundheitliche Eignung der Frau bemerkbar, obgleich die peinlich- britannien, Belgien , Holland , Deutschland , Norwegen und Schweden . forgfältige Kleinarbeit bei der Rezeptausführung ihr ganz besonders liegt.
Zu den Zielen der Internationalen Gilde, die in Gent festgelegt und in der Diskussion besonders betont wurden, gehört die Förde rung des internationalen Friedens, und jede Gelegenheit wurde benußt, um die Ansichten der genossenschaftlichen Frauenorganisation in dieser Frage zum Ausdruck zu bringen. Die Gilde nahm an der Weltwirtschaftskonferenz und dem Londoner Welt
Noch überfüllter ist der Chemiferberuf, in dem sich die Zahl der Studierenden seit der Borkriegszeit verdreifach hat, obgleich die deutsche chemische Industrie ihre einstige überragende Stellung verloren hat. Die Chemikerin muß sich ihren Plaz, besonders in der Industrie, noch schwer erkämpfen. Im ganzen sind etwa 150 Chemi- wanderungstongreß teil. Als die vorbereitende Abrüstungskomferinnen in industriellen Laboratorien tätig, in den großen Badischen Anilin- und den Leunawerten sind nur 1 Proz. der Chemiker weiblich. Die Vorurteile sind noch so start, daß sich selbst die Tüchtigsten nicht zu leitenden Stellungen hinaufarbeiten fönnen, wenngleich die Bezahlung nicht schlechter ist als bei den männlichen Kollegen. Außer dem arbeiten Chemikerinnen noch in wissenschaftlichen Laboratorien, an Instituten, an Archiven, an Fachzeitschriften und vereinen, jedoch nur in geringer Zahl und gegen schlechte Bezahlung.
Die Lage der Juristinnen wurde durch das Reichsgesetz von 1922, durch das sie zu allen Aemtern der Rechtspflege zugelaffen wurden, entscheidend geändert. Praktische Erfolge hat jedoch diefes Gefeß infolge der allgemeinen Anstellungssperre für Richter und Staatsanwälte noch nicht zeitigen fönnen. Der Vorbereitungsdienst steht den Juristinnen in den meisten Ländern offen; zurzeit gibt es etwa 20 Affefforinnen. Die Rechtsanwältin hat im allge
mission im Mai 1926 zusammentrat, übermittelte ihr die Gilde eix Memorandum, in dem erklärt wird, daß unter den modernen Be dingungen die Aufrechterhaltung von Rüftungen feinen Schulz, son dern eine Gefahr darstelle, daß nur vollständige Abrüftung Sicherheit gegen den modernen Krieg biete, und die Kommission aufgefordert wird, mutig die Führung in dieser Richtung zu übernehmen.
Der Bericht erklärt: Die Genossenschaftsbewegung ist wesentlich international und beruht auf der Kaufkraft der Hausfrau. Sie ist daher der natürliche Weg aus dem Heim in das Leben der Nationen. Außer der Frage des Friedens, wo die Gilde engere Verbundenheit, Verkehr und Handel zwischen den Nationen fordert, beschäftigt sie sich mit der Notwendigkeit, die schwere Arbeit der Hausfrau durch die Einführung von arbeitsparenden Maschinen und Er= findungen zu erleichtern. Ein Teil dieser Arbeit wird Gegen stand einer besonderen Debatte auf dem Kongreß sein: Die Familien