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proletarische Krau am 20. Mai.
Die Untersuchung des Problems: Wie wählen deutsche  Frauen?, bekommt erst durch die Statistik der letzten Wahlen eine wirklich feste Grundlage, da am 2V. Mai zum erstenmal eine nach Geschlechtern getrennte Abstimmung in einem so bedeutenden Umfang vorgenommen war, daß nun allgemeine Schlußfolgerungen als zulässig erscheinen. Leider hat bisher die Berichterstattung der Presse, unsere Parteiblätter nicht ausgenommen, in diesem Punkte ziemlich versagt, indem die Angaben über die Abstimmung der Frauen in vielen Fällen so veröffentlicht wurden, daß jede Vergleichsmöglichkeit aus- geschlossen wurde. Die Tatsache allein, daß für die eine oder die andere Partei so oder so viele Frauen gestimmt haben. besagt doch herzlich wenig, wenn man nicht weiß, wieviel Männer und Frauen überhaupt in dem gegebenen Ort wähl- berechtigt sind, wie viele von diesen von ihrem Wahlrecht Gebrauch machten, und wie viele männliche Stimmen für jede in Frage kommende Partei abgegeben wurden. Solche Angaben fehlen aber bei dem größeren Teil der bisherigen Mitteilungen. Und wenn sich trotzdem einige Beobachtungen machen lassen, so vor allem deshalb, weil uns eine ausführ- liche Statistik der getrennten Abstimmung in der Stadt Berlin   vorliegt, die durch einige andere, mehr oder weniger brauchbare Zusammenstellungen ergänzt werden kann. Die wichtigste Feststellung, die durch das vorliegende Material schon als genügend erhärtet erscheint, bezieht sich darauf, wie die proletarischen Frauen in e v a n g e- tischen Großstädten wählen. Die Eroberung der proleta- rischen Frau ist für die sozialistische Bewegung vor allem die Frage der Ueberwindung des kirchlichen Einflusses. Durch die getrennten Abstimmungen in katholischen Gegenden wurde schon bei den früheren Wahlen bestätigt, daß die Frauenstimmen die Kampfstärke der katholische» Parteien darstellen.- In manchen Füllen machen die Frauenstimmen hier zwei Drittel aller für das Zentrum abgegebenen Stim- men aus! Im großen Durchschnitt sind es wahrscheinlich 60 Proz., d. h. drei Fünftel von allen für die beiden katholischen Parteien abgegebenen Stimmen sind Frauen- stimmen und nur zwei Fünftel männliche Stimmen. Unter starkem Einfluß der katholischen Kirche   steht heute auch noch die proletarische Frau, sie wird von der Kirche auch für den Druck auf die katholischen Arbeiter gebraucht. Die eoange- tische Kirche hat es nicht vermocht, den gleichen Einfluß auf die proletarischen Frauen im evangelischen Deutschland   zu behalten. Zwar sind die Deutschnationalen mehr Frauen- als Männerpartei, was ebenfalls nicht zuletzt auf kirchliche Einflüsse zurückzuführen ist, sie bleiben aber in dieser Hinsicht weit hinter den katholischen Parteien zurück und namentlich dort, wo die Mehrheit der Bevölkerung zum Proletariat gehört. Die Ergebnisse der getrennten Abstimmung in Berlin   sind in dieser Beziehung völlig eindeutig: am 20. Mai haben die proletarischen Frauen in Berlin   in ihrer über- großen Mehrheit sozialdemokratisch und kommunistisch gewählt, und sozialdemokratisch bedeutend stärker als kommunistisch. Die Ergebnisse in anderen evangelischen Großstädten(Leipzig  , Magdeburg  ) lassen die gleiche Schlußfolgerung zu. Vor allem ist die Tatsache bezeichnend, daß, während die Sozial- demokratie in katholischen Gegenden und auch in Großstädten wie Köln  , weniger Frauen- als Männerstimmen erhält, sie in den evangelischen Städten mehr Frauen- als Männer- stimmen erbalten hat. So haben in Berlin   382 447 Männer und 433 799 Frauen sozialdemokratisch gewählt, in Leipzig  
72 473 Männer und 81 333 Frauen, in Magdeburg   38 930 Männer und 42 229 Frauen, wobei freilich zu berücksichtigen ist, daß die Gesamtzahl der wahlberechtigten Frauen nichl unbedeutend größer ist als die der wahlberechtigten Männer. In Berlin  , wie auch in anderen Großstädten und Industriebezirken, haben die Deutschnationalen den größeren Teil ihrer proletarischen Wähler verloren, die sie während der Inflationszeit und im ersten Jahr nach der Stabilisierung erobert haben. Die proletarischen Frauenstimmen machen dabei keine Ausnahme. Die Deutschnationalen haben in der ganzen Stadt Berlin   insgesamt 181 440 männliche und 2S8 692 Frauenstimmen erhalten, d. h. um 40 Proz. mehr Frauen- als Männerstimmen. Da die Zahl der wähl- berechtigten Frauen in Berlin   um 2S Proz. größer als die der wahlberechtigten Männer ist, und die Zahl der ab« gegebenen Frauenstimmen nur um 11 Proz. größer als die der abgegebenen männlichen Stimmen war, so haben die Deutschnationalen bei den Frauen einen viel stärkeren Erfolg gehabt als bei den Männern. Sie haben 15,5 Proz. aller männlichen und rund 19 Proz. aller Frauenstimmen er- halten, während die Sozialdemokraten 32,7 Proz. aller männlichen und 33,1 Proz. aller Frauenstimmen bekommen haben. Es läßt sich aber leicht feststellen, daß die Deutsch  - nationalen diesmal auch bei den Frauen nur in denvor- nehmen" Städteteilen wirklich starke Erfolge hatten. Es genügt, wenn wir hier die Frauenbewegung einerseits in Wilmersdorf   und andererseits in Neukölln und Wedding  vergleichen. Es erhielten in Prozenten der abgegebenen Frauenstimmen: SPD  . KPD  . Zusammen Deulschnat. Wilmersdorf  ... 23.4 ö,8 30.2 30,5 Neukölln 41,7 28.1 09.8 12,5 W«dding.... 33,1 37.8 70.9 12.3 In Wilmersdorf   haben die Deutschnationalen mehr Frauenstimmen bekommen als die SPD. und die KPD. zu- sammen: in Neukölln und Wedding   dagegen weniger als ein Fünftel der Frauenstimmen, die für die SPD.  und die KPD  . zusammen abgegeben sind. Die Kommunisten haben überall, auch in den proletarischen Bezirken, bedeutend weniger Frauen- als männliche Stimmen beikommen, und trotzdem sind die SPD.   und die KPD  . zusammen in den proletarischen Bezirken bei der Frauenprozentzahl nicht viel schwächer als bei den Männern. So wählten in N e u k ö l l n in Prozenten: SPD  . Z.PD. Zusammen Männer..... 37,8 33,7 71,5 Frauen..... 41,7 28,1 69,8 In Wedding  : Männer..»«. 32,9 43,1 74,0 Frauen..... 33,1 37,8 70,9 Interessant ist dabei, daß in Neukölln, wo die SPD. stärker ist als die KPD., der Unterschied noch viel geringer ist(0,7 Proz. zugunsten der Männer), als in Wedding  (3,1 Proz. zugunsten der Männer), wo dagegen die KPD.  diesmal mehr Stimmen bekam als die SPD  . Die proleta- rischen Frauen werden von der SPD  . ohne Zweifel voll- ständiger erfaßt als von der KPD  . Das zeugt aber noch nicht von einer besonderenAbneigung" der Frauen gegen die Kommunisten. Haben doch in Wedding   rund 38 Proz. der Frauen kommunistisch gewählt. Die Kommunisten haben in Äedding 45 878 männliche und 42 772 Frauenstimmen