erhalten, während die Gesamtzahl der abgegebenen Frauenstimmen auch in Wedding wie überall größer war als die der abgegebenen männlichen. An fich ist aber diese Zahl der kommunistischen Frauenstimmen so hoch, daß man von einer Abneigung" der Frauen gegen die Kommunisten wenigstens in Wedding nicht reden darf. Eher sollte man anerkennen, daß die Kommunisten für einen Teil der männlichen Wählerschaft eine besonders starke Anziehungskraft haben. Und das ist wahrscheinlich auf ihre RotfrontkämpferOrganisation zurückzuführen. Aus einem ähnlichen Grunde find auch die Nationalsozialisten viel stärker eine Männerals eine Frauenpartei.
Unsere Partei darf auf ihren Erfolg bei den Frauen in Berlin und in anderen evangelischen Großstädten stolz sein. Es bleibt aber noch vieles zu tun. Erstens gilt es, die proletarischen Frauen ebenso wie die proletarischen Männer, bie fommunistisch wählen, für uns zu gewinnen. Zweitens gibt es für die Arbeit bei den Frauen noch eine besondere Aufgabe, nämlich die Aufgabe, die politische Aktivität der Frauen zu steigern. Die Wahlbeteiligung der Frauen ist viel schwächer als die der Männer. In Berlin haben sich an den Wahl 83,6 Proz. der Männer und nur 74,7 Proz. der Frauen beteiligt. Es ist zwar ziemlich sicher, daß die proletarischen Frauen mehr politische Aktivität gezeigt haben als die bürgerlichen, was seinen Ausdruck auch in unserem
Der preußischen Landtagsfraktion werden unter 136 fozlaldemo fratischen Abgeordneten 18 Frauen angehören. Hier haben wir unter 23 Wahlkreifen sieben ohne Frauenvertretung und zwei Kreise, die wieder zwei Frauen geschickt haben. Eine Genoffin ist wieder Liftenführerin, drei ziehen erstmalig ins Barlament ein. 18 Sozialdemokratinnen, 15 bürgerliche Frauen und Kommunistinnen.
Ostpreußen : A. Desterreicher, Toni Wohlgemut, Berlin : Gertrud Hanna , Helene Schmitz, Potsdam I: Elfriede Ryned,
Potsdam II: Luise Kähler,
Frankfurt a. d. D.: Hedwig Wachenheim *), Breslau : Karoline Kunert,
Liegnitz : Hildegard Wegscheider, Magdeburg : Minna Bollmann , Schleswig- Holstein : Toni Jensen, Weser- Ems : Alwine Wellmann , Osthannover: Berta Kröger, Südhannover: Rosa Helfers ,
Westfalen : Nord: Auguste Walter), Westfalen- Süd: Anna Oventrop, Hessen- Nassau : Berta Jourdan*), Köln- Aachen: Elisabeth Kirschmann- Röhl.
großen Erfolg bei den Frauen gefunden hat. Trogdem Erinnerungen einer englischen Veteranin
war die Wahlbeteiligung der Frauen auch in den proletarischen Bezirken nicht ganz befriedigend. Während in diesen Bezirken überall mehr als 80 Broz. aller Männer gewählt haben( in Neukölln z. B. 87,5 Proz.), haben von den wahlberechtigten Frauen gewählt: in Neukölln 78,7 Proz., in Wedding 77,0 Proz., in Friedrichshain 76,8 Proz., in Weißenfee nur 72,0 Proz. und in Spandau fogar nur 70,8 Proz. Auch in anderen Orten war die Wahlbeteiligung der Frauen bedeutend schwächer als die der Männer; so belief sich in Leipzig die Wahlbeteiligung bei den Männern auf 85,6 Proz. und bei den Frauen auf 80 Proz. Allerdings find auch in dieser Hinsicht die Verhältnisse in den evangelischen Gegenden viel günstiger als in den katholischen. In Köln haben im Dezember 1924 mur 52,7 Pro3. der Frauen von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht! Kurz zu fammenfassend läßt sich jedenfalls sagen, daß die Ergebnisse ber getrennten Abstimmung, soweit fie bis jetzt vorliegen, für uns sehr ermutigend sind: viel Arbeit ist noch zu leisten, aber ihr Erfolg ist für uns sicher. Georg Deder.
Unsere Parlamentarierinnen.
Im Reichstag sind unter 152 sozialdemokratischen Abgeordneten 20 Frauen, 15 davon gehörten dem vorigen Reichstag an, eine Genoffin war Mitglied des ersten Reichstags der Republit, eine Genoffin gehörte vordem dem Preußischen Landtag an, vier Genoffinnen werden zum ersten Male einem Parlament angehören. Bwei Genoffinnen sind zum wiederholten Male Führerin ihrer WahlPreisliste gewesen, darunter ist ein Kreis, in dem die Sozialdemokratie vorläufig überhaupt nur ein Mandat erobern tann. In 16 von 85 Wahlkreisen ist teine Frau gewählt, darunter sind aber ebenfalls zwei Kreise, in denen uns( weil sie überwiegend katholisch find) nur die Eroberung eines Mandats möglich gewesen ist und vorläufig sein wird. In einem Wahlkreis find auch diesmal wieder zwei Genossinnen gewählt. Die mit einem*) bezeichneten Gehoffinnen sind neugewählt.
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20 Sozialdemokratinnen, 13 bürgerliche Frauen und Kommunistinnen.
Liegnig: Anna Nemiz,
Schleswig- Holstein : Luise Schroeder,
Ofthannover: Adele Schreiber ),
Westfalen- Süd: Berta Schulz,
Köln- Aachen: Luise Schiffgens,
Dresden : Toni Sender , Margarete Stegmann, Leipzig : Anna Siemfen*),
Mecklenburg- Lübeck: Nanny Kurfürst).
Die nächsten englischen Wahlen werden zum ersten Male unter voller Beteiligung der Frauen vom 21. Lebensjahre an vor sich gehen. Der endgültige Sieg des Frauenstimmrechts veranlaßt eine alte Vorfämpferin, im„ Manchester Guardian" ihre Erinnerungen aus den dramatisch bewegten Zeiten des Kampfes wiederzugeben. Besonders hat sich ihr eingeprägt jene erste große Demonstration durch London vor 21 Jahren, der„ Matschmarsch" durch strömenden Regen und sprigenden Kot. Aber all der Dreck auf dem Wege, so versichert sie, wäre nichts gewesen gegen die schmutzigen Anwürfe, denen sie von seiten der lieben Zeitgenossen ausgelegt gewesen wären. Uebrigens ging die Demonstration, die geführt wurde von zwei würdigen Veteraninnen, von denen eine noch dazu lahm war, im rasenden Tempo vor sich. Immer wieder wurden von hinten Delegationen an die Führung gesandt, doch etwas Rücksicht auf die jungen, schwachen Teilnehmerinnen zu nehmen, die noch nicht siebzig alt feien aber vergeblich. An eine reizende Episode während des Marsches erinnert sich die Verfasserin auch noch. Ein Mann, der, auf dem Eckstein sigend, den Zug an sich vorüberziehen ließ, rief beim Erscheinen der weiblichen Doftoren in der akademischen Tracht seinem Gefährten zu:„ Sieh mal, Genosse, da gehen unsere Rippenftüce!" Bei einer späteren, sehr langen, imposanten Demonstration mit Musik und Bannern verfor ein wartender Autobusführer die Geduld und rief wütend:" In Gottes Namen, gebt ihnen das Wahlrecht, damit sie nicht mehr den Verkehr stören!" Ein Geistlicher wollte die demonstrierenden Frauen nicht mehr als Menschen anerkennen und nannte sie von der Kanzel herab 3weifüßler".
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In humorvoller Weise schildert die Verfasserin das Aussehen dieser Zweifüßler" in der damaligen Mode. Man trug Humpelröde, Riesenhüte, die auf der höchsten Spige des Kopfes festgestedt schwebten, spigenverzierte Blufen mit weiten Aermeln und Schnürtaillen und ein Duhend Haarnadeln, die jeden Augenblick bereit waren, herunterzufallen. Troßdem war man entschlossen, Mauern und Barrikaden zu erklimmen, sich auf Dächern und unter Baltonen niederzulassen, durch Fenster zu steigen und über alle Straßenhindernisse zu springen, um den Ministern die ewige Frage zu stellen, die erst 1918 beantwortet wurde. Mit Recht tonnte damals eine Frauenrechtlerin sarkastisch bemerken, daß die Frau sich reif für das Stimmrecht zeigte, indem sie bewies, daß fie ein Loch in einen Straßenbahnfahrschein fnipfen konnte. Die Einstellung der damaligen Kämpferinnen in bezug auf ihr Aeußeres war noch so ,, weiblich", daß sie zerzaustes Haar als schlimmer empfanden als eine Berwundung, und wenn sie beides hatten, schien ihnen das zerzaufte Haar durchaus schlimmer zu ertragen. Schrecklich waren die stickigen Schüttelfahrten durch London zur polizeilichen Arrelierung, und es war fein Wunder, daß man diese heruntergekommenen Erscheinungen in der Personalbeschreibung etwa folgendermaßen tennzeichnete: Augen grünlich- grau, Haare gelbgrau."
Aber auch an humoristische Episoden aus dieser tampfreichen Zeit wird erinnert. lleber zweihundert Frauen waren angeklagt, die Fenster der Regierung in Whitehall entzweigeworfen zu haben. Die Zellen waren aber schon so mit Suffragetten überfüllt, daß eine große Anzahl immer wieder zurückgeschickt und neubestellt wurde. Diese vertrieben sich die Zeit des Wartens im Gericht durch Borstellungen der unter ihnen befindlichen Artistinnen, Musiferinnen und Schauspielerinnen, so daß selbst der Aufseher ihnen wohlgefällig zuschaute. Später fonnte es einer der Teilnehmerinnen paffieren,