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Bor neuen Jugendweihen.

Die Einschreibungen für bie Frühjahrsjugendwethen find eröffnet. Wir bringen bazu eine Betrachtung über die zwed. mäßige Ausgestaltung dieser Feier durch die Familie.

Es ist ein Zeichen vertiefter Auffassung, daß die Jugendweihe

immer mehr Boden in der Arbeiterschaft gewinnt. Sie bedeutet die Abkehr von jener bürgerlich- tirchlichen Einstellung, die in der her. tömmlichen Einsegnung zum Ausdruck fomunt und von der bewußt proletarisch empfindenden Arbellerschaft aufs fchärifte abgelehnt wird. Wollen wir aber mit dieser Ablehnung Ernst machen, dann muß der neue Geist, zu dem wir uns bekennen, auch in der Form zum Ausdruck tomment, muß unfere Geier auch im Aeußeren fich von jener alten unterschelden. Stann man nun sagen, daß bel ben Hauptträgern der Feler, den Kindern, die jetzt zur Jugendweihe hin geleitet werden, diefer Geist zum Ausdrud tommi? Aeußerlich jebenfalls nicht! Das ist ein Mifflang, der eine sonst noch so har monisch verlaufende Feler schmerzlich stört. Man dente nur daran, wie sie zur Weihe erscheinen: nach Geschlechtern getrennt, die Knaben in buntelblauen Einsegnungsanzug, mit langen Holen, hohem Stehkragen und Krawatte, die Mädchen als kleine Damen tostümiert, mit forgfältig gebrannten Haaren, im schwarzen aber weißen Kleib, in der langbehandschuhten Hand der Blumen­ftrauß, ben ein elegantes Splzentaschentuch umhüllt. Sind das die Scharen unferer Kinder: Kinder sozialistischer Arbeiter, die die Kirche und ihre veralteten Formen ablehnen? Und schmüden sich an ihrem Schönsten Lebensfest mit Kleidern, wie sie längst verschollener Brauch aus ganz anderer geistiger Einstellung heraus den tirchlichen Festen angemeffen gefunden hat! Ich weiß, es ist das Herzeleid vieler, schon vom neuen Gelst durchdrungener Arbeiterfinder, baß fie in folcher Masterade ins Proletarierleben hinaustreten sollen. Mutter, muß ich zur Jugendwelche auch lange Hosen und steifen Kragen tragen?" fragt besorgt ein Junge, ber mit der neuen Zeit marschiert. Rein, Junge, du wirst ja nicht eingefegnet," erwidert le verständige Mutter. Du bleibst mein Junge mit turzer Hofe unb freiem Hals." Erleichtert atmet er auf. Es war ihm unfaßbar, baß er plötzlich zum Erwachsenen im Stil des gutbürgerlichen" Elegants gestempelt werden follte. So geht es vielen. Leider finden ste allzu oft fein Verstehen ihres jugendfrischen Empfindens bei den Shren.

Und die Mädchen? Da ist es ziemlich bas gleiche. Neben den Rindern, die sehr gern schon in der Schulzeit heimlich die Dame spielen wollten und die Zeit taum erwarten tönnen, bis sie, der Mode folgend, Buder und Lippenstift öffentlich handhaben fönnen, haben wir glücklicherweise eine wachsende Schar, die als den Kinder schuhen Entwachfene eben Mädels sein wollen. Sie lehnen innerlich, glücklicherweise manchmal mit Erfolg auch äußerlich, das übliche Ein. fegnungsfleid ab, das felder immer noch unserer Jugendweihe den Stempel aufbrüdt. Kinderfreunde und weltliche Schule arbeiten schon lange baran, unsere Eltern von der noch so bürgerlichen Ein ftellung zur Jugendweihe und dem Geschenk des damenhaften Kleides nebst Zubehör abzubringen. Möchte ihrer wahrhaft tulturfördern ben Arbeit auch auf diesem Gebiet der Erfolg nicht fehlen!

Ich bilde mir nicht ein, daß das leicht sei. Wie manche erregten Museinandersetzungen gibt es darüber auf den Vorbesprechungen zur Weihe. Wie oft muß man den förichten Einwand hören: Mein Sunge muß für später doch den blauen Cheviotanzug und was dazu gehört, haben. Im Beruf hat er bas nötig." Als ob der Schloffer. ober Klempnerlehrling den Anzug bel ber Arbeit brauchen könnte. Am Sonntag aber wird ihm ber furzhofige Manchesteranzug für alle Fälle weit beffer dienen. Denn Zweckmäßigkeit und Schönheit treffen bei ihm zusammen mit bem Bedürfnis der förperlichen Ente widlung und dem äußeren Ausdruck eines neuen Lebensgefühls, bas fortstrebt von gesellschaftlicher Anpassung und philisterhafter Ueberlieferung. Mags auch noch einige Zeit dauern: Die Zeit wird tommen, wo wir statt der aufgepunten kleinen Damen und Herren ebenso viele jungfrische Mädel und Burschen in der ihrem Sung sein und dem Geiste ihrer Feler entsprechenden Gewandung bei der Jugendweihe fehen werden. Sorgen wir alle dafür, daß es nicht zu lange bauert, bis das Gefunde, Sinnvolle, Schöne sich über die Hindernisse toter Ueberlieferung, weichlicher Anpassung hinaus Bahn gebrochen hatt J. K.

Berühmte Pantoffelhelden.

Bor kurzem gab ein englischer Brebiger namens Hardy ein Buch heraus, worin er sich mit der Frage des Pantoffelhetdentums beschäftigte und zu dem Ergebnis fam, baß bedeutende Männer oft mahls mit Frauen vermählt gewesen seien, die ihnen das Regiment, bas sie draußen führten, baheim mit Erfolg streitig machten. Schon In der Schule hören wir, daß Sotrates ein Weib sein eigen nannte,

menu thr auch fein anderer Ruhm geblieben ist, den einen fann ihr niemand rauben: Sie wurde zur Urmutter aller bösen und feisenden Weiber, denen man noch heute die Bezeichnung Xanthippe  " gibt.

Als echter, rechter Bantoffelheld ist vor allem der Herzog von Marlborough zu nennen. Seine Feinde zitterten vor ihm. Anders aber war es in seiner Häuslichkeit. In jungen Jahren hatte er sich mit der bildschönen Hofdame der Königin Anna von England  , Sarah Jennings  , vermählt. Allein in dem schönen Körper wohnte teine schöne Seele. Selbst in Gegenwart Fremder behandelte sie Stunden, ihre Tyrannei sei einzig und allein der Ausdruck ihrer ben Gatten wie einen ungezogenen Jungen und behauptete in guten großen Liebe. Am Vorabend jener bedeutsamen Schlacht, in der Marlborough gemeinsam mit bem Prinzen Eugen von Savoyen  Ludwig XIV.   besiegte und die Franzosen aus Süddeutschland   ver­sechzigtausend Feinbe nicht halb so sehr wie dich, nicht entfernt so trieb, schrieb er an die trotz allem so Heißgellebte: Ich fürchte meine sehr wie bich, wenn bu böse bist."

Im eigenen Haufe nichts zu sagen hatte auch James Watt  , der Erfinder der Dampfmaschine. Seine Wahl war auf eine Frau gefallen, die vom sogenannten Scheuerteufel" besessen, dem genialen Mann fein Pläßchen gönnte, wo er sich mit seinen Aufgaben be­schäftigen konnte. Allen Borstellungen gegenüber blieb sie unzu­gänglich- Besen und Scheuereimer waren die Gößen, die sie an­betete. In feiner Berzweiflung flüchtete fich daher Watt in eine elende Bodenkammer, die außerhalb des Bereiches lag, wo Frau Watt mit Schrubber und Staubtuch regierte.

Geradezu wie ein Märchen wird es vielen klingen, wenn man behauptet, daß Napoleon   ebenfalls in die Gilde ber Pantoffel­helden eingereiht werben muß. Eines stichhaltigeren Beweises wie seiner eigenen Worte bedarf es ja wohl nicht! Die Kreolin Josephine Beauharnats, mit der er sich vermählte, nachdem er zum Ober­befehlshaber des in Italien   fämpfenden Heeres ernannt worden war, hatte ihn völlig in ihren Bann gezwungen. Trozdem er ge nau davon unterrichtet war, baß sie es mit der ehelichen Treue nicht allzu genau nahm, verehrt er sie wie eine Heilige. Die durch den Beruf bedingte Trennung von ihr raubt ihm sogar ben Stolz auf feine friegerischen Erfolge. Das im Buchhandel erschienene Wert Napoleons   Briefe an Josephine" enthält wieberholt Hinweise, wie fehr die Genialität bes großen Feldherrn überschattet wird von der Baghaftigtelt feiner Gefühle für die ihm Angetraute. So heißt es an einer Stelle: Tausend Küsse, ebenso glühend, wie deine frostig sind."

Von dem Stifter der Methodistengemeinden, John Wesley  , berichtet bie lleberlieferung, daß er durch die Wahl seiner Lebens­gefährtin sich die Hölle ins Haus gebracht hatte. Er war nicht mehr ganz jung, als er den Schritt unternahm, den er eigentlich tausend­mal bereuen mußte. Aber in bem starken Glauben an die Schickung von höherer Hand ertrug er mit Ergebenheit, was ihm jede Freude. am Dasein raubte. Dabei war es nur grundlose Eifersucht, die die Xanthippennatur zu ihrem Tun veranlaßte. Frau Wesley öffnete jeben für ihren Gatten bestimmten Brief. Hatte sich ein Besucher eingefunden, lauschte sie am Schlüsselloch der Tür seines Studier zimmers, und wagte der Gebuldige einmal eine Widerrede, mußte er darauf gefaßt sein, daß ihm irgendein harter Gegenstand an den Kopf flog. Zwanzig Jahre trug er das Kreuz, bas er auf sich ge­nommen. Da rief der Tob jene ab, die es niemals verstanden hatte, auch nur ein bißchen Sonnenschein um sich zu verbreiten.

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Zu den Pantoffelhelden ersten Grades muß auch ber amerita­nische Präsident Abraham Lincoln   gezählt werden. Von ber Natur ziemlich vernachlässigt, trug er fich lange mit Zweifeln, ob er überhaupt das Recht hätte, ein Mädchenschicksal an sein Dasein zu fetten. Da er aber andererseits die ständige Einsamkeit fürchtete, entschloß er sich boch, die Ehefesseln auf sich zu nehmen. In Herzensangelegenheiten unerfahren wie ein Kind, waren seine Bemühungen" in dieser Richtung nicht gerade vom Glück begünstigt. Es tam mehrere Male zu einem Berlöbnis, aber das bindende Wort wurde nicht gesprochen. Seine dritte Braut war Mary Todd  , eine Dame von ungemein starker Willenskraft. Nach mehrjährigem Brautstand wurde Anfang des Jahres 1841 der Hochzeitstag fest­gefekt die Gäste waren versammelt; wer aber nicht erschien, das war Abraham Lincoln  . Auss tiefste verlegt, fehrte die Braut in das Elternhaus zurück, ohne damit jedoch ihren festgefügten Plan aufzugeben. Und sie wußte in Wahrheit auch diesmal thren Willen durchzusetzen. Mit Hilfe von guten Freunden tam es zu einer Aus söhnung; der Hochzeitstermin wurde von neuem bestimmt. Jezt weigerte sich der zukünftige Ehegatte nicht mehr. Als er am Trauungstage in feftlicher Kleidung seine Wohnung verließ, um zur Kirche zu fahren, fragte ihn das Töchterchen seiner Wirtin, wohin ihn sein Weg führe, er wäre ja so schmuck gekleidet? Ohne Zaubern antwortete Lincoln  : Ich glaube, zur Hölle." Er hatte richtig vor. ausgesehen, fein häusliches Leben wurde in der Folge ein Martyrium, und doch löste dieses gerade in ihm die Kräfte, die

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