Lunggejellin begegnet, der ahnt bereits die Frau der Zu» fünft, die sich nicht mit ihrem Muttererlebnis in der Kinder- ttube von der Welt absperren wird, sondern die das ganze soziale Dasein mit dem Geiste einer befreiten, von der häus- lichen Enge erlösten Mütterlichkeit durchdringen wird. Die tie�e seelische Wandlung, die die neue, innerlich und Luberlich kämpfende Frau durchmacht, wird heute in breiten Kreisen der Arbeiterschaft noch herzlich wentp beachtet, und doch handelt es sich um Vorgänge, die für die künstige Ge- staltung einer wirklich neuen und wesensechten sozialistischen Kultur von größter Tragweite sind. Wirtschaftliche und politische Umwälzungen bilden nur die Voraussetzungen einer neuen Kultur, neue Lebensfornren und neue Lebenswerte müssen durch seelische Revolutionen erkämpft werden, und die sind ja gerade die schwierigsten, weil man sie gegen die eigenen Vorurteile und die eingefleischten Gewohnheiten führen mutz. Was wir letzten Endes vom Sozialismus ersehnen, ist ja gerade die Neugestaltung der Beziehungen von Mensch zu Mensch, von Mann und Frau, von Eltern und Kindern, von Lehrern und Schüler usw. usw. Und es gilt, diese Neu- gestaltung nicht nur zu ersehnen, sondern sich unausgesetzt nach dieser Richtung umzustellen. Sofern die neue proleta- rische Frau um die innere Vertiefung und die Neugestaltung der persönlichen Beziehungen in der Familie ringt, ist sie Trägerin einer der größten sittlichen Revolutionen, die aber nur in engster Gemeinschaft mit den gleichgesinnten und
Aerztekurs für S Wider die Aboriseuche.- In der Zeit von, LS. bi» 80. Dezember veranstaltete das Komitee für Geburtenregelung seinen ersten Aerztetursus. Dem Laien mag es verwunderlich erscheinen, daß es nötig sein könne, ausgebildeten Medizinern über dies« Dinge noch«inen Kursus abzuhalten. Aber selbst in diesem Kursus, der doch nur den ausgetlörtelsten Teil der Herzte umsaßte. Herzte, die ernsthaft mit dem Problem der Ge> bnrtenregelung ringen, kamen, ganz abgesehen von den Mitteilungen über die ablehnende Haltung ärztlicher Publikationsorga»« und Etandesoerelne, in der Debatte so kuriose Ansichten zum Vorschein, daß jeder Laie, der sich etwas mit diesen Dingen beschästigt hak, einfach erstaunt sein mußte, welche Unkenntnis in Herztekreisen über die Fragen des Sexus noch herrscht. Trotzdem, oder vielmehr gerade deshalb, war die Einberufung des„I. Herztekursus für Geburtenregelung" eine dankenswerte Tat de» Komitees für Geburtenregelung. Denn dl«„Birth Control " und ihre Durchsührung ist ein« Sache, die sür das Glück aller Kreise des Volke» mindestens so wichtig ist, als irgend ein« Aktion aus inner- oder außenpolitischem Gebiet. Und die Einsicht davon ist, bei Men- fchen aller politischen Richtungen, endlich im Werden. Den Erössnungsvortrag hielt Frau Dr. Helen« Stöcker. Sie gab elne historisch« llzdersicht über das Wachsen des Gedankens der Geburtenkontrolle. Noch In den letzten Jahren vor dem Kriege war selbst In sozialistischen Kreisen der Gedanke einer gewollten Ein- fchrönkung der Kinderzahl im Proletariat so unerhört, daß sogar Rosa Luxemburg und Lenin sich gegen den„k l e t n b ü r g e r l I ch e n Pessimismus" der Geburtenbeschränkung wandten. Roch heute tst der Gedanke der..Birth Eontrol" selbst in England und Amerika , dem Mutterlande dieser Bewegung, nicht so stark, daß man die Hilfe gegen Schwangerschostsverhütung lediglich aus die oerheira» teten Frauen zu beschränken sucht, weil man vsfiziell außer- ehelichen Sexualoerkehr als etwas Unzulässiges und Unmoralisches detrachtet. Trotzdem setzt sich die Idee siegreich durch, und gegen- wänig zählt allein Deutschland schon über ISO amtliche Eheberatungs- stellen. Dazu kommen noch eine Anzahl von privater Seite, Herzten, dem Arbeiter-Samariterbund fHannvver) usw. errichteter Stellen. Den Anstoß zur Gründung des Komitees für Geburtenregelung gab der Besuch Margret Saenger», der amerikanischen Bor- kämpferin der„Birth Control ". Dos Komitee betrachtet vor allem anderen als sein« Ausgab«, dafür zu sorgen, daß die Geburtenregelung nicht mehr eine Geheimwisieuschost bleibe, sondern daß sede Frau aufgeklärt wird. Als zweiter Redner sprach Dr. Max Hodann . Wann solle der Arzt für Geburtenregelung oder Geburtcnverhütung«intreten? Man unterscheide hier zwischen der gesundheitlichen, der sozialen und der eugenischen Indikation. Acrztllche Beratung zur Geburteneinschränkung sei immer da am
gletchstrebenden männlichen Genossen zu einem erfolgreichen Abschlutz gelangen kam Der bekannte russische Novellist Pocapenko lätzt eine seiner. Heldinnen, die die neue kämpfende Frau verkörpert, bezeich- nenderweise ausrufen: „DI« Hauptsache ist bc! uns Frauen die sittliche Grundlage. Wenn wir uns bilden und lesen, so oerlclnert sich auch diese sittliche Grundlage. Aber bei dem Manne steht diese sittliche Bosi« fast ohne Entwicklung still Und wie unglücklich stnd wir dann!... Die Männer verstehen dann meist nicht, was uns an ihnen maßfällt und abstößt...." Dieser Mangel des seelischen Kontaktes zwischen Mann- und Frau, den gerade die aufstrebende Proletarierin bitter empfindet, birgt in sich auch die Gefahr, datz die wertvollsten und aktivsten weiblichen Kräfte der Arbeiterbewegung ver« lorengehen können. Schon heute sind sie in höherem Motze vorhanden, als sie in den Gewerkschaften und in der Partei zur Geltung gelangen. Die Arbeiterinnenelile, die sich größten- teils aus Junggesellinnen rekrutiert, sucht in der Arbeiter- bewegung eine seelische Heimat. Sie bildet die Bortruppe der künstigen Scharen der weiblichen Kämpferinnen, die aus innerem Drange der sozialistischen Bewegung sich anschlietzen werden, falls eben der seelilche Kontakt zwischen den mann» lichen und weiblichen Trägern der Bewegung hergestellt wird. Dann würde es sich auch zeigen, weich schöpferischen Aufgaben die neue proletarische Frau gewachsen Ist. Judith Grünfeld.
� V V Oer Weg in die Zukunft. Platze, wo das Interesse des einzelnen mit dem Interesse der Ge» samtheit übereinstimme. Bisher würde von den Beratungsstellen zumeist nur die gesundheitlich« Indikation in Betracht gezogen. Bor - bildlich seien hier die Richtlinien der Gesundheitsdcputation Treptow, die eine Beratung und Versorgung betr. Geburten» regelung immer dann sür angezeigt erklären, wenn d>e letzt« Geburt noch nicht zwei Jahre zurückliegt, denn die Einhaltung bestimmter Mindest pausen zwischen zwei Geburten sei ein unbedingte« Erfordernis zum Schutze der mütierlichen Gesundheit. Die Grund- lagen der Bererbungswissenichast aber seien noch nicht so gesichert, daß nian auf die sogenannt«„eugenische Indikation" hin die Bor » nahm« nicht wieder gut zu machender Eingrlsse befürworten könne. Ein derartiger Eingriff bedeute gerode bei noch jungen Frauen«inen psychischen Druck schwerster Art, und um diese seelisch« Erschütterung zu vermeiden, müsse man auch hier aus die Praxis der temporären Schutzmitlel zurückgreifen. Bei der sozialen Indikation gehe dl» Meinung vieler Aerzte dahin, daß die Beratung sich hier daraus zu beschränken Hobe, lediglich Geburtenbeschränkung zu empfehlen. Wenn aber die Geburt eines neuen Kindes die gesundheitlichen Ver» hällnisse der Familie(Wohnung usw.) wesentlich verschlechtere, wenn nicht die Gewähr für gesund« Aufzucht des werdenden Kindes ge- geben sei, dann sei«ine bloß« Beratung nicht zu oev- antworten, dann müßten den Ratsuchenden auch die Mittel zu» Empsängnisverhüwng an die Hand gegeben werden. Im lS. ver- waltungsbezirk seien noch jetzt 38 Fälle gezählt worden. In den«» els Personen in einem Zimmer wohntenl Di« Rot weiter Kreise de« Volkes sei schon so dringend geworden, daß bei dem verjagen der Aerzleschast sich allenthalben Laienbünd« gebildet hätten, um durch Selbsthilse die Kenntnis empfängnisverhütender Mittel und dl« Technik der Empfängnisverhütung in» Proletariat zu tragen. Leider fehle in fast allen Fällen hier ärztliche Beratung, und so set die Folge, daß diese Bünde ostmal» in die Hand übler Geschästenwcher gerieten, die untaugliche und oftmals versagend, Mittel vertreiben. Die Aerzteschast müsse sich aber entscheiden: Denn nur eine gut durch- geführte Geburtenkontrolle, nur die Verbreitung der Kenntnis empfängnisverhütender Mittel könne der Abortseuche einholt tun, der jährlich tausend« von Frauen zum Opfer sielen. Leider trüg« da» neue Strafgesetz dieser Forderung In keiner Weis» Rechnung. Im Entwurf des neuen Strasrecht» werde jeder mit Slras« bedroht, der„Mittel zu unzüchtigem Gebrauch seilhalt, an- preist, verkaust oder aus sonstige Weise verbreitet". Nach der Recht- sprechung des Reichsgerichts ober sei jeder außerehelich« Geschlechts- verkehr„unzüchtig", so daß der Arzt bei einer Sexualberatung unter Umständen in Zukunft von schweren Strafen bedroht sei. Darum soll« die Aerzteschast ihr. Augenmerk schon jetzt aus die Bekämpfung des werdenden neuen Strasrecht» richten, eh« e» zur Form und