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Die gestaltende Frau."

In jeder Ausstellung, die Kunstwerke aus vielen Lagern bringt,| Malerinnen in Del und Aquarell nennen wir( immer mit dem macht der fritische Betrachter die erfreuliche Feststellung, daß die Borbehalt, daß hier ja mur eine halb zufällige Ausleje, teineswegs Frauen sich als Schaffende sehr wohl behaupten, oft der Mehr eine Gesamtübersicht über die schaffende Frau in Deutschland   ge zahl der männlichen Kollegen an Können und Empfindung übergeben ift) die fcharmante Ima Breusing, Elsa Haensgene legen sind. Berständige bestreiten heute schon längst nicht mehr Dingtuhn( Hamburg  ), Annot  , Martel Schwichtenberg  , die Eignung der Frau für den künstlerischen Beruf, auch über die Augusta v. 3izewiß, Fanny Remak   und die jüngeren felbft von den Gegnern zugestandenen Ausnahmen" vom Range Esa v. Arnim, Hilde Probst und Liselotte Steinide, der Kollwig, Laurencin und Modersohn- Beder hinaus. auf die Gefahr, Gleichbegabte zu übersehen, weil ihre Arbeiten nicht so glücklich ausgewählt find. Auf dem Gebiet des Kunsthandwerks

Um der Oeffentlichkeit einen guten und handgreiflichen Beweis von dieser Wahrheit zu geben, hat der Deutsche Staatsbürgerinnen­Verband im Warenhause Wertheim   eine Ausstellung Die gestattende Frau" veranstaltet, die an einem allgemein zugänglichen und viel besuchten Orte, ausgezeichnet aufgemacht, einen

vorzüglichen Querfájnitt durch das weibliche Kunstschaffen der Gegenwart in Deutschland  

bietet; mit natürlicher Bevorzugung Berlins  , wo sich ja auf allen Gebieten die besten Schaffenden zusammenfinden. Immerhin be­tommt man einen starken Eindruck nicht nur von glücklicher Durch bringung aller fünstlerischen Berufe durch die Frau, sondern auch von ihrer Ausbreitung über ganz Deutschland  . Gleich bei der Bau. Punst, die man im allgemeinen, wiewohl zu linredit, als rein männliches Betätigungsfeld ansieht, überraschen u. a. zwei höchst be­gable Bertreterinnen aus dem Norden und dem Süden: Hannah Löv, Regierungsbaumeister in München  , mit schönen tar ge­gliederten Bauten von Postämtern und Siedlungen, und Dr.- Ing. Marie Frommer  , die in Berlin   verschiedene Ladenbauten ( z. B. Leiser) und Inneneinrichtungen mit großem Geschmack und einem den Durchschnitt weit überragenden Gefühl für architektonische Gestaltung ausgeführt hat. Man sollte ihr demnächst Gelegenheit zur Errichtung selbständiger Bauten geben; diese Frau stetit fich durch ihren Instinkt für echte architektonische Wirkung und durch ihr gediegenes Können tatsächlich den Beften ihrer männlichen Kollegen von modernster Art an die Seite. Ausdrücklich lei bemerkt, daß es sich bei diesen Baumeisterinnen nicht um ein bloßes Birken weiblicher Geschmackskultur handelt, das man allenfalls auch gelten laffen könnte, wie das so vieler tüchtiger Innendeforateure, sondern um ernsthaften Wettbewerb mit den Führern der modernen funktionalistischen" Baukunft. Man hat fle ohne Rücksicht auf ihre Ipeziellen Fraueneigenschaften zu werten. Das gilt wohl auch von der Gartenarchitektin

Martha Wittings Göhre und von den Raumtünstlerinnen, die, wie die ausgezeichnete Martel Schwietenberg, von der Malerei herkommen.( Schade, daß gerade von thr feine Broben Ihrer graziösen Wandmalerei ausgestellt sind.) Die Einrichtung von Wohn- und Büroräumen ist dank der besonderen welblichen Be gabung für Geschmack und Wohnlichkeit ein Gebiet, das den Rünftlerinnen mit größtem Erfolg anvertraut werden kann und ihnen eine bedeutende Tätigkeit in der Zukunft verspricht. Mit Bergnügen Jolgt man der Anordnung des Katalogs, der nach der Architektur die Plastik

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anordnet. Hier gibt es eine so große Anzahl hochbegabter Meister weiblicher Herkunft, daß für den, der unfere Ausstellungen aufmert fam verfolgt hat, die Aufzählung der Namen genügen dürfte. Die Wertheimschau bringt natürlich nur Stichproben. Tina Haim Wentscher, Jenny Wiegmann  , Milly Steger  , Fehling Witting, Ellen Cagenstein, Emma Coita, Emy Roeder  , Sophie Wolff   find oft und nachdrücklich als glänzende und weit vorgeschrittene Vertreterinnen ihrer Kunst ge­nannt worden. Ruth Schaumann   aus Frankfurt   und auch Judith Speer fungieren hier als Bildnerinnen von Borzellanfiguren: sie gehören damit aber( und mit ihrem fonftigen Werk) durchaus in die Reihe unferer bedeutenden Bildhauer. Es folgt das fast unübersehbare weite Feld unferer Malerinnen,

auf dem man sich schon durch ganz besondere Leistungen auszeichnen muß, um über ein stattliches Mittelmaß emporzuragen. An erster Stelle steht da die verehrungswürdige Gestalt von Käthe Rollwig, die allerdings unter Graphit" ausgeführt wird. Ihre Zeidenfunft ist aber von einer so überzeitlichen Größe, daß eine Unterscheidung von graphischer und malerischer Tätigkeit nicht an­gebracht ist; sie hat bewiesen, daß man auch mit bloßem Schwarz­Weiß die höchsten und erschütterndsten Wirkungen auf die Menschhelt hervorbringen kann. Und diese Wirkung, la lleberlegenheit der bloßen Zeichnung offenbart sich auch bei Künstlerinnen wie Emŋ Roeder, Erna Binner( Frankfurt  ) und der bisher noch wenig bekannten hochbegabten Hilde Broeder. Unter den

heben sich besonders einge Teppichweberinnen hervor: Gunto Stölzl und Anna Albers vom Dessauer Bauhaus und über allem die genialen Schöpfungen von Ilse Häfner Mode  ( Leopoldshöhe  ), die mit gestickten Borhängen eine völlig Jetbftändige und schöpferische Art von märchenhafter Darstellung geschaffen hat, dazu die farbig und inhaltlich höchst anmutenden Emailmalereien von Ruth Raemish. Endlich die Photographie,

das Lieblingsgebiet unserer Zeit, auf dem zwar nicht eigentlich Runstwerte, wohl aber fünstlerisch vollwertige Refultate der Wirt. lichtelts wiedergabe geschaffen werden. Die Frauen der Mater Elmon und, an erster Stelle zu nennen, Hedda Walther   mit Feininger   und Moholy- Nagy  , Frau Rieß. Gerty ihren herrlichen Tieraufnahmen, legen neben vielen anderen Zeugnis

ab von dem eminenten Rönnen der Frau.

Dr. Paul Ferd, Schmidt,

Lina Morgenstern  .

Zu ihrem hundertften Geburtstag.*)

im

Die aus Breslau   stammende, am 25. Rovember 1830 geborene Kaufmannstochter Lina Bauer begann schon als ganz Jugendliches Gattin eines Berliner   Kaufmanns trotz( oder vielleicht gerade dess Mädchen eine soziale Wirksamkeit zu entfalten, die fle später als wegen!) ihrer fünfeigenen Kinder im ausgedehntesten Maße bis zu ihrem in 80. Lebensjahr erfolgten Tode fortführte. Auf ihr Be­treiben wurde 1859 ein Frauenverein zur Förderung der Kinder­gärten" ins Leben gerufen, dem es gelang, das damalige Berbot der staatsgefährlichen" Kindergärten aufzuheben und acht folcher Anstalten zu gründen. Die Kinderbücher der mütterlichen Frau fanden viel Antlang.

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Am tiefften im Boltsbewußtsein lebt Lina Morgenstern   ais Be­gründerin der Berliner   Voltsfüchen von 1866, die in allen Ländern Nachahmung gefunden haben. Sie sollten feine imolen. anstalten sein( nur ganz Bedürftige erhielten Frelspeljung), fondern den breitesten Massen des Volkes ein wohlfeiles und nahrhaftes Elsen bieten, eingedent des Wortes Friedrich   des Großen: Alle Kultur geht vom Magen aus!" Gleichzeitig wollte man dem Milohol awang der Gastwirtschaften steuern.

Das Prinzip der Boltsküchen wurde 1870 auf die Bahnhofs. speifung der Truppen angewendet, für die auch Rettungsstationen durch Lina Morgenstern   geschaffen wurden.

1873 wurde auch durch die Initiative der unermüdlichen Frau der Hausfrauenverein gegründet mit dem ersten Ziel der Be­schaffung billiger Lebensmittel.( Wie aktuell Lina Morgensterns das maliger Vortrag im Berliner   Rathaus über das Thema: Was können die Hausfrauen tun, um der Lebensmittelteuerung au steuern?"!) Verein und Kochschule, sowie Frau Morgensterns Universallochbuch" find noch jetzt lebendig.

Noch mancherlei Wohlfahrtseinrichtungen verdanten der nie Raftenden ihr Dafein, u. a. auch ein Kinderschutzverein, um der damals liblichen Engelmacherei" zu wehren und ein Berein fülr strafentlaffene minderjährige welbliche Gefangene, aus dem fich päter das Henriettenhaus" in Mariendorf   bei Berlin   entwidelt hat. Für die Weitausstellung in Chikago lieferte fle material über die auf ihre Anregungen hin geschaffenen Dienstboten- und Kochschulen, Volksküchen usw. Noch jetzt exiftiert in New York   eine, Lina­Morgenstern- Loge" zur Erziehung von Mädchen. 1896 berief sie im Verein mit Minna Cauer   und anderen Frauen den 1. Internationalen Frauenfongreß, auf dem u. a. Lily Braun   über die Arbeiterinnenfrage" und die bekannte Maria Montessori   über den Lohn der Arbeiterinnen" referierten und auf dem u. a. auch weibliche Fabrikinspektoren und Erweiterung der

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*) Schriften: Frauenarbeit in Deutschland  ", Die Frauen des 19. Jahrhunderts", Das Paradies der Kinder"( für Erwachsene) und anderes.