Frigidität als Maffenerscheinung.
Kongreffe dienen im allgemeinen mehr oder weniger der Elternpaares find aber feine Kinder. So werden diese Kinder auf Propaganda der Ideen ihrer Einberufer und der persönlichen Fühlungnahme der in einer bestimmten Bewegung tätigen Menschen. Nur selten bieten sie auch dem teilnehmenden Fachgenossen etwas Neues, und noch seltener ist dieses Neue auch für die Allgemeinheit von größerem Interesse.
Es sei deshalb hier noch einmal die Erinnerung aufgefrischt an den fürzlich in Wien abgehaltenen Kongreß für Serualreform auf ferualwissenschaftlicher Grundlage, auf dem bekanntlich zuerst die Frage der Wohnungsnot und Sexualnot zur Sprache fam.
Nur selten bekommt man so die volle Wahrheit über den Zufammenhang von sozialer Not und sexueller Not zu hören, wie ihn der bekannte Wiener Psychoanalytiker Dr. Wilhelm Reich in feinem Referat Sexualnot der Werftätigen und die Schwierigkeit Jerueller Beratung" aufzuzeigen verstand. Reich ging davon aus, daß es feinen Zweck habe, immer nur schöne Ziele aufzustellen, sondern man müsse vor allem auch die Wirklichkeit hinsichtlich der Möglichkeit der Aenderung untersuchen.
Die individuelle psychische Struktur hängt sehr stark mit gesellschaftlichen Faktoren zusammen, deren Aenderung vielfach erst die Borausjehung einer feelifchen Gefundung der Menschen darstellt.
Am allerschlimmsten machen sich diese sozialen Einflüsse in der Wohnungsnot bemerkbar, an der praktisch auch in Wien noch nicht viel geändert ist; ist doch die Obdachlosenziffer von 1926 bis 1928 immer noch gestiegen. Die Wohnungsnot hat für das Sexualleben schwerwiegende Folgen: ein Zimmer fönnen sich Paare nicht mieten ( das wäre straffrei, ist aber nur für reiche Leute), aus der elter lichen Wohnung vertreibt sie der Paragraph der schweren Kuppelei, und aus den Parks der Großstadt der Paragraph des öffent lichen ergernisses. Jedenfalls hat Reich mit seiner Folgerung leider recht: Unter solchen Umständen ist an ein geordnetes Sexualleben, das die Voraussetzung der Arbeitsfähigkeit ist, nicht zu denken. Und was ist das Resultat derartiger Zustände? Eine geradezu
grauenhafte Berbreifung der Neurofen.
Diese seit Freud so genannten feelischen Störungen find in ihrem Kern Sexualstörungen, wenn sie sich auch nicht immer auf Jeruellem Gebiet auswirken( meistens aber doch). Die Neurosen find Ausdruck geftörter ferueller Defonomie, das heißt die vor handenen Triebfräfte find nicht ins richtige Gleichgewicht gebracht.
Man bedenke einmal kurz die Weiterungen, die sich daraus ergeben. Diese Proletarierfrauen heiraten zum großen Teil, und die meisten von ihnen bekommen auch Kinder. Die häufigste sexuelle Störung ist wohl die Frigidität, das heißt also die( in den meisten Fällen seelisch bedingte) Unauslösbarfeit des feruellen Befriedigungsgefühls beim Verkehr mit dem Manne. Der Mann braucht das gar nicht zu merfen, und er merkt es auch tatsächlich gewöhnlich nicht. Nun ist es eine Tatsache, daß von diesen vielen unglücklichen Frauen, die vom Sexualleben entweder gar nichts oder( auch nicht so selten) nur Schmerzen haben, sehr, sehr viele
nicht einmal wiffen, daß ihr Zustand anormal ist. Woher sollten sie das schließlich auch? Diese stillen Märtyrer tragen ihr Los mit heldenhafter Tragit; fie glauben, das sei-nun einmal das Leben der Frau, und da heißt es dann:„ Mein Mann ift so gut zu mir, und er sorgt auch immer für die Familie, und ,, das" muß er ja schließlich haben!" Diese Unwissenheit fanm durch Aufklärung beseitigt werden. Aber was dann? Können wir helfen?
Wir fehren mit dieser Frage wieder zu Reich und seinem Referat zurück. Gegen diese Uebel hilft die Psychoanalyse. Aber- die Psychoanalyse ist leider keine Maffentherapie. In den Beratungsstellen, die zum Teil wenigstens die Maffen wirklich erfassen können, stellt sich heraus, daß überhaupt mur 30 Pro3. aller Fälle beraten werden können; die übrigen 70 Proz. find behandlungsbedürftige Neurofen( deren ungeheure Verbreitung übrigens ficherlich auch zum nicht geringen Teil eine Folge des vätermordenden Krieges ist, von dieser Seite her also auch indirekt sozial bedingt). Wir können also nichts tun als für die Zukunft vorbeugen. Diese Borbeugung erfordert eine Aenderung unserer Segualerziehung. In diesem Bunkte aber fann man gar nicht pessimistisch genug sein. Denn einmal ist es beinahe undenkbar, daß die neurotischen Mütter seelisch gesunde Kinder erziehen können. Das Kind entwickelt sich an dem Vorbild der Eltern, und wenn diese neurotisch sind, so ,, projizieren" sie unbewußt und fast zwangsläufig ihre inneren Konflikte in ihre Umwelt. Das wichtigste Stück der Umwelt eines
dem Wege der sogenannten Projektion meist wieder neurotisch. ( Deshalb wiederholen sich auch so häufig dieselben Familientragödien bei Mutter und Tochter, Bater und Sohn.) Eine ewige Kette von familiärem Unglüd schleppt fich fo von Generation zu Generation,
und die Wirtschaft wird bald geschädigt durch die damit verbundene Herabdrückung der Arbeitsfähigkeit und Arbeitsfreudigkeit. Das ist die psychologische Schwierigkeit. Die andere Schwierigkeit liegt auf sozialem Gebiet. Die Serualerziehung ist soziologsch stark verwadjen. So hat Reich zum Beispiel mit Recht darauf hingewiefen, daß die jeßige Erziehung zur monogamen Dauerehe erziehen will, die, wie die Wirklichkeit zeigt, doch nur in ganz feltenen Ausnahmejällen wirklich harmonisch durchführbar ist.
So gibt es für Reich nur eines, für das übrigens auch Berfaffer dieses feit langem verzweifelt kämpft: Einbeziehung dieser Fragen in die Politif, nicht nur vom Standpunkt der Strafgesetzgebung aus, sondern vor allem muß das Arbeiter bildungswesen endlich erwachen! Ewald Bolim.
Ein neuer Frauenlob.
Dem deutschen Bolfe ist ein neuer Frauenlob erstanden. 3war heißt er nicht Heinrich, sondern Erich. Er kommt auch nicht aus Meißen , sondern er lebt in München Meißen , sondern er lebt in München Indessen sind ja auch in München schon vielen Frauen Loblieder gesungen worden. Man denke nur an die schöne Lola Montez . deren zierliche Bantöffelchen nicht nur München , sondern das ganze hochgepriesene Königreich Bayern regierten!
Wir haben oft gehört, daß das Christentum die Frauen aus unterdrüdung und Knechtschaft befreit habe. Wir waren zwar nicht ganz diefer Meinung. Aber so energiscy wie der neue Frauenlob, namens Erich Ludendorff , hat wohl noch niemand nachgewiefen, wie grundfalsch diese Meinung ist. to my
Die jüdisch- chriftliche Auffassung, daß die Frau der Gewalt des Mannes untertan sein müsse, daß sie in der Gemeinde zu schweigen habe, hat sich der folgerichtige Vertreter des Chriftentums, der Jesuit " zu eigen gemacht. Der Jesuit ist aber für den neuen Frauenlob die Nationalsozialistische Arbeiterpartei (!!!). Bas will diefe, jefuitische, jüdisch- chriftliche Auffassung" aus der Stellung der Frau machen?„ Der Jude hat uns die Frau gestohlen durch die Form der Geschlechtsdemokratie". Die Nationalsozialisten werden nie Frauen in Reichstag , Landtag oder in die Stadtverord netenkollegien schiden, denn die Aufgabe einer Frau ist für sie eine andere. Die Frau ist von unserm Herrgott zur Liebe und zum Haushalt geschaffen.( Also Luftsklavin und Arbeitstier!) Dagegen ist die Aufgabe des Mannes, für seine Familie zu sorgen und Zeit seines Lebens zu kämpfen. Die Frauen müssen ihre Männer „ Es fann im Kampf unterstüßen, und zwar von daheim aus". niemals eine gefunde Politik im Reiche, in den Ländern und in den Kammern getrieben werden, solange dort Tanten und Basen, mit Brillen auf den Nasen, die Jungfraubünden und Strickstrumpforganisationen angehören, darin vertreten sind".
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Auch der Nationalsozialist Goebbels : hält nicht zurück mit Mahnungen an die Frauen. Sie haben nach ihm die Aufgabe, schön zu sein und Kinder zur Welt zu bringen. Das erscheint ihm weder roh noch unmodern". Er zieht sogar die Tierwelt zum Ber gleich heran. Die Vogelfrau pußt sich für den Mann und brütet für ihn die Eier aus". Daß die Menschenfrau auch sonst noch allerhand zu tun hat, weiß Goebbels anscheinend nicht. Nach ihm sorgt der Bogelmann für die Nahrung. Sonst steht er auf der Wacht und wehrt den Feind ab". Kulturaufgaben haben solche Bogelmänner natürlich nicht zu erfüllen. Die liegen ja schließlich auch nicht im Bereich eines Goebbels und feiner Kumpane. Allerdings hat der neue Frauenlob recht, wenn er feststellt, daß trotz dieser Tatsachen Millionen deutscher Frauen dank ihrer christlichen Erziehung" so wenig Stolz haben, daß sie dem Christentum und der NSDAP . nachlaufen. Von ihm, dem neuen Frauenlob, aber geht die Befreiung der deutschen Frau aus.( Andere haben dafür bekanntlich gar nichts getan!)
Erst die Gegenüberstellung der jüdisch- christlichen und der deutschen Stellung der Frau in Familie und Volk bringt die wahre Erlösung für die Frauenwelt, meint unser Frauenlob. Tiefe, nie gehörte Weisheit spricht aus Ludendorffs Verkündigung: Maan und Frau stehen in diefer lebendigen Einheit des Volkes gleich. wertig, aber wesensverschieden nebeneinander". Freilich muß der neue Frauenlob zugeben, daß in seinem Tannenbergbund" die.