Jamere Handhabe gegeben, nicht nur das Betragen, sondern das ge-| famte Unterrichtsgebaren zu fontrollieren? Elternausschüsse und Elternbeiräte sind wertvolle Verbindungsmöglichkeiten zwischen Elternhaus und Schule. Viel zu wenig werden sie im allgemeinen beachtet. Auf diesem Wege können Wünsche und Anregungen der Eltern weitergeleitet werden, durch Elternausschüsse und Elternbei­räte haben Vater und Mutter die Möglichkeit am Aufbau und Aus­bau der Schule und des Unterrichts mitzuwirken. Vor allem aber sind es die persönlichen Aussprachen zwischen Elternschaft und Massenlehrer, die besser als jedes Zeugnis den Erziehern und Eltern Aufschluß über das Betragen ihrer Kinder im Unterricht geben. Jeder Vater und jede Mutter sollte sich deshalb regelmäßige Aus­Sprachen mit dem Klassenlehrer zur Pflicht machen.

Aus dieser Erkenntnis lehnen heute schon viele moderne Schulen Benfuren ab. An ihrer Stelle geben sie bei der Schulentlassung dem einzelnen Schüler

eine furze Charakterisierung.

Etwa so: Hans Huber ist ein stiller, fehr gewissenhafter Junge, lang­sam im Arbeiten, doch gründlich und selbständig im Denken, ver. träglich und zuverlässig. In allen handwerklichen Fächern ist er bagegen weniger begabt. Er ist eine Grüblernatur, lebt ziemlich zurückgezogen.... Oder: Richard Meier ist eine ausgesprochene Führernatur, ein geschickter Organisator, eignet sich mehr zum Um gang mit Personen als mit Sachen; in praktischen Dingen gewandt und geschickt, dagegen hat er zu eintönigen und mechanischen Ar­beiten weder Neigung noch Ausdauer.... onal wal

Dies nur ein paar Proben. Sagen fie uns über den Menschen nicht unvergleichlich mehr als die nüchternen Zahlen eins, zwei, brel, vier? Wer fann Eignung und Talent in Nummern aus­brüden? wis mas dod

Es gab eine Zeit, da machte man schon die Kinder in der Schule zu Nummern, denn der Lehrer setzte nach Leistungen. Der war Nummer eins, der war der letzte, der der 42. und der der 6. Der Ehrgeiz der Kinder war aufs stärkste angespannt. Jeder bemühte sich, mehr zu sein als der andere. Einer versuchte den andern zu übertrumpfen. Dabei war man in der Auswahl der Mittel nicht sehr wählerisch. woul

Denjenigen aber, die noch immer nicht auf Zeugnisse verzichten können, sei der Rat gegeben, erst einmal bei sich selbst mit dem Zensieren anzufangen. Wie möchte da so manches Zeugnis gerade über Erwachsene aussehen, die so gern gegenüber dem kleinen Volk den Richter spielen! Und gar erst, wenn auch die Kinder bei dem Notengeben, insbesondere bei der Be tragensnote der Eltern und Erzieher ein Wörtlein mitzureden hätten! Ich wette, die Sehnsucht nach Zeugnissen wäre bald vorbei.

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Mögen diese Ausführungen dazu beitragen, die Zeugnisse, die unsere Kinder jetzt zu Ostern nach Hause bringen, nicht allzu tragisch zu bewerten. Drückt die Kinder durch eure Kritik nicht noch mehr, die sind ohnehin durch eine schlechte Zensur genug bedrückt. Sucht ihre guten Seiten zu stärken und ihr werdet lebensfreudige frohe Menschen aus ihnen machen. Schon mancher, der in der Schule Letzter" saß, hat im Leben tapfer und mutig seinen Mann ge­standen. Irma Fechenbach,

sich das junge Baar mit dem Grafen Stadion, dem Beflher des schönen Schlosses Warthausen   in der Nähe von Biberach  . Dort traf Sophie wieder mit Wieland zusammen. Schloß Warthausen Sophie wurde die Muse dieses von vielen Barnah" genannten war das Zentrum eines Kreises geistig bedeutender Menschen, und Schloffes. Später verlegte Graf Stadion seinen Wohnfig nach Bönnigheim   im 3obergäu, und auch hier war die Familie Laroche ständig zu Gaft. Sophie berichtet selbst über den Anlaß zur Entstehung ihres Romans. Sie war in tiefer Trauer über die Nomvendigkeit, ihre Töchter aus dem Hause zu geben. Brediger Brechter aus Heilbronn   gab ihr den Rat. statt eigener Lötter( in papierenes Mädchen zu erziehen, wie sie sich ausdrückte. Sie wollte beweisen, daß das Schicksal einem Menschen wohl alles nehmen fönnte; äußeres Wohlleben, Freunde, Geliebte. Aber eines fönnte dem Menschen nie genommen werden: das, war er arlernt hätte, was ihm an Gaben des Geistes und des Herzens mitoegeben wäre, und die Möglichkeit, feinen Nächsten Liebe zu erweisen. Hervor gegangen ist der Roman aus Briefen, die Sophie Larote mit Wie. land über Erziehungsfragen austauschte. Er war ihr Mentor, der ihr gute Ratschläge gab, aber auch rückholtslos anerkannte, was fie zu leisten vermochte. Ueber eine französisch geschriebene Erzählung leiner Freundin hatte er geurteilt: Ich würde alles geben, was ich geschrieben habe, felt ich mit der Feder umgehe, um der Berfaffer dieser Erzählung zu sein." Er erkannte die netürliche Gestaltungs fraft der Laroche an, doch tadelte er auch ihren Stil, thr oft in­

forrettes Deutsch.

Der Roman erschien unter Wielands Namen, da es ja damals noch nicht Gifte war, daß Bücher von Frauen herausgegeben wur den. Die Aufnahme war im allgemeinen begeistert. Man entdeckte bald, daß Sophie von Laroche   die Verfasserin war. Der Ladel richtete sich fast nur gegen Wielands nicht sehr taftvolles Vorwort, machte. Ganz besonders begeistert war die Anerkennung Herders: in dem er den Leser auf die Schwächen des Romans aufmerfiam " Alles, was Sie mir von der Verfasserin der Sternheim fagen, find für mich wahre Evangelien. Man hört ja Erscheinungen von Engeln und Geistern so gern, wenn man sie auch nicht sieht, und ein solcher menschlicher Geist, wie weit mehr fann der in der Srele wirken! Es gibt doch immer gewisse innere Winte und Divina­tionen: die sympathifieren in mir so sehr mit dieser vortrefflichen ablegt; und die machen mich also wahrhaftig nicht bloß aufmerksam, Frau, selbst in Kleinigkeiten, über die man nicht gerne Rechnung sondern andächtig." Und nach Erscheinen des zweiten Bandes schrieb er: Es ift, glaub' ich, natürlich, daß der erste Teil gleich sam als Jugend, als Morgenröte des Werkes, indem er nur erste Bekanntschaft und Ahnungen gibt, die das dem Ausgana Nähere nicht hat, stärker frappiere. Der Absicht der Verfasserin aber nach, um zu zeigen, wie die wohltätige Seele sich bloß durch Aktivität aus dem erschrecklichsten Fall erhole, ist, glaub' ich. der zweite Teil der schönere." Nicht minder begeistert war Herders   Braut, die kluge Caroline Flachsland  . Auch im Briefwechsel des Braut­paares Herder- Flachsland wird immer wieder der Bewunderung für das Werk und für Sophie Laroche   selbst Ausdruck gegeben. Die bedeutendste und zugleich geistreichste Beurtellung des Werkes aber stammt von feinem Geringeren als Goethe felbft. Er hatte sich sehr über einige mißbilligende Rezensionen geärgert und übernahm nun die Verteidigung in den" Frankfurter Gelehrten An­ zeigen  " von 1772. Es heißt da unter anderem: Es haben sich bet gebetene Beurteiler eingefunden. Der Mann von der großen Welt, der Erscheinung des guten Fräuleins von Sternheim lehr viele un dessen ganze Seele aus Verstand gebaut ist, kann und darf das nicht verzeihen, was er eine Sottise du coeur( Einfalt des rens) nennt. Er überließ also schon lange das gute Kind ihrem Schicksal und ge dachte ihrer so wenig als ein Kammerherr seiner Schwester, ole einen Briefter geheiratet hat. Der Schönkünstler fand in ihr eine Schwache Nachahmung der Clarissa( berühmter englischer Roman

** Der erste Frauenroman. Jenen Zeit. D. Red.) und der Kritiker schleppte alle die Golipfismen

Am Tage des Buches der Frau ist es wohl angebracht, der Frau besonders zu gedenken, die den ersten deutschen Frauenroman ge schrieben hat. Heute, wo die Zahl schriftstellernder Frauen faft Legion ist, kann man sich faum vorstellen, daß dieser erste deutsche Frauenroman erst 1771 erschienen ist, also vor 160 Jahren. Man denkt auch nicht mehr daran, daß dieser Roman im Schwabenlande geschrieben wurde und erschienen ist, daß ein Schwabe die Anregung dazu gab, und daß auch wieder ein Schwabe Herausgeber des Romans war, da es damals nicht Sitte war, daß Frauen Bücher schrieben oder, wenn sie es schon taten, dann auch die Bücher selbst veröffentlichten.

( Selbstbespiegelungen) und baute sie zu Haufen, wie das Tier Kall ban ben unserem Freund Shakespeare  . Endlich fam auch der fromme Eiferer und fand in dem Geifte der Wohltätigkeit diefes liebens­würdigen Mädchens einen gar zu großen Hang zu guten Werken. Allein, alle die Herren irren sich, wenn sie glauben fie beurteilen ein Buch es ist eine Menschenseele; und wir wissen nicht, ob diese vor das Forum der großen Welt. des Aeſthetikers. des Zeloten und des Kritifers gehört."

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Das Buch erlebte sofort zahlreiche Auflagen und mehrere Ueber­fegungen ins Französische   und ins Englische. In unserer Zeit wird es freilich faum noch viele Leser finden. Wir können den Ueber­schwang und die Gefühlsfeligkeit entschwundener Tage nicht mehr

Die Verfasserin des ersten deutschen Frauenromans, der den Titel trägt: Geschichte des Fräuleins von Sternbegreifen. Interessant ist es aber auch für uns noch, daß die Ber­heim", ist Sophie von Laroche  , geborene Gutermann von Gutershofen, aus Augsburg  . Sie hatte schon als junges Mädchen einen starken Wissensdrang, jedoch wenig Gelegenheit zu geregelter Ausbildung. Die Erkenntnis ihrer eigenen unzulänglichen Erzichuna bewog sie, sich viel mit Erziehungsfragen zu beschäftigen. Sie war Freundin und Mitarbeiterin der bekannten Pädagogen Pfeffet und Brechter. Auch ihr erster Roman ist ein Erziehungsroman, der vor allem durch Vorbilder zu wirken sucht. Er bringt eine fnappe, spannende Darstellung der Handlung.

Sophie war als junges Mädchen zu ihren Verwandten nach Biberach   im Schwabenlande gekommen und hatte sich dort mit ihrem Better, dem später so berühmten Dichter Wieland, verlobt. Die Verlobung ging zurück, aber Wieland blieb auch später Sophies Freund und geistiger Anreger. Sophie heiratet den turmeinzischen Hofrat Georg Michael Frank von Laroche. In Mainz   befreundete

fasserin als Trost im Unglück eine praktische, soziale und pädago. gische Tätigkeit empfiehlt und eine große Borurteilslosigkeit in bezug auf Standesunterschiede zeigt. Sophie von Laroche   hatte sich viet mit den Gedanken des Philosophen Rousie au beschäftigt. Sie war sogar der Mittelpunkt der deutschen Rouffeau- Gemeinde, und der Einfluß dieses Vorkämpfers geistiger Freiheit ist bei ihr unver fennbar. Zudem gab Sophie, wohl in Erinnerung an ihre eigene mangelhafte Erziehung und Bildung, wertvolle, ganz neuzeitliche Winke für die Erziehung der Frauenzimmer". mie man damals die jungen Mädchen nannte Mit Recht schrieb ihr Jugendgeliebter und späterer Freund Wieland nach ihrem Tode, die Welt fönne mohl zufrieden sein, eine lo außerordentliche Frau sechsundsiebzig Jahre lana besessen zu haben". In diesem Sinne denken auch wir heute an sie, die den Frauen den Weg zur Literatur gebahnt hat. Anna Blos  .