Für unsere KinderLand gehen könnten! Aber erzähle mir, wasdu weißt, kleine Blume."So erzählte das Gänseblümchen alles, wases wußte, von dem Treibhaus und den anderenBlumen. Es erzählte von dem prächtigenBlumenladen und dem bunten Leben und Trei ben aus der Straße, und schließlich erzählte esvon dem wunderbaren Abend, den es in demgroßen glänzenden Hause verlebt hatte.„Wie schön müssen doch die Häuser reicherLeute sein," rief die Kleine;„tut es dir nichtleid, mein Gänseblümchen, daß du von dortfort mußtest?"„Nein, es tut mir nicht leid," sagte die Blume,„denn dort hatte mich keiner so lieb wie du,und ich will dich nie mehr verlassen.Und die bxiden blieben beisammen. Des Kin des Mutter pflegte liebevoll die kleine Krankeund begoß sorgsam die Pflanze, und als dieKleine wieder kräftig genug war, dann undwann ein Stündchen aufzustehen, setzte sie beidezusammen ans Fenster, wo sie die Sonne sehenkonnten. Der Doktor kam von Zeit zu Zeitund sagte mit zufriedenem Lächeln, daß esseiner kleinen Patientin viel, viel besser ginge,daß sie nur viel frische Luft und Bewegunghaben müsse, wenn der Frühling käme. FrauMelbach kam häufig und gern, denn baldfühlte sie sich in diesem ärmlichen Zimmerneben dem Kinderbetrchen glücklicher als inihrem eigenen, prächtigen Heim. Oft saß siestundenlang neben der Kleinen, erzählte ihrGeschichten, oder spielte mit ihr mit dem hüb schen Spielzeug, das sie ihr mitgebracht hatte.Ehe sie ging, betrachtete sie immer den Gänse blümchenstock, und einmal pflückte sie eine derzarten Blüten und steckte sie an ihren Busen.—Es war Anfang Frühjahr. Die Luft warerfüllt von dem süßen, unbestimmten Dust derwiedererwachenden Natur. Selbst in dem ge räuschvollen, düsteren Arbeiterviertel der Groß stadt, wo es keinen Baum und keinen Strauch,ja nicht einmal ein Grashälmchen gibt, war dieLuft davon erfüllt. Das Fenster des Kranken zimmers war weit geöffnet, und ein Sonnen strahl, der hereindrang, färbte die bleichenWangen des Kindes und die Blüten derPflanze mit einem Schimmer von Gold.Neben dem Kinde saßen zwei Frauen; dieeine trug ein seidenes Gewand, die anderetrug ein Werktagskleid aus grobem Kattun,aber beide sahen froh und zufrieden auS, unddie eine Frau sprach zu der anderen:„Der Arzt sagt, Ihr kleines Mädchen brauchtirische Luft und Bewegung uud nahrhafteSpeisen. Lassen Sie mich die Kleine mit aufsLand nehmen, und ich will ihr alles geben,was sie braucht. Ich weiß, eS wird Ihnenschwer, sich von ihr zu trennen, aber, glaubenSie mir, ich werde sie Ihnen im Herbst zurück bringen, kräftig und blühend und gesund! Ichhabe keine eigenen Kinder, und ich liebe Ihrkleines Mädchen. Lassen Sie mich eine Zeit lang für sie sorgen und sie mit mir nehmen!"Die Mutter nickte. Sie war zu bewegt, umzu sprechen; und die beiden Frauen sahen ein ander in die Augen, während diezarte, schmaleHand der reichen, kinderlosen Frau in derrauhen, arbeitsharten der armen Mutter ruhte.Draußen auf dem Lande, wo die Gänse blümchen wachsen, steht ein kleines ländlichesHauS, einfach aber traulich. Durch seine weitgeöffneten Fenster weht die frische Bergesluftund dringt der goldene Sommersonnenschein;ein Gärtcken umgibt es, und Reben rankensich daran empor. Im Garten steht eine Frauin lichtem Sommerkleid, ihre Augen werdenvon einem großen Gartenhut beschattet. Siebegießt eine üppige Gänseblümchenpflanze, diedicht neben der Haustür gepflanzt ist, undihre Augen ruhen liebevoll auf einem kleinenMädchen, dasein ihrer Nähe spielt. Das kleineMädchen sieht gesund und glücklich aus. Seingoldenes Haar weht im Winde, und seineWangen glühen im Eifer des Spieles. ZweiTreibhauspflanzen sind endlich daheim, aufdem Lande, am Herzen der Natur, das Kindund das Gänseblümchen. ovoDie kleine Sex.Morgens früh um sechsKommt die kleine Hex.Morgens früh um siebenSchabt sie gelbe Rüben,Morgens früh um achtWird der Kaffee gemacht.Morgens früh um neunGeht sie in die Scheun'.Morgens früh um zehnHolt sie Holz und Spän',Feuert an um elf,Kocht dann bis um zwölfFröschebein und KrebS und Fisch:Hurtig, Kinder, kommt zu Tisch!Verantwortlich für die Redaktion:Frau Klara Zetkin(Zundel), WUHelmShöhe,Post Degerloch bei Stuttgart.Druck und Verlag von Paul Singer in Stuttgart.