Für unsere Kinder

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Mehrheit war für Pfizenmeier, der besser kom- Bald standen sich die beiden Abteilungen mandieren konnte. Als aber sein Rivale Bau- in Sehweite gegenüber. Der Trommler paufte mann zornig erklärte, nicht mehr mittun zu wie wahnsinnig auf sein Instrument, während wollen, mußte man zur Bildung einer zweiten der Spielmann drüben das Blaue vom Himmel Abteilung schreiten. Ihr Hauptmann wurde herunterblies. Diesen Sturmsignalen folgte der Baumann, sie sollte gegen die erste Abteilung Angriff. Unter höllischem Geschrei stürzten die tämpfen. Den Vorschlag, Engländer" zu sein, Armeen" aufeinander, die Krieger hieben lehnte die Mannschaft" aber entrüstet ab. blind drauf los, packten sich an den Haaren Die Kinder hielten jeden Engländer für einen und am Halse und balgten sich mitunter feu­Ausbund der Schlechtigkeit. Nein, tausendmal chend am Boden. Die Getroffenen heulten laut lieber wollten sie Franzosen  " spielen! auf, während die Sieger"- meist große, träftige Jungen sie mit groben Schimpf­worten trattierten, um die eigene Rauflust zu steigern.

Jede Abteilung erhielt einen Fahnenträger und einen Spielmann. Der Trommler" fam zur ersten, der Flötenbläser" zur zweiten Truppe.

Endlich, nach langem Hin- und Herzanken konnte man an den Abmarsch denken, der, um wirksam zu sein, gemeinsam geschah. Unter mächtigem Trommelschlag gings durch die Straßen; der Pfizenmeier und der Baumann an der Spitze ihrer Abteilungen, gravitätisch mit geschultertem Säbel. Aus voller Rehle wurde das bekannte Soldatenlied angestimmt: Heimat, o Heimat, bald muß ich dich verlassen, Sturm hat der Kaiser im Land rings blasen lassen. Welschland läßt uns keine Ruh, Balde marschieren wir Welschland zu!

Die Leute auf dem Bürgersteig betrachteten schmunzelnd den friegerischen Aufzug, und ein älterer, graubärtiger Mann sagte freudig lächelnd zu seinem Nachbar: Ja ja, die Jungens! Das haben sie von uns Alten!"

Am Stadtende trennten sich Freund und Feind; auf verschiedenen Wegen marschierten sie dem nahen Walde zu, in die Argonnen  ", wo ein größeres Treffen verabredet war.

Im Walde angelangt, machte die Truppe Pfizenmeier Halt. Man stellte Posten aus und lagerte sich im Moose. Der Hauptmann schickte eine Erkundigungspatrouille weg. Bald tam diese in weiten Sprüngen zurückgerannt und meldete, der Feind" nahe von rechts. Rasch wurde angetreten. Der lange Pfizenmeier zog sein Schlachtschwert, turnte wichtig vor der Front herum und schrie aus Leibeskräften: Soldaten! Es geht in den Kampf! Haltet euch tapfer und haut feste drauf, damit wir fiegen!"

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Hurra! Hurra!" brüllten die Jungen, daß der Wald widerhallte.

Und Hurra! Hurra!" fam ein vielstimmiges Echo aus einiger Entfernung unter den Bäumen zurück. Das war der anrückende Feind", dem man jetzt tatendurstig entgegenzog.

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Eine Anzahl weniger mutig veranlagter Jungen blieb vorsichtig im Hintergrund, Sie taten sich als Artillerie" auf und beschossen den Gegner aus der Ferne mit Tannenzapfen und kleinen Holzstücken.

Inmitten des Trubels hatte der lange Pfizen­meier den feindlichen Anführer Baumann bis­her vergeblich gesucht. Jetzt entdeckte er ihn, als er gerade dabei war, einen aus Pfizen­meiers Abteilung regelrecht zu verwalten. So­gleich rannte Pfizenmeier mit geschwungenem Säbel auf ihn zu. Der dicke Baumann sah den Feind" noch rechtzeitig, ließ von seinem Opfer ab und stellte sich Pfizenmeier kampf­bereit entgegen. Einige Minuten lang schlugen fie nach Fechterart die Säbel hart zusammen, dann aber holte Pfizenmeier zu einem mächti­gen Stoß nach dem Kopfe des Gegners aus. Ein Schmerzensschrei, so fürchterlich, so durch­dringend, daß er die Kämpfenden bange auf­horchen machte, übertönte den tosenden Lärm... Pfizenmeier entfiel der Säbel.

O, mein Auge! Mein linkes Auge!" rief Baumann tläglich, lehnte sich an einen Baum­stamm und bedeckte sein Gesicht mit beiden Händen. Ein roter Blutquell rieselte zwischen den Fingern herab.

Niemand dachte jetzt mehr an die Schlacht". Vergessen waren mit einem Male die erlittenen Schrammen und Beulen, vergessen waren Eng­länder, Russen und Franzosen  . Freund und Feind" eilten entsetzt herbei und umstanden mitleidig den winselnden Baumann.- Blut!

Ein eisiges Grauen schlich den Knaben zum Herzen hinauf. Verflogen war auch der dumme Groll Pfizenmeiers und ohnmächtige Reue wandelte ihn an. Fast demütig wendete er sich an den Verletzten.

,, Du, du, das habe ich nicht gewollt- ganz gewiß nicht! Darfst es mir glauben!" stammelte er. ,, Komm, ich will dich verbinden!"