erschlossen waren, sie aber dürfen sich nicht bücken und ihren Durst nach Wissen löschen, sie sollen sich mit den Brosamen der Bildung begnügen, die von der Reichen Tische fallen. Und schwerer noch als das armselige, entbehrungs- und mühsalsreiche Leben lastet auf den Arbeiterinnen aller Art die Unsicherheit der Eristenz. Heute racfern sie bis zur vollständigen Erschöpfung, morgen irren sie brotlos durch die Straßen. Eine neue Maschine wird erfunden, ein Artikel kommt außer Mode, ein politisches Ereigniß, welches die Marktverhältnisse beeinflußt, tritt ein, und von einem Tag zum anderen fliegen Hunderte von Arbeiterinnen brotlos aufs Pflaster.
Gleicherweise traurig sind die Verhältnisse der proletarischen Frauen, welche nicht der Berufsarbeit nachgehen müssen, sondern noch zu Hause der Wirthschaft vorstehen, die Kinder pflegen. Was die Berufsarbeiterinnen unmittelbar leiden, das leiden sie durch Vermittlung des Mannes. Knappe Löhne, Ueberarbeit, Unsicherheit der Eristenz, kurz alle die„ Segnungen", mit denen das Kapital die Lohnarbeit beglückt, beeinflussen das Wohl der Arbeiterfamilie, erschüttern sie in ihren Grundvesten, zerstören sie im Handumdrehen und vermehren die Sorgen der Arbeiterfrau.
Und diese Verhältnisse zwingen den Frauen der werkthätigen Masse den Kampf auf gegen die heutige Gesellschaftsordnung, d. h. gegen die Ursache all der Uebel, welche sie zu Boden drücken. Und diese Verhältnisse führen die Frauen der werkthätigen Masse voll hoffnungsfreudiger Begeisterung in Reih und Glied der einzigen Partei, welche gegen diese Gesellschaftsordnung kämpft, welche das Schwert nicht eher zur Seite legt, bis dieselbe beseitigt ist: in Reih und Glied der Sozialdemokratie. Hier ist der Play all der Frauen und Mädchen, welche an ihren Stetten rütteln, welche sie Ring um Ring zerbrechen und umschmieden in Waffen, mit denen sie für ihre Befreiung fämpfen. Denn für immer vorbei die Zeit, wo die Frau in beschränkter Auffassung des Lebens und ihrer Aufgaben diese Ketten für einen Schmuck erachtete. Die Frauen des frohndenden Volks stellen sich in Reih und Glied des klassen bewußten Weltproletariats, des jugendfrischen Kämpfers für Frei
Einstmals geschah es, daß er zu Abend viel Reisbrei aß mit Datteln aus Damaskus . Darauf machte er die Fußwaschung und ging zu Bett. Mitten in der Nacht hörte er plößlich eine Stimme, die zu ihm sprach:„ Stehe auf, Hassan, und folge mir!"
Er öffnete die Augen und sah, daß ein schwarzes, schwanfendes Gespenst vor ihm stand.
" Allah ist groß!" sprach Abu- Hassan voll Verwunderung und Schrecken.„ Wer bist Du?!"
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„ Ich bin Gardiil, der Engel des Leids", antwortete das Gespenst. Und Hassan sah, daß es wirklich ein Engel war in langer, schwarzer Kleidung. Die feinen Augenbrauen seines bleichen Gesichts waren finster zusammengezogen. Unter den gesenkten Augenlidern quollen Thränen hervor.
"
Steh' auf, Hassan, Du Trost der Menschen, folge mir, und Du sollst sehen, wie groß das menschliche Leid ist!"
Und er nahm Hassan bei der Hand, und wie von einer höheren Macht bewegt hob sich Hassan unwillkürlich vom Bett und flog mit dem Engel durch das große Fenster, in das der Vollmond hell hineinleuchtete.
Rasch schwebten sie durch die warme Nachtluft dahin. Unter ihnen dunkle Feigengärten, mit Cypressen bepflanzte Kirchhöfe, in Nacht gehüllt, und im Mondschein glizernde Springbrunnen. Hoch über die schlafenden Thürme der Minarets flogen sie weiter und weiter, unter ihnen huschte Alles schnell in einem durchsichtigen, silberfarbigen Nebel vorüber. Und endlich sah Hassan nichts mehr als den durchsichtigen Nebel.
3
heit und Recht, weil auch sie von dem Hauch berührt worden sind, von dem der Dichter sagt:
Es geht ein gewaltiger Geisteshauch über die Erde, Desgleichen auf Erden noch nie ist gespüret worden, Er wühlet die Wellen auf vom Grund. Dem Amboß hat es Einer gesagt,
Daß er aus demselben Stoff gemacht sei Wie der Hammer
Von all den glänzenden Frauengestalten, welche im Laufe der großen französischen Revolution an die Oberfläche des öffentlichen Lebens emportauchten und dann zum großen Theil von dem Strudel des gewaltigen Stroms der Ereignisse verschlungen wurden, kann sich wohl keine an Bedeutung auch nur im Entferntesten mit Madame Roland messen. Durchaus ebenbürtig steht sie den Männern ihrer Partei, der Partei der Gironde , zur Seite, ja viele von ihnen überragt sie um Haupteslänge an flammender Begeisterung für die Sache der Revolution, an nie verlöschendem Glauben, an Schärfe und Logik des Urtheils und an unbezähmbarer Thatkraft. Sie war mehr als eine bewußte, energische Parteigängerin der Gironde : in so und so vielen Fällen war sie deren Haupt, das dachte, ihr Willen, der lenkte.
Mit ihrem hoch entwickelten, den vielseitigsten Interessen zugewandten Geiste, ihrem in sich gefestigten, selbständigen, mannhaften Charakter kann sie nicht etwa als typische Vertreterin der französischen Bürgerfrauen des 18. Jahrhunderts gelten. Dagegen gelangt in ihr und ihrer Stellungnahme zu den Ereignissen und Parteifämpfen der großen Revolution der Charakter der Bourgeoisie als Klasse zu geradezu typischem Ausdruck. Allerdings nicht der Bourgeoisie, wie wir sie heute kennen, im Stadium der Greisenhaftigkeit, sondern der noch jugendkräftigen idealistischen Bourgeoisie, welche im Kampfe stand für ihre Gleichberechtigung und sich selbst mit der ganzen Menschheit identifizirte. Und so ist es kein Zufall, kein auf die Gefühle persön licher Freundschaft zurückzuführender Umstand, daß Madame Roland sich mit Leib und Seele der Gironde anschließt, mit ihr rathet und thatet und mit ihr fällt. Es war dies eine innere Nothwendigkeit.
und erblickte plößlich einen großen, schwarzen Bären, dessen langes, breitstirniges Haupt hinter dem Felsen hervorguckte. Rasch sprang fie auf und mit Mark und Bein durchdringendem Geschrei floh sie, das Kind fest umflammert haltend und über die Felsblöcke stolpernd. Doch der Bär lief ebenso schnell ihr nach. Viele Menschen in Thierfellen sprangen aus den Höhlen und jagten ihnen nach mit sonderbarer Waffe.
Die Frau strauchelte, stürzte, das Kind fiel ihr aus den Armen. Schnell wie der Bliz warf sich der Bär darauf, ergriff es mit seiner großen Tage und mit grimmigem Gebrüll verschwand er sammt seiner Beute, verfolgt von den Pfeilen und dem Geschrei der sonderbaren Menschen in Thierfellen. Die Frau ging wie wahnsinnig davon, wild um sich blickend, und setzte sich wieder an den krummen, alten Baum, das Haupt in den Schooß gesenkt. Von Zeit zu Zeit hob sie den Kopf, schaute um sich, und ein langgedehntes, schmerzliches Stöhnen fam aus ihrer Brust. In ihrer Klage lag soviel Stummer und hilfloses Leid, daß das Herz Abu- Hassan's vor Schmerz zusammenzuckte.
O, bitte, fliehen wir von hier", sprach er zum Engel. Und sie flogen weiter.
Ein neues Bild tauchte vor ihren Augen im silberfarbigen Nebel auf.
Eine Volksmenge stand in einem Kreis bei einander und schaute luftig zu, wie ein Bauer in grauem Rock einen großen Bären an der Kette führte. Der Bär sprang und tanzte, und der Bauer " Schau hin", sagte der Engel,„ und Du wirst die ersten zwang ihn, sich vor Jedermann bis zur Erde zu verneigen. Anfänge des menschlichen Leids erblicken!"
In dem unermeßlichen Nebel zeichnete sich, gleich dem Bild einer Zauberlaterne, eine weite, traurige Wüste ab. Seltsame Gestalten, mit Haaren bewachsen, in Thierfelle gekleidet, kletterten auf den Felsen herum und bargen sich in dunklen Höhlen. Gegen den frummen Stamm eines alten Baumes gelehnt saß eine Frau und säugte ihr Kind. Sie schaute ängstlich und erschreckt um sich
„ Allah ! Allah !" sprach Hassan.„ Der Mensch besiegte die wilden Thiere."
,, Viel Schmerz hat es gekostet", sprach der Engel des Leids, ,, biel Blut und Thränen sind vergossen worden, bevor dieser Sieg errungen wurde. Aber ohne dieses Blut und diese Thränen und ohne diesen Kampf gäbe es auch keinen Sieg!"
( Schluß folgt.)