die Befreiung des Proletariats zu hellen Flammen geschürt; so erzieht nun hier die klassenbewußte proletarische Mutter ihr Kind zum zielklaren Zukunftskämpfer, welcher der kapitalistischen   Gesell­schaft gegenüber seinen Hannibalschwur leistet. Das Wahlrecht des weiblichen Geschlechts ist mithin der mächtigste Hebel, die millionenköpfige breite Masse der Proletarierinnen politisch aufzu­flären und zu schulen, damit den Klassenkampf von einem Hemmniß zu befreien, ihm dagegen neue zielbewußte, opferfreudige Streit fräfte zu gewinnen und das nachwachsende Geschlecht vom zartesten Alter an mit der Erkenntniß seiner Klassenlage und Klassenpflichten zu erfüllen. Durch das Wahlrecht des weiblichen Geschlechts wird die gesammte Proletarierfamilie mobilisirt und auf das Blachfeld des Klassenkampfes geführt.

Weiter. Mit dem Besitz des Wahlrechts wird die proletarische Frau zu einem politischen Machtfaktor, weil sie nun mittels ihrer Stimme die politischen Verhältnisse zu beeinflussen vermag. Das durch gewinnt die Partei des klassenbewußten Proletariats an politischer Macht, denn das Uebergewicht ihrer Zahl über die bürgerlichen Parteien muß durch den Anschluß der politisch voll­berechtigten Frauen an die Sozialdemokratie bedeutend steigen.

Gewiß, auch die bürgerlichen Parteien erfahren einen Zu wachs an Stimmen in dem Augenblick, wo das weibliche Geschlecht das Wahlrecht erhält. Aber dieser Zuwachs bleibt beträchtlich hinter dem der Sozialdemokratie zurück.

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Die Frauenwelt der oberen Zehntausend bildet einen win­zigen Bruchtheil des weiblichen Geschlechts. Die Zahl der mittel­und kleinbürgerlichen Frauen schrumpft mit der Vernichtung des Mittelstandes durch die Großbourgeoisie mehr und mehr zusammen. Die Frauen dieser Kreise werden außerdem in sozialer und geistiger Beziehung besonders stark von dem Gesetz der Trägheit, des Be­harrungsvermögens beherrscht. Sie stehen dem modernen Leben und seinen Pflichten am verständnißlosesten und stumpfsinnigsten gegenüber, klammern sich an Ideen und Einrichtungen aus der Zeit als der Großvater die Großmutter nahm". Es ist Zehn gegen Eins zu wetten, daß sie am wenigsten ihr Wahlrecht aus­nügen. Von größter Bedeutung für ihre politische Gleichgiltigkeit ist, daß sie zum Theil noch ausschließlich am häuslichen Herde schalten und walten, durch selbständigen Erwerb nicht unmittelbar mit den sozialen Zuständen zusammenprallen und in der Folge den Werth des Wahlrechts als einer Waffe im Kampfe um das soziale Dasein nicht schäßen lernen. So können die bürgerlichen Parteien nur einen beschränkten Zuwachs ihrer Stimmenzahl und ihres politischen Einflusses aus den Schichten der Frauenwelt schöpfen, die durch ihre Klassenlage zum Anschluß an sie gedrängt wurden. Mit wesentlich anderen Verhältnissen hat die Sozialdemokratie zu rechnen. Die große Mehrzahl der Frauenwelt gehört dem Proletariat oder proletarisirten Gesellschaftsschichten an. Prole­tarierinnen sind die meisten Frauen, welche selbständig erwerbend thätig sind, und die in der Folge den politischen Verhältnissen Interesse und Verständniß entgegenbringen, nach politischer Auf­flärung und politischem Einfluß streben. Die proletarische Frau wird durch ihre Klassenlage, durch die wirthschaftliche Ausbeutung und soziale Unterdrückung, welche sie durch die Kapitalistensippe erfährt, geradezu gezwungen, diese Aufklärung, diesen Einfluß zu suchen. Ihre Arbeits- und Lebensverhältnisse stäuben aus ihrem Hirn die letzte Spur des Ammenmärchens, daß sich die Frau nicht mit politischen Angelegenheiten beschäftigen dürfe. Mit wünschens­wertheſter, wenn auch grausamer Deutlichkeit paufen sie ihr die Erkenntniß ein vom Werth des Wahlrechts als der Waffe, mittelst derer der Kapitalistenklasse die politische Macht und damit die wirthschaftliche Macht aus der Hand geschlagen werden muß. Das Proletariat wird deshalb den größten Theil der Frauen stellen, die das Wahlrecht gebrauchen. Und daß sie es in rechter Weise gebrauchen als Waffe, mit der sie gegen den Feind, die bürger­liche Gesellschaft, tödtlichen Streich auf tödtlichen Streich führen, anstatt sich mit ihr ins eigene Fleisch zu schneiden- dafür sorgt die nämliche Klassenlage, die ihre rege Betheiligung am politischen Leben bedingt. Diese Klassenlage führt sie mit Naturnothwendigkeit in das Lager der Revolution, in das Lager der Sozialdemokratie, denn kein Einfluß irgend welcher Art vermag auf die Dauer die

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Erkenntniß hintanzuhalten, daß die Sozialdemokratie die einzige politische Partei ist, welche die Interessen der werkthätigen Masse voll und ganz und unter allen Verhältnissen vertritt. So bedingt das Wahlrecht des weiblichen Geschlechts ein höchst bedeutendes Steigen der Stimmenzahl und der politischen Macht des Prole­tariats, so verleiht es diesem das erdrückende numerische Ueber­gewicht über seine Gegner, so beschleunigt und erleichtert es seinen endgiltigen Sieg.

Sein wohlverstandenes Klasseninteresse veranlaßt mithin das Proletariat, für das Wahlrecht des weiblichen Geschlechts einzu­treten. Denn das Wahlrecht des weiblichen Geschlechts ist eine der Voraussetzungen für das Massenaufgebot der zielbewußten, disziplinirten Proletarierinnen zu der Arbeit heilgen Krieg, es ist eine der Voraussetzungen dafür, daß das Proletariat als die eine revolutionäre Masse der bürgerlichen Gesellschaft erklärt: Wir sind die Kraft, wir hämmern jung das alte, morsche Ding, der Staat, Die wir von Gottes Zorne sind bis jetzt das Proletariat."

Erst wenn auch diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann das revolutionäre Proletariat mittels des Hammers der politischen Macht den alten, morschen Klassenstaat umschmieden in die jugend­träftige sozialistische Gesellschaft.

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Arbeiterinnen- Bewegung.

In der Zeit vom 20. Juni bis 15. Juli fanden öffentliche Versammlungen statt in: Adlershof  , öffentliche Versammlung der Arbeiter und Arbeiterinnen der Textilindustrie: Die Stellung der Frau in der heutigen Gesellschaft und Industrie"( Genosse Litfin); Altona  , öffentliche Versammlung der in der Bekleidungsindustrie beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen:" Industrieverband oder Branchenzentralisation?"( Genosse Stühmer); Berlin  , 31 große, von Männern und Frauen sehr zahlreich besuchte Volksversammlungen: " Der Bierboykott in Berlin   und Umgebung"( unter den Referenten befanden sich die Genossinnen Greifenberg   und Baader); die Ver­sammlungen beschlossen sämmtlich mit großer Begeisterung, den Boykott auf alle dem Ring angehörenden Brauereien auszudehnen; öffentliche Versammlung aller in der Schäftebranche thätigen Arbeiter und Ar­beiterinnen: Der Stand des Streits bei Fürstenheim& Co."( Ge­nosse Hühne); öffentliche Versammlung der Kartonarbeiter und-Ar­beiterinnen: Klassenbewußtsein und Arbeiterorganisationen"( Genosse Sailer); öffentliche Versammlung der Schneider und Schneiderinnen: ,, Unter welchen Voraussetzungen ist ein erfolgreiches Vorgehen der Arbeiterschaft in der Konfektionsbranche denkbar?"( Genosse Timm); öffentliche Versammlung aller in der Kürschnerbranche beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen: Der internationale Kongreß der Kürschner  in Brüssel  "( Genosse Rogge); Bremerhaven  , öffentliche Volks versammlung:" Sozialismus und Anarchismus"( Reichstagsabgeord neter Stadthagen  ); Breslau  , öffentliche Versammlung der Schneider und Schneiderinnen:" Bericht der Lohnkommission der Konfektions­branche"( Genosse Bergmann); Charlottenburg  , öffentliche Ver sammlung der Hilfsarbeiter und Arbeiterinnen:" Die moderne Ar­beiterbewegung"( Genosse Jahn); Dresden  , öffentliche Volksversamm lung: Allerlei Anarchismus  "( Genosse Dr. Gradnauer); Düsseldorf  , öffentliche Versammlung der Schneider und Schneiderinnen: Der Kongreß der Arbeiterschaft der Bekleidungsindustrie und die Gründung eines Industrieverbandes"( Genosse Haberland Barmen); Elsterberg  , öffentliche Versammlung der Textilarbeiter und Arbeiterinnen: Die Frau und der Sozialismus"( Genoffin Vogel- Netzschkau); Hamburg  , öffentliche Versammlung der Schneider und Schneiderinnen: Die Volksversammlung: Religion und Wissenschaft"( Genosse Philipp); Einführung von Betriebswerkstätten"( Genosse Sabath); öffentliche Schöneberg  , öffentliche Versammlung für Frauen und Mädchen: Der Bierboykott und seine Ursachen"( Genossin Baader); Schnait­ heim  , öffentliche Volksversammlung: Die Stellung der Frau in der Vergangenheit und Gegenwart"( Genossin Zettin); Stuttgart  , öffent­liche Voltsversammlung: Die Sozialdemokratie und ihre Gegner" ( Reichstagsabgeordneter Singer); Spenge  , öffentliche Volksversamm­lung: Christenthum und Sozialdemokratie"( Genosse v. Wächter).

Vereinsversammlungen fanden in der nämlichen Zeit statt in: Altona  , Mitgliederversammlung des Verbands der Fabrik, Land, Hilfsarbeiter und Arbeiterinnen: Interne Angelegenheiten; Berlin  , Mitgliederversammlung des Frauen und Mädchen- Bildungsvereins: Moderne Ehe und freie Liebe"( Genosse Borchardt); Mitglieder­versammlung der Freien Vereinigung der Blumen- und Puzzfeder­arbeiter und-Arbeiterinnen: Kassenbericht, Thätigkeitsbericht; General­

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