schutzgesetz vom Jahre 1892 anerkennt dagegen ausdrücklich die Berechtigung der Frauen zum Gewerbeaufsichtsdienste. Die Verordnung zur Organisation der Fabrikinspektion vom 15. Dezember 1892 bestimmt, daß die Fabrikaufsicht 11 Divisionsinspektoren und 92 männlichen oder weiblichen Departementsinspektoren zu übertragen ist. Die Zahl der Inspektorinnen ist freilich noch sehr klein, wurden doch nur 15 ernannt, demnach nicht mehr als früher das Departement Seine allein besaß. Allein die staatliche Anerkennung der weiblichen Aufsichtsbeamten, ihre vollständige Gleichstellung mit den männlichen Kollegen und ihre Thätigkeit in sechs Departements gegenüber ihrer früheren Beschränkung auf eines sind ein beachtenswerther Fortschritt. Die Fabrikinspektorinnen sind nun hauptsächlich in Bezirken mit hochentwickelter Textilindustrie thätig. Ihr Anfangsgehalt beträgt nur 2400 Francs( 1920 Mark), fann aber günstigsten Falles bis zu 5000 Francs( 4000 Mark) steigen.
Für den Eintritt in den Inspektionsdienst gelten im Wesentlichen die folgenden Voraussetzungen:
1) Französische Staatsangehörigkeit,
2) zurückgelegtes sechsundzwanzigstes und noch nicht erreichtes vierzigstes Lebensjahr; bis das Beamtenkorps vollbesetzt ist, können auch Personen im Alter bis zu fünzig Jahren ernannt werden, 3) ärztlich nachgewiesene körperliche Gesundheit,
4) guter Leumund,
5) Nachweis des Studienganges,
6) Ablegung einer Prüfung, bei welcher Kenntniß der Arbeiterschutzgesetze, der gewerblichen Hygiene und Unfallverhütung in der Technik und der einschlägigen strafgesetzlichen Bestimmungen, Beherrschung des schriftlichen Ausdruckes in der französischen Sprache gefordert wird.
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Wenn Industriestaaten ersten Ranges wie England, Frankreich und die Vereinigten Staaten von Amerika mit Erfolg die Frauen bei der Gewerbeaufsicht verwenden, fällt der Einwand weg, daß die Frauen sich zu diesem Berufe nicht eignen, daß sie in demselben nicht von erheblichem Nußen sein können. Früher oder später werden die anderen Staaten dem gegebenen Beispiele folgen müssen. Wir fürchten, daß das Deutsche Reich zu den Ländern gehören wird, die spät, sehr spät sich zu dem nothwendig gewordenen Fortschritt entschließen. Hat doch in den letzten Jahren die Organisation der Gewerbeaufsicht in dem größten und tonangebenden Bundesstaate, in Preußen, in Folge über den Bach gelegt worden ist. Die Reiter werden sicherlich| den Bach an jener Stelle passiren. Ihr Gespräch ist verstummt. Ich kann nicht unterscheiden, welche Sprache sie sprechen: mein Gehör hat abgenommen. Gott ! wenn es Russen wären!... Ich werde rufen, sie werden mich vom Bache aus hören. So ist es besser, als Gefahr zu laufen, in die Hände der Baschi- Bozuks zu fallen. Aber warum kommen sie so langsam vorwärts.
Die Ungeduld verzehrt mich, ich bemerke nicht einmal mehr den Leichengeruch, obgleich er nicht schwächer ist als vorher.
Endlich erscheinen die Reiter an der bewußten Stelle des Baches. Es sind Kosaken . Blaue Uniformen, rothe Streifen an der Hosennaht, Lanzen. Es mögen ihrer wohl fünfzig sein. Ihnen voran reitet auf einem prachtvollen Pferd ein schwarzbärtiger Offizier. Sobald die Kosaken den Bach passirt haben, dreht er sich im Sattel um und fommandirt:
" Vorwärts, marsch, im Trab!"
" Halt, halt, um Gotteswillen! Hilfe, Hilfe, Brüder!" rufe ich, aber der Hufschlag, das Säbelgerassel, das Wiehern der Pferde und die lärmenden Stimmen der Kosaken übertönen meinen heiseren Schrei. Man hat mich nicht gehört!
Oh verdammt! Erschöpft sinke ich abermals mit dem Gesicht zur Erde und beginne fürchterlich zu schluchzen. Bei der Bewegung stoße ich die Feldflasche um, das Wasser fließt heraus, mein Leben, meine Rettung, das Einzige, was mein Leben verlängern konnte. Ich werde es erst gewahr und kann die Flasche aufrichten, als nur noch ein halbes Glas Wasser darinnen ist, den Rest hatte die trockene Erde gierig eingesogen.
Wie soll ich die Niedergeschlagenheit schildern, welche sich meiner nach diesem schrecklichen Zwischenfall bemächtigte? Rettungslos, mit halb geschlossenen Augen lag ich da. Der Wind wechselte oft, bald wehte er mir frische, reine Luft zu, bald brachte er mir den entseßlichen Leichengeruch. Das Aussehen meines Nachbars Das Aussehen meines Nachbars war an diesem Tage ein so grauenvolles geworden, daß es aller Beschreibung spottete. Einmal öffnete ich die Augen, um einen Blick auf ihn zu werfen. Entseßen erfaßte mich. Er hatte kein
ihrer ganz unvernünftigen Verquickung mit der Kesselrevision einen erheblichen Rückschritt gemacht, einen Rückschritt, der durch die Vermehrung der Aufsichtsbeamten feineswegs ausgeglichen wird. Den einem vernünftigen Ausbau der Gewerbe- Inspektion entgegengesetzten Widerstand der herrschenden Gewalten hat die Arbeiterschaft, und nicht zuletzt die Frauenbewegung, durch fräftige Agitation für die auf dem Frankfurter Parteitage zum Beschlusse erhobenen Forderungen zu beantworten.
Bur Lage der Wiener Cafémädchen.
Wohl kaum in einem Gewerbe, in welchem in Desterreich weibliche Arbeitskräfte ausgebeutet werden, sind für diese die Verhältnisse so unsäglich ungünstige, so aller Menschlichkeit, aller Menschenwürde der Frau spottende, als in den Wiener Caféhäusern. Hier paart sich die rücksichtsloseste Ausbeutung der Proletarierin als Lastthier mit der wüstesten Spekulation auf die Frau als Lustthier; hier prägt der Kapitalist die Noth des Mädchens aus dem Volke, seine Jugend, Anmuth und Frische, sowie die grobe, rohe Genußsucht, den Sinnenkitzel der besitzenden Männerwelt skrupellos in klingende Münze um. Wenn in der Folge für Hunderte von jungen Mädchen der Weg zum Freudenhaus durch das Caféhaus führt, was kümmert das dessen Wirth, sobald nur sein Geschäft flott geht und seine Profite steigen. Verhältnißmäßig am besten sind noch die Sitzkassirerinnen der Caféhäuser daran. In den Geschäften mittleren Umfangs bekleiden dieselben gleichzeitig die Stelle einer Geschäftsführerin und haben mit der Bedienung der Gäste nichts zu thun. Sie erhalten für ihre Thätigkeit in der Regel 12 bis 20 Gulden( 24 bis 40 Mark) monatlich und halbe Verpflegung, nämlich Mittagsmahl, gewöhnlich aus zwei Gerichten bestehend, und Nachmittagskaffee. Wenn die Kassirerin, bezw. Geschäftsführerin, im Hause des Prinzipals Wohnung nehmen muß was nicht selten vorkommt-, so wird ihr das Logis gleich beim Gehalt in Anrechnung gebracht, und zwar wird es ihr möglichst hoch angerechnet, so daß ihr baarer Verdienst einem Trinkgeld ähnlicher ist, als sonst etwas. Trotz der Dürftigkeit des Gehaltes wird von der Kassirerin verlangt, daß sie im Interesse des Geschäfts" nicht blos modern, sondern hochelegant gekleidet ist, denn ihr„ gefälliges Aeußere" soll einen Magnet bilden, welcher dem„ Haus" Kundschaft Gesicht mehr. Das Fleisch fiel von den Knochen, und dennoch schien er mich mit einer sich ewig gleichbleibenden Grimasse anzugrinsen. Dieses Grinsen war grauenhaft, fürchterlich. Des österen schon hatte ich Schädel in den Händen gehabt und ganze Köpfe zergliedern müssen, aber nie hatte ich den gleichen Ekel empfunden, wie jetzt.„ Das ist der Krieg", dachte ich,„ dieses Skelett in Uniform mit den blizenden Knöpfen ist sein wahres, richtiges Bild."
Die Sonne stand hoch am Himmel. Ihre sengenden Strahlen verbrannten mir Hände und Gesicht immer mehr. Was ich noch an Wasser besaß, hatte ich getrunken. Ich hatte mir zwar vor= genommen gehabt, nur einen ganz kleinen Schluck zu thun, der mich peinigende Durst war jedoch so groß, daß ich die Flasche nicht eher abſeßte, bis auch fein Tropfen mehr darinnen war. Ach, warum habe ich die Reiter nicht früher angerufen, sogar auf die Gefahr hin, daß es Türfen wären. Ich wäre besser daran, als jetzt. Sie hätten mich ein oder zwei Stunden gemartert, während ich nun hier ungezählt lange Stunden liegen und leiden werde. Meine Mutter, meine theure arme Mutter! Du wirst Dir die grauen Haare ausraufen, Du wirst mit dem Kopf gegen die Wand rennen, Du wirst den Tag meiner Geburt verfluchen, Du wirst denen fluchen, welche den Krieg, diese Geißel der Menschheit, erfunden haben.
Aber Du und meine geliebte Marie, Ihr werdet nichts erfahren, welche entseßliche Qualen ich leide. Leb' wohl, liebe Mutter, leb' wohl, geliebte Braut. Ach, wie schwer, wie bitter, so zu sterben. Die Schmerzen rauben mir die Besinnung.
Wieder sehe ich das Hündchen vor mir! Der Hausmeister hatte doch kein Mitleid mit ihm, er schlug es mit dem Kopf gegen die Wand und warf es dann in die Kehrichtgrube. Aber das Hündchen war nicht todt. Hündchen war nicht todt. Es quälte sich noch den ganzen Tag. Und ich, ich bin unglücklicher als das Hündchen, mein Todeskampf dauert schon ganze drei Tage. Morgen kommt der vierte Tag, dann der fünfte, der sechste.... Tod, wo bist du? Komm, fomm, erlöse mich!
Aber der Tod naht sich nicht als Befreier. Ich liege im furchtbaren Sonnenbrand und habe keinen Tropfen Wasser, meine