einer Partei und ausschließlich Sache einer Partei, der Sozialdemo fratie. Denn nur diese kämpft für die Beseitigung einer Gesellschafts­form, welche für die Proletarierin gleichbedeutend ist mit Ausbeutung und Knechtschaft; nur diese erstrebt eine Ordnung der Dinge, welche mit der wirthschaftlichen Freiheit und Unabhängigkeit Aller jeder Versklavung und Unterdrückung eines Menschen durch einen anderen Menschen für immer ein Ende bereitet; nur diese schafft die gesell­schaftlichen Vorbedingungen dafür, daß sich jede Frau wie jeder Mann menschlich voll auszuleben vermag. Die Sozialdemokratie ist außerdem die einzige Partei, welche schon in der gegenwärtigen Gesellschaft die Interessen der Proletarierin der Kapitalistenklasse und ihrem Staat gegenüber rückhaltlos vertheidigt.

Doch mehr noch. In Deutschland   ist auch die Sache der bürger­lichen Frau die Sache der Sozialdemokratie geworden. Die deutsche  Bourgeoisie genießt die unbestrittene Ehre, zu den rückständigsten und bornirtesten aller Bourgeoisien zu zählen. Sie hat weit weniger sozialpolitische Aufgaben gelöst als ihre Schwestern in England und Frankreich  . Wie sie in elender Hafenherzigkeit den Kampf gegen Absolutismus   und Feudalismus   nicht bis zu Ende gekämpft hat, vielmehr einen feigen Kompromiß mit beiden schloß, so ist sie in zopfigem Vorurtheil und einer an das Jdiotenhafte grenzenden Ver­ständnißlosigkeit bis in die letzte Zeit hinein im Großen und Ganzen nicht einmal an die Anfänge zu einer Gleichberechtigung der Ge­schlechter herangetreten. In Deutschland   hat deshalb das Proletariat mit anderen Aufgaben, die nicht unmittelbar im proletarischen Klassen­interesse liegen, auch die zu lösen, für die Frauenfrage im bürgerlichen Sinne einzutreten. Kennzeichnend in der Hinsicht ist, daß nicht einmal die Programme der demokratischen Parteien eine auf die Gleich­berechtigung des weiblichen Geschlechts bezügliche Forderung enthalten, daß bei den Verhandlungen über frauenrechtlerische Petitionen für dieselben nur einzelne Mitglieder bürgerlicher Parteien, aber nie eine bürgerliche Gesammtheit eintritt. Die Sozialdemokratie fordert da­gegen in ihrem Programm die Gleichberechtigung des weiblichen Ge­schlechts, sie hat bei jeder Gelegenheit geschlossen die frauenrechtleri­schen Forderungen unterstützt. Die deutschen   Frauenrechtlerinnen selbst wissen das recht gut, und an ihren Thee- Abenden zischeln sie sich wohl in die Ohren, daß sie nur auf die Unterstützung der Sozial­demokratie sicher rechnen können. Aber diese Thatsache offen zuzu­geben, das verhindert die Furcht vor dem bereits erwähnten Revo­lutionsgeruch, mit dessen Duft in den Kleidern man nicht antichambriren gehen könnte.

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Angesichts der gegenwärtig in Deutschland   so heiß tobenden Klassentämpfe siehe Umsturzvorlage und Liebknecht Affaire im Reichstage den proletarischen Frauen eine einheitliche Frauen­bewegung predigen, das heißt die thatsächlichen Verhältnisse entweder unverzeihlich naiv verkennen oder aber sie unverzeihlich unverfroren verleugnen. Närrinnen wären die Proletarierinnen, wollten sie sich für eine Bewegung erwärmen, welche die Klassengegensätze über­fleistern, aber nicht beseitigen will. Ihr Einschwenken in das Lager frauenrechtlerischer Harmonieduselei liefe darauf hinaus, für das Linsengericht   etlicher Reformen zu Gunsten des weiblichen Geschlechts ihr Erstgeburtsrecht zu verschachern als Angehörige einer Klasse, welche durch eine Revolution in der Gesellschaft eine Welt zu gewinnen hat und nichts zu verlieren, als ihre Ketten".

Weibliche Fabrikinspektoren.

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Immer langsam voran, mit dem österreichischen Land­sturm sind die deutschen Frauenrechtlerinnen marschirt in Be­treff ihres Eintretens für die Anstellung weiblicher Fabrikinspek­toren. Das Beispiel ihrer doch sonst bis über den grünen Klee ge­lobten englischen Schwestern" in Frauenrechtelei mußte ihnen zeigen, wie bedeutungsreich die Aktion für die betreffende Forderung war, und daß sie der bürgerlichen Frauenbewegung nur zum Vortheil ge­reichte. Trotzdem haben sich die deutschen Frauenrechtlerinnen erst in allerjüngster Zeit entschlossen, eine fräftige Agitation für die An­stellung weiblicher Fabritinspektoren zu entfalten. Seitens der frauen­rechtlerischen Organisationen werden Vorträge über die Frage veran­staltet, und der Bund deutscher Frauenvereine  " petitionirt bei den Handelsministerien der einzelnen Bundesstaaten für die Anstellung von weiblichen Gewerbeaufsichtsbeamten. Woher kam den deutschen Frauenrechtlerinnen in zwölfter Stunde die Erleuchtung und die Cou­rage für ihr Vorgehen? Der Hauptsache nach aus dem Gefühl der Ohnmacht ihrer Bewegung heraus, welche sich die Bundesgenossen­schaft der proletarischen Frauenwelt sichern möchte. Und nachdem die Damen die Erfahrung gemacht haben, daß die Bundesgenossen­schaft der ärmeren Schwestern" für die Wohlthaten" der Theeabende mit dünnen Butterbröten und schwachgeistiger Lektüre, der nach mo­

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deriger Stöckersittlichkeit duftenden Heime" und ähnliche abgestandene Schaumklöße der Harmonieduselei nicht zu haben ist, je nun, da haben sie sich veranlaßt gesehen, eine der Forderungen aufzugreifen, deren Verwirklichung thatsächlichen praktischen Werth für das weibliche Proletariat besitzt. Nun ist es uns durchaus fern, die Frauenrecht­lerinnen wegen ihres Gintretens für die Anstellung weiblicher Fabrik­inspektoren zu tadeln. Im Gegentheil, wir sagen in der Beziehung: besser spät, als niemals. Entschiedene Verwahrung müssen wir da­gegen wider die Tendenz einlegen, die betreffende Aktion zu Gunsten der bürgerlichen Frauenrechtelei zu fruftifiziren und die Frauenrecht­lerinnen als die bahnbrechenden Vorkämpferinnen für die nöthige Re­form in Deutschland   und als besonders berufene Vertheidigerinnen praktischer Arbeiterinneninteressen hinzustellen. Die Frauenrechtlerinnen haben nur eine Forderung aufgegriffen, welche die sozialistische Frauen­bewegung und mit ihr die gesammte sozialistische Arbeiterbewegung seit gut zehn Jahren erhebt. Bereits 1884-1885, als die sozialdemo­fratische Reichstagsfraktion ihren Antrag auf gesetzlichen Arbeiterschutz einbrachte, agitirten die damals in der sozialistischen   Bewegung thätigen Genossinnen, zumal die Genossin Ihrer, für die Austellung weiblicher Fabrikinspektoren. Die betreffende Agitation ist mit jedem Jahre aus­gedehnter und kräftiger geworden. Ganz besonders haben die Genos­sinnen Ihrer und Rohrlack in den letzten Jahren weiteste Kreise des Proletariats über die Nothwendigkeit der fraglichen Reform aufgeklärt. Genossin Rohrlack hat im Jahre 1894 allein in mindestens 30 Volks­versammlungen in den verschiedensten Städten Deutschlands   für die Anstellung von weiblichen Gewerbeaufsichtsbeamten agitirt. Diese Versammlungen waren oft von Tausenden besucht und erklärten sich stets mit Begeisterung für die geforderte Reform. Dank der entfalteten Agitation ward die Nothwendigkeit derselben in jeder proletarischen Versammlung betont, welche sich mit der Frage des gesetzlichen Ar­beiterschutzes beschäftigte. Seitens proletarischer Frauenorganisationen ward die sozialdemokratische Fraktion bereits 1892 und 1893 auf den Parteitagen beauftragt, den Antrag auf Anstellung weiblicher Fabrik­inspektoren zu stellen. Auf dem Parteitag zu Frankfurt   a. M. wurde der Antrag wiederholt. Die sozialdemokratischen Reichstagsabgeord­neten sind seit Jahren bei den Debatten über die Berichte der Ge­werbeinspektion für die Forderung kräftig eingetreten. Desgleichen forderten die Sozialdemokraten in dem bayerischen und im sächsischen Landtage die Anstellung weiblicher Fabrikinspektoren. Wie man sieht, haben die Frauenrechtlerinnen bezüglich der Frage nicht im Jahre des Heils 1894 Amerika entdeckt.

Für Volkes Recht.

Wach auf, o Volk, und säume nicht, Es rüstet zum Gefecht

Der Freiheit Feind, drum säume nicht, Es gilt dein gutes Recht!

Du mußt der höchsten Güter dein, Erkauft um kostbar Blut, Mein Volk, nun wieder Hüter sein, Ohüt' sie treu und gut!

Mußt deines Schicksals Lenker sein, Lenk' es zum guten Ziel!

Willst deines Rechts du Henker sein? Dein Recht steht auf dem Spiel! Was du dir heiß erstritten hast, Das ist vom Feind bedroht, O dent', was du erlitten hast, Denk aller Pein und Noth!

Laß dich, o Volk, belügen nicht Durch falscher Freunde Schaar! Und laß dich auch betrügen nicht, Dein Recht ist in Gefahr! Den süßen Reden traue nicht, Wenn der Versucher naht, Auf schöne Worte baue nicht, Den Worten fehlt die That!

Kleine Nachrichten.

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Der Berliner   Bierboykott wurde in sechzehn großen Volks: versammlungen nach fast achtmonatlicher Dauer für beendet erklärt. Die Ritter von Malz und Darre ließen sich zu einem Vergleiche her bei, welcher für die Arbeiterschaft sehr ehrenvoll ist und wenn auch nicht alle, so doch die wesentlichsten ihrer Forderungen zugesteht. Die