mitbestimmen". Das sagt einer der ersten englischen Staatsmänner und dazu ein konservativer Staatsmann in Bezug auf diese Frage. Wir in Deutschland   sind ja leider in so vielen Dingen gewohnt, uns in der Rolle des österreichischen Landsturms zu befinden, wo es heißt: Immer langsam voran, immer langsam voran!" In diesem Augenblicke sind wir sogar in der Rolle, daß es heißt: Immer weiter zurück und in keinem Falle vorwärts! Wir befinden uns in Deutschland   in einer Periode allgemeiner Reaktion. Wir sehen, daß die ausschlaggebenden Männerklassen all ihr Sinnen, all ihr Denken, all ihr Fühlen darauf gerichtet haben, die mäßigen Fortschritte, die wir im Laufe der letzten Jahrzehnte in Deutschland   errungen haben, wieder aufzuheben und zu nichte zu machen. Ginge es nach dem Willen gewisser Elemente hier im Hause, wir würden in einen wahren Galopp der Rückwärtserei verfallen und würden eine Menge Gesetze, welche die Nation als Fortschritt in den letzten Jahrzehnten angesehen hat, entweder nach rückwärts revidiren oder aufheben und aus der Welt schaffen. Nun, meine Herren, je mehr Sie nach rück­wärts drängen, desto mehr werden wir nach vorwärts drängen. Wir wissen, daß wir dafür die Gesetze der Entwicklung, die Interessen des größten Theils der Gesellschaft, das Gebot der Nothwendigkeit auf unserer Seite haben. Es giebt keinen Stillstand in der Volksentwick lung, es giebt auch keinen Stillstand in der Entwicklung des politischen Lebens einer Nation. Wenn bestimmte Klassen den Versuch machen, gewaltsam eine solche Rückwärtserei einzuführen, dann wird mit Naturnothwendigkeit aus der Tiefe des Volks heraus sich die ent­schiedenste Opposition dem entgegenstellen. Diejenigen, welche die Reaktion wollen, werden dem Fortschritte gegenüber unterliegen. Mögen Sie immer, meine Herren, mit Ihren Umsturz- und Rück­wärtsvorlagen kommen, wir wissen, daß wir den Fortschritt der Ge­sellschaft repräsentiren; wir wissen, daß uns die Zukunft gehört, die Zukunft trotz alledem und alledem.

Eine Antwort.

In Nr. 5 der Frauenbewegung" vom 1. Mai antwortet Frau Lily v. Gizycki unter dem Titel: Nach links und rechts" auf meinen Artikel: Frauenrechtlerische Harmonieduselei"( Nr. 1 der Gleich­heit"). Der betreffende Artikel war scharf in der Klarlegung des grundsätzlichen Unterschieds zwischen bürgerlicher und proletarischer Frauenbewegung; scharf und polemisch gegenüber gewissen schön em­pfundenen, aber an den thatsächlichen Verhältnissen zerschellenden Bestrebungen, mit der Losung Kampf um Frauenrechte" bürgerliche sind, wie ein mit dieser Königin zeitgenössischer schottischer Schrift steller berechnet, 56 eines gewaltsamen Todes gestorben, vom Adel ermordet worden, theils im offenen Kampfe, theils auf dem den Edelsten und Besten" nicht ungeläufigen Wege des Meuchel­mordes.

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Das Bestreben der Könige, ihre Macht zu befestigen, setzte, wenn es wirksam sein sollte, drei dem Adel  - allerdings dann auch anderen Ständen und Klassen widerwärtige Maßregeln voraus: Brechen jeder anderen Gewalt, vor Allem der des Adels, der die Macht des Volkes früher schon mit den Königsgeschlechtern gemeinschaftlich gebrochen hatte, Einführung eines durchgreifenden, ergiebigen Steuersystems, Errichtung von stehenden Heeren.

Diese Kämpfe tobten auch in Schottland   fortwährend bis zu Marias Tode: bald war Schottland   eine Adelsrepublik, bald die Beute wilder Kämpfe zwischen Adel und Krone, daneben galt es noch, das Land von England unabhängig zu erhalten. Nach Ein­führung der Reformation neigte Schottland   stark zu dem refor= mirten Nachbarstaate hin: mit der englischen Reformation sog man auch englische Ideen ein, englische Abneigung gegen( das katholische) Frankreich  .

Als ein Opfer dieser unseligen Verhältnisse fiel Maria. Sie war kindlich- gläubige, begeistert fromme Katholikin, sie ehelichte noch dazu 1558 den französischen   Dauphin( Kronprinz), der als ihr Gatte den Titel eines Königs von Schottland   annahm. Das verdroß den schottischen Adel.

Als Maria die Blutige starb, nannten sich Maria und ihr Gatte auch Königin und König von England, da man die letzte englische   Königin Elisabeth als Bastard betrachtete.

Ein Bund der schottischen Lords, für das reine Wort Gottes" und Erhaltung ihrer der katholischen Kirche   geraubten Güter war schon 1557 geschlossen worden. Er stellte den ehemaligen

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und proletarische Frauen unter den Hut fritifloser Harmonieduselei zu bringen. Aber diese scharfen Ausführungen galten einer sozialen Strömung als Ganzes, sie bezogen sich auf die bürgerlichen Frauen­rechtlerinnen, wie sie sich als Gesammtheit, als Trägerinnen einer Bewegung in Folge der Entwicklung ihrer Klasse darstellen und setze ich hinzu darstellen müssen. So war der angezogene Artikel trotz aller Schärfe durchaus sachlicher Natur und wendete sich gegen Niemand persönlich.

Frau v. Gizycki's   Antwort steht im vollsten Gegensatz dazu. So wenig scharf der Ton ist, den sie anschlägt, so durchaus unsachlich und dem Wesen nach rein persönlich ist ein großer Theil ihrer Aus­führungen. Auf die Hauptsache meiner Darlegungen, den tiefen grund­sätzlichen Unterschied zwischen den Zielen der bürgerlichen und der proletarischen Frauenbewegung geht sie mit keinem Wort ein, dagegen wendet sie sich gegen nebensächliche Punkte, in denen sie mich entweder gründlich mißverstanden hat, oder in Betreff deren sie für die bürger­lichen Frauen mildernde Umstände plädirt, oder aber bezüglich welcher sie nichts beweist, als daß sie eine recht irrthümliche Auffassung von der sozialistischen   Bewegung hat. Aber je weniger sich der Artikel Nach links und rechts" mit dem von mir vertretenen grundsätzlichen Standpunkt beschäftigt, um so mehr dafür mit meiner Person. Meine Haltung kommt nicht in Betracht im Zusammenhang mit gewissen grundsätzlichen Ueberzeugungen und als deren naturnothwendige Konsequenz, vielmehr als die Aeußerung gewisser Charaktereigen­schaften einer schönen Seele, wie Erregung"," blinder Parteifanatis­mus" 2c. Dieses In- die- Tasche- stecken einer prinzipiellen Auseinander­setzung würde mich jeder Antwort entheben, wenn es nicht immerhin noch Viele gäbe, für welche Nichtantwortenwollen gleichbedeutend ist mit Nichtantwortenkönnen. Und so entschließe ich mich zu einer Erwiderung.

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Schon aus dem Wortlaut meiner Ausführungen hätte sich Frau v. Gizycki davon überzeugen können, daß ich die Frauenbewegung" nicht kritikloser Harmonieduselei zieh, weil das Blatt in seinem Programm seine Neutralität betonte und alle Richtungen zum Wort kommen lassen wollte". Maßgebend für mein Urtheil war die Ver­sicherung, daß das Blatt eine Vereinigung aller Einzelbestrebungen für das Wohl des weiblichen Geschlechts bilden wollte", daß es mithin die Interessen der bürgerlichen und proletarischen Frauen zu vertreten versprach. Damit strebt es unseres Erachtens ein Ziel an, das nie erreicht werden kann", behauptete ich dieser Programmversicherung entgegen. Daß bürgerliche und proletarische Frauenbewegung sich in der und jener Einzelforderung berühren können, ja berühren müssen, Regenten von Schottland   während Marias Minderjährigkeit an seine Spize und wurde von der englischen Elisabeth unterstützt, erst geheim mit Geld, dann offen mit Heer und Flotte.

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Dabei erzwang Elisabeth für sich Verzicht Marias und ihres Gatten auf Englands Thron.

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Maria war am 8. Dezember 1542 geboren als Tochter und einzige echte Erbin James V. Noch als sie kind war, stellte ihr Heinrich VIII.   nach, um sie mit Gewalt mit seinem Sohn zu ver mählen und so Schottland   friedlich zu annettiren. 1548 holte eine französische Flotte Maria zur Erziehung und späteren Ver­mählung mit Franz II.   nach Frankreich  . Wohl herrschte am französischen   Hofe große Lebenslust, aber Maria wurde gut er­zogen. Am Neujahrstage 1555 sie war damals zwölf Jahre alt trug sie dem versammelten Hofe eine im besten ciceronischen Latein abgefaßte Rede vor über das Thema: Die Begabung des weiblichen Geschlechts für Wissenschaft und Kunst". Sie selbst war ein lebender Beweis für diese These, wie alle Zu­hörer, die anwesenden fremden Diplomaten mit eingeschlossen, ver­blüfft zugestehen mußten. Sie verstand, sprach und schrieb in treff­lichem Stil außer Latein auch Schottisch, Englisch  , Französisch und Italienisch, dabei war sie Meisterin in allen weiblichen ebenso wie in allen ritterlichen Künsten. Ihr persönlicher Muth ist über allen Zweifel erhaben, sie hat ihn in Jagd und Krieg und im lang= jährigen Leiden der Gefangenschaft glänzend bewährt.

Zudem war sie als Regentin gerecht und billig, freilich auch sehr von dem Bewußtsein ihrer Würde durchdrungen, aber dabei leicht geneigt, erfahrene Unbill zu verzeihen, allzu leicht, selbst dem erkannten Verräther, von Neuem zu trauen: Der Grundzug ihres Wesens war Sympathie", sagt Storm. Ihre Schönheit ist all­gemein unbestritten gewesen und bekannt.

( Fortsetzung folgt.)