in der heutige Gesellschaft eine fulturwidrige und unhaltbare iſt. Und von der aufdämmernden Erkenntniß geleitet, daß nur in einer sozialistischen Gesellschaft die Befreiungsstunde für alles schlägt, was Menschenantlig trägt, wenden sie Sympathie und Unterstützung dem großen geschichtlichen Kampfe zu, den frohnende Arbeit gegen das ausbeutende Kapital führt. E. J.
In
Wahl weiblicher Vertrauenspersonen in Berlin . vier von den sechs Berliner Wahlkreisen wurde in den letzten öffentlichen Parteiversammlungen gelegentlich der Wahl der üblichen Vertrauenspersonen die Wahl einer besonderen weiblichen Vertrauensperson beantragt. Ihr soll die besondere Aufgabe obliegen, die Agitation unter den Frauen anzuregen und zu leiten. Der Antrag wurde von den Genossinnen Greiffenberg , Rohrlack, Baader und Krause warm befürwortet, ebenso von mehreren Genossen. Die Bedenken, welche dagegen geltend gemacht wurden, waren taktischer und vereinsgesetzlicher Natur. Die Parteiversammlungen des dritten und sechsten Wahlkreises lehnten es ab, eine besondere weibliche Vertrauensperson zu wählen. Im dritten Wahlkreise kam Genossin Fahrenwaldt als allgemeine Vertrauensperson in Vorschlag, blieb aber bei der Wahl in der Minorität. Im zweiten und vierten Wahlkreise wurden dagegen die Genossinnen Scholz und Baader als Vertrauenspersonen zur Betreibung einer fräftigen Agitation unter den Frauen Berlins gewählt. Die Wahl der weiblichen Vertrauensperson, welche die Frauenagitation in ganz Deutschland anregen und fördern soll, wird in einer besonderen öffentlichen Frauenversammlung stattfinden.
Das Frauenwahlrecht im bayerischen Landtage. sozialdemokratische Fraktion des bayerischen Landtags forderte in einem Initiativantrage die Zusammensetzung des Landtags auf Grund des allgemeinen, gleichen, direkten Wahlrechts für alle über 20 Jahre alte Staatsangehörige ohne Unterschied des Geschlechts, ebenso Schutz des Geheimnisses und der Freiheit der Wahl durch besondere Maßregeln, Verlegung der Wahl auf einen Sonn- oder Landesfeiertag und Einführung des Proportionalwahlsystems. In ebenso ener gischer wie geschickter Weise vertrat Genosse Grillenberger den Antrag, der besonders auf den zähen Widerstand des Zentrums stieß, das sich doch sonst zumal bei Wahlen zumal bei Wahlen als den berufensten Vertheidiger des allgemeinen Wahlrechts aufspielt.
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Die Forderung, das Wahlrecht auch auf die Frauen auszudehnen, wurde natürlich von den Philisterseelen mit dem üblichen Entsetzen und dem gewöhnlichen seichten Spott aufgenommen. Grillenberger sagte zu diesem Punkte des sozialdemokratischen Antrags:„ Von dem Frauenstimmrecht wußten wir ja, daß es Ihnen Vergnügen bereiten würde. Es wird aber noch die Zeit kommen, wo man sich weniger darüber lustig machen wird. Manche scheinen da zu fürchten, auch in politischer Beziehung gerade so unter den Pantoffel zu kommen, wie in häuslicher Beziehung. Man fürchtet, die Frau könnte auch in den Landtag kommen. Es wäre gar nicht so schlimm, wenn ſtatt des Dr. Soundso die Frau Dr. Soundso hereinkäme. Seit die Frau ein Ausbeutungsobjekt für die Industrie geworden ist, seit ihr alle Pflichten auferlegt werden, muß man ihr auch mehr Recht geben."
Der Antrag der Sozialdemokraten wurde Dank der perfiden Haltung des Zentrums abgethan durch eine motivirte Tagesordnung, welche 69 gegen 53 Stimmen erhielt.
Der Kongrek bürgerlicher Frauenrechtlerinnen in Frankfurt a. M.
Vom 1.- 3. Oftober tagte in Frankfurt a. M. die achtzehnte Hauptversammlung des Allgemeinen deutschen Frauenbildungsvereins", der bekanntlich den rechten, äußerst gemäßigten Flügel der bürgerlichen Frauenrechtelei darstellt. Der Tagung wohnten 80 bis 100 Theilnehmerinnen bei, welche sich vorwiegend aus den„ durch Besitz und Bildung einflußreichen Kreisen" refrutirten. Klipp und flar gelangte es auch in den Verhandlungen zum Ausdruck, daß der Kongreß lediglich die Interessen der bürgerlichen Frauenwelt vertrat und vertreten wollte. Nichts liegt uns ferner, als diesen Umstand zu tadeln, der unseres Erachtens durchaus berechtigt ist und durch die Klassenscheidung bedingt wird. Wir begrüßen es sogar als einen Fortschritt, daß sich der Kongreß in der Hauptsache ausschließlich mit den Interessen der bürgerlichen Frauen befaßte und weniger als sonst eine Versammlung bürgerlicher Frauenrechtlerinnen hausiren ging mit Schlagwörtern von allgemeiner Schwesternschaft und Humanität, mit ein wenig wohlfeiler Kritit an schreienden Mißständen unserer Zeit und viel rührseligem, wenn auch ehrlich gemeintem Mitgefühl mit der„ leidenden Menschheit". So wurde gelegentlich des Geschäftsberichtes hervorgehoben, daß zwar für die Töchter des Volts bei
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nachgewiesener Befähigung gleich wie für die Söhne des Volks die Möglichkeit einer höheren Ausbildung wünschenswerth sei, daß man aber andererseits mittellosen Mädchen das Studium nicht anrathen könne, da es fraglich erscheint, ob sie in den heutigen Zeitläuften nach beendetem Studium ihr Brot finden oder ein Proletariat gelehrter Frauen schaffen würden.... Es liege nicht im Zwecke des Vereins, gänzlich unbemittelte zum Studium zu bringen, es sei denn bei ausnahmsweise beanlagten Bewerberinnen." Herzerfrischend unumwunden wird im Gegensatz zu sonstigem ideologischen Phrasenschwall hier zugegeben, daß in den heutigen Zeitläuften" lies: in der bürgerlichen Gesellschaft das Recht des weiblichen Geschlechts" auf höhere Ausbildung zusammenschrumpft zu dem Recht der bürgerlichen, der besitzenden Frauen, zu studiren und einen liberalen Beruf auszuüben. Die Tagesordnung war eine sehr reiche, sie umfaßte außer der Erstattung und der Diskussion des Geschäftsberichts Referate und Debatten über folgende Gegenstände:„ Die Aufgabe der Frauenvereine in der Gegenwart"," Die Bedeutung der Frauenbewegung für das Familienleben"," Die Wohlthätigkeitsbestrebungen sonst und jetzt", „ Die Stellung der Frau im Familienrecht und die Stellung der unehelichen Kinder nach dem Entwurfe des neuen bürgerlichen Gesetzbuches"," Friedrich Fröbel und die Volkskindergärten",„ Kinderhorte", „ Der Hausbeamtinnenverein"," Die soziale Bedeutung der Frauenbewegung",„ Die Sittlichkeitsfrage"," Der Erwerb der Frau im Kunstgewerbe"," Die Vorbildung und Stellung der Oberlehrerinnen in Preußen",„ Gymnasialkurse für Mädchen",„ Das Arbeiterinnenheim des Münchener Frauenvereins"," Neue Gesichtspunkte in der Frauenfrage". Die Behandlung der Fragen ließ einen kleinen Fortschritt erkennen in der Richtung einer etwas entschiedeneren und weitergehenderen Forderung der Frauenrechte. Man verlangte für die Frauen Aemter in der Gemeinde, im Schul- und Armenwesen, man deutete an, daß die Frauenbewegung die volle Gleichberechtigung der Geschlechter erstreben müsse. Zu der Forderung des aktiven und passiven Wahlrechts schwangen sich die Gemäßigten der Gemäßigten dagegen nicht auf; sie warten wahrscheinlich ab, bis sich irgend eine allerhöchste Frau an die Spitze einer Organisation zur Erringung des Wahlrechts für das weibliche Geschlecht stellt. Daß die reiche Tagesordnung in verhältnißmäßig furzer Zeit erledigt ward, beweist jedenfalls, daß die Damen ohne die ihrem Geschlechte nachgesagte fraubasige Schwatzschweifigkeit referirten und debattirten. Allerdings zeigte sich äußere Gewandtheit, besonders auch in der Beherrschung der Form, sehr oft im Bunde mit großer Oberflächlichkeit und Einseitigkeit der Auffassung. Dies trat am schroffsten dort in Erscheinung, wo die Ausführungen von der Interessensphäre der bürgerlichen Frauen hinüberstreiften auf das allgemeine soziale Gebiet. Zur Frage der allgemeinen Bildung, des Studiums, der Berufsthätigkeit der Frau, ihrer Stellung in Familie und Recht, der gemeinsamen Erziehung der Geschlechter wurde viel Zutreffendes und Anregendes geredet. Sobald die Damen allgemeine soziale Verhältnisse in den Kreis ihrer Erörte rungen zogen, machte sich riesengroß, hoffnungslos" Unkenntniß, Seichtheit und Einsichtslosigkeit breit; mit wohlklingenden Worten verbrämtes, hohles Geschwätz trat dann an Stelle einer sachgemäßen Erörterung. So machte z. B. Frau v. Forster- Nürnberg dem seligen Schäfer Thomas die Lorbeeren streitig. Denn als echte Prophetin, in holdeſter Unkenntniß aller Voraussetzungen, welche zur Abgabe eines Urtheils in der Frage nöthig sind, weissagte sie:„ Die kommu nistischen Theorien müssen scheitern an dem Widerstand der Feinfühligkeit der weiblichen Seele und an der Zusammenfassung dieser Widerstände durch die Frauenbewegung." Heiliger Bimbam, wenn nun die kommunistischen Theorien nicht verloren sind! Zur Frage der Stellung und der Rechte der unehelichen Kinder wurden neben manchen durchaus vernünftigen und gerechten Gesichtspunkten auch recht überlebte und zopfige Anschauungen vertreten, denen der Modergeruch bornirter Sittlichkeitsvereinlerei anhaftete. Aus dem stattlichen Bouquet sozialpolitischer Verkehrtheiten, das die Damen im Laufe der Verhandlungen zusammenwanden, lösen wir noch folgende Blümchen: ,, Die schlechte Bewerthung der Frauenarbeit muß überwunden werden, zum Theil auch dadurch, daß die Töchter der besitzenden Stände den Werth der Arbeit kennen lernen."( Siehe die Schmutzkonkurrenz der „ höheren Töchter“ und„ besseren Frauen".)„ Wir haben die häuslichen Hilfsarbeiterinnen liebevoll zu erziehen und dadurch den Samen zur Aussöhnung der Klassengegensätze auszustreuen."„ Die Ehefrauen könnten als Muster einfacher Lebensweise ihren verdienstlichen Antheil an der Lösung der sozialen Frage nehmen." Es genügt, daß wir diese Stellen zur richtigen Werthung des sozialen Verständnisses der Damen festnageln. Am üppigsten entfaltete sich aber wieder frauenrechtlerische Einsichtslosigkeit den sozialen Verhältnissen gegenüber gelegentlich der„ Sittlichkeitsfrage", die wie üblich unter Ausschluß der Deffentlichkeit, auch der Berichterstatter, verhandelt wurde.