nerinnen für das Befinden der Kinder ist, zeigt deutlich folgendes Beispiel. In der Fabrik von Jean Dollfuß in Mülhausen im Elsaß , in welcher 1862 105(1 Arbeiterinnen beschäftigt waren, wurde in dem angeführten Jahre eine sechswöchentliche Schutzzeit für Wöchnerinnen eingeführt. Die Arbeiterinnen erhielten für diese Zeit ihren Lohn fortgezahlt. Der bisherige Prozentsatz der Kindersterblichkeit ging darauf im ersten Jahre von 35 auf 28 herunter, also um zwanzig Prozent und sank sogar in den folgenden Jahren noch weiter. Ebenso wichtig wie für die Entwicklung der Kinder ist die Jnne- haltung der Schutzzeit für das Leben und die Gesundheit der Mutter. Wir wollen das hier etwas eingehender erklären, da Unkenntniß und Nichtberücksichtigung der in Betracht kommenden Umstände vielfach die Ursache langen, oft lebenslangen Siechthums der Frau ist. Auch die Männer und die Arbeitgeber berücksichtigen es vielfach nicht, daß meist eine Zeit von mindestens sechs Wochen den Beckenorganen zu ihrer völligen Rückbildung gelassen werden muß, wenn die Arbeiterin ohne Schädigung ihrer Gesundheit ihre volle Arbeit wieder aufnehmen soll. Was die Rückbildung der Gebärmutter betrifft, so beginnt dieselbe schon während der Geburt und ist in ungefähr sechs bis acht Wochen nach der Entbindung beendet, wenn der Wochenfluß aufgehört hat, und bei nicht stillenden Frauen die Menstruation sich wieder einstellt. Weit langsamer und unvollständiger bildet sich die Scheide zurück. Die vordere Scheidenwand hängt nach der Entbindung schlaff herunter, erst in der dritten und vierten Woche beginnt eine deutliche Verengerung und Faltenbildung in der Scheide, die allmälig weiter schreitet, aber nie die frühere Enge zurückführt. Die Bauchdecken bleiben ebenfalls mehrere Wochen lang schlaff, runzlich und faltig, so daß Wöchnerinnen häufig in Folge der leichteren Ausdehnbarkeit der vorderen Bauchwand allerlei Schädlichkeiten ausgesetzt sind. Bedenken wir nun, daß die Scheide lange Zeit braucht, bis sie sich wieder verengt, daß die Gebärmutter sich verhältnißmäßig langsam zurückbildet, wenn die Wöchnerinnen ihr Kind stillt— was häufig lange fortgesetzt wird, um zu großem Kindersegen vorzubeugen — vergegenwärtigen wir uns auch, daß der ganze Bandapparat der Geschlechtstheile aufgelockert und gedehnt ist, so wird es begreiflich, welche schwere Schädigungen der Gesundheit durch zu frühe Wiederaufnahme der Arbeit und dadurch bedingte zu frühe erhöhte Anstrengung der Bauchpresse verursacht werden. Die Wirkungen davon treten auf in Gestalt von Gebärmuttervorfall, von Abknickung, Umstülpung, Entzündung oder Verlagerung der Gebärmutter, in Gestalt von Brüchen der vorderen Bauchwand mit all den schweren Folgezuständen, die häufig den Anfang endloser Leiden und Beschwerden, sowie völligen Siechthums und gänzlich dauernder Arbeitsunfähigkeit der Frau bilden. Nach dem Vorstehenden wird man es sehr berechrigt finden, daß Z 137 der Gewerbeordnung wenigstens eine vier- bis sechswöchentliche Schutzzeit für Wöchnerinnen bestimmt, und daß die Gewerbeaufsichtsbeamten auf eine strenge Jnnehaltung dieser Bestimmung zu achten suchen. Es ist nur zu bedauern, daß die in der Hausindustrie und im Kleingewerbe beschäftigten Arbeiterinnen nicht ebenfalls der Schutzzeit theilhaftig werden. Leider ist die Kontrolle in den Fabriken, namentlich in großen Städten, recht erschwert. Um das Gesetz zu umgehen, das in ihrem eigensten Interesse erlassen ist, treten viele Arbeiterinnen nach ihrer Entbindung aus ihrer bisherigen Stelle aus und gehen in eine andere Fabrik, da in diesem Falle eine eingehendere Untersuchung nicht verlangt wird. Trotzdem wurden in Preußen im Jahre 1894 27 und im Jahre 1897 7 Fälle von Zuwiderhandlungen gegen dieses Gesetz von der Gewerbeaufsicht ermittelt, und in Sachsen 1895 1 und 1396 6 Fälle. Wohl halten viele Arbeiterinnen die sechswöchentliche Schutzzeit, um nicht bei der früheren Wiederaufnahme der Arbeit eine genauere Untersuchung der inneren Organe durch einen Arzt vornehmen lassen zu müssen. Es gilt dies besonders dann, wenn de» Wöchnerinnen während der Schutzzeit Krankengeld ausgezahlt wird. Allein viele Betriebskrankenkassen wollen davon nichts wissen. Der jedenfalls edle und humane Besitzer einer Tuchfabrik in Neumünster , der fünf Wöchnerinnen schon vier Wochen nach ihrer Entbindung ohne ärztliches Attest wieder beschäftigt hatte, weil seine Betriebskrankenkasse nur für vier Wochen Krankengeld zahlt, meinte,„daß durch längere Unterstützung sich nur die Zahl der Wöchnerinnen vermehren würde." In einer Fabrik im Bezirk Liegnitz fand der Gewerbeinspektor sogar drei Frauen schon drei Wochen nach ihrer Entbindung wieder in Arbeit. Den Umgehungen der gesetzlichen Vorschrift ist nur dadurch wirksam entgegenzuarbeiten, daß alle Krankenkassen ohne Ausnahme verpflichtet werden, den Wöchnerinnen mindestens volle sechs Wochen Krankengeld zu zahlen. Die Krankenkassen können das auch um so eher thun, da eine Wöchnerin bei Einhaltung der sechswöchentlichen,
Schutzzeit aller Voraussicht nach in der Folgezeit weniger Krankengeld zu beanspruchen braucht, als eine Frau, die schon vier Wochen nach ihrer Entbindung wieder zu arbeiten anfängt. Bemerkt sei noch, daß für die Zeit der Schwangerschaft meines Wissens nirgends besondere Schutzbestimmungen bestehen, obwohl auch während der Schwangerschaft, besonders in den letzten Monaten, schwere körperliche Anstrengungen, sowie die Hantirung mit Giften, wie Phosphor und Blei, das Leben des Kindes wie das der Mutter bedrohen. Auch in dieser Hinsicht würde die Einführung weiblichen Aufsichtspersonals in den Fabriken und weiblicher Gewerbeaufsichtsbeamten sich gewiß als sehr ersprießlich erweisen. Die schwangeren Arbeiterinnen würden den Geschlechtsgenossinnen sicher viel eher Mittheilung von ihrem Zustande machen und seitens derselben wohl Berücksichtigung durch Zuweisung nicht schädlicher Arbeit finden. Den ausgiebigsten Schutz der Arbeiterin als Mutter durch alle möglichen Mittel zu sichern, ist eine der dringendsten Aufgaben unserer Zeit, eine Aufgabe, deren Lösung im Interesse der Frau, des Kindes, der gesammten Gesellschaft liegt, nicht zum Mindesten aber im Klasseninteresse des Proletariats, das seine Befreiung nur durch ein gesundes, kräftiges Geschlecht erkämpfen kann. L�mmaobos.
Aus der Bewegung. Von der Agitation. In Leipzig und Umgegend hielt Genossin Kähler-Wandsbeck Anfang November mehrere Versammlungen ab, welche die gewerkschaftliche Organisation der Arbeiter und Arbeiterinnen stärken sollten. In Plagwitz und Mockau fanden öffentliche Versammlungen der Textilarbeiter statt, in denen die Rednerin das Thema behandelte:„Die Abänderung des Z 152 der Gewerbeordnung und die Folgen für die Arbeiter." Beide Vers ammlungen waren recht gut besucht, zieht man jedoch die große Zahl der Textilarbeiter und-Arbeiterinnen in dem einen und anderen Orte in Betracht— es mögen wohl 7000 sein— so hätte der Versammlungsbesuch ein noch stärkerer sein müssen. Erfreulicher Weise hat der Verband der Textilarbeiter durch die Versammlungen eine Anzahl neuer Einzelmitglieder gewonnen. In Leipzig sprach Genossin Kühler in einer öffentlichen Versammlung der Schneider und Schneiderinnen über:„Die Erlösung der darbenden Menschheit." An den mit reichem Beifall aufgenommenen Vortrag knüpfte sich eine kurze Debatte. Die Versammlungsbesucher— etwa 300 Männer und Frauen— erklärten sich in einer Resolution mit den Ausführungen der Rednerin einverstanden und verpflichteten sich, neue Mitglieder für den Verband der Schneider und Schneiderinnen zu werben. In Halle waren mehrere Versammlungen für die ungelernten Arbeiter und Arbeiterinnen vorgesehen. Hier hatte nämlich die liebe, die löbliche Polizei dem Verband der Fabrik-, Land- und Hilfsarbeiter und-Arbeiterinnen eine wohlwollende Aufmerksamkeit geschenkt. Die am Orte befindliche Zahlstelle war aufgelöst worden und zwar aus folgenden Gründen, aus denen das„Staatsgefährdende" dieser Organisation klärlich erhellt: Erstens sollte in der Versammlung vom 9. Juli, in welcher über die Abhaltung eines Vereinsvergnügens berathen wurde, gefragt worden sein, ob mit dem Wirthe des Lokals, in dem das Vergnügen stattfinden sollte, eine Vereinbarung dahin getroffen, daß er während des Vergnügens die Bedienung durch organisirte Kellner vornehme» lasse. Zweitens sei in einer Versammlung davon gesprochen worden, daß die älteren Kernmacher in der Formerei von Jacobi nur 35 Pf., die jüngeren aber 36 Pf. Stundenlohn erhalten. Drittens habe in einem Bericht des Verbandsorgans gestanden, in einer Versammlung nach der Reichstagswahl sei ein Hoch auf den sozialdemokratischen Wahlsieg ausgebracht worden. Viertens sei der Verein durch Wahl der Delegirten zum Gewerkschaflskartell mit diesem in unerlaubte Verbindung getreten, und fünftens— Schreck laß nach!— waren vor einer Bereinsversammlung auf die Tische im Vereinszimmer sozialdemokratische Flugblätter gelegt worden.— Die kürzlich einberufene öffentliche Versammlung der Einzelmitglieder des Verbandes verfiel der Auflösung, ebenso wurden zwei Tage darauf zwei öffentliche Versammlungen aufgelöst, und zwar unter Anziehung von Gründen, deren Stichhaltigkeit der ungeberdige„beschränkte Unterthanen- verstand" nicht zu erkennen vermag. Es wurden in der Folge fünf weitere Versammlungen in Aussicht genommen, in denen Genossin Kühler sprechen sollte. Zwei derselben haben bereits stattgefunden, eine in Halle selbst und eine in dem Vororte Giebichenstein . Beide Versammlungen erfreuten sich eines sehr starken Besuches. In Anschluß an Genossin Kühlers Ausführungen über„Die Leiden der ungelernten Arbeiter und die Nothwendigkeit der Organisation" gelangte einstimmig eine Resolution zur Annahme, in der die Anwesenden versprachen, sich der Gewerkschaft anzuschließen und ihre Entwicklung zu fördern. Auch in Halle wird sich erweisen, daß die pflichteifrige