satz zu den einschlägigen Ausführungen des weimarischen Fabrik­inspektors. Dieser sagt in seinem Bericht, daß beide Damen in Folge ihres Alters, Berufs, ständiger Berührung mit dem täglichen Erwerbsleben und ihren vielfachen Beziehungen zu den Arbeiterkreisen ganz außerordentlich geeignete, offen, frei und unparteiisch sehende, fühlende und urtheilende Persönlichkeiten sind." Dagegen behauptete auch der Fabrikinspektor, es habe sich kein wesentliches Bedürfniß oder Nutzen" der weiblichen Gewerbeaufsicht gezeigt. Der Grund dafür war nach ihm, daß in Weimar   die Voraussetzungen fehlen, welche die Zuhilfenahme weiblicher Revisoren bedingen." Diese letztere Behauptung wurde von einem Korrespondeuten aus Weimar   in Nr. 12 unseres Blattes entschieden bestritten. Seiner Ansicht nach sind auch im Großherzogthum Weimar die Bedingungen vorhanden, welche die zuziehung weiblicher Beamten zur Gewerbeaufsicht noth wendig machen. Dagegen betonte er, daß die beiden Assistentinnen Kreisen entstammen, die gewohnt sind, von oben auf die Arbeiter herabzusehen, und denen das richtige Verständniß für die Bedürf­nisse, Wünsche und berechtigte Forderungen der Arbeiterinnen fehlt." Die der besonderen Amtsweisheit eines Ministers des Innern laut Gesetz gebührende Achtung vorausgesetzt, denken wir doch umstürz­lerisch genug, bei unserem Korrespondenten eine genauere und richtigere Kenntniß der einschlägigen Verhältnisse anzunehmen als auf Seiten des hohen Staatsbeamten. Denn unser Mitarbeiter urtheilt auf Grund eigener, eingehender Anschauung und Erfahrung, der Minister des Innern jedoch nur auf Grund von Berichten, deren sozialpolitischer Werth durchaus nicht über jede Kritik erhaben ist. Ehe der Minister des Innern die Abschaffung der vor zwei Jahren versuchsweise ein­geführten Neuerung verfügt, sollte er ernstlich prüfen, ob in Weimar  thatsächlich die Voraussetzungen für das Wirken von Assistentinnen der Gewerbeaufsicht fehlen, oder ob vielmehr die bisher thätigen Be­amtinnen der Befähigung für die erfolgreiche Ausübung ihrer Amts­pflichten ermangelten. Jedenfalls wird Genosse Baudert die An­gelegenheit im Landtag zur Sprache bringen und dafür eintreten, daß die Dank seiner Anregung eingeführte Neuerung nicht kurzer Hand abgeschafft wird.

Die Anstellung von Assistentinnen der Fabrikinspektion in Sachsen   hat die Regierung in Aussicht genommen. So erklärte wenigstens im Reichstag gelegentlich der Berathung des Invaliden­versicherungsgesetzes der Bevollmächtigte der sächsischen Regierung im Bundesrath. Wann und unter welchen Bedingungen die Anstellung erfolgen soll, darüber hat noch nichts verlautet.

Journal von Enghien" gelesen hat, ahnte sicher nicht, daß sie in einem Krankenbett, unter Fieberschauern, unter unsäglichen An­strengungen geschrieben worden waren. Und wie fröhlich das arme Kind war, als ich ihm die paar Louisdors brachte, die er für seine Arbeit erhielt! Er wollte nicht daran glauben und drehte sie hin und her, während sich von den Nebenbetten neugierige Köpfe nach dem ungewohnten Geklimper der Goldstücke um­drehten.

Von diesem Tage an verschönte sich das Hospital für Raoul durch die Studien, in denen er es schilderte. Er verließ es einige Zeit darauf; doch die Aerzte verhehlten mir nicht seinen ernſten Zustand. Die franke Stelle in der Lunge war noch nicht geheilt, und der Krankheitsprozeß mußte unaufhaltsam seinen Fortgang nehmen, besonders wenn der Unglückliche sein hartes Handwerk wieder aufnahm.

Ich erinnerte mich nun, daß mir in demselben Alter bei einer ziemlich ernsten Krankheit ein mehrmonatlicher Aufenthalt in Algier   sehr gut gethan hatte. Ich wandte mich an den Präfekten von Algier  , den ich ein wenig kannte, und bat ihn um eine An­stellung für Raoul. Herr Le Myre de Villers erinnert sich jeden­falls nicht mehr daran, doch ich habe nicht vergessen, mit welcher Liebenswürdigkeit und Schnelligkeit er auf meinen Brief antwortete und mir für meinen Freund eine mit 1500 Franks besoldete Stelle im Katasterbureau anbot. Fünf Stunden Arbeit täglich, leichte Arbeit in dem schönsten Lande der Welt, das war für Raoul das Paradies.

Dieser Umschwung, der Gedanke, daß er nicht mehr in die Werkstatt zurückzukehren brauchte, und daß er seinen Lebensunter­halt sich verdienen könnte, ohne daran zu sterben, wirkte auf Raoul wie ein Feenmärchen.

( Schluß folgt.)

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Arbeitsbedingungen der Arbeiterinnen.

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Ueber die Arbeitsbedingungen der japanesischen Spinne­rinnen und Weberinnen schreibt die Arbeiterwelt", das Organ der Arbeiterbewegung in Japan  :" Es giebt 60 bis 70000, wahr­scheinlich sogar 100000 Stlavinnen in unserem Lande. Es sind dies insgesammt sehr junge Mädchen, die an den Webstühlen und Spinn­maschinen arbeiten und zwar 12 bis 14, ja sogar 16 Stunden tag­täglich ohne Sonntagsruhe. Diese Sklavinnen werden meist unter der fleinbäuerlichen Bevölkerung rekrutirt, oft auch hinterlistig in Fallen gelockt, und ihre Eltern haben keine Ahnung davon, welche elenden Bedingungen ihre Töchter erwarten. Die armen Mädchen sind gezwungen, Tag und Nacht wie Maschinen in einer schmutzigen Fabrik zu arbeiten, sie erhalten die schlechteste Nahrung, die sich in Japan   denken läßt, sie sind von der Außenwelt vollständig abgesperrt und müssen ein schweres einförmiges Dasein führen. Und all das für den mageren Tagelohn von 2 oder 3 Sen( ungefähr 8-12 Pf.)! Diese Mädchen verlieren bald den Charakter der Jugend und alle Hoffnungen auf ein Familienleben. Giebt es in der Welt eine schlimmere Sklaverei als die ihrige?" Wir sind überzeugt, daß diese auf die Spitze getriebene Ausbeutung weiblicher Arbeitskraft gar manchem zivilisirten" Unternehmer als Jdeal erscheint, aufs Innigste zu wünschen.

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Von sehr niedrigen Löhnen der Tabakarbeiterinnen in der Schweiz   berichtet das Schweizer Arbeitersekretariat". In Chiasso   und Brissago  , Kanton Tessin  , verdienen die meisten Frauen in der Tabakindustrie 1 Fr.( 80 Pf.) täglich, als Stückarbeite­rinnen 1 Fr. 20 Cts. Das tausend Zigarren wird mit 2 Fr. 50 Cts. bezahlt, eine Frau kann höchstens 500 bis 600 täglich machen und von ihrem Verdienst gehen noch Abzüge für Ausschuß ab. Junge Mädchen von 14-16 Jahren verdienen pro Tag 60, 70 und 80 Cts. Die Arbeitszeit beträgt in Chiasso   11, in Brissago   12 Stunden. Die Auszahlung geschieht gewöhnlich in flagranter Verletzung des Fabrik­gesetzes durch minderwerthiges italienisches Papiergeld, an dem die Arbeiter noch 8-12 Prozent ihres Lohnes verlieren." Ebenso un­günstig sind die Erwerbsverhältnisse der Tabakarbeiterinnen im Kanton Waadt  . Nach der angezogenen Quelle wird Arbeiterinnen, die 7 und 8 Fr. pro Woche verdienen, noch 1 Fr. bis 1 Fr. 50 Cts. für Ab­gang abgezogen, der unvermeidlich ist. Die Aufsicht über die Ar­beiterinnen gleicht mehr der eines Zuchthauses als einer Fabrik. In der großen Fabrik in Vevey  ( ebenfalls Kanton Waadt  ), am Genfer See  , giebt es harte Strafen. Wenn die Arbeiterinnen ein paar Worte miteinander sprechen, haben sie 2-3 Tage Arbeitseinstellung zu gewärtigen, manchmal sogar definitive Entlassung, eine Strafe, die auch für andere kleine Uebertretungen eintritt. Dazu kommen Bußen von 20, 30, 50 Cts. bis auf 1 Fr. Das heißt man Wind säen, um Sturm zu ernten. Das zeigte sich in Vevey  , wo sich die Arbeiterinnen eines Tages heftig erhoben, um einen Werkführer, von dem sie allerlei Quälereien zu erdulden hatten, ihre Entrüstung zu zeigen. Die Gewerkschaft nahm entschlossen die Sache in die Hand und verlangte die Entfernung des Werkführers und andere gerecht­fertigte Maßnahmen. Das wurde zugestanden und so erhielten die Arbeiterinnen eine große und gerechte Genugthuung." Ohne einen großen Aufwand von Phantasie kann man sich vorstellen, welches ,, Schlemmerleben" die so entlohnten Arbeiterinnen führen, und welchen Entbehrungslohn" die armen Herren Fabrikanten einfäckeln.

Niedriger Verdienst und hohe Arbeitsleistungen gehen für die Arbeiterinnen einer Textilfabrik in Werdau   Hand in Hand. Hier ist an einem Selfaktor eine einzige Einlegerin beschäftigt, die 300 bis 400 Spindeln überwachen muß und für diese sehr anstrengende Arbeit einen Wochenlohn von 9 Mt. bis 9,50 Mt. erhält. Die Kremplerinnen verdienen wöchentlich 10,50 Mt. bis 12 Mt. und zwar für Arbeitsleistungen, die mindestens doppelt so groß sind, wie in anderen Fabriken. Die Fabrikordnung wird in dem Betriebe nicht eingehalten. So wird z. B. den Arbeiterinnen 5 Minuten und mehr an der Frühstückspause abgezwackt, die außerdem unregelmäßig fällt, bald 28 Uhr, bald 210 Uhr beginnt. Das Gleiche gilt von der Vesperpause, die heute um 3 Uhr, morgen um 5 Uhr angesetzt wird, ganz nach dem Belieben des Betriebsinhabers. Bezeichnender Weise ist keine der Arbeiterinnen der Fabrik organisirt. Gehörten die Ar­beiterinnen der Gewerkschaft an, so würde diese sich angelegen sein lassen, den ausgebeuteten Frauen und Mädchen ihr Recht zu sichern, für eine Erhöhung der Löhne und menschenwürdigere Arbeitsbedin gungen überhaupt zu kämpfen.

Wie das Unternehmerthum das Koalitionsrecht der Ar­beiterinnen respektirt, dafür spricht der folgende Vorgang. In der Lumpen Großhandlung von Mauerbrecher in Hüls machten sich die sehr niedrig bezahlten Arbeiterinnen des Terrorismus" schuldig