192

rungen der Frauenrechtlerinnen fast einstimmig mit 17 Stimmen bei 18 Mitgliedern ab. Für die Forderungen der Frauen trat fein einziges Mitglied des Lokalkomites ein, da ein Herr sich der Abstimmung enthielt.

Die Gemeinderathswahlreform für Niederösterreich  - Wien  ausgenommen welche allen steuerzahlenden verheiratheten Frauen das aktive Wahlrecht zuerkennt, hat die Sanktion der Regierung nicht erhalten. Es hat sich nämlich herausgestellt, daß für den vierten Wahlkörper, der alle Einwohner umfassen soll, die Personaleinkommen­steuer zahlen und seit mindestens fünf Jahren in einer Gemeinde seßhaft sind, in vielen Kommunen keine Wähler vorhanden sind. Die Thatsache zeigt genügend deutlich, mit welcher Leichtfertigkeit die Christlich- Sozialen" das niederträchtig reaktionäre Machwerk, Wahl­reform benamset, zusammengestoppelt haben.

"

Frauenbewegung.

die Nähmaschine selbst erstellen, so daß ihnen die Kosten für Nadeln,| Bestrebungen durch die Frauen geworben, lehnte jedoch die Forde­Schmieröl, Abnutzung zufallen. Zieht man die in der Folge erforder­lichen Auslagen ab, so verbleibt den Aermsten ein Wochenverdienst von 4 Mt. 50 Pf., von dem von rechtswegen noch die Ausgaben für Beleuchtung und Beheizung während der Arbeitszeit abgezogen wer­den müßten. Ein anderes Konfektionsgeschäft lohnt das Nähen von einem Paar starker englischer Lederhosen mit 35 Pf., noch im Vorjahr betrug der Lohn dafür 45 Pf. Die Hosennäherinnen kommen mit ihrem Verdienst nur ausnahmsweise über 5 Mk. pro Woche hinaus. Die Ausnäherinnen fehlerhafter Webwaaren verdienen oft kaum 4-5 Mt. wöchentlich, und diese Bettelgroschen werden noch obendrein den Webern vom Lohne   abgezogen. Nur selten tragen die Spulerinnen und Zwirnerinnen einen Wochenverdienst von 9-10 Mt. heim, gewöhnlich müssen sie sich mit 6-8 Mt. be­gnügen. Der Lohn der angeführten Arbeiterinnenkategorien ist so niedrig, daß der mit den Existenzkosten am Orte Vertraute weiß, wie entbehrungsreich und freudenarm, wie fulturwidrig dürftig die Lebens­haltung ist, die mit den angegebenen Pfennigen bestritten werden muß. Und doch werden manche der Arbeiterinnen noch um ihren hohen" Verdienst von Männern, Familienvätern beneidet! Ein ver­heiratheter Weber verdiente z. B. in der Zeit vom 31. Juli bis 23. September 43 Mt. 70 Pf. Davon gingen ab 3 Mt. 28 Pf. für die Kranken und Invaliditätsversicherung, so daß der Mann in 53 Tagen 40 Mt. 42 Pf. verdient hatte. Eine solche Entlohnung macht es begreiflich, daß in Gera   die verheiratheten Frauen immer mehr zum Mitverdienen in der Fabrik oder als Heimarbeiterinnen gezwungen sind, und daß auch die Kinder daheim oft bis spät Nachts dem Erwerb nachgehen müssen. Die Verhältnisse, wie sie sich in Gera   in der Textil- und Konfektionsindustrie herausgebildet haben, wo die Arbeit rückständiger, unorganisirter Frauen und Mädchen eine ausschlaggebende Rolle spielt, fordern eindringlich wirksamen gesetzlichen Schutz der Arbeitskräfte gegen die kapitalistische Aus­beutungsgewalt, sprechen insbesondere eindringlich für den ausgiebigen Schutz der Arbeiterinnen. Ein Blick auf die fahlen, nervös ver­zogenen Gesichter der Lohnsklavinnen, auf ihre abgearbeiteten Ge­stalten, auf die kümmerlich entwickelten Kinder, deren Mütter sie sind, rechtfertigt die einschlägigen Forderungen genügend. A. D.

Gewerkschaftliche Arbeiterinnenorganisation.

Ein Verein zur Wahrung der Interessen der Näherinnen von Posen ist im Entstehen begriffen. Die Initiative zur Grün­dung der Organisation geht nicht von den Arbeiterinnen aus, sondern von Damen   der gebildeten und besitzenden Kreise", welche die Aus­beutung der Näherinnen durch die Konfektionsfirmen einschränken wollen. Solange nicht beweiskräftige Thaten des Vereins vorliegen, zweifeln wir daran, daß die Damen mit aller Energie gegen die Aus­beutung der Näherinnen ankämpfen werden. Eine Krähe hackt der anderen die Augen nicht aus.

Mit der Frage der Organisation der Handlungsge­hilfinnen beschäftigte sich der vierte Delegirtentag des Vereins deutscher   Kaufleute". Er beschloß, die Organisation der weiblichen Handelsangestellten sei durch den Verein mit allen Kräften zu fördern. Der Generalrath soll praktische Vorschläge zur Lösung dieser Auf­gabe durch Ausarbeitung eines Statuts 2c. machen.

Der Bund holländischer Näherinnen hat nach seinem ersten Jahresbericht vier Zweigvereine gegründet und giebt ein eigenes, vielgelesenes Fachorgan heraus. Er vertheidigte die Interessen der Arbeiterinnen gegenüber einigen großen Firmen mit Kraft, Geschick und Erfolg. Gegenwärtig kämpft er gegen die übermäßig lange Arbeitszeit im Gewerbe und veröffentlicht regelmäßig die Namen der Geschäfte, welche die Näherinnen über den gesetzlichen Arbeitstag hinaus bis tief in die Nacht beschäftigen. Der Bund" ist energisch dafür eingetreten, daß die Arbeitskammer, Abtheilung für Konfektion, das gewählte weibliche Mitglied, Frau Voos, zuläßt. Den Anschluß an den frauenrechtlerischen Bund niederländischer Frauenvereine" hat die Generalversammlung der organisirten Näherinnen als zwecklos abgelehnt.

"

Frauenstimmrecht.

Das Frauenstimmrecht sollte das Amsterdamer Lokal­fomite für Einführung des allgemeinen Stimmrechts in Holland  " in sein Aktionsprogramm aufnehmen und bei seiner Agitation berücksichtigen. Der Verein für Frauenstimmrecht" und der Freie Frauenverein" in Amsterdam   ließen durch je zwei Delegirte diese Forderung in einer Sigung des Lokalkomites vertreten. Dieses hatte zwar sehr eifrig um die Unterstüßung seiner

"

Berantwortlich für die Redaktion: Fr. Alara Bettin( Bundel) in Stuttgart  .

Zur Frage des Frauenstudiums äußerten sich zwei Professoren der Universität Wien   anerkennenswerth vorurtheilslos. Professor Wiesner erklärte in seinem Bericht über die Universitätsverhältnisse im abgelaufenen Studienjahre: Der Ernst und die Hingebung, wo­mit die ordentlichen Hörerinnen an der philosophischen Fakultät ihren Studien oblagen, und die vielfach zu Tage getretenen vorzüglichen Studienerfolge werden wohl für die beiden anderen Fakultäten die Veranlassung bilden, auch ihrerseits die Zulassung ordentlicher Höre­rinnen in Erwägung zu ziehen." Der Mediziner von Töply richtete bei der Eröffnung seiner Vorlesungen über die Geschichte der Medizin folgende Worte an die anwesenden Frauen: Es gereicht mir zur größten Freude, Hörerinnen der Medizin hier begrüßen zu können. Ich halte es für die größte Errungenschaft des zur Neige gehenden Jahrhunderts, daß Frauen sich dem Studium der Medizin zugewendet haben. Wer sich dem schwierigen Beruf, der leidenden Menschheit beizustehen, gewidmet hat, den werden wir begrüßen, er sei Mann oder Weib."

"

Einen Zyklus von wissenschaftlichen Kollegien zum Zwecke öffentlicher Belehrung haben die Mädchen- und Frauengruppen. für soziale Hilfsarbeit in Berlin  " organisirt, deren Vorsitzende an Stelle der verstorbenen Frau Schwerin   Fräulein Alice Salomon  ist. Zunächst hält Privatdozent Dr. Preuß acht staatswissenschaftliche Vorträge über das Thema: Der moderne Staat". Der ersten Vor­lesung wohnten nur eine kleine Zahl von Hörerinnen bei.

Die Zahl der Hörerinnen an der Universität Berlin   be­trug im Winter 1898-99 nicht weniger als 241 gegen 193 im Winter­semester des Vorjahrs. Im Sommer 1899 zählte die Universität 186 Hörerinnen gegen 169 in Sommer 1898.

D. Z. Weibliche Studenten in der Schweiz  . Die sieben schweizerischen Universitäten und Akademien zählten im Wintersemester 1898/99 4438 Frequentanten, wovon 3589 eingeschriebene Studenten, 849 Zuhörer und wovon 937 weiblichen Geschlechts waren. Auf die einzelnen Universitäten vertheilen sich letztere wie folgt: Genf   292, Zürich   231, Bern 172, Lausanne   130, Neuenburg 52, Basel   35 und Frei­ burg   25. Die Fakultäten hatten daran folgenden Antheil: Die Philo­sophie mit 562, Medizin mit 234, Jurisprudenz mit 10 und die Theologie mit 1 Besucherinnen. Nach dem Heimathland vertheilten sie sich wie folgt: 335 stammten aus Rußland  , 82 aus der Schweiz  , 53 aus Deutschland  , 25 aus Bulgarien  , 17 aus Asien  , 9 aus Desterreich, je 7 aus Serbien   und Nordamerika  , 6 aus Ungarn  , 4 aus Rumänien  , je 3 aus England und Holland   und je 1 aus Italien  , Norwegen  und Afrika  . Diese Zahlen betreffen jedoch nur die 555 eingeschrie­benen Studentinnen; über die Nationalität der 382 Zuhörerinnen werden keine Mittheilungen gemacht. Von den 53 deutschen   Damen waren 38 in Zürich  , 9 in Genf  , 5 in Bern   und 1 in Lausanne  . Auf die Fakultäten vertheilten sie sich mit 30 auf die Medizin, 21 auf die Philosophie und 2 auf die Jurisprudenz.

D. Z. Doktorinnen der Medizin in der Schweiz  . An der Universität Zürich   erhielt die Russin Fräulein Elisabeth Wuhrhaft die Würde eines Doktors der Medizin, Chirurgie und Geburtshilfe, ebenso Fräulein Anna Köttgen von Liestal  ( Kanton Baselland  , Schweiz  ).

DZ. Der erste weibliche Advokat in der Schweiz   hat sich jüngst nach bestandenem Advokaturexamen vor dem zürcherischen Obergericht in Zürich   habilitirt: Fräulein Dr. jur. A. Macken­ roth  . Die Dame ist bereits zum ersten Male in einem Zivilprozeß vor dem zürcherischen Handelsgericht aufgetreten, doch wird nicht ge­meldet, mit welchem Erfolg.

DZ. Zum Doktor der Philosophie brachte es an der Uni­versität in Zürich   Fräulein Marie Baum   von Danzig  .

Druck und Berlag von J. H. W. Die Nachf.( G. m. b. h.) in Stuttgart  .