war und gab diese beschlossene Reform mit 243 gegen 174 Stimmen preis. Der Umfall wurde besonders damit begründet, daß man nicht wegen des Festhaltens an dem Frauenrecht das Zustandekommen des ganzen Reformgesetzes hindern dürfe. Nach den vorliegenden Nachrichten ist nun den Frauen auf Grund einer besonderen Bill das Recht wieder zuerkannt werden, als Räthe und Aelteste den Bezirksvertretungen von London anzugehören, denen ungefähr die Aufgaben und Befugnisse von Munizipalitäten zustehen. Uebrigens besitzen nicht alle Frauen Londons das Wahlrecht zu den Bezirkskörperschaften, vielmehr nur Frauen, die eine eigene Wohnung innehaben, mag diese auch noch so klein sein.
Der holländische Verband für das Frauenstimmrecht hat in Leyden seine 14. Filiale gegründet. Im Vordergrund der Verbandsthätigkeit steht zur Zeit die Agitation für das Stimmrecht der Frauen zu den Wahlen von Kirchenvorstehern, Kirchenältesten, Diafonen und Predigern.
Frauen in der Gemeindevertretung eines amerikanischen Städtchens. Der Gemeinderath der kleinen Stadt Beattie in Kansas bestand bis vor kurzem ausschließlich aus Frauen. Bei den jüngst stattgefundenen Gemeinderathswahlen wurden große Anstrengungen gemacht, die Frauen aus der Verwaltung zu verdrängen. Der Erfolg war jedoch kein durchschlagender. Zu drei wichtigen Gemeindeämtern wurden abermals Frauen gewählt.
Die Zuerkennung des politischen Wahlrechts an die Frauen forderte ein Antrag, der Anfangs April auf der Tagesordnung des englischen Unterhauses stand. Faithfull Begg, der eifrige und zähe Vorkämpfer für das Frauenstimmrecht, hatte ihn eingebracht. Leider kam jedoch der Antrag nicht zur Verhandlung, weil seine Gegner die Diskussion über die ihm voranstehenden zwei Punkte der Tagesordnung in die Länge zogen.
Ein Verfassungsamendement, das Stimmrecht auf die Frauen des Staates Ohio auszudehnen, wurde im Abgeordnetenhaus mit einer Majorität von nur 12 Stimmen, nämlich mit 59 gegen 47, abgelehnt.
Die Forderung des Stimmrechts für die Frauen von Massachusetts , das eine im Abgeordnetenhause eingebrachte Petition erhob, wurde von der Kommission für Verfassungsänderungen durch ,, Uebergang zur Tagesordnung" erledigt.
Frauenbewegung.
Ueber Organisation, Aufgaben und Entwicklung des Bundes deutscher Frauenvereine sprach kürzlich die Frauenrechtlerin Frau Marie Stritt im„ Sozialwissenschaftlichen Studentenverein" zu Berlin . Die Rednerin hat sich bei dieser Gelegenheit in der ihr eigenen seichten und schiefen Weise auch über die proletarische Frauenbewegung, ihren Charakter, ihre Ziele und Fortschritte verbreitet. Neben einer vielfach ganz ungeschichtlichen Auffassung sozialer Erscheinungen hat sie auch grobe historische Unrichtigkeiten verzapft, so betreffs der Geschichte der Strömungen für Anstellung weiblicher Fabrikinspektoren. Doch sei der Dame ein Eingehen auf ihre Schnitzer geschenkt:„ das schönste Mädchen giebt nicht mehr, als es hat". Da gegen müssen wir anläßlich ihrer Rede im„ Sozialwissenschaftlichen Studentenverein" Eins hervorheben. Im Winter 1899 wurde ein Vortrag unserer Genossin Lily Braun vom Rektor mit der leichtfertigen Begründung verboten, daß die literarischen Leistungen der Frau Braun einen mehr agitatorischen Charakter trügen und keinen wissenschaftlichen Werth besäßen". Wo ist das gestrenge Urtheil des Herrn Rektors über die Leistungen der Frau Stritt geblieben? Jeder Unbefangene, der die Schriften und Vorträge beider Frauen kennt, wird zugeben, daß Lily Brauns Leistungen, an denen von Marie Stritt gemessen, die tiefgründigste Gelehrsamkeit darstellen. Als Schriftstellerin und Rednerin repräsentirt Frau Stritt den ausgesprochenen Typus höhertöchterlicher Bildung, und ihre„ literarischen Leistungen" tragen nicht blos mehr", sondern nur" einen„ agitatorischen Charakter". Aber freilich: Genossin Braun ist Sozialdemofratin, Frau Stritt gesinnungstüchtige Frauenrechtlerin. Der Herr Rektor brauchte deshalb nicht tiefsinnig über den„ agitatorischen Charakter" und den„ nicht- wissenschaftlichen Werth" von Frau Stritts Leistungen nachzugrübeln, ihr Vortrag konnte pafsiren. Wie heißt es doch in Dreyers Probekandidat"?" Hast du schon' mal von Preußen gehört? Da hat Jeder das verbriefte Recht, durch Wort, Schrift und Druck seine Meinung zu äußern. Geh' du nach Preußen!" Mit der Volks- Gesundheitspflege beschäftigte sich unter anderem die Generalversammlung des Landesvereins preußischer Volksschullehrerinnen", die fürzlich in Berlin stattfand. Frl.
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Förster Kassel referirte über das Thema und im Anschlusse an ihre Ausführungen wurden folgende Thesen angenommen:
I. Es ist nachweisbar, daß auf dem Gebiete der Volkshygiene Mißstände vorhanden sind, die sich äußern:
a) in dem Rückgange der Wehrfähigkeit unsres Volkes, b) in der immer weitere Voltstreise angreifenden Tuberkulose c) in den Schädigungen, welche die furchtbare Verbreitung des Alkoholismus hervorbringt,
d) in der Zunahme der Krankheitsformen, welche auf Seelenstörung beruhen.
II. Der Schule ist nicht nur der Geist, sondern auch der Leib der Kinder zur Ausbildung anvertraut. Sie hat darum die unabweisbare Pflicht, den sozialen Mißständen durch die planmäßige Gesundheitspflege ihrer Zöglinge entgegenzuarbeiten.
III. Sie entledigt sich dieser Aufgabe durch Anstellung von Schulärzten, welche Hand in Hand mit hygienisch gebildeten Lehrfräften für strenge Durchführung der Schulhygiene sorgen. Eine Hauptaufgabe der Schulleitung ist es, für gründliche Reinigung und Beleuchtung der Schulräume zu sorgen.
IV. Durch Aenderung des Lehrplans muß Raum und Zeit für Lehrgegenstände, welche direkt der Körperpflege dienen, gewonnen werden. Als nothwendige Forderungen ergeben sich:
a) die Eingliederung der Gesundheitslehre in den naturwissen= schaftlichen Unterricht und Belehrungen, die sich im Laufe des gesammten Unterrichts ergeben,
b) die Einführung des Turnunterrichts als obligatorischer Unterrichtsgegenstand in allen Mädchen- Volksschulen,
c) die Einführung planmäßiger Spielstunden,
d) Wanderungen im Freien, welche gleichzeitig für den naturgeschichtlichen Unterricht fruchtbar gemacht werden,
e) für Kinder der Oberstufe Beschäftigung in Schulgärten, f) wo die örtlichen Verhältnisse es gestatten, Baden und Schwimmen im Freien unter Leitung und Aufsicht pädagogisch und technisch gebildeter Lehrkräfte,
g) Schulbrausebäder, welche sowohl aus gesundheitlichen, als auch aus ethischen Gründen nothwendig sind.
V. Im Interesse der Volksgesundheit und der nationalen Wohlfahrt ist jede Schulgemeinde verpflichtet, die Einrichtungen zu schaffen und fortgesetzt auszugestalten, welche zur Gesundheitspflege der schulpflichtigen Jugend nothwendig sind.
Die erste Immatrikulation einer Studentin an einer deutschen Universität ist in Heidelberg erfolgt. Als Stutendin der Philosophie wurde Frl. Serauer aus Karlsruhe immatritulirt. Des Weiteren ist eine Dame zur Immatrikulation an der medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg vorgemerkt. Die Zahl der Hörerinnen, welche an allen Fakultäten der Ruperto- Carola , mit Ausnahme der juristischen, zugelassen wurden, und zwar für je ein Semester, ist größer, als in dem früheren Halbjahr.
Frauen als Armenpflegerinnen in Bremen . Vom Vorstand des Armenwesens in Bremen sind mehr als zwanzig Armenpflegerinnen ernannt worden. Dem Vorstand selbst gehören zwei Frauen als vollberechtigte Mitglieder an.
Eine Aerztin für die Quarantänestation des Suezkanals wird vom internationalen Gesundheitsrath in Alexandrien gesucht. Die erste Doktorpromovation einer Frau an der Uni versität Wien fand kürzlich statt. Den Doktorhut der Philosophie holte sich Frau Gräfin Gabriele Wartensleben. Der Rektor hielt anläßlich des Ereignisses eine Ansprache, in der er sich sehr günstig über das Frauenstudium aussprach.
Der Petersburger Schulärztin, Olga Reschetina, wurde die goldene Medaille verliehen in Anerkennung der aufopfernden Thätigteit, welche sie zur Bekämpfung der Pest in einem Dorfe entfaltet hat.
Eine Frauenzeitschrift in böhmischer Sprache, an der, wie bei der„ Fronde" in Paris , nur Frauen als Mitarbeiterinnen, Leiterinnen, Druckerinnen und Administratorinnen beschäftigt sind, erscheint in Chicago : Die Zenské Listy ". Die tschechischen Frauen des Staates Jllinois zeichnen sich durch reges Wirken für die höhere Bildung des weiblichen Geschlechts aus. Sie haben sechzig Frauenvereine gegründet, die hauptsächlich Bildungszwecke verfolgen, aber auch ihren Mitgliedern geselligen Verkehr und Schutz der Interessen gewähren.
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