Wie auf anderen Gebieten, so erweist sich auch im Apothekergewerbe, daß die Töchter und Frauen der gebildeten Stände als Schmutz­fonkurrentinnen auftreten, welche das Einkommen der Männer da­durch drücken, daß sie sich mit niedrigem Gehalte begnügen. In manchen Fällen ist der Umstand dafür ausschlaggebend, daß die Damen nicht ihren vollen Unterhalt zu verdienen brauchen, in anderen Standesdünkel, Vorurtheil, Mangel an Einsicht und Solidaritäts­gefühl. Die kapitalistische Gier nach Gewinn nutzt die Sachlage aus, um sich billige Arbeitskräfte zu sichern.

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Als Wagenputzerinnen werden Frauen auf dem Lehrter Bahnhof   in Berlin   beschäftigt. Wie der Weckruf der Eisen­bahner" mittheilt, erhalten sie 2 Mr. pro Tag, während die Männer für die nämliche Arbeit mit 2,30-3 Mt. entlohnt werden müssen. Als Streckenarbeiterinnen werden Frauen auf der märkisch- schlesi­schen Strecke beschäftigt, natürlich auch zu niedrigerem Tagelohn als die Männer. Die Sparpolitif im Reiche Thielen geht stets auf Rosten der Ausgebeuteten.

Frauenbewegung.

Die Generalversammlung des Bundes deutscher   Frauen­vereine hat vom 28. September bis 2. Oktober in Dresden   getagt. In den Sizungen der einzelnen Kommissionen wurde über folgende Fragen verhandelt: Hebung der Sittlichkeit; Mäßigkeitsbestrebungen; Erwerbsthätigkeit der Frauen; Handelsangestellte; Kinderschutz; Ar­beiterinnenschutz; Rechtsstellung der Frau und Rechtsschutz; Er­ziehungswesen. In Verbindung mit der Generalversammlung fanden öffentliche Vortragsabende statt. Wir werden auf die Arbeiten und Beschlüsse der Generalversammlung noch zurückkommen.

Ein zweiter internationaler Frauenkongreß in Paris  , der von der radikalen Richtung der französischen   Frauenrechtlerinnen ein­berufen war, hat im September unter dem Vorsitz von Madame Pognon stattgefunden. Auf der Tagesordnung standen folgende Haupt­punkte: 1. Frauenarbeit( Lohn, Arbeitszeit, Gesundheit); 2. Moral ( gleiche Moral für beide Geschlechter; Aufhebung der gesetzlich ge­regelten Prostitution); 3. Erziehung; 4. Ehegesetzgebung; 5. Rechte der Frau im öffentlichen Leben und absolute Berufsfreiheit. Bis jetzt. liegt uns leider in feinem frauenrechtlerischen Organ ein Bericht über diesen Kongreß vor. Wie uns von befreundeter Seite mitgetheilt wird, hatte Madame Vincent, die Vorsitzende des Vereins Egalité  " ( Gleichheit), die gesetzliche Herabsetzung der Arbeitszeit der Arbeite­rinnen beantragt. Der Antrag wurde jedoch als ein Attentat auf die Freiheit der Berufsthätigkeit der Frau" abgelehnt.

weiter als knipst, knipst, knipst ein Loch in den Schein hinein! O, lassen Sie mich allein, Verehrteste, bei Allem was barmherzig ist, überlassen Sie mich meinem Wahnsinn, meinem Elend, meiner Verzweiflung! Für die Zwanzigpfennig- Tour einen grünen Schein, für die Dreißigpfennig- Tour einen blauen Schein- mehr mehr fann der Mensch nicht ertragen! Knipst ein Loch in den Schein hinein!"

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Die hoffnungslosen Augen meines Freundes ruhten eine in­haltsschwere minute lang auf meinen, dann sagte er eindringlich: , Mart, Du sagst ja gar nichts. Du machst mir keine Hoff­nung. Aber, schon recht, es ist auch so gut es ist auch so gut. Du fannst mir nicht helfen. Die Zeit ist längst vorüber, wo Worte mich aufrichten konnten. Ein Etwas sagt mir, daß meine Zunge verdammt ist, sich ewig nach dem Geschöpf dieses gefühllosen Gebimmels zu regen. Dada tommt es wieder über mich: Für die Zehnpfennig- Tour einen weißen Schein, für die Zwanzigpfennig- Tour einen

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Immer schwächer und schwächer flüsternd versant mein Freund in sanfte Verzückung und vergaß sein Leiden in seliger Ruhe.

Wie rettete ich ihn schließlich vor dem Irrenhause? Ich brachte ihn nach einer benachbarten Universität und ließ ihn die Last seiner quälenden Verse in die begierigen Ohren der armen nichtsahnenden Studenten abladen. Wie steht es nun mit ihnen? Das Resultat ist unsäglich traurig. Warum schrieb ich diesen Artikel? Zu einem würdigen, ja zu einem erhabenen Zwecke. Es geschah, um den Leser zu warnen; wenn du auf diese unbarmherzigen Verse stoßen solltest, fliehe fie fliehe sie wie die Best!

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Frauenturnen in Nordamerika  . Nach der letzten Zählung des nordamerikanischen Turnerbundes gehören diesem 3411 erwachsene Turnerinnen und 9756 Turnschülerinnen an. Dem Turnerbund sind außerdem noch Frauenvereine angegliedert, denen auch Nichtturne­rinnen angehören, die aber rege für das Turnen der Frauen agitiren. Ihre Mitgliederzahl beträgt 4893.

Stellungnahme des internationalen Studentenkongresses zu Paris   zum Frauenstudium. Der internationale Studenten­fongreß, der kürzlich in Paris   getagt hat, beschäftigte sich auch mit der Frage des Frauenstudiums und der Stellung der Studenten zu den Studentinnen. In Folgendem die einschlägigen Beschlüsse: 1. Der Rongreß spricht den Wunsch aus, daß die Regierungen aller Länder die Frauen zum Besuch der Kollegien und zu den Examina aller Fakultäten der Hochschulen zulassen. 2. Der Kongreß hält es für wünschenswerth, daß alle studentischen Vereinigungen die Frauen zu­lassen, welche ordnungsgemäß in eine Fakultät eingeschrieben sind. Die Frauen dürfen Aemter in den von Studenten geleiteten Kom­missionen, Romites und Bureaus einnehmen. 3. Die Frauen, welche die gleichen Studien und die gleichen Examina wie die Männer zurückgelegt, beziehungsweise bestanden haben, sind zu den gleichen Berufen wie die Männer zugelassen.

Haushaltungswissenschaft soll von nun ab an der Staats­universität von Illinois   gelehrt werden. Miß Isabel Bevier   vom Lake Erie College   wird die betreffenden Vorlesungen halten.

Der erste weibliche Ehrendoktor an einer deutschen Uni­versität ist die bekannte verdienstvolle Schriftstellerin Marie Ebner­ Eschenbach  . An ihrem 70. Geburtstage wurde ihr von der Wiener Universität   das Diplom eines Ehrendoktors der Philosophie verliehen. Marie Ebner- Eschenbach   hat diese Ehrung vollauf verdient.

Ein Kampf um das aktive und passive Wahlrecht der weiblichen Aerzte zu den Aerztekammern wird gegenwärtig von Frl. Dr. med. Gabriele v. Possauer in Wien   ausgefochten. Der Wiener Magistrat hatte ihr das betreffende Recht nicht zuerkannt und die niederösterreichische Statthalterei die eingelegte Beschwerde abgewiesen. Die Aerztin   wandte sich darauf an das Ministerium des Innern, erhielt aber auch hier abschlägigen Bescheid. Der Kampf um das Recht, der von prinzipieller Bedeutung ist, soll nun vor dem Verwaltungsgerichtshof ausgefochten werden. Wir sind auf den Aus­gang des Zusammenstoßes zwischen Recht und Gerechtigkeit und ur­väterlichem Zopfe gespannt.

Vermischtes.

Kant und Herder über die höhere Frauenbildung. In einer wenig bekannten Schrift:" Beobachtung über das Gefühl des Schönen und Erhabenen" hat sich der Philosoph der reinen Vernunft" Jm. Kant gegen das Studium der Frauen ausgesprochen. Er sieht in dem weiblichen Geschlecht in erster Linie das schöne Geschlecht. Schönheit bedinge aber Leichtigkeit und vertrage sich nicht mit Spuren überwundener Schwierigkeiten. Eine gefurchte Denkerstirn könne ein schönes weibliches Gesicht nur entstellen. Daher hinweg mit allem abstrakten Grübeln, Spekuliren, mit allem gelehrten tiefsinnigen Weisheitskram, hinweg mit der Gelehrsamkeitssucht einer Dacier und Chastelet, denen Kant zu dem Gesicht voll Tiefsinn noch den Bart dazu wünscht.( Ein ziemlich frostiger Witz des großen Denkers!) dazu wünscht. Von allen Disziplinen und Wissenschaften sollte das Weib nur so viel sich zu eigen machen, als nothwendig sei, seinen Geschmack und dadurch mittelbar sein sittliches Gefühl zu verfeinern und zu erheben ( ja, wer nur wußte, wie viel dazu nöthig ist!), und das Mittel dazu sei einzig und allein die Empfindung, nicht todte Buchstabenweisheit. ( Die ist doch wohl auch für Männer nicht eben wünschenswerth!)

Diese Ausführungen beweisen nur, daß auch der Königsberger Weise seiner Zeit seinen Tribut entrichtet hat!

Von Johann Gottfried Herder  , Goethes Jugendlehrer und Freund, liegt eine ähnliche Aeußerung vor: Das Frauenzimmer gehört ohne Zweifel nicht in die Hörsäle und Studirzimmer der Ge­lehrten, wenn es sich bilden will zu seiner Bestimmung, damit es seine Seele verschönere und das Vergnügen des männlichen Geschlechts sei."- Das ist offenbar eine sehr männlich- egoistisch­beschränkte Ansicht von der Bestimmung des weiblichen Geschlechts". M. W.

* Anna Dacier  , geborene Lefèbre( 1654-1720), die gelehrte Frau des französischen   Philologen( Sprach und Alterthumsforschers) André Dacier  , welche zahlreiche geistvolle und gelehrte Schriften und Uebersetzungen aus dem Griechischen und Lateinischen   verfaßt hat. Frau Gabriele Emilie

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du Chastelet, die gelehrte Freundin Voltiares( 1706-1748).