Kongreß für die Sonntagsruhe in Paris wurde konstatirt, daß die Webereiindustrie von Roanne an Ronkurrenzfähigkeit durch den freien Samstagnachmittag eher gewonnen als eingebüßt hat. Eine Fabrik in Bordeaux hat ebenfalls den freien Samstagnachmittag eingeführt, das Gleiche gilt von mehreren großen Magazinen im Pariser Quartier du Sentier.
In Holland haben verschiedene Fabriken die werthvolle Einrichtung eingeführt, so die Baumwollenweberei in Almelo mit 2000 Stühlen schon seit 30 Jahren; sodann die bekannte Kakaofabrik von Houten& Zoon in Weesp . Die Maschinenfabrik von Stork& Cie. in Hengelo hat am Samstag achtstündige, an den übrigen Wochentagen neunstündige Arbeitszeit. Letztere Firma erklärt, daß dieser Arbeitszeitverkürzung keine technischen Betriebsschwierigkeiten im Wege standen, daß die Produktion nicht vermindert worden, und daß endlich auch vom Mißbrauch der freien Zeit nichts zu spüren sei. Im Gegentheil kann dieselbe als mitwirkend zur geistigen Hebung betrachtet werden. Von Alkoholismus ist gar keine Rede. Die Vortheile dieser Maßregel sind beiderseitige, sowohl für den Arbeitnehmer als für den Arbeitgeber." Amsterdam und verschiedene andere holländische Gemeinden geben ihren städtischen Arbeitern am Samstagnachmittag
um 4 Uhr frei.
In der Schweiz haben verschiedene Fabriken der Textil-, Maschinen- und Uhrenindustrie, sowie der elektrotechnischen Industrie den freien Samstagnachmittag. Die Geschäftsleitung der Fabrik elektrischer Kabel in der französischen Schweiz schreibt über ihre gemachten bezüglichen Erfahrungen:„ Den freien Samstagnachmittag haben wir seit circa 2 Jahren zuerst probeweise, dann definitiv eingeführt. Die übrige Arbeitszeit wurde dadurch nicht verlängert und der Verdienst nicht geringer, indem wir die freien Stunden voll bezahlten. Im Falle pressanter Arbeit sind die Arbeiter gehalten, auch am Samstag Nachmittag zu erscheinen. Diese Stunden werden ihnen aber extra vergütet. Solche Ausnahmen kommen jedoch selten vor, denn wir trachten so viel als möglich, diesen Nachmittag frei zu lassen. Unser ganzes Etablissement ist dann geschlossen, Bureaus sowohl als Werkstätte. Wir haben diesen freien Nachmittag eingeführt, weil wir fanden, daß hauptsächlich verheirathete Arbeiter einige Stunden pro Woche zur Ausführung von Haushaltungs- und Gartenarbeiten 2c. benöthigen. Technische Schwierigkeiten standen nicht gerade im Wege und die Produktion wurde dadurch nicht wesentlich beeinträchtigt. Die freie Zeit wird im Allgemeinen nicht übel verwendet, und die Mehrzahl der Arbeiter ist uns eher erkenntlich dafür; wir verlangen auch, daß am Montag Jedermann am Posten ist."
Frau Rath Goethe.
Don Manfred Wittich. ( Fortsetzung.)
Das resolute Abschütteln von Unangenehmem und Traurigem war ihre eigenste Kunst, und ihre Rezepte in dieser Beziehung fanden auch Andere probat. Wenn die Herzogin Amalia unmuthig war, befolgte sie dieselben mit Nuzen:„ Ich schüttle mich ein paar Mal, seze mich ans Klavier oder zeichne, da werden die Ideen wieder couleur de rose"( rofenfarben).
Mit Goethes Fahrt nach Weimar , 1775, bei der es ursprünglich nur auf einen Besuch abgesehen war, aus dem aber ein Lebensverhältniß sich bildete, begann eine neue Epoche auch im Leben der Frau Rath. Der Hätschelhans" mag ihr recht sehr gefehlt haben; dafür nahm aber das Denken und Sinnen, wie dem Fernen ihre Liebe immer gegenwärtig und fühlbar gemacht werden könne, sie jezt noch um so mehr in Anspruch. Alle Erlebnisse in Freud ' und Leid, die der Sohn anfangs nur Gast, später vielbeschäftigter Beamter und Staatsmann, stets der Freund des Landesherrn in Weimar , im häuslichen, gesellschaftlichen und höfischen Leben hatte verfolgte sie mit innigster Antheilnahme.
Natürlich auch seine mancherlei Herzensangelegenheiten. Immer sind die Freunde ihres Sohnes auch die ihren, ihre Mitsöhne, und sie widmet deren leiblichem und geistigem Wohle alle in ihren Kräften stehende Beihilfe und Förderung. Billete, Briefe und Geschenke gehen von der Frankfurter Santa Casa nach Weimar , auch Rath und Ermahnung spendet Frau Aja.
Als der junge Stein, der Sohn von Goethes langjähriger Herzensfreundin, der Frau Nath eine strenge Selbstkritik seiner eigenen Person geschickt hatte, antwortete diese:
" Besonders freut es mich, daß Sie Ihr Gutes und Nichtgutes schon so hübsch kennen. Bravo, lieber Sohn, das ist der einzige
76
Der Gedanke des freien Samstagnachmittags ist also seit Jahren und zwar in größter Ausdehnung bereits praktisch erprobt, und er kann nicht mehr als„ hirnverbrannter Einfall" sozialdemokratischer Fanatiker und Utopisten verleumdet und herabgesetzt werden. Und auch das hat die Erfahrung gezeigt, daß der freie Samstagnachmittag nicht blos für die verheiratheten Fabritarbeiterinnen nothwendig und möglich ist, sondern für alle Arbeiter ohne Alters- und Geschlechtsunterschied. Die Ausdehnung auf alle Arbeiter ist mit eine Garantie dafür, daß der einmal eingeführte freie Samstagnachmittag auch wirklich durchgeführt wird und nicht blos auf dem Papier steht. Um die Reform sobald als möglich zu erreichen, sollte eine lebhafte Agitation dafür mit Wort und Schrift betrieben werden.
Aus der Bewegung.
D. Z.
Von der Agitation. In der Provinz Sachsen agitirte Genossin Ziez- Hamburg in der Zeit vom 12. bis 25. März. Versammlungen fanden statt in Halle- Nord, Halle- Süd, Merse burg , 3echau, Nietleben , Gottenz, 2öbejün, Wittenberg , burg , Weißenfels , Naumburg , Langenberg( Reuß), AltenBitterfeld, Sandersdorf und Greppin . Der Kampf ums Dasein während der Krise" und„ Krise und Brotwucher" war die Tagesordnung. Die beiden Halleschen Versammlungen waren vorwiegend von Frauen besucht. In Halle- Nord traten 30 Personen, meist Mädchen aus der Spinnerei, ihrer Organisation bei. Dem Arbeitersekretär wurde zum Zwecke der Uebermittlung an die Gewerbeinspektion Material überliefert, das Gesetzesverletzungen ausweist bezüglich verhängter Strafen, zu langer Arbeitszeit, Beschäftigung während der Pausen. Zu der Versammlung in Langenberg waren Geraer Genossinnen unter Führung von Genossin Geinitz gekommen, obgleich sie fast eine Stunde Weges zurücklegen mußten. In Altenburg war der große Saal des„ Waldschlößchens" bis auf den letzten Platz besetzt, sehr viele Frauen wohnten der Versammlung bei. In der glänzend besuchten Versammlung zu Zechau erklärte der überwachende Beamte, auf der Bescheinigung der Anmeldung stände„ Deffentliche Mitgliederversammlung", folglich hätten nur Mitglieder Zutritt. Thatsächlich war jedoch eine öffentliche Versammlung für Männer und Frauen angemeldet worden. Aller Protest half nichts. Der Beamte bestand auf der Entfernung der Nichtmitglieder und drohte mit der Auflösung, wenn seiner Aufforderung nicht stattgegeben würde. Schließlich verwiesen wir darauf, daß als zweiter Punkt der Tagesordnung angegeben sei:„ Aufnahme neuer MitWeg, edel, groß und der Menschheit nüßlich zu werden. Ein Mensch, der seine Fehler nicht weiß oder nicht wissen will, wird in der Folge unausstehlich, eitel, voll Prätensionen( Ansprüche)- intolerant Niemand mag ihn leiden und wenn er das größte Genie. wäre ich weiß davon auffallende Erempel! Aber das Gute, das wir haben, müssen wir auch wissen, das ist ebenso nöthig, ebenso nüßlich, ein Mensch, der nicht weiß, was er gilt, der nicht seine Kraft kennt, folglich keinen Glauben an sich hat, ist ein Tropf, der keinen festen Schritt und Tritt hat, sondern ewig im Gängelbande geht und in Säculum Säculorum( in alle Ewigkeit) Kind bleibt."
-
Selbstverständlich fand es die allerinnigste Theilnahme der Mutter, als Goethe das endliche Glück seines Lebens, seine Frau Christiane geborene Vulpius gefunden hatte und sich mit ihr verband fürs Leben.
"
Es ist endlich an der Zeit, aufzuhören, von Goethes„ Mädchen" oder Haushälterin und von der Bulpius" zu reden, wenn man von der Person spricht, von der Goethe erklärt hat: sie ist immer meine Frau gewesen. Für die Geschichte und Literaturgeschichte heißt diese Frau Christiane von Goethe , nicht nur, weil der Wei marer Olympier nachdem sie bei der Franzosennoth 1806 sich so tapfer zwischen ihn und die Marodeure geworfen, die sein Leben bedrohten, das sie ihm gerettet hat sich kirchlich antrauen ließ!
-
Standalisirte sich das Weimarer Hofgeschmeis über die endliche Heirath, so jedenfalls nicht mit Recht über sein freies Liebesverhältniß; denn sicher hätte man ihm den früheren„ offiziellen und offiziösen" Abschluß dieses Bundes, der durch die Amtswaltung des Priesters nicht einen Deut tiefere Bedeutung und höhere Weihe erhielt, ganz gewiß noch übler genommen. Vielleicht hätte ihn damals die ihm schon stark abgeneigte beste Gesellschaft"- eine Kamarilla giebt's ja an jedem Hof! von Weimar gar weggebissen!
-
( Schluß folgt.)