für die oben angedeuteten Mängel unserer Geburtshilfe verantwortlichzu machen, sondern Staat und Gemeinde sind die wahren Schuldigen,weil sie aus staats- oder kommunalegoistischen Gründe» Zuständedulden, bei denen man sich nur darüber wundern muß, daß das aufgesundheitlichem Gebiet angerichtete Unheil nicht noch viel größer ist,als es thatsächlich der Fall ist. Staat und Gemeinde haben bei uns dieFürsorge für die Beschaffung der Geburtshilfe übernommen, abersie wollen nichts dafür ausgeben. Wir werden demnächstnachweisen, daß die in Betracht kommenden Körperschaften sich sowohlgegen das Publikum, wie gegen die Hebammen in nicht wieder gutzu machender Weise versündigen, wenn sie grundsätzlich nur dasschlechteste Material für den verantwortungsvollen Beruf der Geburlshelferin auswählen, weil nur dieses ohne Murren die ihm auferlegtenelenden Existenzbedingungen erträgt.Aus der Bewegung.Von der Agitation. Auf Veranlassung der Vertrauenspersonder Genossinnen von Köln, Genossin Zeise, unternahm GenossinGreifenberg-Augsburg vom 22. August bis 1. September eineAgitationstour im Rheinland. Versammlungen mit dem Thema:„Die nothwendige Theilnahme der Frauen am Klassenkampf", fanden statt in Lindenthal, Deutz, Ehrenfeld, Kalkund Mülheim. In Aachen und Saarbrücken sprach die Referentinüber„Die Jndustriearbeiterin als Mutter und Gattin"; inDünnwald behandelte sie das Thema:„Im Kampf ums Dasein".Alle Versammlungen erfreuten sich eines sehr guten Besuchs, besonderszahlreich waren die Frauen erschienen. In vielen Orten konnten dieLokale nicht Allen Raum bieten, die gekommen waren, um an derVersammlung theilzunehmen. Jedenfalls ein erfreuliches Zeichenfür das vorhandene Bedürfniß nach Aufklärung. Besonders zeichnetesich Aachen durch die rege Betheiligung der Frauen an der Versammlung aus. Und dies obgleich seitens der„Christlichen" dieschlimmste Quertreiberei praktizirt worden war. Dieselben beriefenan dem nämlichen Tage, an dem unsere Versammlung stattfand, ebenfalls eine Versammlung ein und ließen durch ihren Blattausträgerbekannt geben, daß die angekündigte sozialdemokratische Volksversammlung nicht stattfände, die Arbeiter sollten in die christliche Versammlung kommen. Zu dieser einen Unverfrorenheit gesellte sich noch einezweite. Der Blattausträger erklärte nämlich, er mache das Vorstehende im Namen des Vertrauensmannes Schröder bekannt,der Einberufer der Volksversammlung war. Genosse Schröder erfuhrdiese niederträchtige Handlungsweise erst am Vormittag des Versammlungstages. so daß die Zeit zu kurz war, um geeignete Schrittedagegen unternehmen zu können. So kam es, daß weniger Männer,dafür aber recht viel Frauen in der Versammlung anwesend waren.Der Vorgang zeigt, zu welchen Mitteln die„Christlichen" in christlicher Wahrhaftigkeit greifen, um Versammlungen illusorisch zu machen,die ihnen nicht behagen. Erfreulich ist, daß diese Mittel in Aachenden Erfolg der Agitation nicht zu vereiteln vermochten. Interessantwar auch die Versammlung in Deutz, Sie war als Volksversammlung von einer Einzelperson angemeldet worden. Trotzdem sprangder Ueberwachende mit einem Male auf und verbot der Rednerin,die Politik in ihre Erörterung hineinzuziehen. Genossin Greifenbergbelehrte ihn dahin, daß eine Volksversammlung tage, und daß ineiner solchen die Frauen das Recht hätten, Politik zu treiben. DerBeamte erwiderte jedoch darauf:„Was Sie da sagen, ist mir ganzgleich, wenn Sie nochmal die Politik hereinziehen, dann löse ich dieVersammlung auf!" Die Rednerin stellte es nun der VersammlunganHeim, zu entscheiden, ob sie in der Behandlung ihres Themas, dasein politisches sei, fortfahren und es zur Auflösung kommen lassen.oder ob sie die Politik aus dem Spiel lassen solle. Die Versammlungwar einstimmig für die weitere Behandlung der Tagesordnung. Dochkaum hatte die Rednerin ihre Erörterungen wieder aufgenommen,als der Beamte aufsprang und das Befassen mit Politik abermalsverbot. Jedenfalls war sich jedoch der Amtseifrige nicht ganz klar,was das Gesetz erlaubt, und was es verbietet, denn wenn er überzeugt war, im Rechte zu sein, so hätte er nicht zum dritten Malemit Auflösung gedroht, vielmehr einfach aufgelöst. Statt dessen hörteer nur den letzten Theil des Vortrags stehend mit an. Dieser Vorgang ist offenbar ein weiterer Beweis dafür, daß mit der Ueber-wachung von Versammlungen Beamte betraut werden, die aus Un-kenntniß der Gesetze störend in die Verhandlungen eingreifen. Vonden Frauen verlangt man, daß sie das Gesetz kennen und respektiren,sollte man nicht auch von den Beamten das Gleiche fordern? Oder giltvielleicht auch für Beamte und simple Reichsangehörige zweierlei Recht,wie es für die Damen vom Bunde der Landwirthe und die Proletarierinnen gilt? In Nippes steht den Genossen kein Lokal zur Verfügung,so daß dort keine Versammlung abgehalten werden konnte. Es ist aberam Orte ein guter Stamm von Genossinnen vorhanden, die sovielwie möglich im Stillen arbeiten, um neue Anhänger und Anhängerinnen für die Ideen des Sozialismus zu gewinnen. Und diese Ideenmarschiren siegreich in die proletarischen Massen auch des„schwarzen"Rheinlands hinein, die Zentrumsgarde mag sich dagegen wehren, soviel sie will.>l.<Z.In Anschluß an die Agitation in der Dortmunder Gegend,über die wir in Nr. 19 berichteten, fanden noch Versammlungen stattin Witten, Herne, Gelsenkirchen und Hamm. Die„politischeRechtlosigkeit der Frau" bildete das Thema, das Genossin Ziehin diesen vier zum Theil glänzend besuchten Versammlungen erörterte.In Hamm sprach in der Diskussion ein Herr G-, Mitglied des christlichen Jünglingsvereins. Er bezweifelte die Richtigkeit der Ausführungen der Referentin, soweit sie Bezug hatten auf die steigendeVerwendung der weiblichen Arbeitskraft. Er bestritt, daß Frauenin hochschwangerem Zustand zur Erwerbsarbeit herangezogen würden,denn— das Krankenkassengesetz(!!) schreibe vor, daß Frauen vierWochen vor und sechs Wochen nach der Entbindung nicht beschäftigtwerden dürften. Die Referentin belehrte den„gutunterrichtelen" Herrn,daß nicht das Krankenkassengesetz, sondern die Gewerbeordnung hierin Frage käme, dieselbe sehe aber leider keinen Schutz Schwangerervor, sondern nur eine» der Wöchnerinnen für höchstens vier Wochen,eine Bestimmung, die obendrein noch oft übertreten würde. Wasder Redner für Gesetz gehalten, fordere allerdings seit Langem dieSozialdemokratie, leider sei jedoch ihre Forderung noch nicht verwirklicht. Als Grund gegen die politische Gleichberechtigung der Frauführte der Opponent an, daß es zu Zwistigkeiten in der Ehe führenwürde, falls Mann und Frau verschiedener Ansicht seien. Als Beweis für diese Befürchtung zog er die Mischehen an. Unter jubelnderZustimmung der Versammelten bewies die Referentin dem Herrn dieHaltlosigkeit seiner— ach so kleinlichen— Einwendungen. Auf derRückfahrt von Dortmund fanden noch Versammlungen statt in Plettenberg, Lüdenscheid und Iserlohn, die einige 60 Abonnenten aufdie Arbeiterpresse brachten. In Iserlohn ward der Grundsteingelegt für einen Frauen verein, dem 31 Mitglieder beitraten, unddessen Leitung die Frau des dortigen Arbeitersekretärs, GenossinLimberts, übernehmen wird. I-.Resolutionen der Konferenz sozialistischer Frauenzu München.I. Arbeiterinnenschutz.In Erwägungdaß die von der Reichsregierung angeordnete Enquete überdie Fabrikarbeit verheiratheter Frauen die Nothwendigkeit wirksamer gesetzlicher Arbeiterinnenschutzbestimmungen neuerlich dokumentarisch bestätigt hat;daß jedoch die in letzter Zeit veranlaßte Erhebung des Reichsamtes des Innern über eine eventuelle Verkürzung der Arbeitszeitder Fabrikarbeiterinnen nichtsdestoweniger eine Verschleppung derdringenden Reformen befürchten läßt, ebenso auch ein durchausungenügendes Maß an weiterem gesetzlichen Schutze der Arbeiterinnen:fordert die Konferenz sozialistischer Frauen die schleunige weitere Ausgestaltung des gesetzlichen Arbeiterinnenschutzes durch Festlegung derReformen, für welche sich der Parteitag der Sozialdemokratie zu Hannover und die Konferenz sozialistischerFrauen zu Mainz erklärt haben, und die in einer Eingabe zurKenntniß des Reichstags gebracht worden sind.Was insbesondere die unabweisbare Verkürzung der Arbeitszeit anbetrifft, so fordert sie an erster Stelle:Für alle erwachsenen Arbeiterinnen die gesetzliche Einführung des Achtstundentags, der durch eine stufenweise Herabsetzung der täglichen Arbeitszeil auf zehn bezw. neun Stunden füreine kurze, gesetzlich bestimmte Uebergangszeit vorbereitet werdenkann;für die jugendlichen Arbeiterinnen die Herabsetzung dertäglichen Maximalarbeitszeit auf vier bezw. sechs Stunden, Erhöhung der Altersgrenze auf 18 Jahre und Einführung einesobligatorischen Fortbildungsunterrichles, in dessen Schulplan Haushaltungsunterricht, Gesundheitslehre und Säuglingspflegeeinzubeziehen sind;für alle Arbeiterinnen die Abschaffung der Ueber stundenarbeit.Die Konferenz fordert außerdem gesetzliche Förderung derEinführung solcher Vorrichtungen in Fabriken und Werkstätten, die die Gesundheit der darin Beschäftigten schützen.