Hagen, Barmen, Haspe, Iserlohn, Langerfeld, Krefeld,Duisburg, Stockum. Düsseldorf, Wermelskirchen, Elberfeld und Ohligs, Genossin Kahler sprach außerdem in Barmenauch in einer zweiten öffentlichen Versammlung, die von den Textilarbeitern einberufen worden, über:„Die gesetzliche Festlegungder zehnstündigen Arbeitszeit und das Vorgehen derBarm er Handelskammer." In den Volksversammlungen behandelte sie nachstehende Themata:„Der Arbeiterpartei Kraft undZiele";„Bürgerthum und Sozialdemokratie";„Der Emanzipationskampf der Frauen";„Lebensmittelwucher undReichstagswahlen." In Essen waren gegen 700 Männer undFrauen in der Versammlung erschienen und lauschten mit gespannterAufmerksamkeit den Ausführungen der Referenlin. Selbst in einemso dunklen Winkel wie Viersen war ein guter Versammlungsbesuchzu verzeichnen. Die anwesenden Gegner der Sozialdemokratie ermangelten des Muthes, ihre Anschauungen zu vertheidigen. InAltena war das Lokal dicht besetzt, jedoch befand sich unter denAnwesenden keine einzige Frau. Wie versichert wurde, hat die AltenaerPolizei, deren staatsretterischen Eifer Schreiberin Dieses vor Jahrenkennen lernte, früher die Frauen regelmäßig aus öffentlichen Versammlungen ausgewiesen. Trotz allem müssen die Frauen aufgerütteltund dazu erzogen werden, ihr Recht auf den Besuch öffentlicher Versammlungen auszunutzen und nöthigenfalls zu erkämpfen. Geschiehtdas, und üben die Frauen einen aufklärenden, anspornenden Einflußauf ihre männlichen Anverwandten aus, so wird es in Zukunft baldMatthäi am Letzten mit der Vertretung des Kreises durch eine» Herrnsein, der, wie der jetzige Abgeordnete Lenzmann, so wenig Verständ-niß und Sympathie für die Arbeitsklasse besitzt, daß er gelegentlichder Berathung über die Arbeitslosenversicherung erklärte:„Wir wollendoch keine Prämie auf die Faulenzerei setzen."(Reichstagssitzungvom 18. Januar 1902.) Die Versammlung in Iserlohn, Hagenund Haspe hätte entschieden besser besucht sein sollen. In dem letztgenannten Orte mußte übrigens der überwachende Beamte erst nochüberzeugt werden, daß die Anwesenheit der Frauen keine strafbareHandlung sei. Sehr erfreulich war der starke Versammlungsbesuchin Langerfeld, Krefeld, Duisburg und Stockum. Der evangelische Geistliche von Stockum hatte einem Genossen, der Handzettelvertheilte, mit den Worten vom Versammlungsbesuch abgerathen:„Das Weib, das morgen spricht, lügt Euch ordentlich die Hucke voll."Der Verkünder der Wahrheit, Liebe und des Friedens war deshalbbesonders zur Versammlung eingeladen worden. Leider glänzte erzwei Jahren zu. Sie war damals im Kohlenbecken von Hazletonthätig, wo der Kampf am heißesten war, und wo die stärkstenMittel angewendet werden mußten. Die Streikenden marschirtenin geschlossenen Zügen von einer Grube zur anderen und ver-anlaßten dadurch immer mehr Kohlengräber, die Arbeit niederzulegen. Der größte Zug bestand aus fast 5000 Mann. VonMutter Jones angeführt, marschirte er eines Nachts durch dasPanther-Creek-Thal nach einer Grube, wo die Arbeiter sehr früham Tage anfuhren. Wohl ein Dutzend verschiedene Nationalitätenwaren unter den Streikenden vertreten, und während des Marschesertönten Lieder in ebenso viel Sprachen. Die ganze Nacht hindurch riefen sich Landsleute in ihrer Muttersprache an. Das un-gedrillte Heer drang vorwärts, bis es nahe am Ziele einen kleinenHügel umgehen mußte und dann— das nächtliche Dunkel wichund die Morgendämmerung brach an— auf eine Kompagnie Soldaten stieß, welche den Weg verlegte und auf ihre Opfer wartete.Beim Anblick der Truppen machten die Streikenden an der Spitzedes Zuges Halt, während ihre Kameraden am Ende desselben nachvorwärts drängten. Eine Katastrophe schien unvermeidlich.„Halt!"schrie der kommandirende Oberst. Das Vorwärtsdrängen dauerteweiter, und Rufe des Erstaunens, des Zornes ertönten aus derMenge. Mutter Jones stellte unterdeß unter den Leuten an derSpitze des Zuges Ordnung her, dann schritt sie vorwärts.„WasSie auch thun, schießen Sie nicht", rief sie,„oder Sie müssen alleKonsequenzen tragen." Der Oberst verstand sie. Er wendete sichzu seinen Leuten, und'die Streikenden, die nahe genug gestanden,erzählten, daß seine Zähne klapperten und die Soldaten todtenblaßwaren.„Leute, um Gottes willen", sagte er,„merkt Euch meineStimme und feuert nicht eher, bis ich das Kommando gebe."Während die Streikenden düsteren Blickes auf ihre Feinde schauten,stieg Mutter Jones eine Strecke den Hügel hinan und winkte dererstaunten, zornigen Menge unten zu. Bei ihrem Anblick ließ dasGedränge nach, und Ordnung wurde allmälig hergestellt. Nach-durch Abwesenheit. Es wurde dies umsomehr bedauert, als der HerrPastor schon wiederholt sich durch Aeußerungen unliebsam bemerkbargemacht hat. In Düsseldorf war die Versammlung leider schlechtbesucht, doch gelang es, etwa 20 Arbeiterinnen dem Verbände derBuchdruckerei-Hilfsarbeiter und-Arbeiterinnen zuzuführen. Rechtzahlreich hatten sich die Genossinnen und Genossen in Elberfeldzur Versammlung eingefunden, wo an das Referat eine kurze, zustimmende Diskussion anschloß. In Wermelskirchen und Ohligsbedarf es offenbar noch emsiger und geduldiger Arbeit, um das Interesse der Frauen für Verhältnisse und Fragen zu wecken, die außerhalb ihrer vier Pfähle liegen und doch vom größten Einflüsse aufdas Leben in diesen vier Pfählen sind. Mit der politischen Rückständigkeit der Frau gilt es, den verderblichen Einfluß der Pfaffenzu bekämpfen und zwar der gescheitelten wie der geschorenen. Wounsere Agitation die Frauen selbst noch nicht erreicht, da muß siewenigstens wieder und wieder die Männer auf die vorliegende, wichtige Aufgabe hinweisen. Die Agitationstour hat der Partei und verschiedenen Gewerkschaften neue Mitglieder, der sozialdemokratischenPresse zahlreiche Abonnenten geworben. In verschiedenen Orlen ermunterte sie Frauen zu dem Entschlüsse und Versprechen, fleißig mitarbeiten zu wollen. Allgemein wurde die Ueberzeugung geäußert,daß bei den Reichstagswahlen noch weitere greifbare Erfolge zu Tagetreten werden. Unsere Gegner sorgen dafür, daß bei den MassenEmpfänglichkeit und Verständniß für die sozialdemokratischen Lehrenwachsen, daß sie sich in immer größeren Schaaren um das rotheBanner zum Kampfe für Brot, Bildung und Freiheit sammeln.W. X.Görlitz. Erfreulicherweise kann ich konstatiren, daß es inunserer industriereichen, aber leider noch dunklen Ecke mit der proletarischen Frauenbewegung vorwärts geht. Wir haben vor Kurzemdie dritte öffentliche Frauenversammlung gehabt, die sich eines gutenBesuchs erfreute. Es finden sich immer mehr Genossinnen zur ständigen Mitarbeit zusammen. Unseren Bestrebungen wird von Seitender Genoffen wachsendes Verständniß, Sympathie und Förderung entgegengebracht. Der Abonnentenstand der„Gleichheit" ist in ganzkurzer Zeit von 26 auf 42 gestiegen, und das, obgleich außerdem nocheine stattliche Zahl von verheiratheten Textilarbeiterinnen die Zeitschrift erhallen. Die„Gleichheit" ist das Band, welches die Genossinnen zusammenführt und zusammenhält, die ihre Kräfte in denDienst der Bewegung stellen und alle Energie selbstlos anspannenwollen, damit die Ideen des Sozialismus ihren Einzug in Kopf unddem das gelungen, handelte es sich darum, die Tausende geordnetfortzuführen und dadurch ein wahrscheinliches Blutvergießen zu verhindern. Eine einzige falsche Bewegung, und ein entsetzliches Gemetzelkonnte entstehen. Mutter Jones blieb vorbehalten zu erreichen,was wenig Andere zu erreichen vermocht hätten. Ohne jede Spurvon Aufregung oder Angst leitete sie die Menge um den Hügelherum zurück. Zoll für Zoll, den die Streikenden zurückwichen,folgten ihnen die Soldaten auf dem Fuße nach. Es wird erzählt,daß die Leute drei Stunden brauchten, um eine Strecke von etwasechs Kilometer zurückzulegen, und in jedem Augenblick dieses Zeitraums hätte sich ein Zwischenfall ereignen können. Jedoch dasVertrauen der Kohlengräber zu Mutter Jones war an diesem Tagedie Rettung. Ohne all das verstehen zu können, was sie sagte,nur der Bewegung ihrer Lippen und den Zeichen ihrer Hand gehorchend zogen sie sich zurück, obgleich sie lieber vorwärts gegangenwären. Nachträglich stellte sich heraus, daß ein zweiter Zug vonAusständigen, in einer Stärke von 1200 Mann, von der anderenSeite im Anmarsch gewesen, so daß die Soldaten, ohne eineAhnung davon zu haben, zwischen zwei Heeren eingeschlossen waren.Man kann sich vorstellen, was unter diesen Umständen geschehenwäre, wenn Mutter Jones nicht mit so viel Takt und Geschicklichkeit gehandelt hätte.——So ist, so wirkt sie, die Muth und Selbstaufopferung zu derbestbeliebten Frau in der amerikanischen Arbeiterbewegung gemachthaben. Die soziale Revolution, deren Herold sie ist. besitzt keinereinere, selbstlosere, makellosere Vorkämpferin als Mutter Jones.Sie ist die Verkörperung alles Edlen und Erhabenen in den Bestrebungen der Arbeiterklasse, ihre Persönlichkeit kann durch Verfolgungen nicht gebrochen, noch— sollte man es je versuchen—hinter Kerkermauern in Fesseln geschlagen werden. In diesemFalle würde von ihr in Wahrheit das Wort des Dichters gelten:„Und ob sie Zuchlhauskleider trägt, im Schoß den Napf voll Erbsenbrei:Und ob sie Werg und Wolle spinnt— doch sag ich kühn Euch: sie ist frei!"