'.....''........Frauen nicht gehören. Ist aber Ihr Verein als Wahlverein unzulässig, so können Sie sich auch nicht auf Z 2l des Vereinsgesetzes vom11. Mai 1850 berufen, welcher im Absatz 2 nur Wahlvereine von denBeschränkungen des Z 8 a. a. O. befreit.In Vertretung:(Unleserlich.)"Der Regierungspräsident hat mithin genau so irrig entschieden,wie die untergeordneten Behörden. Und doch hätte ein Blick in dasReichstagswahlgesetz ihn davor behüten müssen. Z 17 desselben bestimmt nämlich keineswegs, daß nur Wahlberechtigte das Recht haben,Wahlvereine zu bilden oder solchen anzugehören. Er wurde geschaffen,um den Mecklenburgern, die weder eine Volksvertretung noch einVereins- und Versammlungsrecht besitzen, wenigstens für die Wahlzeitdas gesetzliche Recht zur Behandlung der Wahlangelegenheiten inVereinen und Versammlungen zu sichern. Wo sonst in Deutschlandein über diesen Notparagraphen hinausgehendes Vereins- und Versammlungsgesetz existiert, da blieb es von der betreffenden Bestimmungunberührt. Was das preußische Vereinsgesetz anbelangt, so hebt esin s 21 die in s 8 enthaltenen bekannten Beschränkungen nicht bloßfür Wahlberechtigte auf, sondern auch für Frauen, Schüler undLehrlinge. Ein Entscheid der Landratskammer vom 29. Juni 1849läßt keine Zweifel darüber. Ein daselbst gestellter Antrag, die betreffenden Beschränkungen nur für solche Wahlvereine zu beseitigen,die ausschließlich aus Wahlberechtigten bestehen, wurde mit demHinweis darauf abgelehnt, daß im Falle einer Annahme die gegen„Frauenspersonen" zc. im Z 3 enthaltenen Beschränkungen bestehenblieben.(Stenogr. Bericht, Seite 289(1.) Demgemäß hat auch dasReichsgericht in seinem Urteil vom 8. November 1837 wie folgtentschieden: Der Z 21 des preußischen Vereinsgesetzes entzieht dieWahlvereine der im tz 3 für politische Vereine vorgesehenen Beschränkungen— sowohl bezüglich der Mitgliedschaft vonFrauen, Schülern und Lehrlingen, wie bezüglich der Verbindungen mit gleichartigen Vereinen—, nicht aber der ins 1 für Versammlungen vorgesehenen Anzeigepflicht.(Im 16. Band,Seite 294.)Angesichts dieser Umstände mutet der Entscheid des PotsdamerRegierungspräsidenten recht wunderlich an. Er muß um so mehr befremden, als in nächster Nachbarschaft von Potsdam, als in Berlinund weiterhin in Altona sozialdemokratische Frauenwahlvereinebestanden haben, ohne daß die Behörden darin eine Übertretung desVereinsgesetzes erblickten. Genossin Thiel hat denn auch gegen denRegierungspräsidenten Klage beim Oberverwaltungsgericht eingereicht. Der Fall mit seinem Um und Auf ist ebenso bezeichnendfür die deutschen Verhältnisse, wie ein Umstand, den es in helle Beleuchtung rückt. Es sind nicht die bürgerlichen Frauenrechtlerinnen,es sind die klassenbewußten Proletarierinnen, es sind Sozialdemokraten,welche den Kampf gegen die Rechtsgültigkeit des preußischen Vereinsgesetzes wie für die Ausnutzung des Z 21 dieses Gesetzes aufgenommenhaben und führen. Bis jetzt hat die bürgerliche Frauenrechtelei diesemKampfe mit in den Schoß gelegten Händen zugesehen. Es entsprichtdies der Tatsache, daß auch die bisher errungene Bewegungsfreiheitder Frauen auf dem Gebiet des Vereins- und Versammlungslebensvon den Genossinnen und Genossen so gut wie ausschließlich alleinerrungen worden ist.Frauenstimmrecht.Die Frage des Franenstimmrechtes als besonderen Pnnktanf die Tagesordnung des nächsten internationalen Tozialisten-kongresses zu Amsterdam zn setzen, ist in der letzten Konferenzdes internationalen Bureaus in Brüssel am 29. Juli abgelehnt worden. Anlaß dazu gab der seinerzeit mitgeteilte Antrag derösterreichischen Genossinnen, welcher die Behandlung der Frage verlangte. Der Beschluß des internationalen Bureaus ist angesichts dersich aufdrängenden wichtigen Beratungsmalerien begreiflich. Er bedeutet keineswegs eine Gegnerschaft gegen das Frauenstimmrecht selbst.Das haben die einschlägigen Beschlüsse der internationalen Kongressezu Brüssel und Paris bewiesen, das wird neuerlich die Stellungnahmezu einer entsprechenden Resolution dartun, welche die deutschen Genossinnen zum Punkte„Internationale Regeln der sozialistischen Politik"einzubringen gedenken.Die erstmalige Ausübung des Franenstimmrechtes zu demanstralischen«undesparlamcnt steht in diesem Jahre bevor. Nachden letzten Aufstellungen sind in den verschiedenen Einzelstaaten neben979999 männlichen Wählern 896999 stimmberechtigte Frauen vorhanden. Es entfallen Wählerinnen: auf Neusüdwales 399999;Viktoria 297999; Queensland 191999; Südaustralien 88999;Westaustralien 39999; Tasmania 49999. Nach einem Berichtdes„Daily Chronicle" aus Melbourne haben fortschrittlicheund radikale Frauenorganisationen ein Programm für die weiblichenWähler aufgestellt. Es enthält unter anderem folgende Forderungen:Volle Gleichberechtigung von Mann und Frau vor dem Gesetz, insbesondere auf dem Gebiet des Familienrechtes. Zulassung der Frauenzu allen Ämtern des Staatenbundes bei gleichen Gehältern, wie siefür die Männer üblich sind. Untersuchung aller vom Ausland herimportierten Lebensmittel und Verbot der Einfuhr schädlicher Stoffe;Verbot der Einfuhr von Opium zc. für andere, denn medizinischeZwecke. Förderung des Friedens auf wirtschaftlichem und sozialemGebiet durch die Errichtung von Schiedsgerichten, die innerhalb desStaatenbundes auftauchende wirtschaftliche Streitfragen entscheiden.Förderung des internationalen Friedens mittels Reorganisation desLandheeres und der Marine im Hinblick auf bloße Verteidigungszwecke und mittels Ersatz der stehenden Armee durch ein Freiwilligenheer.Tie erste(tzeneralversammlung des Deutschen Vereins fürFranenstimmrecht findet am 2. Oktober in Hamburg statt. DieTagesordnung der geschäftlichen Sitzung umfaßt folgende Punkte:Arbeitsbericht; Kassenbericht; Wahl ur Kassenrevision; Anträge;Borstandswahl. Die Sitzung ist eine öffentliche. In Anschluß andie Generalversammlung findet eine öffentliche Versammlung statt,in der ein politisches Thema behandelt werden soll.Franenbewegmlg.Die zweite Generalversammlung des Verbandes fortschrittlicher Frauenvercine wird vom 27. September bis 1. Oktober inHamburg-Altona tagen. Die Arbeiten der Tagung werden aufeine Delegiertensitzung, auf öffentliche Sitzungen und öffentlicheVersammlungen verteilt, von denen die letzteren abends stattfinden.In den öffentlichen Sitzungen werden folgende Fragen behandelt:1. Die uneheliche Mutter und ihr Kind, a) Die rechtliche Lagebeider. Referentin Or. zur. Frieda Duensing. b) Die soziale Lagebeider. Referentin Or. plnl. Helene Möcker. 2. Die Mutterschaftsversicherung. a) Mutterschaftskassen und Arbeiterinnenorganisation,Referentin Else Lüders. b) Allgemeine Mutterschaflsrente, ReferentinOr. zur. Anita Augspurg. 3. Die Reglementierung der Prostitution. a) Ihre sanitären Erfolge, Referentin noch unbestimmt.k) Ihre rechtliche Grundlage und moralischen Wirkungen, ReferentinLida Heymann, o) Die Arbeit der männlichen Sittlichkeitsvereine,Referentin Katharine Scheven. 4. Mittel und Wege, das politische Interesse der Frauen zu wecken. Referentin MarthaZieh. Zu allen Referaten findet Diskussion statt. Die Delegierten-sttzung behandelt die geschäftlichen Angelegenheiten des Verbandes,die Revision der Satzungen und Anträge inbegriffen. In den vorgesehenen beiden öffentlichen Versammlungen wird Maria Lischnewskaüber die Einheitsschule sprechen, ein noch unbestimmter Referentüber Wohnungsreform und Sittlichkeitsfrage.Nachtrag zum Ndressenverzeichnis weiblicherVertraueusgerftmen.Als Vertrauenspersonen der Genossinnen wurden kürzlich gewählt in:Eichlingshofen bei Barop, Kreis Dortmund: Frau Wilh. Kesten,Neuerweg 62 a.Glauchau i.S.: Frau Klara Temler, Brückenstr. 3; Vertreterin: FrauHel. Müller, Zimmerstr. 7.Lütgendortmund, Kreis Dortmund: Frau Luise Kuhlmann, Golte-straße 34.Wittenberge: Frau Hernowsky, Parkstr. 16; Vertreterin: FrauThiele, Kl. Tivolistr. 2.Ottilie Baader, Vertrauensperson der Genossinnen DeutschlandsBerlin 8W., Belle-Alliancestr. 95.Zur Beachtung.Alle auf die Agitation unter den proletarischen Franc»bezüglichen Briefe und Sendungen sind zu richten an:Ottilie V ZaberVertrauensperson der sozialdemokr. Frauen DeutschlandsBerlin, LW., Bellealliancestr. 95.Verantwortlich silr die RedaNion: Fr. Klara Zetlin(Zundel) in Stuttgart.— Druck und Verlag von I. H. W. Dtetz Nachf.(S. m. b. H.) in Stuttgart.