134 Die Gleichheit Nr. 9 des alten Dreibundes, Italien  , arg verschnupft ist. Italien  , das seit langem auf die Gelegenheit lauerte, um ein Stück der zerfallenden Türkei   zu ergattern, sieht sich durch die unerwartete Erstarkung des ottomanischen Reiches um diese Hoffnung be- trogen und empfindet den Gewinn Österreichs   als eine Aus- nützung der Bündniskraft zu seinem Ungunsten. Daß Deutsch- land wegen seiner engen Verbindung mit dem alten Regime in der neuen Türkei   seinen Einfluß völlig eingebüßt hat, wurde schon an anderer Stelle erwähnt. Zu einer Kricgskatastroph« kam es jedoch nicht, dank der inneren Erstarkung der Türkei   und der Schwäche Rußlands  , dessen innere Zerrüttung durch die Gegenrevolution vollendet wurde und die russische   Regierung daran hinderte, die Serben anders als durch Worte zu ermutigen. Die neuausgelöste Energie des türkischen Volkes entlud sich in dem Boykott wider Ost erreich, und der Einfluß der Jungtürken   erwies sich als stark genug, um dem Dräugen zum Krieg widerstehen zu können. Die Reaktion vermochte nicht dem Kredit des neuen Regiments durch die Beschuldigung zu untergraben, daß es das Reich ohne Gegenwehr durch die äußeren Feinde zerstückeln lasse. Um zu verhindern, daß auf einer von Rußland   und England geforderten Balkankonferenz dieAnnexion vonBosnien und der Herzegowina in Frage gestellt werde, sah sich Ost er- reich gezwungen, besondere Verhandlungen mit der Türkei  anzuknüpfen und ihr Entschädigungen zu bieten. Gegen Ende des Jahres nahmen diese Unterhandlungen einen günstigen Verlauf, und zurzeit scheinen sie einem befriedigenden Abschluß nahe. Auch Bulgarien   trat in direkte Verhandlungen mit der Türkei   ein; die Revolution hat diesen bislang als ohn- mächtig geltenden Staat wieder zu einer Macht gemacht. Das despotische Regiment hatte Stück für Stück des Reiches auf- geben müssen. Das neue Regime, das sich auf die Volkskraft stützt, die von der Umwälzung entfesselt worden ist, verlangte dagegen Entschädigungen für das bloße Aufgeben längst wesen« los gewordener Herrschaftstitel. Die türkische Revolution ist nur ein Stück eines gewal- tigen Prozesses, der seit dem Sieg der Japaner über Ruß- land in lebhafteres Tempo eingetreten und damit aller Augen sichtbar geworden ist. Die Völker des Orients erwachen. Europa   hat sie in den Strom der kapitalistischen   Entwicklung gerissen, und unter ihrem Einfluß bilden sich in den Ländern Asiens   Bourgeoisie und europäisch gebildete Intelligenz, die zu Führern einer Bewegung werden, die innere und äußere Freiheit, Verfassung und nationale Unabhängigkeit erstrebt. Japans   Sieg über eine europäische Macht, der das Selbst- bewußtsein der Asiaten hob, und die russische   Revolution gaben dieser Bewegung neue Impulse. In China   hat eine Ära der Refonnen eingesetzt, die auch den Thronwechsel und den Sturz des Reformers Auanshikai überstanden hat. Der neue Regent hat feierlich versprochen, daß innerhalb neun Jahren eine Verfassung eingeführt werden soll. In Indien  nahm die nationale Bewegung stetig zu. England sucht sie durch kleine Zugeständnisse an die Besitzenden zu überwinden und durch grausame Ausnahmemaßregeln gegen die Revolu- tionäre, die mit Attentaten auf englische   Beamte vorgehen. In Persien   machte der eidbrüchige Schah nach russischem Muster Gegenrevolution, er vermochte jedoch nicht das ganze Land zu unterwerfen. In Täbris   hielten sich die Revolutionäre, und andere Gebiete schloffen sich ihnen an. Ägyptens   nationale Partei wurde durch die türkische Revolution belebt. Diese Zeichen für das Erwachen des Orients sind ein Menetekel für die Weltpolitik des Kapitalismus  . Mehr und mehr erwachsen ihr Hindernisse in dem Erstarken der Völker und Staaten, die schon für sichere Beute erachtet wurden. Die Kolonialherrlichkeit Englands beginnt Risse zu zeigen. Eine Zeit kündigt sich an, wo die Erhöhung des kapitalistischen  Profits durch Ausraubung unterworfener Völkerschaften vorbei sein wird. Nur im Afrika   der bedürfnislosen Schwarzen scheint dem kolonialen Raubsystem noch eine längere Dauer beschieden. II. B. Die Prometheussage. Von G. G. Fortsetzung.) Anders bei den Griechen. Hier setzt mit dem Warenaus- tausch eine große Umwälzung ein. Die Gesellschaft wächst aus der alten kommunistischen   Verfassung heraus, sie verliert ihren Sinn, und aus dem Gegensatz zwischen der alten Verfassung und der jungen Entwicklung entstehen die schlimmsten Übel: die Ansammlung von großen Reichtümern an Geld und Grund- besitz auf der einen, gänzliche Verschuldung und Besitzlosigkeit auf der anderen Seite; die Übermacht der Gläubiger, die Recht- losigkeit der Schuldner, denen Gefängnisstrafe oder Sklaverei drohte. Mancher der Besitzlosen, die im größten Elend leben, sucht nun durch Betrug und Diebstahl sich das Nötigste zu ver- schaffen; der Wareuhandel entwickelt ja ohnedies die Neigung zu Übervorteilung und Betrug des Nächsten. Die reichen Eigentümer haben ein Interesse daran, ihren Besitz in einem engeren Kreise zu konzentrieren, als es in der weitgegliederten kommunistischen   Gemeinschaft möglich ist. Sie brauchen und bilden eine eng umgrenzte Familie, eine Ehe, in der nur eine Frau die nun genau bestimmbaren Erben hervor- bringt: die kommunistische Form der Geschwister- und Ver- wandtenehe' verschwindet allmählich. Es entwickelt sich die Einzelehe des Privateigentums, des sich mit diesem bildenden Staates; die mutterrechtliche Verfassung macht der vaterrecht- lichen Platz. Es ist nicht schwer, ein Abbild von all diesen Umwälzungen im Mythus zu erkennen. Die Mächtigen, deren Vertreter Zeus   ist, verlangen Opfer und werden betrogen, ganz wie die irdischen Besitzenden von den Entrechteten Abgaben und Zins verlangen und hintergangen werden. Alles Gute, Heilige, Althergebrachte der alten Wirt- schaftsform, das durch die neue umgestürzt wird, muß den Unter- drückten als ein Raub der Sieger erscheinen. Dieser Raub alles mühsam Errungenen, aller Segnungen der Kultur stellt sich im Mythus   darin dar, daß Zeus   den Menschen das Feuer nimmt. Zeus  , dem Herrscher im Olymp, wird ein Vertreter des Ge- schlechts der Titanen gegenübergestellt. Die Titanen sind Söhne und Töchter des Uranos, des ersten Beherrschers der Welt und der Gäa, der Allmutter Erde, die aus ihrem Schöße alles gebiert. Sie werden von Zeus   und den Seinen, den neuen Herrschern, den sogenannten olympischen Göttern gestürzt und in den Tartarus, das ist die Unterwelt, geworfen. Der Titan Prometheus tritt im Mythus als Beschützer der besiegten Menschen auf und stiehlt Zeus   das Feuer. Als Inbegriff der Güter, die allen, nicht nur den Göttern, den Bevorrechteten gehören, bringt Prometheus durch Diebstahl das Feuer zurück. Und nicht für den Diebstahl an und für sich muß der Titan so schwere Strafen erleiden, sondern für den Raub gerade des Feuers, für den kühnen Versuch, das wieder an sich zu reißen, ,va3 zum Privi- legium der Götter, der Besitzenden geworden war. In all den Umwälzungen, die die angedeuteten Kämpfe und die durch sie sich durchsetzende neue Gesellschaftsordnung mit sich brachten, mußten die nun unterdrückten Menschen, das ist die große Mehrzahl, ebenso viele Übel erblicken. Vielleicht können wir in der Gestalt der Pandora, die den Menschen Schmerzen und Übel bringt, eine Verkörperung der bitteren Erfahrungen erkennen. Der Titan Prometheus wird zum Repräsentanten und Be- schützer, zum Freunde der leidenden Menschheit. Der Feuer- erzeuger, der selbst ursprünglich als ein Gott verehrt wurde, wandelt sich zum Menschen, und zwar zum revolutionären Menschen, zum Titanen. Dies aber mit dem Augenblick, wo er in Gegensatz zu neuen Göttern tritt, und zwar zu einer besonderen Art von ihnen. Es sind die Götter, unter deren Zeichen die Menschen ihrer Freiheit beraubt und in Sktaverei 1 Hierüber Bachose», Mutterrecht, Seite 13:Alle Blutsverwandten haben gemeinsamen Besitz. Herrscher ist der Aelteste. Eine Frau haben alle. Wer zuerst kömmt, geht hinein und wohnt ihr bei... So find alle untereinander Brüder... Auf Ehebruch steht der Tod. Ehebrecher ist der eines anderen Geschlechts."