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Die Gleichheit

noch mehr erreicht werden. In Rüstringen  - Wilhelmshaven  , Oldenburg- Osternburg   halten die weiblichen Parteimitglieder regelmäßig monatliche Versammlungen ab. Sie haben den Zweck, die Frauen politisch und theoretisch zu schulen. Auf der Tagesordnung steht jedesmal ein Vortrag über irgend ein zeit­gemäßes politisches oder ein sonstiges bildendes Thema mit daran anschließender Diskussion. Aber auch zu wirtschaftlichen Fragen nehmen die Frauenzusammenkünfte Stellung. So zur Milchfrage, Fleischteuerung usw. In Oldenburg  - Osternburg   hat auf Anregung der organisierten Genossinnen die Parteiorganisation wiederholt Schweineschlachtungen veranlaßt, um dadurch den teuren Fleischpreisen zu begegnen. In Rüstringen  - Wilhelmshaven  haben die Frauen Anstoß zur Bildung einer Konsumtommis sion" aus ihren Reihen gegeben, die der Verwaltung des Konsum­vereins Wünsche und Beschwerden vorträgt. Die Versammlungen des Lese- und Diskutiertlubs der Genoffinnen in Rüst­ ringen   Wilhelmshaven   werden durchschnittlich von 100 bis 150 Frauen besucht, das sind 20 bis 30 Prozent der Mitglieder. Hier besteht auch eine Agitationstommission der weiblichen Mitglieder, deren besonderer Zweck ist, unter den Arbeiterfrauen Propaganda für die politische Organisation zu treiben. Als eine wertvolle, unschätzbare Werbekraft hat sich dabei die Gleichheit" bewährt. Diese ist im ganzen Bezirk obligatorisch einge­führt. Jedes weibliche Mitglied erhält für seinen monatlichen Beitrag von 20 Pf. die Gleichheit". Dadurch wird wertvolle syste= matische Aufklärungsarbeit unter den proletarischen Frauen ge= schaffen und diese zum weiteren Ausbau der Organisation angeregt.

Seit etwa anderthalb Jahren besteht in Rüstringen  - Wil­ helmshaven   eine Kinderschutzkommission, der außer dem Parteisekretär nur Frauen angehören. Über ihre Tätigkeit werden wir noch besonders berichten. Auf kommunalem Gebiet haben die organisierten Genoffinnen bereits begonnen, sich Wirkungs­gebiete zu erobern. In Oldenburg   find 2, in Bant   8 Frauen als Waisen und Armenpflegerinnen tätig, und soeben schickt sich die in Rüstringen   belegene Stadt Heppens   an, dem Beispiel zu folgen. Die Genosiinnen haben bereits eine Vorschlags­fommission gewählt, damit auch hier ihre Betätigung einsetzen kann. Schließlich mag noch erwähnt sein, daß die Partei in Rüstringen­Wilhelmshaven seit geraumer Zeit eine von Frauen verwaltete Meldestelle für verlaufene Kinder unterhält.

Der Vollständigkeit wegen sei noch mitgeteilt, daß die Gleich berechtigung der Frauen in der Organisation im Sinne des Statuts der Gesamtpartei gewahrt ist. In den Vorständen der größeren Ortsvereine sind die weiblichen Mitglieder vertreten. Seit dem letzten Bezirksparteitag haben die Frauen ftatutarisch eine Vertreterin im Bezirksvorstand. Die Aufgabe dieser Genossin wird es sein, mit Unterstützung der übrigen Vorstandsmitglieder noch intensiver, als es bisher möglich war, ungeachtet des schwierigen Terrains, Propaganda für den Anschluß der proletarischen Frauen an die politische Organisation, die Sozialdemokratie, zu treiben. Auch in Oldenburg   und Ostfriesland   leidet die Frau gleich dem Manne unter Ausbeutung und Unterdrückung, enthält man dem Weibe, der Mutter, der Staatsbürgerin ihre heiligsten Menschen­rechte vor. Da muß es Aufgabe aller sein, den Frauen des Prole­tariats zu zeigen, daß die Befreiung der Arbeiterklasse und damit des Weibes aus Ausbeutung und Unterdrückung nur das Werk der Arbeiterklasse selbst sein kann und nur allein möglich ist durch den Sozialismus. In diesem Sinne soll hier in Zukunft weiter­gearbeitet werden unermüdlich und raftlos. Trotzdem und alledem! Ad. Sch.

Aus der Bewegung.

Der sozialistische Frauentag zur Unterstützung der Forde­rung des allgemeinen Frauenwahlrechts, der von der Inter­nationalen Konferenz sozialistischer Frauen zu Kopen= hagen nach dem Beispiel der amerikanischen Genofsinnen einem An­trag der Genossin Zettin entsprechend beschlossen worden ist, soll in Deutschland   in diesem Frühjahr zum erstenmal veranstaltet werden. Die Partei- und Gewerkschaftsorganisationen werden diese agitato­rische Veranstaltung tatkräftigst fördern. Die vorbereitenden Maß­regeln dazu sind bereits beraten und in die Wege geleitet worden. An ein und demselben Tage sollen möglichst überall große Versamm lungen stattfinden, die im Anschluß an das zu erstattende Referat in einer einheitlichen Resolution die Forderung des Frauenwahlrechts erheben. Eine umfassende mündliche und schriftliche Agitation foll die Kundgebung vorbereiten und in ihrer Wirkung auf die Massen nachhaltiger gestalten. An den Genossinnen liegt es, allerwärts zu rüften und jede Gelegenheit auszunuzen, um durch die rührigste

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Betätigung in Organisationen und Versammlungen, um durch die eifrigste persönliche Kleinarbeit den Erfolg der Veranstaltung zu sichern.

Von der Agitation. Im Kreise Niederbarnim   sprach die Unterzeichnete kürzlich auf Veranlassung der Kreisleitung in folgen­den Orten: in Reinickendorf  - West, Neuenhagen  , Wilhelms­ ruh  , Hohen- Schönhausen, Pankow  , Buch, Oranienburg  , Ober- Schöneweide, Karlshorst  , Rummelsburg  , Fichtenan, Tegel  , Friedrichsfelde  , Lichtenberg  , Ertner, Stralau, Borsigwalde  , Wandlig, Biesdorf  , Weißensee  , Bernau  und Glienicke  . Eine für Mahlsdorf   anberaumte Versammlung konnte nicht stattfinden, weil wohl infolge des sehr schlechten Wetters eine zu geringe Zahl von Besuchern erschienen war. Das Thema lautete in allen Versammlungen ,, Junkerpolitit, Kaiser­reden und die Meinung der Frauen". Fast überall brachte der gute Besuch die Wirkungen der Ausplünderungspolitik der Regierung und herrschenden Parteien zum Ausdruck. Große Massen von Frauen sind aufgerüttelt worden, und die durch die allgemeine Teuerung geschaffene Stimmung ward noch durch die Königsberger Kaiserrede verschärft. Die kritischen Ausführungen zu dieser Rede wurden von den Frauen besonders mit lebhafter Zustimmung auf­genommen. Die Partei gewann durch diese Agitation zahlreiche weib­liche Mitglieder. In Neuenhagen   waren mancherlei Schwierig­feiten zu überwinden, bis die Versammlung zustande kommen fonnte. Einmal mußte der Beginn der Versammlung von 2 auf 4 Uhr ver­schoben werden, weil um 2 Uhr eine Taufe stattfand und offenbar die zu befürchtende schädliche Einwirkung der Versammlung auf den Täufling in der Kirche vermieden werden sollte. Die Bestrebungen, die Jugend vor dem Gifte des Sozialismus zu schützen, erstrecken sich in Preußen also bereits auf den Säugling. Dann war fein Ver­sammlungslokal zu erhalten gewesen. Kein Wirt getraute sich, der Partei seinen Saal zur Verfügung zu stellen. Und so mußte die Versammlung unter freiem Himmel auf dem Gemeindeplatz statt­finden, sicher nicht zu unserem Schaden. Denn viele Leute, die aus Angst, kompromittiert zu werden, nie zu einer Versammlung in einen Saal gekommen wären, traten zu den Zuhörern heran und erhielten eine Idee von unseren Bestrebungen. Ein Gegner, der während des Vortrags seinem empörten Herzen durch Zwischen­rufe Luft gemacht hatte, suchte leider bei Eröffnung der Diskussion das Weite. Außer den Versammlungen im Kreise Niederbarnim  fanden noch zwei in Mariendorf  ( Kreis Teltow- Beskow) und in Eberswalde   statt. Die Versammlung in Mariendorf   war sehr gut, besonders auch von Frauen, besucht. Dagegen wies die in Eberswalde   nur mäßigen Besuch auf. In beiden Orten gelang es, neue Mitglieder für die Wahlvereine zu gewinnen. Der Erfolg der Veranstaltungen hat gezeigt, daß der Sozialismus auch in den weiter entlegenen Orten um Berlin   Wurzel gefaßt hat. Sogar in den kleinen Ortschaften können wir durch intensive Agitation die Frida Wulff. Frauen für unsere Sache gewinnen.

Im Bezirk Düsseldorf- Duisburg referirte Genossin Wurm Berlin in vier öffentlichen Versammlungen zu Düsseldorf  , Rath, Duisburg   und Hamborn   über: Lebensmittelteuerung und Mutterschutz". Der Besuch der Versammlungen war im Düssel dorfer Bezirk sehr gut, im Duisburger   Gebiet annehmbar. In überzeugender Weise wies die Referentin die Gemeingefährlichkeit der agrarisch- klerikalen Reaktion nach und die Dringlichkeit des Kampfes gegen sie, für dessen Erfolg die Mithilfe der Frauen un entbehrlich ist. Daher tut gerade am Niederrhein  , wo die Kleri­falen die Geister in Banden halten, die Aufklärung der Prole tarierinnen doppelt not. Der reiche Beifall der Versammlung­teilnehmer und eine größere Anzahl Aufnahmen in den sozialdemo fratischen Verein bewiesen, daß die Ausführungen der Referentin den Zuhörern zu Herzen gegangen waren, und daß es gelingt, immer mehr Proletarierinnen für unsere Bestrebungen zu interessieren. Hoffen wir, daß die Zeit nicht mehr fern ist, wo die schwarze Nacht des Kapitalismus   dem hellen Morgen des Sozialismus weicht. L. A. Eine längere Agitationstour im Wahlkreis Hanan- Bocken heim- Gelnhausen- Orb führte Genoffin Greifenberg   aus Buenos­Aires( früher in Augsburg  ) im November v. J. aus. Diese Agi­tationstour erfaßte beinahe alle Orte unseres Bezirks, wo uns Lokale zur Verfügung stehen. 27 meist öffentliche Versammlungen fanden statt. Sie waren, von wenigen Ausnahmen abgesehen, durchweg gut besucht. Genossin Greifenberg   sprach in allen diesen Versammlungen über: Gottesgnadentum, Lebensmittelverteuerung und Frauen­bewegung". Sie ging von den Lehren aus, die Wilhelm II.   in seiner Königsberger Rede den Frauen erteilen zu müssen glaubte, und stellte ihnen die Lehren entgegen, die aus den herrschenden Zu­ständen und der Lebensmittelverteuerung insbesondere für die Frauen sich ergeben. Genoffin Greifenberg   legte dar, wie aus den kapita­