Nr. 18 Die Gleichheit sein wollen, ist ein Bild unqskursus eingerichtet worden, in dem Genossin kl er an 13 Abenden und zwar mit sehr gutem Erfolg planmäßig darüber unterrichtet, was eine tätige Ge­nossin wissen muß. Das Interesse der Frauen am öffentlichen Leben zeigt sich auch in dem sehr guten Besuch, den die Versamm­lungen bisher immer auswiesen. In einer Versammlung, in der Genossin Zieh referierte, wurden lv3 Mitglieder in die Partei aufgenommen, bei einer Hausagitation über 700. Zum großen Teil danken die Genossinnen ihre Erfolge den männlichen Vorstands­mitgliedern, die den Bildungsbestrebungen der Frauen Verständnis entgegenbringen. Unter solchen Verhältnissen verlief auch der Frauen­tag sehr günstig. In den vier stark besuchten, zum Teil überfüllten Versammlungeu wurde eine größere Zahl we»blicher Parteimit­glieder gewonnen. Die Zahl der letzteren beträgt jetzt über Die Genossinnen Rixdorfs sehen der weiteren Arbeit froh und mutig entgegen, sie hoffen, sehr bald wieder über günstig« Resul­tate ihrer Tätigkeit berichten zu können. Mari« Juchacz  . Von der Frauenbewegung im vierten Berliner   Neichs- tagSwahlkrciest Tie sozialdemokratische Frauenbewegung im vierte» Berliner   Reichstagswahlkreis bat gute Fortschritte gemacht, seitdem 1908 die Bestimmung aufgehoben wurde, die de» Frauen verbot, sich politisch zu organisieren. In großer Zahl sind die Proletarie­rinnen der politischen Organisation ihrer Klasse, der Sozialdemo­kratie, beigetreten. Dadurch haben sie bewiesen, daß sie politisch reif sind, und daß sie zu Unrechl bis dahin im politischen Vereins­leben als unniündige Kinder behandelt wurden und jetzt noch bei den Wahlen als Menschen zweiter Klasse behandelt werde». 1909 zählte der Wahlverein des vierte» Berliner   Reichstagswahlkreises 1712 weibliche Mitglieder, jetzt 3739. Nicht unwesentlich haben zu dieser Entwicklung die Leseabend« beigetragen. Jeden Monat werden an einem bestimmten Abend iin vierten Wahlkreis 42 solcher Zusammenlünfte veranstallet. Damit die Lei­tung der Organisation eine Übersicht darüber hat, wie sich die Lese­abende entwickeln, gibt sie zu jeder Veranstallung folgenden Frage­bogen heraus: Leiterin? Wohnung? Wieviel organisierte weibliche Mitglieder waren anwesend? Wieviel männliche Mitglieder waren anwesend? Wieviel Nichtorganisierte weibliche Personen waren an­wesend? Wieviel Ausnahmen wurden gemacht? Hat der Referent vorgelesen oder vorgetragen? Name des Referenten? Thema? Wird der Referent zum nächsten Vortragsabend wieder gewünscht? Sonstige sachdienliche Bemerkungen. Auf Grund dieser Fragebogen läßt sich mit Leichtigkeit eine Übersicht über den Gang der Dinge schaffe». Nach beendeter Diskussion im Leseabend wird die Präsenz­liste verlesen und der Fragebogen sofort ausgefüllt. Im Januar 1999 stellten wir fest, daß sich an den Leseabenden 946 organisierte und 189 Nichtorganisierte Frauen beteiligten; männliche Mitglieder nahmen 383 daran teil. Seitdem ist die Beteiligung beständig ge­wachsen, so daß jetzt 1409 organisierte Genossinnen an der Veran­staltung teilnehmen, dagegen hat sich die Zahl der beteiligten or­ganisierten männlichen Mitglieder und der Nichtorganisierten Frauen nicht beträchtlich verändert. An den Leseabenden waren insgesamt 1972 Genossinnen und Genoffen anivesend, es entfielen demnach auf jeden der 42 Vortragsabende über 46 Personen. Die Referenten hat die Organisation aus ihren eigenen Reihen mit Leichtigkeit stellen können. Im ersten Jahre dieser Zusammen­künfte wurde das Erfurter Programm   in seinem grundsätzlichen und praktischen Teil erörtert. Später hielt man es für zweckmäßiger, Einzelvorlräge halten zu lassen. Wir lassen einige der behandelten Fragen folgen: Die Reichsversasfung und die Rechte des Volkes; Di« indirekten Steuern und ihre Wirkung; Säuglingspflege und Mutterschutz; Die Frau und der Sozialismus; Das Frauenstimm­recht; Dre Ehe in der bürgerlichen Gesellschaft; Die Rechtlosigkeit der Frau; Was»vollen die Sozialdemokraten; Die Rechte der Ar­beiter an der Kultur; Was muß die Frau von der Krankenversiche­rung wissen? usw. Zwar sind dank dieser Art der Gestaltung des Unterrichtsstoffs Fortschritte erzielt worden, dennoch würde es rich­tiger sein, wenn die Schulung systematischer erfolgte, vielleicht durch Schaffung eines Leitfadens. Die Einladungen und die Agi­tation für die Leseabende besorgen die Genossinnen selbst. Sie wenden sich zunächst an die Frauen, deren Männer bereits politisch organisiert sind, jedoch auch an andere ihnen bekannte Prolelarie- rinnen. Das Interesse der Frauen am politischen Leben wird durch diese Betätigung ungemein geweckt. Sie zwingt sie dazu, oftmals die politischen Verhältnisse in den Kreis ihrer Darlegungen zu ziehen. Es ist eine Freude, wie die Genossinnen in rastloser Tätig­keit für die politische Organisation wirken. Vorwärts so, ihr Frauen! H. Barenthin. Ein eigenes Heim der Nürnberger   Jugendorganisation hat der totale Bildungsausschuß mit Hilf« der Partei, der Ver­einigten Gewerkschaften und des Konsumvereins eingerichtet. Es wurde am 7. Mai eröffnet, wobei Genossin Grünberg und Ge­nosse Fischer kurze Ansprachen hielten. Das Jugendheim befindet sich im Gewerkschaftshaus und besteht aus zwei schön ausgestatteten anheimelnden Räumen, die zusammen etwa 120 Personen fassen. Der größere Raum ist Gesellschaftszimmer, der kleinere Lesezimmer. Die Wände sind mit Bildern geschmückt. Die Utensilien der Jugend­organisation befinden sich in einem Nebenraum. Außer einer kleinen Jugendbücherei stehen den Besuchern während ihres Aufenthalls in dem Heim viele Gesellschaftslpiele zur Verfügung. Sonntags und an bestimmten Wochentagen kommt die Jugend in diesen Räumen zusammen. Sie hat unter sich eine Gesangsabteilung ge­bildet; ein Jugendliederbuch, das eine Sammlung ausgewählter Volkslieder enthält, belehrt in einem Anhang über Gesellschafts­spiele und Spielregeln. Genosse Philipp leitet einen Kursus, der die Jugendlichen mit den Klassikern bekannt macht. Für jeden Monat ist ein Vortrag vorgesehen. Einmal monatlich können die jungen Proletarier in einer besonderen Aussprach« ihre Wünsch« und Anregungen vorbringen. Abgesehen von dem Heim stehen der Jugendorganlsation am Lutherplatz, am Spittlertorgraben und auf der Wöhrder Wiese an bestimmten Abenden Spielplätze zur Ver­fügung, auf denen sich die jungen Arbeiter und Arbeiterinnen unter der Leitung des Genossen Stössrl austummeln könne». Unter kundiger Führung werden Ausflüge stattfinden, auf denen zugleich das Interesse der Jugendlichen für die Natur geweckt werden soll. Die Bestrebungen der Jugendorganisation sind so verdienstlich, daß alle Genossen sie fördern müssen. Mögen vor allem die Eltern ihre schulentlassenen Kinder der freien Jugendorganisation zu­führen.-j--j- Von der Kinderschntzkommisfion in Rüstringen  . Seit etwa zwei Jahren besteht in Rüstringen  -Wilhelmshaven   eine Kinderschutzkommission, der außer dem Parteisekretär nur Frauen angehören. Monatlich findet eine Sitzung dieser Kommis­sion statt, in der Referate über die Bestimmungen des Kinderschutz- gesetzes und die Aufgaben der Kommission gehalten und die zu treffenden Maßregeln besprochen werden. Gewiß, die Kommission hat sich keine leichte Aufgabe gestellt. Unverstand, Niedertracht, Habsucht stellen sich ihr entgegen und versuchen, ihr soziales Werk zu erschweren, die einzelnen Mitglieder auf alle Art zu verdächtigen und zu beschimpfen. Dadurch läßt die Kommission sich in ihrer Tätigteit nicht beirren. Sie erblickt ihre schöne, wenn auch schwere Aufgabe nicht darin, Schikanen, kleinliche Angeberei zu treiben, Büttel zu spielen, sondern sie ist bemüht, zunächst durch Aufklärung der Beteiligten unter Hinweis auf das Gesetz und das Schädliche der Kinderarbeit zu wirken und damit eine Abstellung der Miß­stände zu erreichen. Um das Gegeifer irgend eines profitsüchtigen Unternehmers kümmert sie sich dabei nicht. Und wenn trotz wieder­holtem Vorstelligwerden Abhilf« nicht erfolgt, dann erwirbt die Kommission sich nur ein Verdienst, wenn sie im Interesse der Ar­beiterjugend dem Gesetz Beachtung verschafft. Wenngleich sich in Rüstringen   die Ausbeutung der Kinder naturgemäß nicht in dem Unifang geltend macht wie in einer Groß- oder Industriestadt, so bietet sich doch auch hier auf diesem Gebiet für die Genosse» und Genossinnen ein Feld ernsthafter Betätigung dar. Das be­wiesen unter anderem auch die Straßenkontrollen, die wir an zwei auseinanderfolgenden Sonntagen letzten Jahres morgens von 6 bis 8 Uhr ausübten. Durch diese wurde eine Anzahl von Übertretungen der gesetzlichen Bestimmungen über die Beschäftigung von Kindern festgestellt. 2l Kinder, Knaben und Mädchen, im Alter von 6 bis 13 Jahren wurden beim Austragen von Milch und Brötchen be­troffen, und zwar in der Zeit vor 8 Uhr. Die Mehrzahl dieser Kinder war unter zwölf Jahren, nur sechs von ihnen 12 bis 13 Jahre alt. Die meisten von ihnen machten einen schwächlichen, manchmal sogar einen elenden Eindruck. Ein siebenjähriges Mäd­chen, das um 6'/« Uhr Milch austrug, gab an, es müsse soivie auch seine Geschwister um 4'/, Uhr aufstehen. Ein neunjähriger, sehr elend aussehender Knabe trägt jeden Sonntag in der Zeit von 6'/, bis 11 Uhr Milch gegen eine Vergütung von 30 Pf. aus. Zwei Jungen verweigerten uns die Auskunft, einer von ihnen sagte:Du bist wohl von der Kinderkommission, das geht dich nichts an." Bemerkenswert ist auch dio Äußerung eines Vaters zweier Knaben von 8 und 10 Jahren, die Milch in die Häuser trugen:Kommt die Kinderkommission schon hier raus? Meine Jungens kommen aus Vergnügen mit." Das traurige Kapitel von der Ausbeutung der kindlichen Ar­beitskraft und der Verletzung des Gesetzes könnte noch durch wei­tere Fälle vermehrt werden. Beklagenswert ist auch, daß die Kinder zum Lügen erzogen werden, indem man sie anhält, falsche Angaben